Ich möchte ebenso wie meine Vorrednerin, Frau Hofmann, mit der Erinnerung an Ihre Koalitionsvereinbarung schließen und auch die Warnung aussprechen:Wenn hier mit vorbereitet wird, wie Sie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung niedergelegt haben, dass Sozialgerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammengelegt werden, wäre das nicht der erste, schon gar nicht der hundertste, aber ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Wir werden diesen Gesetzentwurf deswegen ablehnen. – Danke.
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Bei dieser Diskussion laufen die GRÜNEN tatsächlich Gefahr, sehr vernünftig zu argumentieren – bis auf einen Punkt. Das ist das Thema Offenbach.
Was hier eben von SPD und LINKEN vorgetragen wurde, war hingegen, um ganz ehrlich zu sein, etwas abenteuerlich. Diese Neuordnung der Zuständigkeiten, diese Anpassung an die Landkreisgrenzen, infrage zu stellen, das ist wirklich relativ abenteuerlich.
Herr Schäfer-Gümbel, das ist in Ordnung. Es ist völlig abenteuerlich, was Ihre Fraktion hierzu von sich gibt.
Die Anpassung an die Landkreisgrenzen ist sinnvoll und erforderlich und beseitigt viele Probleme, die sonst für die Rechtsprechung in zusätzliche Arbeit ausarten.
Meine Damen und Herren, es gibt einen Punkt: die Diskussion um Offenbach. Es ist sehr schön, dass Offenbacher dafür kämpfen, nach Frankfurt fahren zu dürfen, aber es gibt doch einige Gegenargumente.
Herr Dr. Jürgens, wenn Sie ganz redlich gewesen wären, dann hätten Sie eben nicht nur gesagt, dass der Präsident des Landesozialgerichts das als eine rechtspolitische Entscheidung bewertet hat und dass die räumliche Nähe für Frankfurt spricht,sondern Sie hätten auch gesagt,dass der gleiche Präsident nichtsdestoweniger vorgeschlagen und empfohlen hat, die Stadt Offenbach dem Sozialgerichtsbezirk Darmstadt zuzuordnen. Das ist nämlich Fakt.
Meine Damen und Herren, der Grund dafür liegt darin, dass in den Bereichen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der ordentlichen Gerichtsbarkeit schon immer auch die Bürger der Stadt Offenbach nach Darmstadt zum dortigen Verwaltungsgericht bzw. Landgericht fahren. Dabei hat sich noch nie jemand – auch nicht die GRÜNEN – über fehlende Bürgernähe, Unzumutbarkeit, schwere Benachteiligung usw. aufgeregt.
Meine Damen und Herren, wir haben in allen anderen Gerichtsbarkeiten geordnete Strukturen. Das spricht sehr wohl dafür, diese Strukturen auch im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, bis zum Jahr 2005 – ich lasse keine Zwischenfragen zu –, bis es zu einer Verlagerung von Zuständigkeiten von den Verwaltungsgerichten zu den Sozialgerichten gekommen ist, sind die Sozialhilfeempfänger aus Offenbach nach Darmstadt zum dortigen Verwaltungsgericht gefahren. Das heißt, bis vor vier Jahren ging das noch. Bis vor vier Jahren war das zumutbar. Jetzt auf einmal soll das überhaupt nicht mehr zumutbar sein?
Sie stellen das hier so dar – Sie von den GRÜNEN nur für die Stadt Offenbach, die SPD aber allgemein –, als würde jetzt alle Welt quer durch Hessen fahren und stundenlange Anreisen zu verschiedenen Sozialgerichten benötigen. Auch von Offenbach nach Darmstadt beträgt die Reisezeit weniger als eine Stunde. Das liegt noch im Bereich des Zumutbaren.
Natürlich haben wir das Interesse,möglichst gleich große, effiziente Gerichte und Sozialgerichte zu haben. Das ist auch der Fall.
Herr Dr.Jürgens,Sie haben ja recht:Natürlich sind die Sozialgerichte in Frankfurt und Darmstadt größer als die fünf übrigen. Aber das künftige Sozialgericht Darmstadt wird noch immer deutlich kleiner sein als das jetzige Sozialgericht Frankfurt.
Wir haben also eine Anpassung der Größen. Das ist richtig und wichtig. Meine Damen und Herren, deswegen ist sowohl die Orientierung der Zuständigkeiten an den Kreisgrenzen als auch die vorgesehene Zuständigkeitsverteilung eine richtige und sinnvolle Entscheidung. Dieser Gesetzentwurf ist sehr gut. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar dafür, dass doch eine breite Zustimmung für den Gesetzentwurf der Landesregierung in diesem Hause zu erwarten ist.Ich bedanke mich auch bei denjenigen,die trotz Kritik diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung nicht verweigern wollen.
Ich glaube, man sollte die Kirche im Dorf lassen; man sollte das Problem mit Offenbach und Frankfurt nicht überbewerten.
Wir haben es hier mit einer Umstrukturierung, einer Umorganisation, mit einer Strukturreform der Sozialgerichtsbarkeit zu tun. Wir wollen, dass künftig in Hessen klare Zuständigkeitsregelungen gelten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind das letzte Flächenland, in dem es noch ein Durcheinander bei der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gibt. Diese Besonderheit wollen wir abschaffen. Denn es ist unvernünftig, dass für einen Landkreis zwei Sozialgerichte zuständig sind. Ich bin dem Kollegen dankbar,der eben das Beispiel vorgetragen hat,dass man den Sachbearbeiter morgens an das Sozialgericht X und nachmittags an das Sozialgericht Y schicken muss,obwohl es dieselbe Landkreisverwaltung, Arge oder Optionsgemeinde ist.
Ich glaube, niemand hier im Raum kann auch nur ansatzweise diesen vernünftigen Grundsatz bestreiten. Es lag an der Struktur der Amtsgerichte, die in den letzten 50 Jahren in diesem Lande herrschte, dass wir eine Sozialgerichtsbarkeitsstruktur hatten, die nicht klar war. Das wollen wir jetzt ändern.Deshalb halte ich die erste Aussage in diesem Hause für unstreitig: Ja, es ist vernünftig, diese Strukturreform der Sozialgerichtsbarkeit vorzunehmen.
Zum Zweiten hat man eine Prämisse aufgestellt, die nicht ursprünglich im Justizministerium geboren wurde. Ursprünglich wurde sie in der Sozialgerichtsbarkeit selbst geboren. Sie lautet: Wir möchten, dass es ungefähr gleich große Sozialgerichte in Hessen gibt.
Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben dies immer und überall als Prämisse. Anfang dieses Jahrzehnts haben wir eine Umorganisation bei der hessischen Polizei vorgenommen. Damals gab es noch Direktionen und Präsidien, und Kollege Bouffier hat dann versucht, eine einigermaßen ähnliche Struktur der Flächenpräsidien zu schaffen.
Dabei gibt es immer Probleme mit Frankfurt. Das liegt nicht an Frankfurt an sich, sondern daran, dass die Bevölkerungszahl dort so groß ist.
oder wer auch immer – sollten da jetzt keine Einwände erheben. Das liegt einfach an der Bevölkerungsstruktur unseres Landes. Deshalb ist die Frankfurter Einrichtung immer die größte: bei der Polizei, bei der Sozialgerichtsbarkeit, beim Landgericht usw.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss aber auch sehen: Es ist klug, eine einigermaßen ähnliche Struktur der Einrichtungen nach der Größe zu haben. Deshalb möchten wir – das ist die zweite Prämisse dieser Gesetzesänderung –, dass nach Möglichkeit die Einrichtungen ähnlich groß werden.
Deshalb gab es die Idee, die der Präsident des Landessozialgerichts, Dr. Klein, ausführlich erläutert hat. Ich schätze, viele von Ihnen werden in den letzten Wochen und Monaten Kontakt mit der Sozialgerichtsbarkeit aufgenommen haben – und nicht nur mit der Präsidentin des Sozialgerichts in Frankfurt, sondern auch mit dem Präsidenten des Landessozialgerichts, Herrn Dr. Klein, in Darmstadt.
Wir im Justizministerium haben es als eine sehr vernünftige und sinnvolle Überlegung empfunden, das Sozialgericht Darmstadt wieder mit den Fällen aus Offenbach zu betrauen und sie nicht beim Sozialgericht Frankfurt zu belassen.
Eben wurde zu den Zahlen gesagt, das stimmt doch alles nicht.Deswegen will ich Ihnen sagen:Der Bestand des Sozialgerichts Frankfurt wird – Stand 31.10.2009 – mit 8.300 Fällen beschrieben, der beim Sozialgericht Darmstadt mit 3.600. Die durchschnittlichen monatlichen Zugänge im Jahr 2009 waren in Frankfurt 482, in Darmstadt 291. Ich glaube, deutlicher kann man nicht sagen, dass es hier einen Größenunterschied gibt. Man muss versuchen, eine weitere Zunahme in Frankfurt zu verhindern und dort abzuspecken.
Ich bin dem Kollegen Stefan Müller sehr dankbar, weil er auf die Geschichte hingewiesen hat. Als der Kollege der LINKEN hier gesprochen hat, habe ich ein bisschen die Gefahr gesehen, dass behauptet wird, hier würde etwas Neues eingeführt, was eine Unverschämtheit im Allgemeinen und im Besonderen sei und eine jahrhundertealte Geschichte umschreibe.
Herr Kollege Wilken, Sie wollen doch ein seriöser Abgeordneter sein und kein Demagoge.Sonst hätten Sie diesen Vortrag nicht gehalten, sondern sich daran erinnert – Stefan Müller hat darauf hingewiesen –, dass bis vor einigen Jahren genau die Fälle, die jetzt in Frankfurt verhandelt werden und die künftig in Darmstadt verhandelt werden sollen, früher in Darmstadt verhandelt worden sind.
Es war ausschließlich eine Veränderung der Zuständigkeitsregelungen im Rahmen des SGB II, die dazu geführt hat, dass der Gerichtsort Frankfurt ist. Tun Sie also nicht so, als ob das Abendland unterginge. Ich habe ohnehin nicht das Gefühl, dass Sie als LINKE so sehr Interesse am Untergang des Abendlandes äußern.