Herr Präsident, nur noch einen Satz zum Thema Integration. – Herr Hahn, Sie mussten sich zum Teil sehr deutliche Worte gefallen lassen. Man beobachtet nämlich sehr genau, ob Menschen türkischer Herkunft gleiche Chancen haben wie die Eingeplackten. Man kam uns damit entgegen, dass der IRU, also der islamische Religionsunterricht, in Deutsch abgehalten werden soll. Man erwartete aber auch, dass auch Hessen seine Sprachenpolitik an die international übereinstimmenden Erkenntnisse anpasst,wonach die Qualität der Erstsprache,die für viele Kinder in Deutschland eben Türkisch ist, über die Qualität der Zweitsprache entscheidet. Herr Hahn, ich denke, wir sollten uns da noch einmal zusammensetzen und versuchen, unsere Hausaufgaben besser zu machen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern hat der Ministerpräsident in der Generalaussprache zu Recht daran erinnert, dass das Land Hessen im Jahr 2005 von der Türkei mit dem Integrationspreis ausgezeichnet worden ist. Ich denke, das ist ein Ergebnis der Aktivitäten von mittlerweile über zehn Jahren, als der Integrationsbeirat in Hessen gegründet worden ist. Die derzeitige Diskussion auf Bundesebene kennen Sie. Es ist eine Zeit, in der das Sprachlernen im Kindergarten und in der Grundschule sehr stark gefördert worden ist, eine Zeit, in der Frauenrechte in Hessen etwa durch das Projekt „Frauen in der Integration“ sehr intensiv gefördert worden sind, in der Integration durch zahlreiche Sportprojekte in einem beachtlichen Maß gelungen ist und in der es Kooperationen mit Stiftungen gab, die mit hessischer Mitwirkung mittlerweile auf fast alle Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeweitet worden
sind.Meine sehr verehrten Damen und Herren,das ist nur eine kurze Zusammenfassung dessen, was Hessen zum Thema Integration produktiv geleistet hat.
Frau Öztürk, ich sage in Ihre Richtung: Hessen kann Fakten sprechen lassen; Hessen braucht nicht nur über Integration zu reden, sondern die Fakten sprechen für sich, und sie sprechen Gutes. Da mittlerweile 25 % der Menschen mit Migrationshintergrund in Hessen türkischen Ursprungs sind, spricht sehr viel dafür, dass man auch die Beziehungen zur türkischen Herkunft dieser Menschen stärker macht und dass man auch auf regionaler Ebene stärker kooperiert, als dies bisher der Fall ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer heute schon sieht, dass es mit den bisherigen Integrationsanstrengungen gelungen ist, junge Menschen zu einem Abschluss zu bekommen, ihnen eine Zukunft zu geben, sich diese selbst erarbeiten zu lassen, was im bürgerlichen Mittelstand oder auch als Betriebsinhaber mittelständischer Unternehmen endet, und jungen Menschen im Sport Bestätigung und als Leistungsträger Erfolg zu verschaffen, wird auch die Hoffnung entwickeln, dass eine stärkere Arbeit an den Beziehungen zwischen Regionen der Türkei und Hessens auch diese Entwicklung stärkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Reise hat nun gezeigt, dass eine Delegationsreise dazu geeignet ist, dass wirtschaftliche Interessen ausgetauscht und dass unsere wirtschaftlichen Interessen auch vertreten werden. Die Tatsache,dass eine Delegationsreise auch immer dazu dient, wirtschaftliche Kontakte anzubahnen, zeigt auch das Interesse der Hessen und der Türken an einem funktionierenden Mittelstand in beiden Staaten. Das ist in Hessen von wirtschaftlichem Interesse. Es ist auch ein Interesse daran, dass es wichtig ist, auch türkische mittelständische Betriebe und Menschen türkischen Ursprungs in Hessen zu haben, die solche Unternehmen gründen und auch erfolgreich führen können.
Auf dieser Basis will ich durchaus etwas ansprechen, was ich sehr begrüße: Ich fand es ausgesprochen gut – Frau Öztürk, Sie hoffentlich auch –, dass der Ministerpräsident am Ende seiner Reise ein Gespräch mit dem griechischorthodoxen Metropoliten geführt hat, der für 300 Millionen Menschen Verantwortung trägt.
Ich hoffe und setze darauf, dass auf dieser Basis die ersten vorsichtigen Bestrebungen, innerhalb der Türkei zu mehr Religionsfreiheit zu gelangen, Fortschritte machen können, sodass wir – auf der Basis einer beiderseitigen Religionsfreiheit – in beiden Ländern zu Fortschritten kommen werden und diese im Rahmen der zukünftigen Partnerschaft auch werden erfahren können.
Ich denke, dass auf dieser Basis – Frau Kollegin Öztürk, Sie haben das angesprochen – auch das Verständnis weiter wächst, dass wir Wert darauf legen, bei uns den Religionsunterricht in deutscher Sprache zu haben, und zwar selbstverständlich. Diese Basis, das Verständnis dafür wurde mit der Delegationsreise schon jetzt in einer beachtlichen Weise gestärkt. Ich glaube, dass es uns gelingen wird, in intensivem Kontakt auf kultureller und wirtschaftlicher Ebene Missverständnisse zu reduzieren und ehrliche Integrationsanstrengungen zu fördern.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir in Hessen auf dem Feld der Integration viel vorzuweisen haben. Ich glaube auch,dass wir ein organisches Wachstum dieser Integrationsanstrengungen durch die Verstärkung der Kooperation Hessens mit einer türkischen Region haben können, welche dort auch immer ausgesucht wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf dieser Basis ist der Titel der Aktuellen Stunde, nämlich Integration mit Partnerschaft zu verbinden, ein ausgesprochen gelungener Titel, und das wird die Integrationsanstrengungen im Lande Hessen verstärken, verbessern und noch nachhaltiger machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 14. November hat der „Wiesbadener Kurier“ einen Bericht über die Delegationsreise mit dem Titel überschrieben: „Reisen bildet – manchmal auch die Gastgeber“.Wir haben im Laufe der heutigen Debatte schon gemerkt,dass durchaus ein Bildungserfolg zu verzeichnen ist. Ich will hinzufügen, dass durch Reisen manchmal sogar diejenigen gebildet werden, die daran gar nicht teilgenommen haben.
Das gilt z. B. für mich. Ich habe über die Presseberichte natürlich verfolgt, was sich getan hat, und ich habe unter anderem gelernt, wie man in Istanbul eine Toilette findet, dass man in Ankara Frankfurt und Wiesbaden nicht auseinanderhalten kann, wobei die Frage offenbleibt, ob das für Wiesbaden, Frankfurt oder Ankara schlimmer ist.
Ich habe zu meiner großen Freude gelernt, dass der Integrationsminister, der kurzfristig vom Pfad der Rechtgläubigkeit abgewichen war, im Laufe dieser Reise durch den Ministerpräsidenten wieder zur Orthodoxie zurückgefunden hat.
Das ist offensichtlich eine Randerscheinung dieser Delegationsreise gewesen. Das hat in der Presseberichterstattung aber eine große Rolle gespielt. Ich möchte zu beiden Fragen zurückkommen, um die es geht.
Natürlich musste es vordergründig um die Frage der Partnerschaft mit einer Region in der Türkei gehen. Es geht ausgesprochen oder unausgesprochen unausweichlicherweise um die Integration von türkischstämmigen Men
schen in Hessen und der Bundesrepublik Deutschland, weil es zwischen den beiden Dingen schon einen Zusammenhang gibt.
Meine Damen und Herren, zum ersten Teil. Dass die Türkei ein wesentlicher Partner in Europa und aus unserer Sicht langfristig auch in der Europäischen Union sein muss, ist in vielerlei Hinsicht evident. Sie ist ein ökonomisch starkes Land. Sie ist politisch ein hoch spannendes Land; und sie ist – darauf könnte ich persönlich gut verzichten – auch militärisch in vielerlei Hinsicht wichtig. Sie ist aber vor allen Dingen, darauf hat Frau Kollegin Cárdenas hingewiesen, und ich will das verstärken, ein Land im Aufbruch. Sie ist ein Land im Umbruch und ein Land, in dem sich seit einigen Jahren eine Reihe von sehr bemerkenswerten Dingen tut. Das betrifft die Frage der inneren Demokratisierung des Landes, die offenkundige Bewegung in der Frage des Verhältnisses zum kurdischen Bevölkerungs- und Landesteil, und es betrifft auch den Punkt, dass in der Türkei Bewegung in den erstarrten Laizismus gekommen ist – ein Laizismus kemalistischer Prägung, der im Grunde zu einer Legitimationsideologie für die Machtansprüche überkommener Eliten verkommen ist.
Meine Damen und Herren, es ist insgesamt ein Land, in dem vielleicht einmal der Nachweis angetreten wird, dass eine islamisch geprägte Partei nicht im Widerspruch steht und nicht in Widerspruch gerät mit den Grundregeln der Demokratie, oder, anders ausgedrückt, in dem Islam und Demokratie in der politischen Praxis vereinbar gemacht werden und das deswegen auch ein Gegenbild zu den Gottesstaatsfantasien in anderen Ländern darstellen kann.
Das ist jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Hoffnung, die man haben kann. Aber es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt erst eine Hoffnung. Diese Hoffnung muss Anlass sein, die Beziehungen zur Türkei zu intensivieren. Insofern stimmen wir mit einem der Ziele der Reise vollkommen überein. Ein solches Experiment in einem aus vielerlei Gründen bedeutenden Land in Europa, einem in der Vergangenheit von vielen Krisen heimgesuchten Land, muss unser Interesse und unsere Anteilnahme erregen. Deshalb ist sicher alles erwünscht, was den Erfolg dieses Experiments befördert. Das wird ganz sicher auch durch die Intensivierung der Beziehungen auf der kommunalen, der regionalen Ebene durch den Ausbau partnerschaftlicher Beziehungen in Politik, Ökonomie, Kultur und Bildung, insgesamt im gesellschaftlichen Raum geschehen. Ich nehme an, dass viele von uns auf dem Gebiet der internationalen Partnerschaften aktiv sind und deshalb wissen, welchen wichtigen Beitrag solche Beziehungen durch eine Vielzahl von individuellen Kontakten auch zum besseren gegenseitigen Verständnis leisten.
Der zweite wesentliche Grund, warum wir die Entwicklung eines hessisch-türkischen Dialogs begrüßen, ist, dass es auch ein Signal an die Mitbürgerinnen und Mitbürger türkischer Abstammung in unserem Land ist. Dass dies eine große Gruppe ist, haben wir schon erörtert. Für diese große Bevölkerungsgruppe in diesem Land ist es verständlicherweise von besonderer Bedeutung, welche Beziehung ihr jetziges Heimatland, also Hessen, zu dem Land unterhält, das viele ebenfalls als ihr Heimatland betrachten oder das doch ein ganz besonderes Land für sie ist.Die Beziehungen zur Türkei sind für viele unserer Mit
bürger türkischer Abstammung ein Prüfstein für die Wertschätzung, mit der wir ihnen selbst begegnen, weil darin auch ein Stück Anerkennung ihrer eigenen Identität liegt.
Umgekehrt ist es natürlich auch so, dass viele andere Menschen in unserem Land die Verhältnisse in der Türkei argwöhnisch beobachten und daraus Argumente gegen die Möglichkeit der Integration ableiten. Schließlich werden innerhalb der Gruppe der türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger oft Konflikte und Debatten sichtbar, die eigentlich nur vor dem Hintergrund der innertürkischen Verhältnisse verständlich sind.
Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Die Debatten über die Rolle des Islam und auch über die praktische Frage des islamischen Religionsunterrichts sind nur zu verstehen vor dem Hintergrund der spezifisch laizistischen Tradition der Türkei. Es gibt also zusammenfassend viele gute Gründe für die Entwicklung partnerschaftlicher Beziehungen zur Türkei bzw. zu einer türkischen Region.Vergessen wir aber eines nicht – da schließe ich an das an, was die Kollegin Öztürk gesagt hat –: Der wichtigste Dialogpartner für die Integration sind die türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger bei uns in Hessen selbst. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein gutes Zeichen, dass sich bei der Debatte über die Delegationsreise der vergangenen Woche die Fraktionen in diesem Hause, alle fünf Fraktionen in diesem Hause, in den zentralen Punkten einig sind.Wir haben diese Reise auch sehr bewusst geplant und so durchgeführt. Wir wollten – das ist in der Geschichte des Landes Hessen in den letzten 20 Jahren nicht passiert – durch eine gemeinsame Delegationsreise des Ministerpräsidenten und seines Stellvertreters in die Türkei deutlich machen, dass wir mit dieser Geste insbesondere natürlich die ungefähr 350.000 Mitbürger in unserem Land meinen, die eine türkische Herkunft haben.
Die türkische Community in unserem Lande ist mit Abstand die größte nicht deutsche Community. Wir wollen mit der jetzt noch einmal verfeinerten und neu aufgestellten Integrationspolitik der Landesregierung deutlich machen, dass wir irgendwann einmal alle zusammengehören wollen. Wir wollen irgendwann nicht mehr sagen: „die Türken“, „die Offenbacher“, sondern wir wollen deutlich machen: Das sind wir Hessen.
Weil diese Geste bewusst gewählt worden ist und alle Abgeordnetenkollegen, die mit waren, sie in der Türkei auch so gelebt haben, darf ich Ihnen sagen, dass Integrationsarbeit mit türkischen Menschen in unserem Land auch von Ankara aus beeinflussbar ist. Ich wundere mich ein bisschen über den Redebeitrag, in dem gesagt worden ist, Integrationsarbeit könne man nur in Hessen machen. Das ist schlicht falsch. Ich darf daran erinnern, dass der amtierende Ministerpräsident der Türkei – das ist noch keine drei Jahre her –
in Köln eine Rede gehalten hat, in der er vor vielen, vielen türkischen Landsleuten, wie er es ausgesprochen hat, darauf hingewiesen hat, dass man sich mit der deutschen Sprache nicht auseinandersetzen sollte, dass man auf keinen Fall den Weg in die Integration gehen solle, weil das ein Weg in die Assimilation sei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist als positives Ergebnis dieser Reise festzustellen, dass diese Meinung ganz offensichtlich nicht mehr in den Köpfen der Regierung und nicht mehr in den Köpfen der AKP ist. Ich glaube, das haben wir zur Kenntnis nehmen können.