Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Ich möchte noch etwas zu einem weiteren Punkt sagen, zu den Rabatten für Schüler und Auszubildende. Die Tatsache, dass die Finanzierung der Rabatte nicht dynamisiert worden ist, lässt schon erahnen, welche Debatten darüber in den kommenden Jahren geführt werden. Denn entweder bekommen wir eine jährliche Auseinandersetzung über die Erhöhung der Landesmittel in diesem Bereich, oder Sie sagen ein für allemal, es gibt nicht mehr Geld. Aber Sie können nicht die Schulen in die finanzielle Selbstverwaltung des Mangels entlassen, den Kommunen 400 Millionen c aus dem Kommunalen Finanzausgleich streichen und ihnen dann die Entscheidung überlassen,ob sie in Zukunft die Förderung von Schülertickets an den Preissteigerungen ausrichten wollen.

(Günter Rudolph (SPD): Doch! Das können sie schon! Sie machen es!)

Das ist richtig. Es gibt nichts, was diese Regierung nicht kann, zumindest wenn es darum geht, Schaden anzurichten.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): So ist es! Da stimme ich Ihnen zu!)

Dabei geht es natürlich um die direkt Betroffenen. Es geht um die Schüler, um die Eltern, um Familien, die zum Teil Tausende von Euro im Jahr aufwenden, um die Fahrtkosten zu zahlen. Es kann natürlich nicht sein, dass Bildung letzten Endes doch wieder am Geldbeutel der Eltern hängt, weil man sich die Beförderung leisten muss.

Ich komme zum Schluss. Wir werden dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Er wird den Anforderungen an einen modernen und attraktiven öffentlichen Personennahverkehr nicht ansatzweise gerecht, schon gar nicht in Zeiten eines Klimawandels.Ich hoffe,dass wir angesichts der Debatten, die in dieser Woche in Kopenhagen geführt werden, spätestens bei der größeren Novelle des ÖPNV-Gesetzes endlich mutige und richtige Schritte machen, und zwar in Richtung des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs, und dass die Regierungsfraktionen endlich den Glauben an die Allmacht der Straße und Flughäfen aufgeben und zur Privilegierung der Schiene kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Caspar für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kollegin Müller und die Kollegin Waschke haben hier ausgeführt,dass man jetzt eine große Novelle des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr hätte machen müssen. Wir sehen das anders, weil ein Großteil der Punkte, die Sie erwähnt haben, mit dem jetzigen ÖPNV-Gesetz sehr wohl möglich ist. Sie haben verschiedene Dinge angeregt, sei es der Einsatz von anderen Fahrzeugen, sei es eine bessere Vertaktung.Aber all das ist mit dem jetzigen Gesetz möglich. Insofern bringt es nichts, eine Gesetzesänderung anzumahnen, wenn das, was Sie inhaltlich wünschen, mit dem jetzigen Gesetz möglich ist.

(Beifall des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Worum geht es bei dieser Novelle? Bei dieser Novelle geht es schlicht und einfach darum,dass aufgrund der EUVerordnung Nr. 1370 bestimmte Regelungen auslaufen, insbesondere die Möglichkeit der Förderung von rabattierten Tickets, d. h. Tickets für Schüler und Auszubildende. Damit dies weiter möglich ist, hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf eingebracht. Das ist auch sinnvoll und richtig.

Diese Maßnahme musste kurzfristig erfolgen; denn die bisherige Regelung ist im Dezember ausgelaufen. Insoweit war es aufgrund dieser EU-Verordnung erforderlich, dass die Landesregierung gehandelt hat. Dafür möchte ich seitens der CDU-Fraktion dem zuständigen Minister, Herrn Posch, herzlich danken,

(Günter Rudolph (SPD): Es ist sein Job!)

dass er es hier sofort aufgegriffen hat und entsprechend gehandelt hat. Denn ich glaube, es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler und die Auszubildenden in Hessen wissen, dass diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen dafür sorgen,dass sie auch in Zukunft vergünstigt mit dem öffentlichen Nahverkehr fahren können, wenn sie fahren müssen.

Deswegen habe ich auch wenig Verständnis dafür,dass die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf Ablehnung erteilt. Wenn sich alle so verhielten wie die SPD heute in diesem Parlament, würde das bedeuten, dass die Schülerinnen und Schüler, dass die Auszubildenden nicht mehr die Möglichkeit hätten, vergünstigt mit dem öffentlichen Nahverkehr zu fahren. Das halten wir für einen völlig falschen Ansatz. Deswegen meinen wir, dass dieses Gesetz notwendig und sinnvoll ist.

Sie haben weiterhin angesprochen, dass im Rahmen der Anhörung befürchtet wurde, dass dies zulasten von mittelständischen Betrieben gehen könnte.Wir haben das ausgiebig diskutiert und uns auch in der Anhörung intensiv damit beschäftigt. Wir sehen mit diesem Gesetzentwurf gewährleistet, dass die Ausgleichsgelder für rabattierte Fahrscheine 1 : 1 den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Wir sehen es damit zweitens bei Unternehmen mit bestehenden eigenwirtschaftlichen Genehmigungen gewährleistet, dass auch nach dem Dezember Ausgleichsleistungen an diese Unternehmen als Inhaber der Genehmigung gezahlt werden können.

Drittens möchte ich erwähnen,dass für Unternehmen,die zukünftig Verkehre aus eigener Initiative beantragen wollen, gilt: Für diese Verkehre ist gewährleistet, dass diese Anträge grundsätzlich genehmigungsfähig sind und die Unternehmen mit Ausgleichsleistungen nach Erhalt einer Genehmigung rechnen können.

Diese drei Punkte sind uns wichtig, und wir gehen davon aus, dass das mit diesem Gesetz entsprechend geregelt wird.

Wir glauben, dass die Entscheidung sinnvoll und richtig ist, diesen Gesetzentwurf in der jetzt vorliegenden Fassung zum Gesetz zu erheben. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Den Antrag, der nicht konkret auf Gesetzesänderungen abzielt, sondern vielmehr politische Vorstellungen enthält, werden wir ablehnen. Wir kommen auf die Punkte im Einzelnen zurück, wenn eine Novelle des ÖPNV-Gesetzes insgesamt ansteht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Caspar. – Nächster Redner ist Herr Kollege Müller für die FDP-Fraktion.

(Günter Rudolph (SPD):Wieder regeneriert? Geht es wieder?)

Sorry, ich habe den Bus verpasst. Es ging nicht schneller.

(Günter Rudolph (SPD): Ist auch eine schlechte Anbindung im Land!)

Vom 4. Stock hier runter ist die Anbindung nicht hervorragend.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem ich mich etwas erholt habe und wieder bei Atem bin, kann ich meinen Beitrag verständlich und ohne kurze Atempausen abgeben.

Die Stellungnahme der SPD hat mich schon etwas verwundert, abgesehen davon, dass das Thema fundamental verfehlt worden ist. Das war aber auch bei der LINKEN der Fall. Sie haben aber bis vor wenigen Wochen den Bundesverkehrsminister gestellt, Frau Waschke. Dieser Bundesverkehrsminister hat es nicht geschafft, eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes auf den Weg zu bringen. Eine solche hätten wir aber gebraucht, um das hessische ÖPNV-Gesetz umfassend an die Regelungen der Verordnung Nr. 1370 aus dem Jahr 2007 anzupassen.

(Beifall bei der FDP)

Ohne diese Novelle des Personenbeförderungsgesetzes können wir kein dauerhaft gültiges hessisches ÖPNV-Gesetz verabschieden, weil wir auf die Anpassungen dieses Gesetzes angewiesen sind und diese in unser Gesetz einarbeiten müssen.

Deshalb ist diese kleine Novelle auf eine zweijährige Laufzeit begrenzt. Das ist auch mehrfach angekündigt worden. Es wundert mich, dass Sie das immer noch nicht verstanden haben. Die GRÜNEN nehme ich davon aus. Sie haben bereits im Ausschuss erklärt, dass sie sich enthalten, weil sie sich das zwar grundsätzlich wünschen, es aber nicht drin ist. Die Regelungen dieser Novelle sind jedoch anständig und gut. Deshalb kann man sich nur beim Ministerium sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums dafür bedanken, dass sie diese Novelle in so kurzer Zeit erarbeitet und damit Rechtssicherheit für Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen geschaffen haben.

Der Antrag der GRÜNEN ist ein bisschen widersprüchlich. Auf der einen Seite fordern Sie eine Evaluation. Auf der anderen Seite legen Sie die Ziele fest, die in der großen Novelle, die in zwei Jahren ansteht, enthalten sein sollen. Dann können wir uns die Evaluierung aber auch sparen. Deshalb wird es Sie nicht wundern, wenn wir Ihren Antrag ablehnen.

Meine Damen und Herren, der ÖPNV steht für die FDP ganz oben auf der Tagesordnung. Mit diesem Gesetz sorgen wir dafür, dass den Verkehrsunternehmen und den Aufgabenträgern Rechtssicherheit bei der Abfassung von künftigen Verkehrsverträgen gegeben wird. Gleichzeitig hat Verkehrsminister Posch mit den Verkehrsverbünden

Finanzierungsvereinbarungen abgeschlossen, die die Finanzierung des ÖPNV bis Ende des Jahres 2014 absichern.

Meine Damen und Herren, wir geben in den nächsten fünf Jahren für den ÖPNV 3,2 Milliarden c aus.

(Günter Rudolph (SPD): Steuergelder!)

Das ist das Drei- bis Vierfache dessen, was wir für den Bereich des Straßenverkehrs ausgeben. Wer dann noch davon redet, die Hessische Landesregierung bevorzuge einseitig den Straßenbau, dem kann ich nicht mehr helfen. Der erkennt nicht, was diese Zahlen aussagen.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Die CDU klatscht da nicht!)

Es wird gesagt, wir hätten auf die Fragen, die in der großen ÖPNV-Novelle angegangen werden sollen, im Moment noch keine Antworten. Meine Damen und Herren, was ist denn los in diesem Land? Wir sind dabei, die Mobilität im ländlichen Raum weiter zu fördern. Wir haben Rufbussysteme und AST-Verkehre. In meiner Heimatgemeinde tritt am 13. Dezember ein neuer Fahrplan in Kraft, mit dem ein neues Rufbussystem eingeführt wird. Was ist los in Waldeck-Frankenberg? Was ist im WerraMeißner-Kreis los? Was ist im Vogelsbergkreis los? Frau Waschke, Sie haben Ihren Heimatkreis selbst angesprochen.Es passiert doch alles,was Sie fordern.Das wird derzeit doch alles erarbeitet. Dann noch zu behaupten, im ÖPNV-Bereich passiere nichts, das ist heuchlerisch.

(Beifall bei der FDP)

Diese kleine Novelle ist gut gemacht. Deshalb kann ich nur an Sie appellieren, diesem Gesetzentwurf auch zuzustimmen; denn mit diesem Gesetzentwurf wird auf eine hervorragende Art und Weise Rechtssicherheit geschaffen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Für die Landesregierung hat nun Wirtschafts- und Verkehrsminister Posch das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf Folgendes hinweisen, auf das bereits Herr Kollege Müller hingewiesen hat:Wir haben bewusst gesagt, dass es sich um eine kleine ÖPNV-Gesetzesnovelle handelt, die wir auf zwei Jahre befristen wollen, weil wir dem europäischen Rechtsrahmen Genüge tun wollen. Diese europäische Vorgabe gibt es seit zweieinhalb Jahren. In der Vergangenheit ist es nicht gelungen, diese im Personenbeförderungsgesetz umzusetzen.

Damit wir Rechtssicherheit für den bislang erfolgreich durchgeführten öffentlichen Personennahverkehr in Hessen haben,war es notwendig,diese gesetzlichen Vorschriften im Vorgriff auf eine große Novelle heute einzubringen und zur Beschlussfassung vorzulegen.

Es geht um eine fristgerechte Verlängerung,aber nicht um weiter gehende Weichenstellungen. Frau Kollegin Waschke, man kann es sich auch einfach machen. Man zieht irgendetwas, was überhaupt nicht Gegenstand des

Gesetzentwurfs ist, als Begründung dafür heran, Nein zu sagen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Einen solchen parlamentarischen Vorgang habe ich noch nie erlebt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die GRÜNEN haben auch gesagt, dass es Regelungsbedarf gibt, den wir angehen müssen. Das werden wir auch tun. Es ist aber nicht in Ordnung, etwas zu kritisieren, was überhaupt nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs sein kann. Wir müssen jetzt eine befristete Regelung finden, um die bisherige Regelung fortzusetzen. Insofern ist das wirklich ein starkes Stück.