Protokoll der Sitzung vom 03.03.2009

Herr Frömmrich, vielen Dank. – Herr Schaus, Sie haben als Nächster für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben vor wenigen Tagen über die Grundlagen dieser Gesetzesänderung gesprochen. Deshalb will ich mich darauf beziehen, den Änderungsantrag, den wir eingebracht haben, nochmals darzustellen und zu begründen.

Wie Sie alle mitbekommen haben, wurde vor wenigen Tagen ein Tarifabschluss mit der TdL vereinbart, der nicht für Hessen gilt, weil die Hessische Landesregierung in der letzten Legislaturperiode dem mehrheitlichen Wunsch dieses Parlaments nach einem Antrag auf Wiederaufnahme in die TdL nicht gefolgt ist.

Nach dieser Regelung werden die Beschäftigten in den anderen Bundesländern zum 1. März 2009 3 % mehr Einkommen erhalten. Hinzu kommt ein Sockelbetrag von 40 c.Wir gehen davon aus – zumindest ist es auch die Forderung der Gewerkschaften in den Verhandlungen gewesen –, dass diese Regelungen dann auch auf die jeweiligen Landes- und auch Bundesbeamtinnen und -beamten übertragen werden.

Da Hessen,wie bekannt ist,nicht Mitglied der TdL ist und ausdrücklich eine landesspezifische Regelung wünscht, müsste man unter logischer Anwendung dieses Tarifergebnisses eine landesspezifische Regelung erwarten, die in der Größenordnung von über 10 % läge.

(Günter Rudolph (SPD): Wir reden über das Beamtengesetz, Herr Kollege!)

Herr Rudolph, ich komme schon noch dazu –, weil die Arbeitszeit in den anderen Bundesländern, die der TdL angehören, auch für die Beamtinnen und Beamten wesentlich niedriger ist. In Hessen beträgt sie nicht 39, sondern 42 Stunden pro Woche. Wenn man dies analog anwenden würde, dann müsste dies auch bei der Bezahlung zum Ausdruck gebracht werden.

Mit dem Austritt aus der TdL im Jahre 2004 hat die Hessische Landesregierung die Arbeitszeiten massiv verändert und zugleich – das ist die logische Folge – einen entsprechenden Abbau von bis zu 10.000 Stellen im öffentlichen Dienst, im Wesentlichen bei den Beamtinnen und Beamten, vorgenommen. Die logische Konsequenz ist, und das ist genau der Punkt:

(Wolfgang Greilich (FDP): Oh!)

Millionen von Überstunden müssen in allen Bereichen der Beamtenschaft vollzogen werden – insbesondere bei der Polizei, denn, soweit ich weiß, handelt es sich dort um über 2 Millionen Überstunden, die natürlich ausgeglichen werden müssen, sobald ein entsprechender Ausgleichszeitraum überschritten wird.

Aus Sicht der Landesregierung ist es völlig logisch und konsequent, dass man bei dieser Situation, die man geschaffen hat, den Ausgleichszeitraum erhöhen muss, weil man dann eben mit den drei Monaten nicht mehr auskommt. Mit dem Ziel, weitere Kosten zu sparen, haben wir jetzt die Regelung vorliegen, dass der Ausgleichszeitraum zwölf Monate betragen soll.

Herr Minister Bouffier hat in der ersten Lesung dargestellt, dass es eine breite Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf gebe. Er hat dabei allerdings übersehen oder nicht genannt, wie ich es einmal vorsichtig sagen will, dass zumindest in der Stellungnahme des DGB und der Gewerkschaft ver.di, die uns vorliegt, genau die Verlängerung dieses Ausgleichszeitraums kritisiert wird. Sie sprechen sich dagegen aus, dies in § 85 des Hessischen Beamtengesetzes vorzunehmen.

Mit unserem Änderungsantrag verfolgen wir drei Ziele:

Das erste ist, dass im Gesetz „Beamtinnen und Beamte“ geschrieben wird. Das hatte man nämlich bei der Überarbeitung insgesamt vergessen. Wir haben das zumindest einmal in unseren Änderungsantrag hineingeschrieben – ganz bewusst.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bei einem Punkt!)

Natürlich an einem Punkt. Dies muss man insgesamt machen, das ist völlig klar. Aber diesen Setzpunkt wollen wir dann auch setzen.

Wir wissen, dass es Probleme gibt und dass es natürlich auch der Wunsch der Beamtinnen und Beamten ist, den Ausgleichszeitraum in einzelnen Fällen von drei Monaten auf einen längeren Zeitraum zu verlängern. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht, der sozusagen umkehrt, was seitens der Landesregierung gewünscht wird: Wir wollen nämlich keine dienstherrenseitige Verlängerung, sondern dass die Beamtinnen und Beamten selbst bestimmen können, ob sie eine Verlängerung wollen oder ob es auch eine personalrätliche Vereinbarung im Rahmen einer Dienstvereinbarung geben sollte, um für eine Dienststelle insgesamt eine Regelung zu treffen.

Herr Schaus, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Mit unserem Antrag geht es uns um die Stärkung des Dialogs zwischen der Dienststellenleitung, den Beschäftigten und den Personalräten.Wir wollen dazu beitragen, dass in den Dienststellen gemeinsame Lösungen gefunden werden – keine Lösungen, die von oben aufoktroyiert werden.

(Beifall von der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Schaus. – Als Nächster hat Herr Dr. Blechschmidt das Wort für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, Herr Minister, meine Damen und Herren Kollegen! Dies ist die zweite Lesung eines Entwurfs, den wir schon bei der letzten Sitzung beraten haben. Es ist ein sehr ehrgeiziger Entwurf, weil der 1. April eingehalten werden muss.Trotzdem gibt es hierzu zwei Änderungsanträge, die sehr unterschiedlich zu gewichten sind. Ich bin voller Hoffnung, dass wir vielleicht die dritte Lesung etwas kürzer gestalten können, es sei denn, es käme noch eine redaktionelle Änderung, die die CDU und die FDP dann noch einmal einzubringen hätten. Dann müssten wir auch zu diesem Punkt noch einmal Stellung nehmen und es etwas ausführlicher darlegen.Ansonsten kann das Ziel – 1.April – erreicht werden.

Ich möchte auf den Änderungsantrag der LINKEN etwas näher eingehen. Herr Schaus, das Thema, das Sie angesprochen haben, steht in zwei Tagen an: die TdL. Das werden wir breiter diskutieren.

Der letzte Aspekt, den Sie angeführt haben: „Wie funktioniert Mitbestimmung in der Dienststelle?“, wird uns, so Gott will, in einer Stunde noch einmal zu der Diskussion führen, wie Mitbestimmung im Land Hessen praktiziert werden soll.

Ich möchte aber auch noch etwas zum Thema TdL sagen. Ich glaube, dass das, was in der Tarifpolitik passiert, keine Frage der Mathematik ist, dass man vier Komponenten miteinander vermischt und sieht, dass unten das Gleiche herauskommt. Das ist etwas diffiziler. Diese Diskussion werden wir am Donnerstag führen. Arbeitszeit ist eine Komponente, das, was mit dem Tarif einhergeht, die andere.

Ich möchte nochmals auf den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE eingehen.Die Stellungnahmen,die Herr Schaus angesprochen hat, haben wir schon einmal bei der Beratung zur Kenntnis genommen. Ich möchte im Grunde das wiederholen, was Herr Bellino gesagt hat. Der Flexibilisierungsgedanke kann nicht einseitig gesehen werden. In der Tat soll nach dem Änderungsantrag der LINKEN der jetzige Art. 1 Nr. 58 a ersetzt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, den Zeitraum für den Ausgleich für geleistete Mehrarbeit von drei Monaten auf zwölf Monate zu verlängern. Herr Schaus, dies dient der Flexibilisierung, die nicht nur dem Dienstherrn, sondern auch den Beamtinnen und Beamten zugute kommt. Es ist durchaus auch im Interesse der Beamtin oder des Beamten, das zu wollen. Das kann nicht so einseitig betont werden, wie Sie das gesagt haben.

Wichtig ist, dass der Freizeitausgleich innerhalb eines Jahres genommen werden kann, sofern nicht zwingende dienstliche Belange entgegenstehen.Der Dienstherr muss erst dann eine Mehrarbeitsvergütung bezahlen, wenn der Freizeitausgleich innerhalb dieses Jahres nicht möglich ist. Der Ausgleichszeitraum von drei Monaten, den Sie wollen, war in § 44 des Bundesrechtsrahmengesetzes bis Mitte 2002 vorgesehen. Nachdem dieser Zeitraum im Bundesrechtsrahmengesetz aufgrund einer Gesetzesinitiative der Länder auf ein Jahr angehoben wurde, soll von dieser Flexibilisierungsmöglichkeit, wie im Bund und in anderen Ländern bereits geschehen – Herr Bellino hat

darauf hingewiesen –, auch in Hessen Gebrauch gemacht werden.

Sie wollen die Beibehaltung der Dreimonatsfrist. Wir als Liberale wie auch die CDU vertreten die Auffassung, dass diese Regelung einseitig zulasten des Dienstherrn gehen und zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen würde. Eine Ausweitung des Ausgleichszeitraums über drei Monate hinaus wäre nur auf Antrag und aufgrund einer Einigung mit der Personalvertretung möglich. Kommt eine solche nicht zustande, wäre der Dienstherr weiterhin zur Zahlung von Mehrarbeitsvergütung verpflichtet, sofern der Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten nicht möglich ist.

Dies ist nicht der Sinn der Änderung und ist deshalb abzulehnen.Aus diesem Grund werden wir auch Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen.Alles Weitere werden wir gegebenenfalls noch in der dritten Lesung, die, wie ich glaube, auch am Donnerstag stattfinden soll, zu beraten haben. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank,Herr Dr.Blechschmidt.– Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Rudolph zu Wort melden lassen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist zulässig. – Herr Kollege Schaus, ich brauche nicht lange auszuholen. Dass die Mitarbeiter des Landes Hessen von dieser Landesregierung nicht gut behandelt werden, wissen wir seit vielen Jahren. Insofern ist es zutreffend: mehr Belastungen durch längere Wochenarbeitszeit, Kürzungen, aber auch viele Überstunden. – Ihr Antrag ist vernünftig, um den berechtigten Interessen der Mitarbeiter entgegenzukommen.

Herr Bouffier,wenn sie vom Dienstherrn schon durch weniger Personal zu Überstunden und Mehrarbeitsstunden genötigt werden, sollte man ihnen andererseits auch entgegenkommen. Sie lehnen das ab. Das überrascht uns nicht. Ich glaube auch nicht, dass Sie anders mit dem Personal umgehen werden als in den letzten Jahren. Das ist zwar bedauerlich, ist aber so.

Ansonsten ist der Gesetzentwurf unspektakulär. Wir haben im Innenausschuss gesagt, dass wir ihm zustimmen werden.Wir werden auch heute zustimmen.

Herr Innenminister,wir sind dann gespannt darauf,ob der große Wurf mit der Dienstrechtsreform kommt. Ich weiß, es gibt auch einen prominenten, guten Sozialdemokraten, der im Gremium ist. Aber der allein hat nicht die Mehrheit. Wir warten deshalb ab, was insbesondere der Innenminister vorlegt. Dann wird es richtig spannend. Ansonsten:Der Gesetzentwurf ist eher unproblematisch.– Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Herr Rudolph, danke. – Für die Landesregierung darf ich Herrn Staatsminister Bouffier das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das können wir in wenigen Strichen machen. Bei der Fraktion DIE LINKE bin ich mir nicht ganz sicher, ob sie dem Gesetzentwurf trotzdem zustimmt oder nicht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

Ja. Das ist doch erfreulich. Dann wollen wir für das Protokoll und allgemein festhalten, dass der Vorschlag der Landesregierung nachher von allen Fraktionen Zustimmung erfahren wird. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich. Deshalb will ich auf meine Ausführungen in der ersten Lesung verweisen, soweit es um die weiteren Inhalte geht.

Ich will noch zwei Bemerkungen hinzufügen. Es ist richtig, dass die sehr kurzen Beratungsfristen nicht der Stand der zukünftigen Beratung sein werden. Das will niemand, das kann auch niemand wollen.Die Tatsache,dass das Gesetz zum 1. April in Kraft treten muss und erst jetzt behandelt werden konnte, ist schlicht den berühmten hessischen Verhältnissen geschuldet. Der Hessische Landtag tagt erst seit sehr kurzer Zeit wieder.

(Günter Rudolph (SPD): Keine Schärfe!)

Insofern bitte ich um Nachsicht. Es geht nicht anders. Da alle erklärt haben, dass ihnen das Wohl und Wehe unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Beamtinnen und Beamten am Herzen liege, was ich nicht bestreite, bedeutet das doch,dass wir auch zum 1.April für Hessen ein Beamtenstatusrecht haben müssen.

Kurzum, das, was wir bereits im Innenausschuss beraten haben, hat ganz offenkundig überzeugt. So bleibt jetzt noch der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE hinsichtlich eines verkürzten Zeitraums des Ausgleichs von Überstunden – oder bei Beamten korrekterweise der Mehrarbeit. Ich bin, anders als Herr Kollege Schaus und andere Redner,der Auffassung,dass dieser Änderungsantrag keine gute Idee ist.Ich weiß,dass diese Forderung gewerkschaftspolitisch vertreten wird. Aber sie ist nicht klug. Ich nehme mir Herrn Rudolph als Beispiel. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen:Wir haben häufig hohe Belastungen.Nehmen wir das Beispiel der Polizei.Wir haben immer wieder und kaum vorher planbar an etlichen Wochenenden hintereinander Großeinsätze,

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt!)

wo Tausende von Polizeibeamten eingesetzt werden müssen. Wenn sie zum Ausgleich dieser Mehrarbeit dann nur einen ganz kurzen Zeitraum haben, kommen sie in eine unhaltbare Situation. Denn – das darf man auch einmal sagen – es geht hier darum, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Bürger den Dienst leisten, auf den sie alle geschworen haben. Deshalb können wir einen polizeilichen Einsatz nicht mit der Begründung ausfallen lassen: „Wir müssen jetzt innerhalb einer kurzen Frist Freizeit geben.“ Das wäre die Konsequenz. Deshalb ist die gewerkschaftspolitische Forderung zwar ein Druckmittel für mehr Personal. Das kann ich nachvollziehen. Sie ist aber in der Sache nicht geeignet.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Deshalb kann man einem solchen Antrag auch nicht zustimmen. Lieber Herr Kollege Rudolph, Sie wissen genau, dass ich recht habe. Sie würden das auch nicht tun.

(Günter Rudolph (SPD): Ich bin nicht in der Lage, dass ich das tun kann!)