Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

Wir könnten die Aussprache schließen. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE):Der Minister traut sich nicht! – Minister Volker Bouffier: Die Regierung behält sich vor, wenn das Parlament fertig ist, etwas zu sagen!)

Gut, dann stelle ich fest, das Parlament ist „fertig, etwas zu sagen“. Dann kommt der Herr Minister dran. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Das kann man so machen. Bisher war es üblich, dass erst das Parlament spricht und dann die Regierung.

(Nancy Faeser (SPD): Wir würden es gerne umgekehrt machen!)

Der Nachteil ist, dass ich jetzt nicht auf Ihre bedeutenden Ausführungen eingehen kann, es sei denn, wir machen eine zweite Runde.

(Nancy Faeser (SPD): Aber ich auf Ihre! – Günter Rudolph (SPD): Das Leben ist manchmal hart!)

So ist es, Herr Kollege Rudolph, vor allem für die Opposition,wenn die Regierung hervorragende Arbeit abliefert.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Nancy Faeser (SPD): Eben nicht!)

Da das so ist, will ich ein paar Bemerkungen machen. Ich habe anlässlich der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr in der Pressekonferenz, nachdem wir die Zahlen vorgetragen haben, den Damen und Herren, die dort versammelt waren, gesagt: Meine Damen und Herren von der Presse,das ist ein sehr gutes Ergebnis, und ich sage Ihnen heute schon, was die Opposition heute Nachmittag verkünden wird.

(Günter Rudolph (SPD): Nach der Debatte!)

Sie wird sagen, das ist ein ordentliches Ergebnis, es ist sogar sehr gut, aber es ist erzielt worden trotz der Regierung, weil die Polizei so gut arbeitet.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und der LIN- KEN)

Erster Punkt. Diese Rituale kennen wir. Ich bedauere, dass Sie leider Gottes immer wieder an diesem alten Faden entlanglaufen. Das nützt niemandem. Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten keine guten Zahlen. Dann wüsste ich den Inhalt der Presseerklärungen von SPD, LINKEN und GRÜNEN auch schon. Dann wäre ausschließlich der Minister schuld.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wer so schlicht auf so kleinkariertem Karo das Thema bearbeitet, verfehlt das Thema.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD):Wir haben von Ihnen gelernt! Jetzt ist es auch nicht recht!)

Nein, nein. – Meine Damen und Herren, ich bin sehr dankbar, dass wir überhaupt darüber diskutieren. Es ist nicht so, dass wir keine Erfolge hätten und auf der anderen Seite Sorgen.Die Debatte ist so kindisch,sie wird dem Thema nicht gerecht.

(Günter Rudolph (SPD): Wir haben doch noch gar nichts gesagt!)

Doch, ich habe schon zwei gehört. – Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen so oft vorgetragen: Natürlich ist es wichtig, sich die Jahresstatistik anzusehen, aber noch wichtiger ist es, sich lange Entwicklungen anzuschauen. Denn wenn Sie sich lange Entwicklungen anschauen,werden Sie feststellen, wie sich die Dinge verändern, zum Guten oder zum Schlechten. Sie können einzelne Spitzen, die es statistisch immer gibt, zur Seite legen.Was uns gemeinsam beschäftigen muss: Wie bekommen wir es hin, dass das Grundbedürfnis der Menschen, sicher zu leben,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sozial gerecht zu leben!)

von diesem Staat erfüllt wird, dass wir die Grundaufgabe, diese Sicherheit zu gewährleisten und auch die Freiheit zu gewährleisten, in einem vernünftigen Verhältnis immer wieder neu auswiegen? Das ist eine ununterbrochene Aufgabe, die sich immer wieder neu stellt und die man nicht mit ganz schlichten allgemeinen Bemerkungen vom Tisch fegen kann.

Da dies nun die elfte Kriminalstatistik ist, die ich diesem Haus vortragen darf, werden Sie mir erlauben, auf ein paar Umstände hinzuweisen.

(Günter Rudolph (SPD): Das wird niemand bestreiten!)

Wenn ich auf diese Umstände hinweise, will ich sagen:Wir sind uns sicher einig, und das haben Sie wenigstens noch anerkannt,dass es ein sehr gutes Ergebnis ist.Ich bedanke mich ausdrücklich bei all denen, die für die Erarbeitung dieses guten Sicherheitsergebnisses Verantwortung tragen. Das sind die Polizeibehörden – der Kollege Bellino hat es gesagt –, das sind aber auch die Behörden des Verfassungsschutzes, der Justiz und viele andere mehr. Da sind wir uns einig.

Ich füge aber hinzu: Hessen ist unter dieser Regierung und meiner Verantwortung sicherer geworden. Das ist so.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nun lassen Sie uns – ich lade Sie dazu ein – über einzelne Punkte, wo wir noch Fragen haben, miteinander um den besten Weg ringen.Vielleicht haben Sie die Größe, Dinge, die einfach so sind, wie sie sind, nicht immer mit allgemeinen Bemerkungen in Zweifel zu ziehen. Frau Kollegin Öztürk, Ihren ganzen Beitrag kann ich zusammenfassen mit: Ich habe Zweifel. – In Gottes Namen, ich mache die Zahlen nicht, ich mache auch die Statistik nicht.Wir legen sie seit Jahren immer in gleicher Weise vor. Jetzt lade ich Sie herzlich ein: Nehmen Sie sie einfach so, wie sie sind. Lassen Sie uns darüber reden, was erfreulich ist, was Sorgen macht und wie sich die Dinge entwickelt haben. Ich sage Ihnen,wenn Hessen heute unter den vier ersten Ländern in Deutschland ist, dann ist das ein Anlass zur Freude.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir gehören zu den sichersten Bundesländern. Das will ich hier festhalten, und das sollten wir nicht bestreiten, weil es den Menschen nicht hilft, wenn man etwas bestreitet, was objektiv wahr ist. Hessen gehört zu den vier sichersten Bundesländern. Das ist ein Erfolg, darüber können wir uns freuen, und das sollten wir gemeinsam anerkennen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE):Wir haben immer noch Biblis!)

Da das zeitlich alles sehr begrenzt ist, will ich sagen: Frau Kollegin Öztürk,Sie haben wieder vieles miteinander vermischt. Sie haben sich mit der Aufklärungsquote beschäftigt und festgestellt, im Bundesvergleich liegen wir auf dem siebten Platz. Prima, ich bin sehr froh und dankbar dafür.Als ich anfing in dieser Verantwortung, war Hessen auf dem letzten Platz aller westdeutschen Länder. Das ist die schlichte Bilanz.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Unter Rot-Grün, nur damit wir das einmal in Erinnerung rufen, war Hessen auf dem letzten Platz. Kein Land hat die Aufklärungsquote so gesteigert wie Hessen, und das ist ein Erfolg. Man kann sich nur darüber freuen, wenn in Hessen fast 60 % der Täter überführt werden. Das ist ein doppeltes Signal: Erstens können wir den Menschen, den Opfern, sagen, dass wir die meisten kriegen. Zweitens können wir denen, die etwas im Schilde führen, sagen: Ihr könnt euch nicht ausruhen, wie das früher einmal bei 44 bis maximal 46 % war, sondern wir wollen die 60 % erreichen. Wir sind relativ dicht dran. Dabei geht es nicht um einen zahlenarithmetischen Willen, sondern darum, dass jedes Opfer Anspruch darauf hat, dass wir alles tun, damit wir wenigstens den Täter kriegen und die anderen abschrecken. Darum muss es doch gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb haben wir im Vergleich zu Rot-Grün eine sagenhafte Bilanz, und das können Sie nicht wegdiskutieren.

Jetzt kommt der zweite Punkt. Wie messen wir? Ich habe es oft genug vorgetragen, aber Sie haben es heute wieder in einen falschen Zusammenhang gestellt.Wie messen wir die Sicherheit in einem Land? Das geschieht überall gleich, nach gleichem System, und zwar seit 40 Jahren.Wir messen die Anzahl der Einwohner, und wir messen die Anzahl der erfassten Straftaten. Das bringen wir zueinander ins Verhältnis. Das bedeutet für Hessen einen Schnitt, der deutlich unter 7.000 liegt, etwas über 6.700.

Das ist die viertbeste Zahl in Deutschland. Das hatten wir früher nicht. Damit Sie das richtig einordnen können:Wir

haben heute weniger Straftaten als vor zehn Jahren. Das muss einen doch freuen. Die Zahl der Straftaten im Jahre 2009 ist die niedrigste seit elf Jahren. Ich kann nicht erkennen, dass das ein Anlass zu Besorgnis oder zum Zweifel oder zu sonst etwas ist. Das ist vielmehr ein Anlass, Dank und Anerkennung für diese Leistung auszusprechen, und es ist Anlass zu Freude. Aber wir wollen noch besser werden. Darüber sollten wir doch nicht streiten. Oder wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass die Zahlen nicht stimmen? Das ist also eine Erfolgsgeschichte.

(Nancy Faeser (SPD): Ich habe nie behauptet, dass die Zahlen nicht stimmen!)

Meine Damen und Herren, damit Sie nicht glauben, wir könnten nicht über jeden Punkt sehr intensiv sprechen:Es gibt kein Bundesland, das in diesem Bereich die Ergebnisse Jahr für Jahr verbessert hat. Bei der Aufklärungsquote sind wir einmalig.Wir wollen zwar noch besser werden, aber ich habe Ihnen gesagt, wo wir da stehen. Bei der Kriminalitätsbelastung nimmt Hessen in Deutschland den vierten Platz ein.Auf welchem Platz Hessen unter Ihrer Regierungszeit lag, darauf habe ich gelegentlich hingewiesen.

Wir haben eine Reihe von Besonderheiten, auf die ich hinweisen will, weil sie von öffentlicher Bedeutung sind. Wiederholt ist die politisch motivierte Kriminalität angesprochen worden.Hessen ist seit Jahren in der guten Lage, dass die Zahl der Fälle politisch motivierter Kriminalität – anders als in anderen Ländern und entgegen dem Bundestrend – auf einem unteren Niveau verharren.Wir nehmen diese Form der Kriminalität sehr ernst – ob von links, ob von rechts –, und es ist ein Erfolg der polizeilichen Arbeit,der polizeilichen Strategie und unserer Arbeit als Regierung, wenn wir sagen können, wir sind in allen Vergleichen, was die politisch motivierte Kriminalität angeht, am unteren Ende der Tabelle.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Politisch motivierte Gewalt, ob von rechts oder von links, ist zwar ein Thema,das uns Sorgen gemacht hat,aber Hessen liegt in dieser Hinsicht seit einigen Jahren im Vergleich aller Bundesländer auf dem besten Platz. Das ist doch eine tolle Leistung. Stellen Sie sich einmal vor, es wäre anders. Deshalb will ich ausdrücklich Dank und Anerkennung aussprechen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Schaus, Sie haben als alter Gewerkschafter eine gewerkschaftspolitische Rede gehalten, aber Sie haben nichts zum Thema Sicherheit gesagt. Darin liegt aber ein Grund der hohen Belastung der Polizeibeamten. Wenn wir 10 oder 20 Leute von der einen oder anderen extremistischen Seite haben und gelegentlich 400 bis 500 Polizisten aufbieten, damit diese Extremisten in diesem Land eben nicht machen können, was sie wollen, dann ist das meine bewusste politische Entscheidung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich weiß, dass das die Polizeibeamten belastet. Aber das, was Sie vortragen, ist unfair und in jeder Hinsicht nicht nur rabulistisch, sondern absurd. Auf der einen Seite sind Sie besorgt über extremistische Entwicklungen, auf der anderen Seite sagen Sie, die Polizeibeamten sind belastet. Genau deshalb, weil es so ist, sind unter der politischen Verantwortung dieser Regierung und der Koalition aus CDU und FDP in Hessen in den vergangenen Jahren deutlich mehr Polizeibeamte – im Vergleich zu vielen an

deren Ländern – eingestellt worden, als in den Ruhestand gehen. Schauen Sie sich die Jahre 2008, 2009 und 2010 an.

(Günter Rudolph (SPD):Schauen Sie sich die Jahre 2004, 2005, 2006 an! – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

In jedem Jahr wurden 550 Polizeibeamte neu eingestellt. Dafür bedanke ich mich. Das war aber auch notwendig. Wir brauchen diese Polizeibeamten.