Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

ten, steht auf einem anderen Blatt.Aber dazu hat der Minister nichts gesagt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gute Nachricht über die hervorragende Kriminalitätsstatistik in Hessen ist neben dem individuellen Einsatz der Polizistinnen und Polizisten das Ergebnis einer klugen, vorausschauenden und nachhaltigen Sicherheitspolitik in Hessen in den letzten zehn Jahren. Bei aller Bescheidenheit weise ich auch darauf hin, dass der Erfolg vor allem den Zeitraum umfasst, in dem die FDP in Hessen an der Regierung beteiligt war. Seit 1998 FDP und CDU in Hessen die Regierungsverantwortung übernommen haben, wird in Hessen das Wort Sicherheit großgeschrieben, und das mit liberaler Handschrift.

Weil die beste Polizeiarbeit immer noch die ist, die durch die Polizisten vor Ort, also durch Polizeipräsenz, geleistet wird, werden wir den Polizeidienst weiter stärken und auch im Jahr 2010 wieder 550 Kommissaranwärter neu einstellen. Weil Sie immer versuchen, das kleinzureden, will ich einmal klarstellen:1998,als wir angefangen haben, gab es mehr Polizeistellen – auf dem Papier. Was wir geschaffen haben, sind keine Pappkameraden, sondern Polizisten aus Fleisch und Blut. Das ist der Unterschied zu der Zeit unter Rot-Grün.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Weil dieses gute Personal, welches wir in der hessischen Polizei haben, auch angemessen bezahlt werden muss, haben wir trotz aller Haushaltskonsolidierung die Vergütung erhöht. Seit April 2009 wurde die Vergütung um 3 % aufgestockt.Ab 1. März, also in fünf Wochen, wird es eine weitere Erhöhung um zusätzliche 1,2 % geben.

Wir Liberale wissen nur zu gut,dass Sicherheitspolitik immer im Spannungsfeld zwischen den Grenzen staatlicher Eingriffe auf der einen Seite und von Bürgerrechten auf der anderen Seite steht. Dass die Wahrung von Bürgerrechten für uns oberste Priorität hat und die Gewährleistung von Sicherheit nicht zulasten von Freiheit gehen darf, ist für uns ein elementares Anliegen. Aber – das unterscheidet uns von der Opposition – in der Regierungsverantwortung ist bei verantwortungsvoller Sicherheitspolitik kein Platz für starre Ideologien. Das sage ich sowohl denen, die bei jeder Neuerung, die diskutiert wird, sofort und in geradezu pawlowschen Reflexen Nein rufen, wie auch denen,die bei jeder aufsehenerregenden Straftat dieser ein neues Gesetz hinterherwerfen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Verantwortliche Politik kennt keine Diskussions- und Denkverbote.Verantwortliche Politik lebt aber auch nicht von Aktionismus, sondern von Besonnenheit.

Besonders positiv möchte ich zu dieser Kriminalstatistik feststellen: Die Erfolge waren auf der Grundlage eines Gesetzesinstrumentariums möglich, welches strengen rechtsstaatlichen Anforderungen genügt.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Gerade in letzter Zeit gab es einige Vorkommnisse, die großes mediales Aufsehen erregt haben. Bei dem versuchten Anschlag von Detroit gelang es dem jungen Nigerianer, explosive Stoffe durch die Sicherheitskontrollen zu bringen. Ich muss sagen, es war ein herber Rückschlag, dies zur Kenntnis nehmen zu müssen. In den letzten Jah

ren wurden die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verschärft, und wir alle haben uns sicherlich schon einmal darüber geärgert, wenn man seine Wasserflasche an der Sicherheitskontrolle abgeben musste, um sich danach zu dem doppelten Preis eine neue kaufen zu müssen.

(Florian Rentsch (FDP): Ja!)

In einer Phase, in der wir alle gehofft haben, es könnte vielleicht das eine oder andere wieder gelockert werden, kommt dieser neuerliche Anschlagsversuch einem besonders krassen Eingriff in die Entwicklung gleich.

Sehr schnell waren dann wieder neue Techniken in der Diskussion, die das angeblich hätten verhindern können. Meine Damen und Herren, um das ganz offen zu sagen: Auch hier will ich völlig ideologiebefreit diskutieren. Wenn Neuerungen so bahnbrechend sind, dass sie verhindern können, dass heimtückische Gewalttäter explosives Material in den Sicherheitsbereich eines Flughafens schmuggeln können, wenn gleichzeitig sogar eine Besserung für die Passagiere eintritt, weil sie nicht mehr abgetastet werden müssen und weil die Kontrollen sehr viel schneller erfolgen können, dann sollten wir das ganz ergebnisoffen diskutieren. Aber dann will ich auch wissen, dass diese Geräte tatsächlich die Sicherheit der Passagiere erhöhen; sonst können wir uns diese Diskussion sparen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben in der Presse gelesen, selbst die neueste Generation von Körperscannern sei nicht in der Lage, die Substanzen zu erkennen, die dieser Nigerianer in seiner Unterhose ins Flugzeug geschmuggelt hat. Wenn das so ist, dann können wir uns die weitere Diskussion sparen. Wenn nicht, dann werden wir uns mit den Themen befassen müssen. Aber das ist in der Tat eine Bringschuld. Zunächst muss klargestellt werden, ob das einen Sicherheitsgewinn bringt oder nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vergangenen Mittwoch wurde am Münchner Flughafen Sprengstoffalarm ausgelöst – auch das, es wurde schon erwähnt, zu Unrecht, wie wir heute wissen. Hunderte von Menschen wurden evakuiert, weil man meinte, an einem Computer Hinweise auf Sprengstoff gefunden zu haben, was aber gar nicht so war. Das zeigt uns: Die derzeitigen Sicherheitsstandards sind so gut, dass Gefahren rechtzeitig erkannt werden können. Woran es in München gefehlt hat, war ein ausreichender und besonnener, ordentlich durchgeführter Personaleinsatz. Nicht auszudenken, was sonst hätte passieren können.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen reichen aus; das ist mein Resümee. Eine effektive, effiziente und erfolgreiche Strafverfolgung findet in Deutschland und insbesondere in Hessen statt, und das innerhalb der bestehenden Gesetze.

(Beifall bei der FDP)

Vor diesem Hintergrund werden wir auch in Zukunft sehr genau vorher anschauen,ob und inwieweit ein eventueller Eingriff in Bürgerrechte die Sicherheit der Bürger tatsächlich weiter verbessern kann. Bei untauglichen Vorschlägen, das wiederhole ich, brauchen wir in diese Prüfung gar nicht einzutreten; die sortieren wir gleich aus.

Das haben wir im Übrigen auch bisher immer so gemacht, zuletzt bei der umfassenden Novelle des hessischen Polizeigesetzes. Da haben wir die Handlungsmöglichkeiten

der Polizei um praxistaugliche Maßnahmen erweitert und das Gesetz technischen Entwicklungen angepasst. Gleichermaßen haben wir die Bürgerrechte besonders geschützt und Eingriffsschwellen bewusst sehr hoch angesetzt. Damit haben wir eine weitere solide Grundlage auf den Weg gebracht,wie ich hoffe,für weitere zehn Jahre erfolgreiche Polizeiarbeit in Hessen und weitere zehn Jahre Oppositionsarbeit für Sie, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich abschließend sagen: Natürlich ist eine positive Statistik ein Grund,stolz zu sein.Auf der anderen Seite ist uns aber auch klar, dass es nur deshalb so erfolgreich geht, weil alle Kräfte engagiert und geeint miteinander arbeiten. Am besten bekämpfen wir die Kriminalität, noch bevor sie überhaupt entsteht. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir auch die nächsten Jahre gut zusammenarbeiten, die Sicherheit in Hessen weiter hochhalten und weiter ausbauen, und das auf der Grundlage des liberalsten Polizeirechts, das wir in Hessen je hatten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Das Wort hat Herr Abg. Schaus. Sie haben noch vier Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nicht in die Debatte einmischen, ob die Statistik in Hessen mit 57,8 % schlecht, gut oder hervorragend ist. Denn denjenigen, die in einen Konflikt geraten, die angegriffen werden, nutzt diese Statistik überhaupt nichts. Es ist eine Statistik im Hinblick auf die Aufklärungsquote, es geht aber auch darum, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Davon habe ich in dieser Debatte sehr wenig gehört.

Herr Innenminister, es mag auch durchaus richtig sein, ich stimme Ihnen da zu, dass die Debatte über die Polizei und die Bedingungen der Polizei durchaus ritualisiert abläuft. Aber das „Kompliment“ gebe ich Ihnen gerne zurück. Seit zwei Jahren im Parlament erlebe ich auch, wie die Diskussion von Ihrer Seite sowohl im Innenausschuss als auch hier im Plenum geführt wird. Da ist viel dran an Ihrer These mit den Ritualen, so wie wir das auch am Ablauf dieser Debatte und bei dem Antrag von CDU und FDP sehen.

Herr Bellino, ich bekomme richtig Angst bei Ihrem Leitbild eines Überwachungsstaates, den Sie eben charakterisiert haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Wir leben hier in einer Demokratie, nicht in einem Überwachungsstaat! Das ist eine Unverschämtheit!)

Sie haben die Kameraüberwachung gelobt und als Erfolg dargestellt – völlig unkritisch und unsensibel.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Unverschämt ist das!)

Sie haben in dieser Diskussion an keiner Stelle eine gesellschaftliche Debatte zur Überwachung aufgenommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diesen Vorwurf müssen Sie sich in der Tat gefallen lassen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Normalerweise soll es in dieser Debatte ja um den Austausch von Informationen und Argumenten gehen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wir haben doch keinen Überwachungsstaat hier! Wo kommen wir denn da hin! Welchen Unfug muss man sich denn hier anhören? – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Ältestenrat? Ausgerechnet Sie, Herr Irmer!)

Herr Präsident, ich warte einmal ab.

Herr Kollege Schaus, solange das Mikrofon stärker ist als die Zwischenrufe, möchte ich eigentlich nicht einschreiten, sonst könnten wir die Sitzung abbrechen. – Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Innenminister, ich finde es interessant, wozu Sie nichts gesagt haben. Mehrere Rednerinnen und Redner haben auf den inneren Zustand bei der Polizei hingewiesen.Anhand von Beispielen habe ich nochmals deutlich gemacht, dass das Thema Mobbing – besser gesagt: Bossing – durchaus ein relevantes Thema ist.

Nach der öffentlichen Berichterstattung und der Diskussion im Innenausschuss sind an den unterschiedlichsten Stellen zahlreiche Informationen eingegangen: bei uns in der Fraktion und auch bei anderen Fraktionen, wie wir wissen. Diese Informationen haben dieses Problem beleuchtet. Deshalb habe ich erwartet, dass der Innenminister auf dieses Thema auch eingeht.

Herr Innenminister, ich will Ihnen einen konkreten Punkt nennen, der mich in diesem Zusammenhang mit besonderer Sorge umtreibt. Da wird nämlich berichtet, dass Frauen in Vorgesetztenfunktionen in der Polizei diesem Mobbing in besonderem Maße ausgesetzt sind, und gleichzeitig wird berichtet, dass die Vorgesetzten aus deren Sicht in unzureichender Weise dagegen vorgehen.

Das ist eine von vielen Facetten, eines von vielen Themen, das in diese Diskussion hineingehört. Dazu wie auch zum Thema Wirtschaftskriminalität hätte ich von Ihnen, Herr Innenminister, hier eine Stellungnahme und eine Antwort erwartet. Schweigen hilft weder dem Parlament als Entscheidungsgremium noch den Beschäftigten bei der Polizei.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der CDU und der FDP. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich

der Stimme? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP bei Gegenstimmen der übrigen Fraktionen angenommen worden.