Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

(Günter Rudolph (SPD): Nee, die LINKEN!)

Aber ich habe hier nichts liegen. Die haben weder einen gelben noch sonst einen Zettel abgegeben. – Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe darauf gewartet, dass alle Fraktionen sprechen. Da das nicht der Fall ist, habe ich mich jetzt zu Wort gemeldet.

Lassen Sie mich einige wenige Bemerkungen machen, weil wir hier über vergleichsweise sehr viel Geld reden, das weitgehend unbeachtet verwaltet wird, und zwar im Hinblick darauf, was das für die Haushalte der Zukunft bedeutet. Ich bin sehr dankbar, dass die Abgeordneten in besonderer Weise die Arbeit der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hervorgehoben haben. Das ist bei uns zunächst einmal die Haushaltsabteilung mit Herrn Dr. Worms an der Spitze und Herrn Soll, der schon genannt worden ist. Es gibt viele andere mehr, die dort arbeiten und jeden Tag darum kämpfen, dass wir den erfolgreichen Weg, den wir im Moment haben, dass wir unsere Zinsausgaben seit Ende der Neunzigerjahre nur marginal gesteigert haben, obwohl die Schuldenentwicklung so ist,

wie sie hier beschrieben wurde, erfolgreich weitergehen können.

Dabei ist uns der Rechnungshof immer ein Partner, gelegentlich auch ein wichtiger Sparringpartner, unter dem Gesichtspunkt, dass der Rechnungshof nicht nur die Prüfung macht, sondern dankenswerterweise – das richte ich ausdrücklich an Prof.Eibelshäuser mit seiner Truppe – immer zur Verfügung steht, wenn es Gesprächsbedarf darüber gibt, wie Finanzierungsinstrumente einzuordnen sind und ob es sinnvoll und richtig ist, sie entsprechend einzusetzen.

Außerdem muss man sehr dankbar zur Kenntnis nehmen, dass die Diskussionen im zuständigen Ausschuss des Hessischen Landtags in der Tat so angelegt sind, dass immer wieder die Chance besteht, auch über Risikopositionen, die bestehen, zu diskutieren und zu sagen, wie weit wir gehen.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen,das in Teilen schon hier angesprochen worden ist. Im Jahr 2007 hatten wir eine inverse Zinsstruktur. Das erste Halbjahr war von großem Konjunkturoptimismus geprägt mit ständig steigenden Zinsen von 4,1 % zum Jahresbeginn auf 5 %. Übrigens sind 0,01 % bei 5 Milliarden c 500.000 c, über die wir reden. Das ist ein Basispunkt, und das muss man beachten, wenn man Verträge auf zehn Jahre oder fünf Jahre oder wie auch immer abschließt.

Diese inverse Zinsstruktur hat dazu geführt, dass die kurz- und mittelfristigen Gelder, die Drei-, Sechs- und Zwölfmonatsgelder teurer waren als die langfristigen Zinsen.

Als der Konjunkturpessimismus begann und sich die Liquiditätsengpässe bei den Banken langsam im zweiten Halbjahr abzeichneten, ist die Zinskurve wieder deutlich gefallen. Jetzt können wir sagen, wir haben Glück gehabt. Ein bisschen Bescheidenheit ist dort auch richtig. Wenn wir alles wüssten, würden wir unser Geld anders verdienen als über die Frage, wie sich Zinsstrukturen entwickeln.

Aber wenn man den Zehnjahreszeitraum sieht, für den ich die Verantwortung trage und in dem ich den Mitarbeitern die Rückendeckung gebe, entsprechend zu wirtschaften, dann sieht man, dass es keine zufällige Entwicklung im Jahr 2007 war. Im Jahr 2007 haben wir nämlich ganz zu Beginn des Jahres Kredite aufgenommen und am Ende des Jahres. Dazwischen haben wir kaum etwas gemacht. Das hat dem Land Hessen auf die Laufzeit zig Millionen Euro gespart. Ich will nur die Größenordnung deutlich machen.

Natürlich kann das auch einmal schiefgehen, und deswegen ist die Diskussion mit den Abgeordneten so wichtig. Wir sitzen teilweise stundenlang mit externen Sachverständigen usw. zusammen. Manchmal bekommen wir von den Chefvolkswirten von internationalen Banken innerhalb einer Woche drei verschiedene Analysen, wie sich die Zinsen in der nächsten Zeit entwickeln werden. Das ist ein weites Feld. Deswegen ist es so wichtig, wie wir dort agieren.

Ein zweiter Punkt. Wir hatten in der Vergangenheit sehr viele fest angelegte Darlehen und wenig variable Verzinsung. Man muss sagen, wenn wir in den Neunzigerjahren alles variabel gemacht hätten, hätten wir wesentlich günstiger abgeschlossen als mit festverzinslichen Darlehen.Ich bin trotzdem der Meinung, dass festverzinsliche Darlehen wichtig sind unter dem Gesichtspunkt, dass man Risiko

minimierung betreibt. Trotzdem haben wir in Diskussion mit den Abgeordneten und auch dem Rechnungshof den Anteil der variabel finanzierten Darlehen deutlich erhöht.

Allerdings – das ist auch ein Teil der Strategie, die wichtig ist – haben wir mit Derivaten diese variabel verzinslichen Kredite abgesichert. Hier kommt schon wieder der nächste Punkt: Gelegentlich kann man ein gutes Geschäft machen, indem man variabel verzinsliche in festverzinsliche Kredite umwandelt und die Derivate aufgibt. Allerdings muss man auch da wieder entscheiden:Weil sozusagen die Versicherung wegfällt,ist es mir lieber,dass ich die Prämie hole, als den dauerhaft abgesicherten Teil des variabel verzinslichen Anteils am Kreditportfolio zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, das sind sehr schwerwiegende Entscheidungen, die in der Größenordnung zu erheblichen Problemen führen können, wenn man das nicht in der richtigen Art und Weise macht. Da gibt es auch einen Grundsatz, der zwischen den Fraktionen des Hessischen Landtags bzw.denjenigen,die im Landesschuldenausschuss vertreten sind, unstreitig ist: dass dieses Land Steuergelder verwaltet und deswegen keine Geschäfte machen kann, die man möglicherweise als Privatmann machen kann, wenn es auf das eigene Risiko geht.Vielmehr müssen wir hier auf der sicheren Seite bleiben. Das heißt, nicht alles, was möglich ist, können wir bei der Verwaltung der Landesschulden machen. Damit sind wir bisher ausgesprochen gut gefahren.

Ich möchte noch eine Bemerkung zu der Prüfung an sich machen. Ich denke, es ist richtig, dass auch hier im Protokoll festgehalten wird, dass dort keine Beanstandungen von grundsätzlicher oder erheblicher Bedeutung vorgenommen worden sind. Es gab einige Punkte im Detail. Es gab sogar einen Punkt, bei dem unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Rechnungshof und Ministerium bestanden. Das ist mittlerweile alles ausgeräumt, das ist auch dem Ausschuss vorgetragen worden. Ich denke, man kann mit dieser Sache insgesamt sehr zufrieden sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich denke,dass wir die Diskussion über Verschuldung und Haushalt an anderer Stelle führen sollten. Das bringt uns hier im Moment nicht weiter. Das Thema hier ist, ob das ordentlich gemacht wird. Ich halte fest: Mit dem bisschen Glück, das man dazu braucht, werden bei uns die Landesschulden hervorragend verwaltet. Ich kann das schon für 2008 und 2009 sagen.

Wenn man sich die Einzelgeschäfte im Detail anschaut – das macht der Rechnungshof –, stellt man fest, wir haben keine Ausreißer negativer Art dabei. Das mag bitte auch so bleiben. Aber ich kann nicht ausschließen, dass, wenn man dort agiert, Beträge gelegentlich auch einmal auf die Minusseite rutschen. Insgesamt sind wir da aber ausgesprochen gut aufgestellt und haben für das Land Hessen in den letzten Jahren und auch 2007 bei den Schulden eine Menge Geld verdient, das wir nicht ausgeben mussten, weil gut gearbeitet worden ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Jetzt liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Der Bericht ist besprochen.

Der Ausschuss bittet uns, der Landtag möge von diesem Bericht Kenntnis nehmen. Ich stelle fest: Der Landtag hat von diesem Bericht Kenntnis genommen.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein und beginnen um 15 Uhr, wie vereinbart, mit dem Setzpunkt. Danach kann die jetzt nicht mehr aufgerufene Große Anfrage, Tagesordnungspunkt 12, behandelt werden. Das ist die Reihenfolge ab 15 Uhr.

Ich wünsche Ihnen eine gute Mittagspause, bis nachher.

(Unterbrechung von 13.01 bis 15.02 Uhr)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie alle bitten, in den Saal zu kommen und die Plätze einzunehmen.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, habe ich Ihnen einige Mitteilungen zu machen. Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend keine Laufzeitverlängerung für Biblis, Drucks. 18/1830. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 45 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, nach Tagesordnungspunkt 27, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, aufgerufen und ohne Aussprache abgestimmt werden. – Kein Widerspruch, so beschlossen.

Eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist des Weiteren ein Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Einzelfallprüfung nach dem Aufenthaltsgesetz auch für Flüchtlinge aus dem Iran, Drucks. 18/1832. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Dann wird dieser Antrag Tagesordnungspunkt 46 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 18 aufgerufen werden. – Das ist der Fall. Damit haben wir das geklärt.

Es ist eine weitere Mitteilung zu machen. Soeben hat sich im Umgang des Plenarsaals der KSV-Hessen-Kassel-Fanklub gegründet.Wir begrüßen herzlich dessen neuen Präsidenten,Wolfgang Decker, in unserer Runde.

(Heiterkeit und Beifall)

Wir steigen wieder in die Tagesordnung ein, und zwar mit dem Setzpunkt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich rufe Tagesordnungspunkt 16,Tagesordnungspunkt 17 und Tagesordnungspunkt 43 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Studien belegen: Fluglärm verursacht Gesundheitsschäden – Drucks. 18/1786 –

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Gesundheit schützen – Lärm vermindern – Nachtruhe garantieren – Drucks. 18/1787 –

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Studie zu den Gesundheitsrisiken durch Fluglärm in der Region Rhein-Main – Drucks. 18/1827 –

Redezeit: zehn Minuten pro Fraktion. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Kaufmann zu Wort gemeldet. Herr Kaufmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man erlebt bei dieser Landesregierung immer wieder

Überraschungen. Dass sie deutlich rückwärtsgewandt ist, wussten wir schon. Schließlich stammen ihre politischen Ziele eher aus dem 19. denn aus dem 21. Jahrhundert. Doch dass die Regierung uns etliche Jahrhunderte zurück, ins Mittelalter mit all seiner geistigen Düsternis, schicken will, hatten wir dann doch nicht erwartet.

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

Herr Kollege Arnold, genau das versucht der Herr Verkehrsminister mit seiner Weigerung zu tun, wissenschaftlich fundierte Befunde zum Zusammenhang von Fluglärm und Krankheitsrisiken zur Kenntnis zu nehmen und zu diskutieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Minister Posch damit locker die Errungenschaften der europäischen Geistesgeschichte seit der Aufklärung über Bord wirft, ist ihm nicht aufgefallen. Hauptsache, er muss nicht über Tatsachen sprechen, die er nicht wahrhaben will,weil sie ihm nicht in den Kram passen.So erleben wir mal wieder die bei der Landtagsmehrheit von CDU und FDP schon gut eingeübte Arroganz der Macht.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, natürlich können Sie beschließen, dass Fluglärm gesund, die FDP nicht käuflich und die Erde eine Scheibe ist.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Es bleibt allerdings die Frage: Stimmt das wirklich, oder kann die Mehrheit eben doch nicht die Wahrheit ersetzen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Kann man es anders als erbärmlich nennen, wenn der Herr Verkehrsminister aus Angst davor, Fakten und Argumenten nichts entgegensetzen zu können, die Debatte verweigert und sich aus dem Staub macht? Das ist übrigens derselbe Verkehrsminister, der nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs,welches mehr Schutz vor nächtlichem Fluglärm gefordert hat, diesen Auftrag nicht akzeptieren wollte, sondern wortreich und lautstark nach Klärung gerufen hat, um damit die Revision und seinen Widerstand zu begründen. Jetzt wollen Minister Posch und seine Claqueure von der Mehrheit hier im Hause in der Frage der Wirkung nächtlichen Fluglärms genau das Gegenteil von Klärung, nämlich möglichst dichten Nebel, um sich nicht um Aufklärung bemühen zu müssen.

(Dr.Walter Arnold (CDU): Das ist doch Unsinn!)

Herr Kollege Dr. Arnold, das ist kein Unsinn, sondern empörend; denn die Begründung für den Wunsch nach fortbestehendem Nichtwissen ist der Versuch, das zu stärken, was Minister Posch zuvor öffentlich behauptet hatte, dass nämlich lärmmedizinische Untersuchungen im Planfeststellungsbeschluss nach einem „umfassenden Abwägungsprozess“ – so der Kollege Müller – bzw. nach einem „intensiven Abwägungsprozess“ – so der Kollege Arnold – berücksichtigt worden seien. So stand es in der „FAZ“ zu lesen.

Schauen wir doch einmal nach, ob das stimmt. Der Planfeststellungsbeschluss geht allerdings ohne weitere Prüfungen von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a des Fluglärmschutzgesetzes aus. Darin finden sich keine wissenschaftlich tragfähigen Befunde über die Wirkung von Fluglärm.