Wir erwarten – und ich glaube, die Bevölkerung erwartet es auch –, dass wir eine Landesregierung und eine Umweltministerin haben, die nicht die Interessen der Atomwirtschaft verteten, sondern die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung, und die energiepolitisch nicht von gestern sind, sondern den Weg in die Zukunft weisen. Frau Lautenschläger, Sie haben das erste Jahr verschenkt.Wir sind darauf gespannt, ob Sie genauso weitermachen oder ob Sie jetzt endlich einsehen, dass Sie hier gewählt und den Interessen der Bevölkerung verpflichtet sind und nicht den Interessen von RWE. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Vorfeld der von SPD und GRÜNEN beantragten Aktuellen Stunde zum Thema Kernenergie gibt es,wie wir eben gerade wieder bemerkt haben, polemische Begleitmusik von beiden Oppositionsfraktionen.
Da wird von Handlangern gesprochen. Die Ministerin wird als Lobbyistin und Büttel der Atomindustrie verunglimpft. Es wird gesagt, sie mache einen Kniefall, und dergleichen mehr. Das ist der wesentliche Gehalt dessen, was Sie in den letzten 15 Minuten hier vorgetragen haben.Das ist einfach zu wenig.
Lassen Sie mich Folgendes hinzufügen: Ich finde es auch einfach für die Sache nicht gut, wenn Sie, anstatt sich mit Fakten auseinanderzusetzen, unsere Umweltministerin hier diffamieren. Das weise ich namens der CDU-Fraktion ausdrücklich zurück.
Und es wird völlig vergessen gemacht, dass alle Kernkraftwerke unter den Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt errichtet worden sind. Wenigstens so weit sollte Ihr geschichtliches Gedächtnis reichen.
Geflissentlich wird verschwiegen, dass die Bundesumweltminister Trittin und Gabriel, wenn das alles wahr wäre,was Sie hier vortragen,die gesetzliche Pflicht gehabt hätten, die Betriebsgenehmigung zu widerrufen.
Wir kommen bei dieser Debatte nicht weiter, wenn Sie nach dem Motto „Diffamieren statt argumentieren“ arbeiten. Ich bemühe mich jetzt, einige Argumente aus unserer Sicht vorzutragen.
Die Frage nach der Zukunft der Kernenergie bedarf einer seriösen und verantwortungsvollen Betrachtung.
Zu einer sachlichen Diskussion rufe ich Sie von der SPD und den GRÜNEN auf. Es muss eine sachliche Diskussion statt einer bewussten Irreführung geben. Stellen Sie
Ich lese Ihnen etwas vor. Das Öko-Institut in Darmstadt hat berechnet, dass die CO2-Emissionen der Kernenergie insgesamt in der gesamten Prozesskette vergleichbar sind mit der Schaffung von Windkraftstrom. Sie sind im CO2Ausstoß vergleichbar.
(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, ja!)
Ja,da lachen Sie,meine Damen und Herren.Es geht hier um Millionen von Verbrauchern, von Arbeitnehmern und im Hinblick auf die Frage der internationalen Wettbewerbsfähigkeit darum, dass wir hier Arbeitsplätze schaffen. Diese Kette vergessen Sie völlig. Das schalten Sie mit Ihrer ideologischen Verblendung völlig aus.
Drittens. Im Hinblick auf die Energieversorgungssicherheit ist es wichtig,dass wir uns vom Ausland unabhängiger machen und dass wir insbesondere auf die Frage der Versorgung Deutschlands mit Erdöl und Erdgas auch unabhängiger von Russland und anderen ausländischen Belieferern werden.
Lassen Sie mich klar und deutlich sagen: Ich zitiere hier lediglich den Sozialdemokraten und früheren SPD-Umweltsenator Fritz Vahrenholt. Er sagt:
Erneuerbare Energie und Kernenergie sind die beiden Eckpfeiler einer Brücke, die uns in den nächsten 20 Jahren sicher über einen gefährlichen Fluss führen. Denn in diesen 20 Jahren werden wir ohne diese beiden Pfeiler noch abhängiger von Importen, verfehlen die Klimaziele und werden durch die in fünf bis zehn Jahren vor uns liegende Ölpreisund damit auch Gaspreiskrise vor sozialen Brüchen stehen, die die Gesellschaft erschüttern würden.
Das sagt nicht ein CDU-Mann und nicht ein FDP-Mann, sondern das sagt ein Sozialdemokrat, der in diesem Bereich seit Jahrzehnten ausgewiesen ist.Ich fordere wenigstens die SPD auf, sich mit den Argumenten ihres eigenen Parteifreundes auseinanderzusetzen.
Dann lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt hinzufügen. Herr Schmitt, Sie behaupten wahrheitswidrig, dass die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke dem Ausbau der erneuerbaren Energien schaden würde.
Sie wissen das ganz genau: Diese Landesregierung unter Roland Koch und mit unserer Umweltministerin Silke Lautenschläger hat ausdrücklich ein ehrgeiziges Ziel verabredet, nämlich dass 20 % des Energieverbrauchs bis zum Jahr 2020 durch erneuerbare Energien bestritten werden sollen.
Deshalb ist es richtig, was FDP und Union auf Bundesebene im Koalitionsvertrag verabredet haben, dass nämlich im Zusammenhang mit der Verlängerung der Laufzeiten die dabei entstehenden Gewinne zu einem nicht geringen Teil der Forschung und dem Ausbau der erneuerbaren Energien zugänglich gemacht werden sollen. Ich bitte, auch dies zur Kenntnis zu nehmen.
Ich will auch Folgendes noch hinzufügen: Die GRÜNEN eint seit Jahrzehnten – das ist fast eine Dauerideologie,die wir wieder aus dem Mund von Herrn Al-Wazir gehört haben – der gemeinsame Kampf gegen die Kernenergie wie übrigens auch der gemeinsame Kampf gegen den Frankfurter Flughafen. Das ist alles nichts Neues, das ist alles von gestern.
Aber ich halte es für unverantwortlich, dass Sie, statt hier Sachargumente vorzutragen, auf Angstmacherei machen und sich von verantwortlicher Politik verabschieden.