Es ist schade, dass der Bundesverband Christliche Demokraten gegen Atomkraft anscheinend eine verschwindend kleine Minderheit in Ihrer Partei ist – denn seine Analyse ist richtig und zutreffend.
Die Landesregierung hält an der Atomenergie und der Dinosauriertechnologie Kohlekraft fest. Durch den geplanten Bau von Block 6 des Kraftwerks Staudinger wird der CO2-Ausstoß von 5 auf 9 Millionen t pro Jahr ansteigen. Dabei ist dieses Kraftwerk schon jetzt Hessens größte Dreckschleuder. Umweltverbände, Wissenschaftler und Bürgerinitiativen vor Ort haben vorgerechnet, dass für diese zusätzliche Stromproduktion überhaupt kein Bedarf besteht. Nach marktwirtschaftlichen Kriterien ist dieser Bau total sinnlos. Block 6 soll einem einzigen Zweck dienen, und zwar dem, in der Energiepolitik Fakten zu schaffen.Denn die geplante Laufzeit von Block 6 Staudinger beträgt 40 Jahre.Damit soll eine veraltete,eine kontraproduktive Kraftwerkstechnologie zementiert werden – denn niemand investiert 1,2 Milliarden c in eine fossile Technologie, um dann in absehbarer Zeit auf erneuerbare Energien umzusteigen. Das tut niemand. Sinn und Zweck ist es,hier Fakten zu schaffen und den Ausstieg aus Kohle und Atom zu verhindern, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu blockieren.
Mittlerweile zweifelt E.ON selbst an diesem Vorhaben, aber auch davon lässt sich diese Landesregierung nicht beirren. Auf der Ingelheimer Aue wird es kein neues Kraftwerk geben, weil sich der Mainzer Stadtrat entschieden hat, das vorgesehene Gelände dafür nicht zu verkau
fen. Das ist eine gute Nachricht, denn jede CO2-Dreckschleuder weniger ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Meine Damen und Herren,indem Sie an Atom und Kohle festhalten, putzen Sie das Messing auf der Titanic. Der Eisberg naht, aber Sie reißen das Ruder nicht herum. Das Problem ist nur: Sie sitzen nicht alleine im Boot.
Ihrem Konzept fehlen jegliche konkreten Ziele bezüglich der Reduzierung des Verkehrs. Die Bundesregierung rechnet hier in den nächsten zehn Jahren mit einer Steigerung von 71 %. Im Hinblick auf diese Entwicklung haben die Regierungsfraktionen erst vor wenigen Wochen erklärt, dass sie im Ausbau des Güter- und Personenverkehrs für Hessen, Deutschland und Europa eine wichtige Voraussetzung für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung sehen.
Umweltschutz und der Ausbau des motorisierten Individualverkehrs sind aber Gegenpole. Man muss kein Wissenschaftler sein, um das zu begreifen. Es reicht, wenn man an einer viel befahrenen Straße wohnt oder gar an einer Autobahn.
Wichtig für eine nachhaltige Politik sind natürlich das Ansetzen am öffentlichen Personennahverkehr und dessen Ausbau.
Meine Damen und Herren, „Hessen vorn“ gilt allerdings beim CO2-Ausstoß des Dienstwagens des Herrn Ministerpräsidenten. Da hat es Herr Koch auf Platz 1 geschafft, dicht gefolgt von Herrn Rüttgers. Klima vergiften – darin ist der Hessische Ministerpräsident wirklich ein Fachmann.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich will noch einmal auf unseren Antrag hinweisen, die EU-Richtlinie umzusetzen und den Fuhrpark des Landes auf schadstoffarme Autos umzustellen.Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie haben diesen Antrag abgelehnt. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass gerade in der letzten Woche die Parteispenden von BMW eingegangen sind: 280.000 c für CDU und CSU, 140.000 c für die SPD und 55.000 c für die FDP. Da will man natürlich keine Umstellung des Fuhrparks auf schadstoffarme Fahrzeuge machen.
Herr Boddenberg, sehr richtig: Wir sind stolz darauf, dass wir als einzige im Bundestag vertretene Partei keine Spenden aus der Wirtschaft bekommen. Herr Boddenberg, darauf sind wir stolz.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU – Wolfgang Greilich (FDP): Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!)
Vielen Dank. – Statt den ÖPNV weiterzuentwickeln, halten Sie am Individualverkehr fest. Da hilft auch der Umstieg auf die Elektromobilität nichts, denn auch Elektromobile brauchen Energie. Die kommt nur auf den ersten Blick aus der Steckdose. Die Frage ist aber: Wie kommt der Strom in die Steckdose? Dabei geht es natürlich auch um die Frage, wie dieser Strom produziert wird.
Das Kernproblem bleibt: Der Individualverkehr hat eine verheerend niedrige Effizienzrate – wir können mit sehr viel weniger Aufwand sehr viel mehr Menschen befördern.
Wer Energie einsparen will, der muss volkswirtschaftlich die Energieeffizienz steigern, also den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen. An dieser Stelle brauchen wir auch neue Konzepte im Städtebau.
Dazu müssen Sie aber auch an die Frage der Finanzierung der Kommunen heran und dürfen ihnen nicht die Gelder kürzen.
Verkehr muss vermieden werden,wenn wir wirklich etwas für Umweltschutz und Energieeinsparung tun wollen. Stattdessen verleiht die Landesregierung dem Frankfurter Flughafen eine Auszeichnung für Nachhaltigkeit. Das ist grotesk und senkt die Aufnahmebereitschaft der interessierten Öffentlichkeit für Ihre Ausführungen.
Die hessischen Gemeinden müssen durch wirtschaftliche Eigenbetätigung rechtlich gestärkt werden, die ihnen von der Koch-Regierung weitestgehend genommen wurde. Für einen umfassenden Umstieg auf erneuerbare Energien ist eine Rekommunalisierung der Energieversorgung notwendig,denn kommunale Stadtwerke sind in der Lage, ihre Unternehmenspolitik an anderen als Profitmotiven auszurichten.
Sie tragen darüber hinaus zu einem wichtigen Ziel, nämlich der Dezentralisierung der Energieversorgung, bei. Die Errichtung und der Betrieb von Kraft-Wärme-Kopplung werden eine zentrale Rolle spielen müssen, wenn wir hessenweit die Energieerzeugung steigern wollen.
Lokal erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen könnte Schritt für Schritt Strom aus entfernt liegenden fossilen Großkraftwerken ersetzen,und das hätte den Vorteil,dass die in zentralen Großkraftwerken meist ungenutzt verpuffende Abwärme der Stromerzeugung zur Gebäudeheizung auch sinnvoll eingesetzt werden könnte. Verschiedene Gemeinden gehen den Weg bereits. Auch die Stadt München versucht, ihren Beitrag zu leisten.
Frau Ministerin, deswegen ist es natürlich unredlich, den Bürgermeister Ude als Kronzeugen Ihrer Politik heranzuziehen, wenn es darum geht, Strom aus dem Ausland zu kaufen oder in entfernte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu investieren. München ist nämlich eine Stadt und verfügt weder über die Fläche noch über andere geografische und geologische Gegebenheiten, die in Hessen vorzufinden sind.
Herr Rock, die können doch keine Windkraftanlage auf den Marienplatz in München stellen. In Hessen gibt es aber die Fläche, und da gibt es die Möglichkeit, erneuerbare Energien einzusetzen.
Die Möglichkeiten in einer einzelnen Stadt sind begrenzt, aber in Hessen haben wir diese Möglichkeiten. Wer die Möglichkeiten von Wind und Wasser wirklich ausschöpfen will, der darf nicht gleichzeitig Kampagnen gegen „Windkraftmonster“ unterstützen und sich dann über die angeblich fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung beschweren.
Laut einer Umfrage von Forsa würden immerhin 72 % der Befragten eine Windenergieanlage in ihrer Nachbarschaft befürworten, wenn der Preis für den eigenen Strom dadurch günstiger würde. Meine Damen und Herren, noch höher – nämlich bei 79 % – liegt die Zustimmung, wenn es bereits Erfahrungen mit Windenergieanlagen in der Nachbarschaft gibt.
Sie sagen, Sie wollten keine „Verspargelung“ der Landschaft, und tun so, als ob die Landschaft durch Großkraftwerke und oberirdische Leitungen nicht verschandelt würde.
Ich will nur anmerken: Die hessische CDU hat an dieser Stelle ein sehr interessengeleitetes Verständnis von Ästhetik.
Meine Damen und Herren, in der Wasserkraft geht es um eine Dezentralisierung und Kleinkraftwerke. Bei der Geothermie geht es nicht nur um das Fördern heißen Wassers. Ich denke, das kann Ihnen der Leiter Ihres Expertengremiums, Herr Viessmann, am genauesten erklären; denn seine Firma führt Wärmepumpen im Angebot, und sein Unternehmen gehört zu den beiden Marktführern im Heizungs- und Klimatechnikbereich. Da kann sich Herr Viessmann natürlich freuen, dass Wärmedämmung und Anlagentechnik im Gebäudebereich zu den Schwerpunkten des Regierungskonzepts gehören. Der Leiter der Expertengruppe ist ein Unternehmer, dessen Branche und eigene Firma von diesen Schlussfolgerungen unmittelbar profitieren – als gäbe es in Hessen auf diesem Feld keine anderen Experten.
Am Wochenende habe ich ein Interview gelesen,auch von einem ganz besonderen Experten, nämlich Herrn Minister Hahn. Er muss sich zu allem äußern, auch wenn er oft wenig beizutragen hat.
Er hat sich am Wochenende zur Energiepolitik geäußert. Herr Hahn hat vor Kurzem öffentlich beklagt, dass Guido Westerwelle in der FDP ein Denkverbot verhängt habe. Wenn ich das berücksichtige,dann kann ich die Politik der FDP besser verstehen.
Da Denken verboten ist,verfährt er nach dem Motto:„Ich rede, also bin ich“, und erklärt: „Anreizmodelle finde ich immer gut.“ Hingegen, wenn verbindliche Vorgaben gemacht werden, hält er das für falsch.
Es ist sicherlich beruhigend, wenn man sich auf ein solch klares und einleuchtendes Weltbild stützen kann,nämlich: fördern ja, fordern niemals – zumindest wenn man es mit Besitzern von Immobilien oder Unternehmen zu tun hat. Da gilt dann die Marburger Solarsatzung dem Jörg-Uwe Hahn als „Zwangsprogramm“.
Meine Damen und Herren, ohne klare und eindeutige Ziele und ohne Verbindlichkeit bleibt das gesamte Programm, was wir in der Energiepolitik am wenigsten gebrauchen können, nämlich heiße Luft.