Damit Sie niemand des Aktionismus verdächtigt, fügen Sie gleich hinzu, dass Sie nichts überstürzen wollen.
Frau Ministerin, seien Sie sicher, wenn es etwas gibt, was der Hessischen Landesregierung wirklich keiner unterstellt, dann ist es, dass die Hessische Landesregierung in dieser Frage zu schnell handelt.
Der klägliche Anteil von 5 % erneuerbarer Energie in Hessen ist ein Armutszeugnis. Hessen ist Schlusslicht. Sie haben heute klargestellt, dass Sie vorhaben, diesen Platz zu verteidigen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD – Zu- ruf des Abg. René Rock (FDP))
Frau Ministerin, es bleibt doch unklar, wie Sie den ohnehin nicht sehr ambitionierten Anteil ohne verlässliche Zielwerte erreichen wollen. Wo wollen Sie in vier Jahren stehen? Wo wollen Sie in acht Jahren stehen? Wie kann man nachvollziehen, ob Sie bei Ihrem Ziel für erneuerbare Energie 2020 irgendwie vorankommen? Frau Ministerin, vielleicht wäre Ihr Konzept ein mutiger Vorstoß gewesen – vor 20 Jahren. Aber heute bleibt es weit hinter dem zurück, was nötig und was geboten ist.
Den Energieverbrauch des Verkehrs klammern Sie gänzlich aus.Dabei ist der Verkehr für rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs verantwortlich. Dass Sie dieses heiße Eisen nicht einmal anfassen wollen, zeigt die Halbherzigkeit Ihres gesamten Vorhabens sehr deutlich.
Wann immer sich die Gelegenheit bietet, präsentieren Sie sich als Verteidigerin der Atom- und Kohlelobby. Die Redner der Regierungsfraktionen tragen hier erneut die Argumente der Atomwirtschaft vor. Das kennen wir. Dafür werden sie bezahlt.
Die Kernenergie ist aber der Kampagne der Kraftwerksbetreiber zum Trotz keine saubere Energiequelle – nicht im Hinblick auf die Luftverschmutzung und schon gar nicht im Hinblick auf die atomaren Abfälle.
Die Atomlobby und auch ihr parlamentarischer Arm – wenn ich sie einmal so bezeichnen darf – haben keine Antwort auf die Frage des ungelösten Problems der Endlagerung. Die Betreiber verdienen täglich 1 Million c an jedem abgeschriebenen Kraftwerk, also besonders viel an den alten und unsicheren. Deren Laufzeiten wollen Sie deshalb verlängern.
Der Sinn der Restlaufzeit war bei allen Mängeln des vermeintlichen Atomausstiegkonsenses, dass alte Kraftwerke vom Netz gehen sollen. Produktionsmengen jetzt von den jüngeren auf die älteren Kraftwerke zu übertragen – meine Damen und Herren, das macht den Atomkonsens endgültig zur Farce.
Ein Schrottreaktor wie Biblis ist nicht sicher. Er ist auch nicht nachzubessern, dass er als sicher gelten könnte. Biblis kann nicht gegen Flugzeugabstürze geschützt werden – ob sie beabsichtigt oder unbeabsichtigt sind.
Frau Lautenschläger, mit dem Eintreten für eine Laufzeitverlängerung von Biblis ignorieren Sie das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Sie betreiben das Geschäft der Atomwirtschaft. Sie sprechen von der Atomenergie als Brückentechnologie. Eine Brücke müsse auch am anderen Ende ankommen.Das macht Sinn,sonst wäre es auch keine Brücke.
Meine Damen und Herren, Atomenergie ist aber keine Brücke. Atomenergie ist eine Abschussrampe in den Abgrund und führt uns nirgendwohin. Die führt ins Verderben.
Der RWE-Chef Jürgen Großmann fordert eine Laufzeitverlängerung für sämtliche deutschen Atomkraftwerke und vertraut dabei auf Union und FDP.
Um sicherzugehen, spenden die Energiekonzerne fleißig an die Parteien – denn vertrauen ist gut, bezahlen ist besser. Im Gegenzug lassen sich CDU und FDP vor den Karren der Atomlobby spannen und verschleppen den Umstieg auf die erneuerbaren Energien mit ihrem unsäg
Die Atomkonzerne sollen dem Staat etwas von ihren Extraprofiten abgeben – so argumentieren Sie jetzt, Frau Lautenschläger.Abgesehen davon,dass dadurch natürlich die Risiken der Atomkraft keineswegs sinken: Woher nehmen Sie denn den Glauben, eine solche Zusage solle irgendwie belastbarer sein als der Atomkonsens? Den haben doch die gleichen Energiekonzerne unterschrieben, von deren Profiten Sie jetzt etwas abhaben wollen. Ich sage Ihnen: Mit diesen Energiekonzernen können Sie keine Verträge abschließen, denn – wir sehen das beim Atomkonsens – die halten sich schlicht und einfach nicht daran.
Meine Damen und Herren, jetzt rächt sich natürlich auch die Halbherzigkeit des rot-grünen Atomausstiegs. Denn bei den vereinbarten langen Restlaufzeiten war klar, dass diese Vereinbarung von späteren Regierungen aufgekündigt werden kann. Sie konnten ja nicht davon ausgehen, für immer zu regieren.
Leider wurden keine unumkehrbaren Tatsachen geschaffen. Der Ausstieg aus dem Ausstieg blieb praktisch möglich. Die Konzerne haben doch nur auf einen Regierungswechsel gewartet, um die Laufzeiten zu verlängern und aus diesem Atomkonsens wieder aussteigen zu können.
Meine Damen und Herren, das kommt leider davon, wenn man mit Werner Müller einen Energiemanager zum Wirtschaftsminister macht und ihn mit der Energiewirtschaft den Atomausstieg verhandeln lässt – wohin er zwei Jahre später, nach seinem Ausscheiden aus seinem Ministeramt, auch wieder zurückgekehrt ist. Herr Müller hatte natürlich einen ganz maßgeblichen Anteil daran, dass es keinen schnelleren Ausstieg aus der Atomkraft gab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, zu Ihrem Antrag: Ich weiß, grün ist die Hoffnung, und mit Blick auf Schwarz-Grün muss man sich natürlich an manchen Strohhalm klammern. Aber ich denke, Sie sollten sich darauf einstellen, dass die Ökophase und der Erkenntnisprozess des Bundesumweltministers nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen ganz schnell vorbei sein könnten.
Aus diesem Grund verstehe ich auch die Sorgen von Herrn Posch und Frau Lautenschläger überhaupt nicht,
denn sie tun nach der Wahl auch nicht das, was sie vor der Wahl versprochen haben.Warum sollte das Herr Röttgen tun?
Im Gegensatz zu Ihnen glaube ich Herrn Röttgen kein Wort. Das Einzige, was man Herrn Röttgen zugutehalten kann, ist: Herr Röttgen ist offensichtlich klug genug, zu wissen, dass es eine gesellschaftliche Mehrheit gegen Atomkraft gibt. Deswegen weiß er, dass er im Wahlkampf atomkritische Töne anschlagen muss.
Solange aber Schrottreaktoren wie Biblis, Brunsbüttel und Krümmel am Netz sind, so lange bleibt der Bundesumweltminister völlig unglaubwürdig,so lange bleibt alles Gerede vom Atomausstieg für mich reine Wahlkampfrhetorik.
Statt auf Herrn Röttgen setzen wir als LINKE auf eine neue Anti-AKW-Bewegung. Ich denke, die brauchen wir in Deutschland. Denn die Frage ist: Von welcher Seite ist der Druck stärker, vonseiten der Energiekonzerne oder aus der Gesellschaft heraus?
Bereits vor der Bundestagswahl haben 50.000 Menschen in Berlin gegen die Atomkraft demonstriert. Und Sie wissen: In der Bevölkerung gibt es eine deutliche Mehrheit gegen die Atomkraft, gegen die Laufzeitverlängerung. Deshalb unterstützt DIE LINKE den Protest am 24.04. in Biblis, die symbolische Umzingelung des Atomkraftwerks Biblis. Daran werden wir uns beteiligen.
Meine Damen und Herren, auch in der CDU gibt es Menschen, die die Bewahrung der Schöpfung über die Wertschöpfung stellen.Der Bundesverband Christliche Demokraten gegen Atomkraft erklärt – ich darf zitieren –: Die Atomkraftgegner aus der Union wollen aus „christlicher Verantwortung die nukleare Geisterfahrt beenden“.
Die körperliche Unversehrtheit von Menschen... darf nicht weiter auf dem Altar der Profitinteressen einer verschwindend kleinen Minderheit von Betreibern nuklearer Anlagen geopfert werden.