In einer dpa-Meldung ist zu lesen – ich will das zitieren und Ihnen nicht vorenthalten –: „Nur die Linkspartei ging wie in den Jahren davor erneut leer aus.“ – Meine Damen und Herren, darauf sind wir stolz.
Wir wollen keine derartigen Spenden, und deshalb müssen wir auch keine Angst haben, Großspenden aus der Wirtschaft zu verlieren, durch eine Politik beispielsweise, die deren Interessen zuwiderläuft.
Denn Unternehmer spenden an Parteien nicht aus politischer Überzeugung. Sie spenden an Parteien, von denen sie wissen, dass sie ihre Interessen vertreten.
(Peter Beuth (CDU): Sie sind doch stolz darauf, dass Sie das Vermögen der SED haben! – Weitere Zurufe von der CDU)
Die Automobilindustrie spendet nicht an Parteien, damit die in Regierungen den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver machen, sondern sie spenden für eine Privilegierung des Straßenverkehrs. Die Energiekonzerne spenden nicht für eine Energiewende, sondern z. B. für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken. Die Banken spenden sicher nicht für die Einführung strengerer Regeln, sondern sie spenden für die Freiheit im Kapitalverkehr. Das sind natürlich andere Interessen als die eines Arbeitnehmers oder eines Hartz-IV-Empfängers, aber Arbeitnehmer und Hartz-IV-Empfänger haben in der Regel keinen Verfügungsfonds, aus dem sie Parteispenden finanzieren können.
In dem Zusammenhang müssen wir natürlich auch über Sponsoring reden. Das Sponsern von Parteiveranstaltungen ist faktisch nichts anderes als Spenden. Die „FAZ“ hat einen Bericht über das Sponsoring von Parteitagen hessischer Parteien gemacht, worin es heißt – auch das will ich zitieren –: „In Hessen nutzt nur die Linkspartei diese Möglichkeit nicht.“
(Beifall bei der LINKEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer würde Ihnen etwas geben? – Weitere Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, es gibt eine staatliche Parteienfinanzierung, die die Parteien von Partikularinteressen einer privilegierten Minderheit unabhängig machen soll. DIE LINKE fordert das Verbot von Parteispenden durch juristische Personen.
Was würden denn wohl die Wähler sagen, wenn die Parteien auf ihre Wahlplakate die Logos der Unternehmer drucken müssten, von denen sie bezahlt werden? Was würden sie sagen, wenn Politiker das Firmenemblem ihrer Sponsoren am Hemdkragen tragen würden, wie das Sportler tun. Fraport, E.ON, Ferrero
oder vielleicht Format Küchen – bestimmt bräuchte der eine oder andere eine Krempe, um alle Sponsoren unterzubringen, weil der Hemdkragen nicht mehr reicht.
Das wäre wenigstens ehrlich und transparent. Es ist gang und gäbe, dass Politiker aus Regierungsämtern in die Wirtschaft wechseln – und umgekehrt –, und oft gibt es einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Tätigkeit als Staatsdiener und der Tätigkeit für ein Unternehmen.
Ein Regierungsmitglied verfügt über exklusive Kenntnisse aus dem Ministerium, es verfügt über Kontakte und Beziehungen.Das ist doch der Grund,warum Politiker für die Privatwirtschaft so interessant sind. Sonst wäre Opel sicher nicht auf die Idee gekommen, Volker Hoff einzustellen.
Er war bis zum letzten Jahr Mitglied der Landesregierung. Er wechselt zu Opel, wird dort Cheflobbyist. Ob es für Opel sehr imageförderlich ist,Volker Hoff im Haus zu haben, sei dahingestellt. Fakt ist, Volker Hoff wollte sein Landtagsmandat behalten und sah keinerlei Interessenkonflikt. Wenn der Landtag über Staatshilfen für Opel entscheidet, für die sich Hoff zuvor als Cheflobbyist einsetzt, wie würde der Abg. Hoff dann wohl entscheiden? Ich finde, man hätte von der CDU an der Stelle deutlichere Worte hören sollen, wo Ihnen die Freiheit der Gewissensentscheidung eines Abgeordneten doch sonst so sehr am Herzen liegt.
Was mich an der Sache noch irritiert:Sobald wir LINKEN fordern, dass das Land im Gegenzug für Staatshilfen Mitspracherechte bei Opel erhalten soll, erklären Sie immer, Politiker seien nicht die besseren Autobauer. Warum hat das eigentlich niemand Volker Hoff gesagt?
(Heiterkeit bei der LINKEN und bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans- Jürgen Irmer (CDU): Der baut keine Autos! – Weitere Zurufe von der CDU)
Das Problem der Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft gibt es nicht nur bei CDU und FDP. Drehtüreffekte, wie Transparency International es nennt, gibt es auch bei der SPD und den GRÜNEN. Gerhard Schröder pflegte als Bundeskanzler gute Kontakte zum russischen Präsidenten. Jetzt ist er bei Gazprom. Ex-Innenminister Otto Schily,Träger des Big Brother Lifetime Award für sein Lebenswerk, wurde Aufsichtsratmitglied bei Unternehmen, die biometrische Anwendungen herstellen, für deren Einführung in Ausweispapieren er sich stark gemacht hatte. Wolfgang Clement, der den Arbeitsmarkt dereguliert und die Leiharbeit ausgeweitet hat, ist jetzt bei einer Zeitarbeitsfirma. Die frühere hessische Abgeordnete der GRÜNEN und Staatssekretärin im Umweltministerium, Margareta Wolf, gab ihr Mandat ab und berät jetzt die Atomlobby. Konsequenterweise ist sie aus der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgetreten.
Der Spitzenkandidat der hessischen GRÜNEN zur Bundestagswahl 2005,Matthias Berninger,wechselte vom Verbraucherministerium, wo er Kampagnen gegen das Übergewicht von Kindern machte, zum Süßwarenkonzern Mars.
Einen Moment, Frau Kollegin Wissler. – Ich bitte, im Saal etwas mehr Ruhe zu halten, damit die Rednerin verstanden werden kann.
Vielen Dank,Herr Präsident.– Herr Rentsch fühlt sich offensichtlich ganz besonders angesprochen. Er schreit auf jeden Fall am lautesten.
Meine Damen und Herren, DIE LINKE fordert Karenzzeiten,die solche Wechsel nicht zulassen,insbesondere für
Solche Wechsel sind doch ein Grund dafür, dass sich Politiker in weiten Teilen der Bevölkerung einer ähnlichen Beliebtheit wie Reizhusten erfreuen. Es gibt nur zwei Berufsgruppen, die unbeliebter sind als Politiker, nämlich Werbeanrufer und Versicherungsvertreter. Das hängt natürlich auch daran, dass viele Menschen Politik unglaubwürdig finden. Obwohl die Abgeordnetentätigkeit im Mittelpunkt stehen sollte, üben 111 von 622 Bundestagsabgeordneten Nebentätigkeiten aus, die mit 7.000 c und mehr im Monat bezahlt werden – allen voran natürlich Abgeordnete der Union und der FDP. Eine Maßnahme, um diesem Problem entgegenzuwirken, ist sicher die Offenlegung von Nebeneinkünften.
Ich halte es für ein Problem, dass der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Clemens Reif, im Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzt, das einen großen Teil der Anteile an dem Unternehmen „Format Küchen“ besaß, das vom Land Bürgschaften in Höhe von 2 Millionen c bekommen hat.
Wir müssen außerdem verhindern, dass Leute aus bestimmten Bereichen in die Ministerien kommen, um dort an Gesetzen mitzuarbeiten. Man kann das schön in dem Buch „Der gekaufte Staat“ nachlesen. Das erste Kapitel ist Hessen gewidmet. CDU und FDP fügen diesem Buch gerade neue Kapitel hinzu.
Ich komme zum Schluss. Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts hat in einem Interview vor dem Einfluss von Lobbyismus gewarnt. Er hat ihn als „eine latente Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat“ bezeichnet.
Meine Fraktion beantragt die Durchführung einer Anhörung im Hessischen Landtag, damit wir über diese Fragen diskutieren können. Das würde dem Hessischen Landtag gut zu Gesicht stehen. Wir brauchen an der Stelle brutalstmögliche Transparenz, und ich hoffe sehr, dass Sie unserem Antrag zustimmen.
Herr Rentsch, eine Kurzintervention ist jetzt nicht mehr möglich. Es tut mir leid. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Wintermeyer das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wissler, das war ein unterirdischer – um nicht zu sagen: primitiver – Vortrag, ein Rundumschlag nach dem Motto: Wir, die LINKEN, sind sauber, und die anderen sind alle schmutzig.
Ich kann das für uns alle nur zurückweisen, und auf die Sauberkeit bei Ihnen – nicht menschlich, sondern politisch gesehen – werde ich noch einmal zurückkommen.
Meine Damen und Herren, der Antrag, den die LINKEN gestellt haben, stellt eine Kapitulation dieser Fraktion im Hessischen Landtag vor den Aufgaben und der Verantwortung des freien und unabhängigen Mandats dar. Sie haben den Antrag zu einem Zeitpunkt eingereicht, als Sie noch hofften, im Zusammenhang mit der Rolle Volker Hoffs – er ist im Vorstand der Opel GmbH und war gleichzeitig Abgeordneter im Hessischen Landtag – ordentlich zündeln zu können.
Wir haben damals gesagt: Volker Hoff bei der Opel GmbH ist ein Gewinn für Hessen, weil er als Kontaktmann richtig gut ist. Er war ein hervorragender Europaminister, er kennt sich überall in Europa aus