Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Müller.Wenn wir dies hier oben richtig gehört haben, dann haben Sie zu Frau Kollegin Wissler gesagt, sie sei ein „schönes Kerlchen“.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich gar nicht gehört! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Dann steht es jetzt im Protokoll!)
Wir wollen nur der Ordnung halber festhalten, dass Sie gemeint haben, sie sei ein schönes Mädchen, damit die Kleiderordnung wieder stimmt. Herr Kollege Dr. Müller, findet das Ihre Zustimmung? – Vielen Dank.
Ja, aber wir haben es gehört. Meistens heißt es in diesem Hause, wir würden nichts hören. Jetzt haben wir aber einmal etwas gehört.
Ich kann Sie aber beruhigen:Wir hören alles,was wir hören wollen. – Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Sorge. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erschreckenderweise – zumindest für mich – ist es so, dass ich mich Herrn Kollegen Dr. Müller näher fühle als den Ausführungen von Frau Kollegin Wissler.
Das ist üblicherweise nicht so. Herr Müller kann das bestätigen. Wir sind in dem einen oder anderen Ausschuss zusammen und haben ansonsten immer relativ diametrale Positionen.
Vielleicht ist es aber so, dass ich mich dem Tandem anschließen kann, und vielleicht können wir nach der Debatte irgendwie – ich weiß nicht, ob Sie das kennen: in Frankfurt fahren immer so komische Dinger herum, wo mehrere Leute treten, z. B. für Junggesellenabschiede – kein Tandem, sondern so ein Fahrrad nehmen, wo wir alle gemeinsam draufpassen, und führen die kulturpolitische Debatte fort.
(Hermann Schaus (DIE LINKE):Konferenzbike! – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
Frau Kollegin Wissler, Ihr Antrag ist tatsächlich gut gemeint. Sie haben mich, als ich den Antrag gelesen habe, erst einmal überrascht gesehen, weil ich dachte, dass die Kulturpolitik im Hessischen Landtag bisher nichts gewesen ist, womit sich DIE LINKE besonders hervorgetan hat. Als ich dann ein bisschen recherchiert habe, habe ich festgestellt, dass Sie wahrscheinlich recherchiert haben, was DIE LINKE in anderen Ländern macht, und den Antrag einfach abgeschrieben haben.
Es ist aber leider so, dass die Intention, die Sie mit dem Antrag verfolgen – allein mit freiem Eintritt in hessische Landesmuseen und hessische Staatstheater –, diesem Problem wirklich nicht gerecht wird. Das finde ich besonders erschreckend, weil ich dachte, dass DIE LINKE genau wie wir GRÜNEN das Anliegen hat, nicht nur die Kinder von Reichen, um es einmal ganz platt zu sagen, sondern
alle Kinder, und zwar insbesondere die aus den bildungsfernen Schichten, zu Kultur, in die Museen und in die Theater zu bringen. Genau das werden Sie allein mit freiem Eintritt nicht erreichen können.
Deswegen ist es zu kurz gesprungen; allein freier Eintritt würde dazu führen, dass die Kinder aus Elternhäusern, die jetzt schon kulturnah sind und genug Geld haben, in den Genuss von Theatern und Museen kommen, was gut und richtig ist. Das kann aber nicht das Ziel der Landespolitik sein. Ich glaube, dass diese Eltern die Eintrittsgelder allein tragen können. Man muss sich stattdessen Gedanken darüber machen:Wie kriegen wir denn die Kinder dorthin, die von ihren Elternhäusern nicht an Kultur herangeführt werden?
Herr Kollege Müller hat hier auch schon einiges aufgeführt. Es gibt schon zahlreiche Ansätze, die von den Museen und Theatern,nicht nur von denen,die über den Landeshaushalt finanziert werden, angestoßen werden. Da gibt es ganz viele Ideen der kulturellen Bildung wie museumspädagogische Angebote und Nachtkinovorstellungen in Museen.Es gibt da schon alles Mögliche.Das gilt es auszuweiten, und es gilt natürlich mit den Schulen zusammenzuarbeiten.
Meine Damen und Herren, dafür bedarf es nicht plumper Schaufensteranträge, sondern dafür bedarf es politischer Konzepte. Herr Kollege Dr. Müller, ich muss sagen, da bin ich doch ein kleines bisschen entfernter von Ihnen; denn es ist nicht alles so rosig, wie Sie es hier dargestellt haben. Vielmehr kann da von Landesebene aus noch mehr passieren.
Deswegen fordere ich alle auf, die sich dazu berufen fühlen, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen, die Kulturpolitik machen: Lassen Sie uns gemeinsam an solchen Konzepten arbeiten. Hier gibt es Ideen noch und nöcher. Es geht darum, diese Ideen umzusetzen, beispielsweise finanzielle Anreize für alle Kultureinrichtungen dieses Landes zu schaffen, noch mehr zu tun beim Thema kulturelle Bildung, noch mehr zu tun für Kinder und Jugendliche und vor allem noch mehr zu tun, um Kinder und Jugendliche aus sogenannten bildungsfernen Schichten an die Kultur heranzuführen.
ist, dass es bei kultureller Bildung nicht nur um Theater und Museen geht, sondern es gibt noch andere Kultursparten, die gerade für Kinder und insbesondere für Jugendliche interessant sind.Ich erinnere an Musik,an Tanz, an Film.Hier bedarf es wirklich eines Gesamtkonzepts,an dem ich gerne bereit bin zu arbeiten, mit Ihnen oder von mir aus auch ohne Sie. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi van Ooyen (DIE LINKE):Wir warten auf die Vorschläge!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl davon auszugehen, dass es ein zentrales Anliegen aller Fraktionen ist, die ästhetische und kulturelle Bildung sowie Erziehung von Kindern und Jugendlichen in Hessen zu fördern. Es wird mir wohl auch ein jeder in diesem Hause beipflichten, wenn ich betone, dass es erstrebenswert ist, dass Kinder und Jugendliche Museen und Theater besuchen,
dass sie sich vor Ort mit unterschiedlichen Themen, mit Vermittlungs-, aber auch mit Kommunikationstechniken, mit Kreativität und Fantasie, mit künstlerischer Arbeit auseinandersetzen, um ihr Interesse für Kunst, Kultur und Geschichte zu wecken und zu fördern.
Unsere Museen erfüllen heutzutage nicht nur altbewährte Aufgaben: Sammeln, Bewahren und Forschen. Sie setzen sich seit geraumer Zeit auch mit dem Aspekt der Vermittlung auseinander, entwickeln spezielle Konzepte und erfüllen einen Bildungsauftrag. So wurden in den letzten Jahren zahlreiche und vor allem sehr erfolgreiche Projekte realisiert. Für uns als Museumsbesucher sind museumspädagogische Angebote zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Wir betrachten Museen bereits heute als unverzichtbare und wichtige außerschulische Lernorte, die von Kindern und Jugendlichen besucht werden.
Viele hessische Museen, die Landesmuseen mit eingerechnet, bemühen sich intensiv um jüngere Besucher. Sie bieten aus diesem Grunde ermäßigte Tarife, Familienkarten, Ferienkarten, aber auch zielgruppenorientierte Veranstaltungen an. Die meisten Häuser verfügen über spezielle Angebote und berücksichtigen die Bedürfnisse dieser besonders wichtigen Zielgruppe beispielsweise auch in ihren Ausstellungskonzepten.
Vergleichbare Entwicklungen lassen sich aber auch für die Theater feststellen. So werden beispielsweise spezielle Kinderkonzertabos oder Jugendtheaterringe von unseren Staatstheatern angeboten, und dies zusätzlich zu den ermäßigten Preisen für Schüler und Studenten. Darüber hinaus werden theaterpädagogische Ansätze in spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche von unterschiedlichen Theatern und in Zusammenarbeit mit Schultheatern integriert.
All dies geschieht bereits heute, und zwar auf freiwilliger Basis, aber zugegebenermaßen ohne freien Eintritt. Lassen Sie mich hier aber hervorheben: Auch wir halten ein solches Anliegen, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, grundsätzlich für wünschenswert.
Aber solche Maßnahmen müssen auch finanziert werden und dürfen den angeschlagenen Landeshaushalt nicht noch zusätzlich belasten.
(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Herr Müller hat gesagt, das kostet jetzt schon kaum etwas!)
Aus diesem Grunde müssen wir klar trennen zwischen Wünschenswertem und Machbarem. Gerade vor diesem Hintergrund bedarf es einer genauen Berechnung der Kosten, des Mehraufwands und einer Abschätzung der Mindereinnahmen, die ausgeglichen werden müssen. Ein Deckungsvorschlag wird von Ihnen, wie immer, nicht mitgeliefert.
Sie heben stattdessen in der Begründung Ihres Antrags die Abschaffung der Einrittsgelder für Kinder und Jugendliche für staatliche Museen des Freistaats Sachsen hervor. Ich will hinzufügen, dass auch in Berlin Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr freier Eintritt in Museen und kulturelle Einrichtungen gewährt wird. Aber ist es nicht wieder einmal beeindruckend, welche Länder sich eine solche Maßnahme leisten können? Ist es vor allem nicht noch beeindruckender, wenn man bedenkt, mit welchem Geld das wohl bezahlt wird, gerade mit Blick auf den Länderfinanzausgleich?
(Beifall bei der FDP und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wenn uns nichts einfällt, dann wenigstens der Länderfinanzausgleich!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin fast froh über den letzten Beitrag. Natürlich ist endlich das Wort der Finanzierung gefallen.Wir haben zunächst in den Reden gehört, wie wichtig kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche ist, wie wichtig die Öffnung des Zugangs zu kultureller Bildung ist. Dann fällt natürlich auch gleich das Finanzierungsargument, obwohl wir zu Beginn der Debatte auch gehört haben,was der tatsächliche Eintritt zumindest in die Landesmuseen kostet und dass das nicht in einer Höhe ist, die man nicht kompensieren könnte.
Ich denke, bevor man über die Finanzierung redet, muss man sich klar werden, welchen Stellenwert kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen für uns hat.Wenn wir überzeugt sind, dass dieser Stellenwert so hoch ist, weil er viele Dimensionen anspricht,sozialpolitische,bildungspolitische und auch kulturpolitische Dimensionen, dass die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dadurch ermöglicht wird, dann, finde ich, ist es ein bisschen zu kurz gegriffen, wenn wir gleich sagen: Wir machen uns lieber keine weiteren Gedanken darüber,wie wir den Zugang öffnen,sondern reden das wieder mit dem Finanzierungsargument nieder.