Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

Ich rufe jetzt Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Raumordnungsverfahren Staudinger Block 6 – Drucks. 18/54 –

Er wird zusammen mit Tagesordnungspunkt 38 aufgerufen:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Raumordnungsverfahren Staudinger Block 6 – Drucks. 18/144 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Das Wort erhält nun Frau Kollegin Hammann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bau von Staudinger Block 6 wäre eine massive klima-, wirtschafts- und umweltpolitische Fehlentscheidung.

(Norbert Kartmann (CDU): Falsch!)

Meine Damen und Herren, ein Blick in die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren offenbart denjenigen, die es interessiert, dass diese Unterlagen absolut schlampig zusammengestellt wurden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss feststellen, dass es sehr nachlässige Studien sind. Man kann an mehreren Stellen erkennen, dass Seiten fehlen, dass Verweise ins Leere gehen. Dazu sage ich: Da ist keine vernünftige Abwägung möglich. Eine Neuauslage dieser Unterlagen ist für uns unabdingbar.

Meine Damen und Herren, diese Planung ist raumunverträglich. Sie lässt sich nicht mit den Grundsätzen und Zielen der Regional- und Landesplanung vereinen.Wir müssen einfach erkennen, dass die Entwicklungen im Bereich der Energiegewinnung und des Energieverbrauchs von E.ON offenbar nicht zur Kenntnis genommen werden.Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen.

In den Unterlagen finden Sie eine Strombilanz bis zum Jahre 2030, erstellt von Prognos im Auftrage von E.ON. Daraus können Sie erkennen, dass die Potenziale der erneuerbaren Energien in keiner Weise richtig abgeschätzt wurden – alles untere Marge.

Man muss erkennen, dass gerade die Bereiche Windenergie und Fotovoltaik keine große Rolle spielen, dass die Bereiche Energieeffizienz und Energieeinsparung ebenfalls außen vor geblieben sind. Es ist das Problem, dass große Stromversorgungsunternehmen nicht mit voller Kraft in den Bereich der Zukunftsenergien gehen, sondern immer noch auf alten Strukturen beharren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird immer argumentiert, wir bräuchten diesen Kraftwerksblock, um die Energiesicherheit in Hessen zu erreichen. Dann schauen Sie sich doch einmal an, wo am Ende 300 MW landen werden. Die werden nicht in Hessen verbraucht, sondern E.ON sagt ganz klar: Die gehen nach Hannover. – Dieser Block, der dort entstehen würde, würde 1.100 MW umfassen. Unsere Luft im Rhein-Main-Gebiet ist belastet. Wir können uns diese klimapolitische Fehlentscheidung nicht leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Klimaschutz spielt bei dieser Landesregierung doch nur dann eine Rolle, wenn sie versucht, das Thema zu besetzen, aber in den Taten findet man doch gar nichts wieder.

(Peter Beuth (CDU): Weniger Staubbelastungen, und Sie erzählen ernsthaft so etwas!)

Lieber Herr Kollege Beuth, gerade da hätten Sie doch zuhören müssen, als Ihnen die Daten von E.ON vorgelegt wurden.

(Peter Beuth (CDU): Sie waren doch den ganzen Abend dabei! – Axel Wintermeyer (CDU): Sie waren doch den ganzen Abend bei der Lehrstunde dabei!)

Wir haben keine Weiterentwicklung festzustellen, sondern ein Beharren auf alten Strukturen. Und dem sitzen Sie auf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU):Weniger CO2, weniger Staub!)

Im Gegenteil, Sie haben eine Zunahme von CO2. Ich sage Ihnen: Allein die Rechnung, dass man sagt, der Wirkungsgrad wird sich deutlich erhöhen,ist doch eine Milchmädchenrechnung, wenn man die CO2-Abscheidung am Ende berücksichtigt, die den Wirkungsgrad wieder reduziert. Sie haben am Ende, wenn E.ON es nicht schaffen wird, die Auskopplung von Wärme vollständig vorzunehmen, einen Wirkungsgrad, der möglicherweise dem entspricht, den Sie jetzt in den alten Kraftwerksblöcken haben.

(Heinrich Heidel (FDP): Die Zielsetzung!)

Ungewiss ist immer noch, wo das abgeschiedene CO2 hin soll. Darauf weiß E.ON keine Antwort. Darauf wissen auch Sie keine Antwort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie uns schon klimaschutzpolitisch nicht glauben, dann schauen Sie doch auf die wirtschaftliche Marge. Sie müssen überlegen, wie hoch die Stromgestehungskosten sind. Daran kann man doch erkennen – das sagen nicht wir, das sagen Experten –, dass gerade im Bereich der konventionellen Kraftwerke, sprich: Kohle, die Gestehungskosten im Gegensatz zu beispielsweise der Windenergie steigen werden. Die Gestehungskosten der Windenergie werden bis zum Jahre 2020 von heute 8 Cent pro Kilowattstunde auf 6 Cent pro Kilowattstunde fallen. Hier ist im Gegensatz zur Kohle eine Verringerung festzustellen.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Ein weiterer Punkt, was die wirtschaftliche Seite angeht.

(Peter Beuth (CDU): Und die hat gestern Abend dabeigesessen!)

Berücksichtigen Sie doch die Vollauktionierung der CO2Zertifikate. Das heißt, ab dem Jahre 2013 wird es in den Preis eingerechnet.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Beuth, das war eine Lobbyveranstaltung, das wissen Sie doch!)

Das heißt, diese Preise werden steigen. Es ist auch kein Wunder, dass RWE vor Kurzem in einer Presseerklärung verkündet hat, sie würden keine neuen Kohlekraftwerksblöcke mehr bauen, weil sie sehen, dass die Preise steigen werden und die Nachfrage eine andere sein wird. Das erwarte ich auch von E.ON.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Entwicklung am Standort Großkrotzenburg ist in keiner Weise mit Klimaschutzmaßnahmen zu vereinbaren. Wir haben jetzt die Chance, in den Bereich erneuerbare Energien unter Ausnutzung der Energieeffizienz und der Energieeinsparung umzusteigen. Darauf müssen wir den Fokus legen. Da muss auch die Landespolitik anders als in den letzten Jahren handeln. Wir müssen endlich aus dieser rückständigen Position in eine Vorreiterrolle kommen.

Frau Kollegen Hammann, Sie müssen zum Schluss kommen, seien Sie so lieb.

Ich komme gern zum Schluss.– Ich sage Ihnen,dieses Vorhaben ist klimapolitisch als fahrlässig zu bezeichnen. Wenn Sie von einer Beschleunigung des Verfahrens reden, dann muss ich sagen, diese Fahrlässigkeit wird bei Ihnen liegen.

Herr Präsident,noch ein Hinweis sei mir erlaubt.In Ihrem Antrag, den Sie noch schnell vorgelegt haben, spielt Klimaschutz keine Rolle. Daran ist sehr deutlich zu sehen, dass Sie nicht erkennen, dass Energie und Klimaschutz immer zusammenpassen müssen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP und des Abg. Peter Beuth (CDU))

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Das Wort hat der Kollege Stephan, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung hat ein Raumordnungsverfahren zum Projekt Kohlekraftwerk Staudinger initiiert. Damit soll dieses Neubauvorhaben, das einer gesicherten Energieversorgung dient, unter Einbezug aller Beteiligten und Betroffenen ergebnisoffen und auch zügig abgearbeitet werden. So steht es auch in der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP. Wir haben dazu auch festgehalten, dass wir erwarten, dass die modernsten Techniken zur CO2-Ausscheidung zum Einsatz kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Antrag der GRÜNEN, über den wir heute sprechen, stellt einen untauglichen Versuch dar, das Raumordnungsverfahren zum Neubau dieses Blockes 6 Staudinger zu verzögern.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Die GRÜNEN scheinen an einem fairen, an einem ergebnisoffenen Verfahren nicht interessiert zu sein. Sie versuchen mit allen Mitteln, den Neubau zu verhindern.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist ja auch richtig!)

Was ist Anlass für diesen Antrag? In Punkt 1 wird es ausgeführt. In einigen der 47 offen ausgelegten Druckexemplare haben sechs Seiten Text gefehlt. Das wurde festge

stellt. Der Text wurde ergänzt. Der Text dieser sechs Seiten war an anderer Stelle enthalten. Die verfügbaren Disketten waren vollständig, und im Internet war die komplette Unterlage verfügbar.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wie viele ältere Mitbürger gibt es?)

Natürlich ist es keine Glanzleistung des Unternehmens, in einem so wichtigen Dokument Seiten zu vergessen. Ich meine auch, da muss E.ON dringend Qualitätssicherung betreiben. Doch für die Forderung der GRÜNEN, deswegen den ganzen Prozess, die ganze Offenlegung neu zu beginnen, gibt es wirklich keine Handhabe. Dies hat auch das Regierungspräsidium in Darmstadt so festgestellt, indem es gesagt hat:Wir gehen mit dem Prozess des Raumordnungsverfahrens voran.

Punkt 2 des Antrages macht noch weiter deutlich, dass ein faires,ein offenes Verfahren gar nicht gewünscht ist.Denn das, was in diesem Punkt 2 gefordert und dargestellt wird, sind eigentlich die Punkte, die inhaltlich in diesem Raumordnungsverfahren bearbeitet werden sollen. Deswegen möchte ich heute dazu nicht Stellung nehmen. Dazu läuft ein Raumordnungsverfahren.

Dann kommen wir zu dem Punkt 3. Das ist der entscheidende Punkt des Antrages. Es geht um eine politische Aussage. Das wird aus diesem Punkt 3 deutlich. Da sieht man diese Verweigerungshaltung insbesondere der hessischen GRÜNEN,die Verweigerungshaltung zu Kohle und Kernenergie. Diese Haltung ignoriert völlig die energiepolitische Realität.