Protokoll der Sitzung vom 29.03.2010

Frau Ministerin, Sie kündigen seit über einem Jahr an, dass etwas passieren wird. Sie haben ein Energiekonzept und ein Eckpunktepapier vorgelegt. Ich will eigentlich nur wissen: Wann werden Sie in die Umsetzung dieses Eckpunktepapiers eintreten und dem Landtag etwas Verhandlungsfähiges vorlegen? Wann?

Sehr geehrter Herr Schäfer-Gümbel, ich empfehle Ihnen, außer Presseartikeln vielleicht auch das zu lesen, was wir Ihnen schon vorgelegt haben:

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da steht gar nichts drin!)

das Energiekonzept 2020, unterschiedlichste Umsetzungsschritte, die im Lande Hessen schon laufen, die weitere Förderung und der Ausbau der Biomasse.Wir haben dazu eine Studie gemacht, die wir noch im Detail vorstellen wollen, wie das in den einzelnen Landkreisen gemacht wird.Auch dort laufen die Beratungsveranstaltungen jetzt an, wie das Thema Biomasse über die Potenziale, die wir erhoben haben, in Zukunft fortgeführt werden kann. Es wird sehr deutlich, dass all das genau in dem Korridor liegt, den auch das Energie-Forum gesehen hat.

Ich kann Ihnen zu diesen Studien zeigen,dass wir auch bei der Solar- und der Fotovoltaikentwicklung genau in diesem Korridor liegen, und zwar mit der Absenkung der Einspeisevergütung auf der Bundesebene. Damit tun wir auf der einen Seite etwas für die Verbraucher, und auf der anderen Seite tun wir etwas dafür – dazu brauchen Sie kein Gesetz –, in Hessen die Flächen herauszusuchen und die Hemmnisse zu beseitigen, um auf Dachflächen weitere Solaranlagen zu installieren und Bürgersolaranlagen voranzubringen.

(Gerhard Merz (SPD): In Ihrem Konzept steht doch drin: Sie sollen etwas tun!)

Dazu braucht man aber kein hessisches Landesgesetz. Das sind Dinge, die schon am Laufen sind. Gleichzeitig haben wir Ihnen gesagt:Wir werden in einzelnen Punkten gesetzlichen Korrekturbedarf sehen, aber nicht um des Gesetzes willen, sondern um der Sache willen. In diesem Sinne werden wir unser Energiekonzept 2020 in dieser Legislaturperiode, aber auch in der folgenden, bis zum Jahr 2020 kontinuierlich umsetzen,

(Lachen der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

weil wir genau die Potenziale erhoben haben unter dem Gesichtspunkt, die Biomasse weiter voranzubringen, Windenergieflächen so weit wie möglich auszuweisen,

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wie?)

aber genauso hinzuschauen und dort die Möglichkeiten zu schaffen, die wir schon umgesetzt haben, z. B. Bürgschaften für Energieunternehmen zu geben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein Gott, im vierten Versuch wieder nichts geliefert! Heiße Luft ist doch keine erneuerbare Energie!)

Dort werden sich sehr schnell die ersten Erfolge zeigen, wenn wir Unternehmen über Bürgschaften unterstützen,

sodass dann schneller in erneuerbare Energien investiert wird und schneller ausgebaut wird. Das ist das Ziel der Landesregierung – und nicht Vorschriften nur um der Vorschriften willen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Gerhard Merz (SPD): Dann muss man erst die rechtlichen Hemmnisse beseitigen! Das steht doch in Ihrem Konzept!)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin Lautenschläger. – Als Nächster hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Al-Wazir, das Wort. Sie haben fünf Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Legislaturperiode ist heute 15 Monate alt. Die Regierung ist 14 Monate im Amt. Wir haben seit 14 Monaten eine Umweltministerin Lautenschläger, die das Wort Energie auch noch in den Titel des Ministeriums aufgenommen hat.Bis hierhin können Sie mir zustimmen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in diesen 14 Monaten über vier Gesetzentwürfe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachen Energie diskutiert. Wir diskutieren gerade über den Gesetzentwurf der SPD zur Frage, wie man erneuerbare Energien fördert, wie man die Energiewende fördert.

Frau Lautenschläger,es ist nett,wenn Sie sich hierhin stellen und das Spiel „Ministerin kritisiert Opposition“ machen.Aber ich frage Sie:Was haben Sie real in den 14 Monaten gemacht?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN – Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nichts, gar nichts!)

Sie haben ein Eckpunktepapier vorgelegt, das alles andere als ambitioniert ist.

(Peter Seyffardt (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)

20 % ohne Verkehr bis 2020 – Sie werden in der Bundesrepublik Deutschland nichts Kleinmütigeres finden. Es ist aber völlig unklar,wie Sie selbst das erreichen wollen,weil Sie nichts verändern wollen.

Baden-Württemberg – wo ist der Kollege Sürmann? – hat ein schönes Gesetz gemacht. Es wird noch ein bisschen gestritten,ob die richtigen Sachen darin sind zur Frage der erneuerbaren Energien, zur Frage der Neubauten, zur Frage erneuerbarer Wärme und zu allem, was dazu gehört. Wer regiert dort eigentlich? Bayern ist in Sachen Biomasse tausendmal weiter vorne.

Jedes Flächenland der Bundesrepublik Deutschland, selbst das Saarland hat sich auf den Weg gemacht. Das kann vielleicht mit einer grünen Umweltministerin zusammenhängen. Da geht es um Landesplanungsgesetze, da geht es um erneuerbare Wärme, um eine andere Verkehrspolitik.

Frau Ministerin, nur in Hessen wird nichts als heiße Luft produziert. Das können wir uns schlicht nicht mehr leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Die anderen Länder hängen uns ab, und zwar mit der Folge, dass die Arbeitsplätze und die Wertschöpfung dort entstehen und wir irgendwann in die Situation kommen werden, dass wir von überall um uns herum mit erneuerbaren Energien beliefert werden. Wir dürfen dann dafür zahlen – da man für jede Form der Energie zahlen muss – und haben davon überhaupt keine Vorteile mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Um das zu erkennen, muss man noch nicht einmal Ökologe sein. Es reicht, ein bisschen ökonomischen Sachverstand zu haben, um festzustellen, dass das, was hier betrieben wird, eine Katastrophe ist – langfristig gesehen nicht nur für die Ökologie, sondern auch für die Ökonomie unseres Bundeslandes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Lautenschläger, es mag sein, dass Sie intern kämpfen, kämpfen, kämpfen, um Ihre vorvorvorgestrige Landtagsfraktion zu einer wenigstens vorgestrigen zu machen,

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

aber das können wir uns im Jahre 2010 schlicht nicht mehr leisten. Jetzt ist Schluss mit dem Spiel „Ministerin kritisiert Opposition“. Wir werden Sie in jeder Plenarsitzung fragen, wo Ihr Gesetzentwurf ist, welche konkreten Schritte Sie machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

In die Reihen der Kolleginnen und Kollegen von der Union gesagt: Sie müssen noch nicht einmal ins Ausland fahren. Sie können in jedem anderen Bundesland feststellen, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Union weiter sind als Sie. Spätestens dann müsste man doch ins Grübeln kommen, ob man nicht auf dem völlig falschen Dampfer ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Al-Wazir. – Als nächstem Redner darf ich Herrn Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lautenschläger, das war der vierte, fünfte oder sechste Versuch,eine Perspektive für die Energiepolitik in diesem Bundesland zu zeichnen.Aber jedes Mal liefern Sie in diesem Haus eine Nullnummer ab.Heute war es nicht anders.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann es versuchen, wie man will, mit ruhigen Fragen wie eben, mit eigenen Initiativen, mit Regierungserklärungen, mit einer gewissen Grundaggressivität, weil man es kaum noch erträgt, mit welchen Plattitüden Sie über die zentralen gesellschaftlichen, ökonomischen und öko

logischen Fragen unserer Zeit hinweggehen: Es kommt eine energiepolitische Nullnummer nach der anderen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie haben doch damit zu kämpfen, dass Sie in diesem Land die Verantwortung für eine Verhinderungsplanung bei der Durchsetzung erneuerbarer Energien und beim Ressourcenschutz haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie betreiben seit Jahren Verhinderungsplanung. Sie haben bisher keine Initiativen eingebracht, um das zu ändern. Ich will noch einmal auf die Frage des Kollegen Görig und auf meine Frage zurückkommen,wann Sie endlich Initiativen einbringen. Ich habe Sie eben gefragt: Wann kommt Ihr Vorschlag? Daraufhin erzählen Sie uns, Sie seien im Plan, denn da gebe es die und die Einzelinitiative sowie das und das Teilprojekt.

Ich will jetzt den Streit hintanstellen, ob das ein Konzept oder ein Eckpunktepapier ist. In Ihrem Papier – wir haben es natürlich gelesen – steht bei der Zusammenfassung der Handlungsempfehlungen, dass es um die Beseitigung rechtlicher Hemmnisse geht. Wir sind uns wahrscheinlich einig: Zur Beseitigung rechtlicher Hemmnisse braucht man irgendeine Grundlage, ein Gesetz oder eine Verordnung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Papier steht: Erlass haushaltsrechtlicher Vorschriften für Kommunen, Anwendung des Genehmigungsrechts bei Biomasseanlagen, Änderung der Landesplanung, Änderung der Bauordnung, Überarbeitung des Landesentwicklungsplans zum Ausbau der erneuerbaren Energien, Steigerung der Energieeffizienz, Anreize zur Gebäudesanierung durch Änderung der Geschäftsanweisung Bau für die Landesverwaltung schaffen. – Dann aber stellen Sie sich zum vierten, fünften oder sechsten Mal in den Hessischen Landtag und können selbst die einfache Frage, wann Sie ein Papier einbringen, aus dem ersichtlich ist, wann Sie sich endlich bewegen wollen, nicht beantworten.Wieder einmal eine Nichtantwort von Ihnen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Es macht einen mittlerweile rasend vor Zorn, dass Sie als zuständige Ministerin nicht in der Lage sind, einen Hinweis darauf zu geben, wann Sie Ihrem Amtseid und Ihrer Aufgabe endlich gerecht werden wollen.