Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Bei den Hochschulen haben wir uns dafür eingesetzt, dass das Programm LOEWE fortgeführt wird. Die Qualitätssicherungsmittel in Höhe von 92 Millionen c werden erhalten bleiben. Die Mittel für den Hochschulbau, also HEUREKA, und die Mittel des Landes für den Hochschulpakt 2020, also die Mittel für die doppelten Abiturjahrgänge, werden in unveränderter Höhe bestehen bleiben. Die Landesregierung ist sogar bereit, dies als Teil des Hochschulpakts verpflichtend festzuschreiben. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte jetzt aus einem Brief der Fachhochschule Frankfurt zitieren. Einige Hochschulen haben – ich zitiere – „ein Einsehen mit einer Haushaltskonsolidierung“, stellen aber z. B. die Verteilung zwischen dem Grundbudget und den Sonderprogrammen zur Diskussion. Ich will für uns ganz ausdrücklich festhalten:Diese Diskussion gehört zu den Verhandlungen um den Hochschulpakt. Hier sind wir Liberale für jeden konstruktiven Vorschlag immer offen.

Dabei ist klar: Eine autonome Hochschule kann nur über Zielvorgaben gesteuert werden. Denn der Weg, um das Ziel zu erreichen, soll den Hochschulen überlassen werden. Deshalb kann eine faire Steuerung nur darin bestehen, die Finanzierung mit der Erreichung der Ziele zu koppeln. Hierbei sind im Übrigen Forschung und Lehre zwei Seiten derselben Medaille.

Wer exzellente Hochschulen haben will – und das wollen wir –, der muss hohe Qualität in der Forschung belohnen. Deshalb ist es richtig, das Erfolgsbudget zu stärken. Gleichzeitig verkennen wir nicht, dass andere Hochschulen mehr Studenten als vor fünf Jahren ausbilden und gerade Fachhochschulen Wechsler von den Universitäten aufnehmen, die bislang nur den Universitäten, nämlich dem ersten Semester, zugerechnet wurden.

Beide Probleme – so der Verhandlungsstand – werden im neuen Hochschulpakt gelöst. Es gibt keine statischen Studentenzahlen mehr,sondern gleitende Durchschnitte,und statt des ersten wird nun das dritte Semester maßgeblich sein. Über Details der Parameter wird noch verhandelt. Insgesamt muss die Verteilung bei allen Interessengegensätzen ein fairer Ausgleich sein. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dies im Übrigen bis zum 11. Mai gelingen wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will mit einem Missverständnis aufräumen, nämlich das Grundbudget sei für die Lehre,das Erfolgsbudget sowie alle Zusatzmittel seien für die Forschung, und wir würden durch Verschiebungen zwischen den Budgets angeblich die Forschung zulasten der Lehre verstärken.

Erstens umfasst das Grundbudget sowohl Forschung als auch Lehre, sonst wären die Unterschiede in dem Clusterpreis zwischen Uni und FH gar nicht zu rechtfertigen. Durch die Umschichtung wird daher nur die Forschung stärker erfolgsabhängig vergütet. Als Haushaltsgesetzgeber muss es in unserem Interesse liegen, dass jeder von uns bewilligter Euro einen Maximaleffekt hat. Deswegen ist diese Entwicklung zu begrüßen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Bei der EBS mit 200 Studierenden!)

Zweitens verbessern die Sonderprogramme ganz maßgeblich die Lehre. Das QSL-Programm ist für die Lehre gedacht. Über HEUREKA werden Gebäude erstellt, in denen gelehrt wird. Die über LOEWE eingestellten Professoren haben selbstverständlich eine Lehrverpflichtung. Es ist einfach zu kurz gesprungen, wenn nur das relativ unspezifische Grundbudget als Finanzierungsbeitrag für die Lehre herangezogen wird.

Ein Wort muss ich zu der Veranstaltung in Marburg machen, bei der ich im Übrigen anwesend war. Ich konnte das Gewaltpotenzial an der Stelle nicht einschätzen und maße mir als Laie nicht an, die Polizei zu korrigieren und Ratschläge zu geben. Ich finde es insgesamt sehr traurig, dass die Veranstaltung einen Verlauf genommen hat, wie sie ihn genommen hat. Ich hätte mir eine Diskussion gewünscht und finde es schade, dass die Veranstaltung so gesprengt worden ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Lassen Sie mich inhaltlich zusammenfassen. Dass die Zeiten für alle nicht leicht sind, wird niemand bestreiten. Aber bei den dritthöchsten Landesausgaben für die Hochschulen in der Geschichte des Landes Hessen von einem Rückzug des Landes aus der Hochschulfinanzierung zu sprechen, davon kann wahrlich keine Rede sein. Zutreffend ist eher das Wort von Herrn Prof. Bien vom Senat der Universität Marburg, der zur aktuellen Situation gesagt hat: Es gab bessere Zeiten; es gab aber auch wesentlich schlechtere.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Schlechter geht immer!)

Herr Büger, bitte kommen Sie zum Schluss.

Wir werden dafür sorgen, dass diese wesentlich schlechteren Zeiten, wie wir sie in den Neunzigerjahren erlebt haben, nie wieder kommen.Wenn sich die Wirtschaft erholt, werden wir sogar dafür sorgen, dass die besten Zeiten, die die hessischen Hochschulen in finanzieller Hinsicht jemals gesehen haben, noch einmal getoppt werden. Dass Bildung für uns Priorität hat,ist im Gegensatz zur rot-grünen Beteuerung keine Worthülse, sondern praktische Politik. Und so wird es auch bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Büger. – Ich darf Frau Kollegin Sorge für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast jeder in Hessen sieht ein, dass gespart werden muss. Das möchte ich hier zu Beginn der Diskussion einmal festhalten.

(Minister Michael Boddenberg: Na ja!)

Herr Boddenberg,ich habe „fast jeder“ gesagt.Ich wusste nicht, dass Sie derjenige sind, der nicht dazugehört. Ich

hatte eigentlich die Linkspartei in Verdacht. Aber auch ich lerne gern dazu.

Wir streiten uns deutlich darüber, an welchen Stellen gespart werden kann und an welchen Stellen die Einschnitte so groß wären, dass sie gesellschaftlichen Schaden anrichten würden. Und wir streiten darüber, ob steuerliche Entlastungen bei den wichtigen Zukunftsinvestitionen, die wir treffen müssen, und bei der schlechten Lage der öffentlichen Haushalte vernünftig sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir GRÜNE fordern ein Sparkonzept, das insbesondere dem Bildungsbereich eine deutliche Priorität einräumt; denn es wäre falsch, mit dem Rotstift anzusetzen, wo sich in Zukunft die fatalsten Auswirkungen bemerkbar machen werden. Für den Bildungsbereich bedeutet das: keine Einschnitte bei Qualität und den Bemühungen für mehr Chancengerechtigkeit. – Im Hochschulbereich heißt das: kein Sparen bei der Lehre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, nun hat der stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn das Motto ausgerufen: Intelligent sparen statt dumm kürzen. – Das Erste, was ihm dazu einfällt, ist, an der Intelligenz zu sparen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist doch wirklich absurd, das ist dumm, und es ist dumm, dass Sie hier Ihrem eigenen Maßstab nicht gerecht werden.

(Lachen bei der FDP – Zuruf von der CDU:Es geht um zwei verschiedene Dinge!)

Ich habe kein Wort verstanden, aber wenige haben gelacht.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Schauen wir uns einmal an,welche Auswirkungen Ihre angekündigten Vorschläge haben werden. Herr Dr. Büger, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dieselben Reflexe gezeigt haben, die leider auch bei der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen vorhanden sind, immer auf Haushalte im letzten Jahrhundert zu verweisen,aber nicht auf die Verantwortung, die Sie aktuell tragen.

Sie wollen den Hochschulen 34 Millionen c wegnehmen, und das in einer Situation – dazu gehört, dass man sich die Situation in den Hochschulen anschaut –, wo die Hochschulen durch den Anstieg der Studierendenzahlen, durch den erhöhten Betreuungsaufwand wegen der BolognaReform, durch die steigenden Personalkosten, die mit 4 Millionen c für die Hochschulen bei Weitem nicht abgedeckt sind, und die bestehende notorische Unterfinanzierung ohnehin schon vor sehr großen Herausforderungen stehen; denn sie müssen auch ohne Kürzung schon jetzt immer mehr Studierende mit im Verhältnis sinkenden Mitteln ausbilden. Zwangsläufig wird die Qualität leiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Gerade weil die Qualität des Studiums leiden wird, muss man sich genau ansehen, welche strukturellen Entscheidungen Sie neben den Kürzungen mit dem Hochschulpakt noch treffen wollen. Es ist geplant, innerhalb des

Budgets rund 20 Millionen c – jüngst habe ich sogar von 50 Millionen c in der Zeitung gelesen – in die Projektförderung, die die Forschungsförderung zu geben und damit von dem Anteil im Grundbudget, wie Sie es gerade beschrieben haben, Herr Dr. Büger, der für die Lehre vorgesehen ist, zu kürzen. Das ist der falsche Weg.

Wenn Sie hier beschreiben, wie der Weg aussieht, dann wäre ich der Ministerin und der Landesregierung dankbar, wenn sie endlich einmal allen hier sagen würde, was sie im Detail überhaupt vorhat. Wir hören nur Gerüchte. Die genauen Planungen kennen wir überhaupt nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, gerade das Geld aus der Lehre wegzuziehen, ist eine falsche Richtungsentscheidung;denn Menschen für den Arbeitsmarkt,aber auch für die Wissenschaft gut auszubilden, ist die Kernaufgabe unserer Hochschulen. Wer diesem Bereich auch noch bei steigenden Studierendenzahlen das Geld entzieht, der nimmt Qualitätsverschlechterungen in Kauf.

Hierzu kommt, dass das Geld bislang zwischen den Hochschulen ungerecht verteilt wurde. Auch hier kennen wir die genauen Planungen noch nicht. Hier wurde bei den Mitteln für den Hochschulpakt 2020 nachgebessert. Das ist aber noch nicht der ganze Teil der ungerechten Finanzierung; denn in der Vergangenheit war es schon so, dass einige Hochschulen weit über die vereinbarten Zahlen hinaus ausgebildet haben,

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

andere Hochschulen weniger Studierende ausgebildet haben,als sie finanziert bekamen.Daher gibt es eine faktisch ungerechte Bezahlung der Hochschulen untereinander, die insbesondere die Fachhochschulen benachteiligt, aber auch die nordhessischen und mittelhessischen Universitäten. Eine Neuverhandlung des Hochschulpakts wäre genau der richtige Zeitpunkt, um diese Ungerechtigkeiten auszutarieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Leif Blum (FDP): Wir wollen doch gerade verhandeln!)

Herr Kollege Blum, das ist hier die Faktenlage. Intelligentes Sparen sieht anders aus. Ein auf Augenhöhe vereinbarter Hochschulpakt sieht auch anders aus.

Aus diesem Grunde solidarisieren sich – Frau Kollegin Wissler hat es hier schon in Zitaten vorgelesen, wahrscheinlich hat es ihr auch besonders gut gefallen – sogar schon die Wirtschaftsverbände mit den Hochschulen.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Meine Herren von der FDP, wenigstens das sollte Ihnen doch zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Tag für Tag erreichen uns neue Resolutionen, Protestnoten und eindringliche Briefe aus den Hochschulen. Die Senate der Fachhochschulen in Frankfurt und Wiesbaden fordern ihre Präsidenten dazu auf, den Hochschulpakt nicht zu unterzeichnen. Dekaninnen und Dekane der Universitäten Marburg und Gießen schlagen Alarm. Die Präsidenten der Universität Gießen und der Fachhochschule Gießen-Friedberg bitten eindringlich darum, nicht in der Grundfinanzierung zu sparen, da gerade solche Kürzungen wichtige Strukturen zerstören. Auch die Uni