Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

Die Präsidenten, die die Protokollnotiz zum Hochschulpakt unterzeichnet haben, sagen in einer Erklärung dazu:

Die am 18. Mai geleisteten Unterschriften unter den Hochschulpakt 2011 bis 2015 stellen für acht von zehn unterzeichnenden Hochschulen nicht das Ende der Diskussion dar.

Zu groß erscheinen die Gefährdungen, denen die hessischen Hochschulen in den kommenden Jahren unterliegen könnten.

Frau Sorge, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie wirklich eindringlich, über den eingeschlagenen Weg in der Hochschulpolitik noch einmal nachzudenken. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Sorge. – Als Nächster spricht Herr Büger für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will hier und heute in einer über Wochen aufgeheizten Stimmung einen klaren Blick auf die Fakten werfen und die Wahrheit da suchen,

(Lachen bei der SPD)

wo sie inzwischen – Herr Grumbach – recht kunstvoll versteckt ist.

(Beifall bei der FDP – Dr. Thomas Spies (SPD): Keine Drohung!)

Fangen wir mit der Behauptung an, die Landesregierung wolle im Hochschulbereich kürzen, also den Hochschulen das ihnen eigentlich zustehende Geld wegnehmen. Das ist nicht korrekt. Das ist eines der vielen Märchen, die in den letzten Wochen erzählt worden sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP): Herr Spies, Sie können sich nicht selber behandeln!)

Zunächst will ich mich der Frage widmen, welches Geld den Hochschulen eigentlich zusteht. Letztendlich sind es die finanziellen Mittel, die im letzten Hochschulpakt vereinbart worden sind. Herr Spies, im Hochschulpakt gab es einen Ausgangsbetrag, der pro Jahr um 1,5 % erhöht oder abgesenkt werden sollte – je nachdem, wie sich die Steuereinnahmen entwickeln. Im letzten Haushalt, auch daran will ich erinnern, haben wir vertragsgemäß noch 1,5 % draufgelegt. Trotz schwieriger Haushaltslage haben wir unsere vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,tun gerade so, als sei der im selben Vertrag vereinbarte Rückgang eine Kürzung durch das Land, ein Bildungskahlschlag, ein Sparen an der Bildung. Das ist abenteuerlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Kommen wir an der Stelle zum nächsten Märchen, die Hochschulen hätten keine Perspektiven. Wir alle hoffen, dass sich die wirtschaftliche Situation stabilisiert.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

In dieser Situation anzubieten, dass der Etat der Hochschulen in den nächsten fünf Jahren selbst bei schlechtestmöglicher Entwicklung nicht sinken wird, ist eine Perspektive, um die andere Ressorts den Bereich Wissenschaft und Forschung beneiden. Dass bei positiver Entwicklung sogar noch ein Anstieg um 220 Millionen c ohne gleiches Risiko eines Rückgangs angeboten wird, ist beispiellos.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

An der Stelle will ich auch klar sagen: Wir tun das nicht, weil wir hier gelobt werden wollen,

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

sondern weil wir wissen, wie wichtig gute Hochschulen, Forschung und Lehre für die Zukunft unseres Landes sind.

(Michael Siebel (SPD): Es gab ja nichts bei Ihnen zu loben!)

Meine Damen und Herren, das dritte Märchen besteht darin, es fließe immer weniger Geld in die Bildung. Angeblich müssten die Studenten überall auf dem Boden sitzen, weil gar kein Platz mehr in überfüllten Hörsälen sei. Die Wahrheit ist, dass das Land – ich kann an Herrn Reißer anschließen – mit HEUREKA pro Jahr durchschnittlich 200 Millionen c in den Bau neuer Hochschulgebäude steckt und damit für neue Hörsäle, Seminare und Labore sorgt.

(Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das sind, um die Zahl herunterzubrechen, pro Student und Jahr über 3.000 c. Gleichzeitig sind die neuen Gebäude im Übrigen energetisch günstiger und brauchen weniger Wartung. Dadurch können die Hochschulen Kosten für Gebäudeunterhaltung einsparen.

(Zuruf des Abg.Norbert Schmitt (SPD) – Gegenruf des Abg. Horst Klee (CDU): Herr Schmitt!)

Die Wahrheit ist, dass noch nie – Herr Schmitt – so viel Geld in die hessischen Hochschulen geflossen ist wie im Jahr 2010.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Wahrheit ist, dass das Land zusätzlich zu den vertraglich vereinbarten Mitteln 90 Millionen c jährlich in das Forschungsprogramm LOEWE steckt. Die Wahrheit ist, dass das Land die Hochschulen so stellt, als bekämen sie noch die 92 Millionen c Studiengebühren. Diese Gelder fließen im Übrigen zusätzlich zum Pakt aus der Landeskasse, weil die Hochschulen für die Verwaltung der Studiengebühren überlassene Gelder sogar noch behalten durften, obwohl nun gar keine Verwaltungskosten mehr anfallen.

Die Wahrheit ist, dass das Land über den Hochschulpakt hinaus an weiteren Stellen Geld in die Hochschulen investiert. Zu nennen sind, um einzelne Bereiche aufzuführen, das Konjunkturpaket des Landes, die Exzellenzinitiative, der Hochschulpakt 2020 mit dem Bund, der auch Mittel für den Umgang mit den mehrfachen Abiturjahrgängen bereitstellt. Meine Damen und Herren, es ist ein Märchen,dass schwarz-gelbe Regierungen an der Bildung sparen und Rot-Grün mehr für Bildung ausgibt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es ist ein Märchen, das Sie turnusmäßig hier verbreiten, obwohl Sie wissen, dass es nicht der Realität entspricht. Ich weiß, dass Sie von der Opposition die Zahlen Ihrer letzten Regierungsperiode nicht mehr gern hören wollen. Wahr ist nämlich, dass die Gesamtbudgets für die hessischen Hochschulen seit 1999 um über 40 % angestiegen sind,

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

und zwar selbst dann, wenn man den vertragsbedingten Rückgang um 2,2 % für 2011 einrechnet. Diese Zahlen belegen, dass die Forderung der demonstrierenden Studenten nach plus 10 % in den letzten zehn Jahren gleich mehrfach von uns erfüllt wurde.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hans-Jürgen Ir- mer (CDU))

In Ihrer rot-grünen Regierungszeit haben Sie den Studenten wohlfeile Worte gegeben. Wir geben ihnen Geld und Autonomie. Herr Grumbach, gute Politik ist eben ein Handwerk und kein Mundwerk.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Meine Damen und Herren, ein Märchen ist auch, dass die Hochschulen ausgezehrt seien, schon heute kaum über die Runden kämen und die 30 Millionen c – vereinbart oder nicht – nun der Todesstoß seien. Wahr ist, dass die hessischen Hochschulen über 210 Millionen c an Rücklagen angesammelt haben – nur die Steuergelder, Drittmittel privater Geldgeber noch gar nicht eingerechnet. Das ist siebenmal mehr als das, was jetzt diesen diskutierten Rückgang ausmacht.

Selbst von den Qualitätssicherungsmitteln, die zur Verbesserung der Lehre gedacht waren, ist ein zweistelliger Millionenbetrag in die Rücklagen geflossen. Wahr ist im Übrigen auch,dass das bürokratische Monstrum,das RotRot-Grün um die Mittelvergabe aufgebaut hat, die Ausgabe dieser Mittel in großem Maße erschwert.

(Zuruf von der SPD)

Meine Damen und Herren, eine ganze Gruppe von Märchen besteht in der angeblichen Benachteiligung der jeweiligen Hochschule durch die Kennzahlen, nach denen die Gelder auf die Hochschulen verteilt werden. Diese Märchen werden mit Vorliebe von den Hochschulen verbreitet. Ich weiß, dass die Parameter der sogenannten LOMZ notwendigerweise generalisieren müssen und nicht jeder Sondertatbestand abgebildet werden kann. Natürlich ist es legitim, Gerechtigkeit einzufordern.

(Zurufe von der SPD: Aha! – Dr. Thomas Spies (SPD):Warum denn auch nicht?)

Wir streben diese Gerechtigkeit auch an. Es darf aber nicht sein, dass jeder „Gerechtigkeit“ sagt und damit meint, dass er selbst mehr bekommen soll.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Wahrheit ist, dass die Verhandlungen zum Hochschulpakt ähnlich wie Tarifverhandlungen ablaufen. In einer solchen Situation wird jeder sagen,dass ihm eigentlich Unrecht angetan wird und ihm viel mehr zustünde. Wer mit seinem Status zufrieden ist, der schwächt seine Verhandlungsposition. Deshalb gehört Klappern zum Geschäft. Ärgerlich ist nur, dass darüber öffentlich der falsche Eindruck entsteht, nun ginge es den Hochschulen so schlecht wie nie, und eigentlich stünden unsere Hochschulen kurz vor dem Zusammenbruch. Mit der Wirklichkeit hat dies wenig zu tun.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will zusammenfassen. Die Zeiten sind nicht einfach. Das wissen wir. Aber diese Landesregierung und die sie tragende Koalition stellen sich ihrer Verantwortung für die Bildung.

(Petra Fuhrmann (SPD):Ach!)

Meine Damen und Herren, auch in der Krise geben wir der Bildung eine sehr hohe Priorität. Dies soll und wird auch in Zukunft entgegen anderslautenden Berichten so bleiben. Etwas anderes wäre mit uns als FDP auch nicht machbar.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)