40 % Steigerung –, natürlich keine Freude auslöst, wenn auch einmal eine Absenkung kommt.Auch das muss man verstehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen sage ich: Die Hochschulpräsidenten haben diese Chance er
kannt, sie haben am Ende unterschrieben. Rot-Grün sind aus der Erfahrung heraus jedenfalls nicht diejenigen, die die Beschützer der Hochschulen zu nennen sind, sondern sie haben zu verantworten, dass wir eine so große Aufholjagd immer noch fortsetzen müssen.
Danke sehr, Frau Ministerin Kühne-Hörmann. – Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Herr Dr. Spies, bitte schön. Sie haben fünf Minuten Redezeit.
(Zurufe von der CDU: Oh! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Frau Wissler hat das nicht zu verantworten, sie war noch in der Grundschule, als Rot-Grün das beschlossen hat! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Kein Neid!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin, den Hinweis auf das normale gesetzliche Verfahren mit der nun völlig offen vorgetragenen Option, dass es dann noch weniger gibt als minus 1,5 %, nicht als Drohung, nicht als Unter-Druck-Setzung und im landläufigen Sprachgebrauch nicht als Erpressung zu bezeichnen ist albern.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Rafael Reißer (CDU): Wo leben Sie denn? – Holger Bellino (CDU): Erpressung ist ein strafrechtlicher Begriff,man sollte die Wortwahl überprüfen! – Gegenruf von der SPD:Tun Sie es doch! – Weitere Zurufe von der CDU)
Die Frau Staatsministerin, Herr Büger und Herr Reißer haben darauf verwiesen, und das stellt niemand infrage, dass die Mittel für die hessischen Hochschulen in den letzten Jahren gewachsen sind – was, nebenbei bemerkt, schon unter Inflationsgesichtspunkten immer eine höhere Zahl wäre als vorher. Es ist ein bisschen putzig, wenn man das so herausstellt. Es stimmt aber nicht, und an der Stelle lügen Sie sich doch in die eigene Tasche, dass Sie damit irgendeine Verbesserung der hessischen Position erreicht hätten, weil nämlich alle Bundesländer in Deutschland ihre Mittel für die Hochschulen erhöht haben.
Deshalb ist eine Steigerung der Ausgaben richtig gewesen. Aber eine Verbesserung der relativen Position ist nicht erreicht worden.Was jetzt passiert,weil niemand außer Ihnen einen solchen Unsinn macht, ist: Hessen wird im Vergleich der Bundesländer zurück fallen. Es gibt keine Entschuldigung dafür,
die Verhältnisse für die hessischen Hochschulen relativ zu anderen zu verschlechtern, erstens weil dieses Land es sich leisten kann und zweitens weil dieses Land in erheblichem Umfang darauf angewiesen ist.
Meine Damen und Herren, einen anderen Punkt finde ich in dieser Debatte besonders störend. Wir würden anerkennen, dass man in Zeiten, in denen die Finanzlage, durch Zutun des Landes, aber insgesamt verschlechtert ist, über die Frage, wie man mit dem Geld umgeht, ernsthaft reden muss.Wir würden das anerkennen, würden Sie sich nicht in einem Akt kollektiver Verleugnung ständig gegenseitig erzählen, wie wunderbar das alles ist. Besuchen Sie doch einmal eine hessische Hochschule. Sie wer
Und sich hinzustellen und uns zu erklären, dass mit HEUREKA und mit dem Hochschulpakt 2020 alles so wunderbar sei wie nie zuvor,
dass alle Probleme, die die Hochschulen mit den doppelten Jahrgängen, die ihnen entgegenströmen, ja sowieso längst gelöst seien, dieses Selbstlob ohne Substanz,
das Sie kontinuierlich vortragen, das haben die Hochschulen nicht verdient. Das ist nichts anderes als eine Verleugnung der tatsächlichen Verhältnisse. Die Angst muss schlimm sein, wenn man sich so dringend die Welt schönreden muss.
Angemessen wäre es, wenn Sie in der Lage wären, den Diskurs mit den Hochschulen ernst und ehrlich zu führen, wenn Sie in der Lage wären, offen über Probleme zu reden. Die Hochschulen sind hochgradig akzeptanzbereit. Sie haben ja sogar diesen abstrusen Hochschulpakt unterschrieben.
Aber sie hätten zumindest verdient, dass mit ihnen so umgegangen wird, wie man es mit Erwachsenen tut. – Vielen Dank.
Danke, Herr Dr. Spies. – Als Nächste hat Frau Kollegin Wissler das Wort. Sie wissen, fünf Minuten Redezeit, Frau Wissler.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, wenn man Ihre Rede so hört, dann muss ich sagen, das grenzt wirklich an Realitätsverleugnung, was Sie da tun.
Sie stellen sich hin und sagen: Es ist alles gut, wir sind auf einem guten Weg, den Hochschulen geht es so gut wie nie zuvor, und es gibt überhaupt kein Problem. – Frau Ministerin,da standen 10.000 Menschen vor Ihrem Ministerium und haben demonstriert. Sie selbst waren nicht zu Hause, weil Sie in Kloster Eberbach waren. Es gab Briefe von allen Hochschulen, die von den Dekanen und Hunderten Professoren unterschrieben wurden. Die Hochschulpräsidenten haben öffentlich den Pakt kritisiert, und es gab noch eine Protokollnotiz, in der acht von zwölf unterschreibenden Präsidenten sagen, sie stehen überhaupt nicht hinter dem Pakt. Da stellen Sie sich hin und sagen: Es ist alles gut, es gibt kein Problem an den hessischen Hochschulen. – Nehmen Sie bitte die Hochschulpräsidenten ernst, nehmen Sie bitte die 10.000 Menschen, die vor Ihrem Ministerium standen, ernst, nehmen Sie die Sorgen der Beschäftigten und der Studierenden ernst.
Frau Ministerin, Sie haben einen höchst seltsamen Autonomiebegriff. Autonomie passt Ihnen immer dann, wenn es darum geht, die Verantwortung auf die Hochschulen abzuschieben. Sie sollen schauen, wie sie mit den mangelnden Mitteln zurechtkommen, wie sie sie bei sich im Haus verteilen, sie sollen schauen, wie sie mit den Problemen zurechtkommen, wie sie ihre Pflichten am besten erfüllen, wie sie mit den wachsenden Aufgaben zurechtkommen. Da ist Ihnen Autonomie recht. Da propagieren Sie die Autonomie der Hochschulen.Aber wenn es um die Rechte und die Frage der freien Entscheidungen der Hochschulen geht,da ist ganz schnell Schluss mit lustig,da ist ganz schnell Schluss mit Autonomie.
Frau Ministerin, das ist beim Hochschulpakt so gewesen, wo Sie nicht akzeptiert haben, dass die Hochschulen gesagt haben:Wir möchten den neu verhandeln, wir können ihn so nicht akzeptieren. – Das war letztes Jahr mit Ihrem Staatsvertrag zur Hochschulzulassung genauso. Die Hochschulen hatten klipp und klar gesagt: Wir möchten das nicht, wir möchten nicht dazu verpflichtet werden, bürokratische Auswahlverfahren für unsere Studierenden zu machen. – Frau Ministerin, das hat Sie doch nicht interessiert. Sie haben es durchgezogen. Das ist genau das, was ich kritisiere:Autonomie nur dann, wenn es um die alleingelassene Hochschule geht, aber nicht dann, wenn es darum geht, die demokratischen Strukturen und Entscheidungsmechanismen an den Hochschulen zuzulassen.
Frau Ministerin, weil Sie mich so kryptisch angesprochen haben – ich weiß nicht genau, was Sie mir damit sagen wollten –, möchte ich es noch einmal klar betonen: Ich bin für eine demokratische Hochschule. Das haben wir auch mit einem eigenen Gesetzentwurf zum Hessischen Hochschulgesetz vorgelegt: eine demokratische Hochschule, an der alle Statusgruppen gleichberechtigt beteiligt sind.
Ich bin dagegen, dass nur die Präsidien an den Hochschulen etwas zu sagen haben. Alle Gruppen sollen dort gleiche Rechte haben. In dem Sinne bin ich auch für Autonomie der Hochschulen. Die Autonomie muss dann aber auch auf die demokratischen Gremien übertragen werden.
Frau Ministerin, Herr Reymann, der Präsident der Hochschule Rhein-Main, hat letzte Woche auch auf der Demonstration gesprochen. Er hat angefangen mit den Worten, dass er gefragt worden sei, ob es denn so klug sei, auf einer Demonstration zu sprechen, wenn die Verhandlungen noch am Laufen seien. Er hat die Frage damit beantwortet, er rede auf der Demonstration, weil es gar keine Verhandlungen gegeben habe. Sie haben nie mit den Hochschulen über den Pakt verhandelt. Sie haben kein Angebot vorgelegt. Sie haben ein Diktat vorgelegt.
Sie haben die Hochschulen zur Unterzeichnung des Hochschulpakts ins Kloster Eberbach zitiert. Nur weil es den Druck von vier Hochschulen gab, die gesagt haben: „Wir unterzeichnen nicht“, haben Sie eine Woche Aufschub gewährt.Frau Ministerin,an der Stelle zu sagen,das
Natürlich macht auch der Ton die Musik.Wenn die Hochschulen, wenn die Präsidenten ihre ernsthaften Bedenken zum Ausdruck bringen, dass dieser Pakt eine ernsthafte Gefährdung der Lehre in Hessen ist,und Sie dann mit den Worten antworten: „Wer den Pakt nicht unterzeichnet, der muss mit weiteren Mittelkürzungen rechnen“, Frau Ministerin, was ist das anderes als Erpressung? Was anderes ist das als Erpressung, was Sie mit den Hochschulen gemacht haben? Welche Wahl hatten sie denn? Das ist die Wahl zwischen Pest und Cholera,
entweder einen Pakt zu unterzeichnen, der sie zu Haushaltssperren und Personalabbau zwingt, oder die Alternative: noch weniger Geld im Landeshaushalt 2011. – Frau Ministerin, das ist keine Wahl, das ist Erpressung. Ich finde den Stil, den Sie mit den Hochschulen gepflegt haben – nicht Dialog auf Augenhöhe,nicht Ernstnehmen der Hochschulen, sondern Diktat aus dem Ministerium – wirklich abenteuerlich. Ich hoffe, dass die Proteste gegen die Kürzungen, die Sie hier durchziehen, anhalten werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich will noch einmal kurz sagen, was die Anforderungen unseres Landes an die Hochschulen und an die Wissenschaft sind.Ich glaube,dass das bei der ganzen Debatte verloren geht.Das ist genau der Streit,den wir hier haben. Wir hatten vor 1999 noch eine andere Situation, weil sich innerhalb der letzten zehn, elf Jahre die Welt ganz schön gedreht hat und ganz schön viel passiert ist. Es gab mehrere Krisen, es gibt eine aktuelle Krise, es gibt aber auch Konkurrenzsituationen mit anderen Nationen, die es in dieser harten Gemengelage vor zehn Jahren noch nicht gegeben hat.
Wir müssen uns doch gemeinsam darüber verständigen, wie wir erreichen können, dass wir im globalen Wettbewerb mit anderen Nationen mithalten können.