Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum mit schnellen und zeitgemäßen Breitbandnetzanschlüssen sicherzustellen ist ohne Zweifel eine ganz dringende Aufgabe der nächsten Monate und Jahre. Deshalb können wir LINKEN es nur begrüßen, dass dieses Thema erneut im Hessischen Landtag diskutiert wird.
Der Anschluss an die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten des Netzes ist eben nicht nur ein wirtschaftlicher Standortfaktor, wie das die Landesregierung immer gerne betont,es ist auch eine Voraussetzung für gesellschaftliche und politische Teilhabe.
Von dieser dürfen die Einwohner und die Unternehmen in dünner besiedelten Regionen nicht ausgeschlossen werden, nur weil es sich für die privaten Telekommunikationsunternehmen nicht lohnt, sie mit zeitgemäßen Anschlüssen zu versorgen.
Herr Wirtschaftsminister Posch nennt in seiner Pressemitteilung von letzter Woche Zahlen, die offensichtlich mit der Schönfärberei der Bundes- und der Landesregierung nicht übereinstimmen. Demzufolge sind bis zu 30 % der Bevölkerung in Deutschland derzeit nicht mit schnellen Internetanschlüssen versorgt. Der Breitbandatlas der Bundesregierung ist nicht nur unzureichend und löchrig, er kommt auch zu viel zu optimistischen Einschätzungen. Wie hoch die genaue Zahl der Unversorgten und der Unterversorgten in Hessen ist, wissen wir nicht, weil diese Zahlen nicht erhoben werden.
Herr Posch, Ihr Vorschlag, die Einnahmen aus der Versteigerung von Mobilfunklizenzen zweckgebunden einzusetzen, lässt erahnen, dass Sie mittlerweile von einer anderen finanziellen Dimension ausgehen als von den 5,2 Millionen c, für die Sie sich in einem Antrag der übrigen vier Fraktionen noch haben loben lassen. Die übrigen vier Fraktionen haben die Landesregierung gelobt, dass sie 5,2 Millionen c zur Verfügung stellen möchte. Meine Damen und Herren, um die Lächerlichkeit dieser 5,2 Millionen c zu verdeutlichen: Bundesweit geht man von Kosten für den flächendeckenden Breitbandnetzausbau in Höhe von immerhin 50 Milliarden c aus.
Es zeigt sich, dass die privaten Telekommunikationskonzerne zu diesen Ausgaben nicht bereit sind, weil sich solche Investitionen nicht rechnen. Die Antwort der Regierungsfraktionen auf dieses Problem ist, die sogenannte Wirtschaftlichkeitslücke – wo nötig – mit öffentlichen Geldern zu schließen. Das bedeutet, private Unternehmen sollen Dienste erbringen, die für das Allgemeinwohl
von Bedeutung sind, sowohl gesellschaftlich als auch volkswirtschaftlich.Das wollen sie nicht tun,weil sie keine Profite machen. Also schenkt man ihnen die Profite und legt öffentliche Gelder obendrauf. Das ist so nicht hinzunehmen.
Die privaten Anbieter arbeiten profitorientiert, oder sie arbeiten eben gar nicht. Die wirtschaftlichen Probleme sind bekannt. Für private profitorientierte Unternehmen lohnt sich die Erschließung dieser Gebiete nicht. Wir haben in der Anhörung des Landtags sehr viel Verständnis für diese Unternehmen gehört, da sie schließlich Rendite erwirtschaften wollen. hre Investitionen müssen sich amortisieren und Profite abwerfen. Leider kann man nicht erwarten, dass sie sonst investieren. Darunter leidet in Hessen eine zwar unbekannte, aber große Zahl von Menschen.
Zahlreiche Gemeindevertreter sprechen von einem Marktversagen in diesem Bereich. Regierungen auf allen Ebenen glauben aber fest daran, dass der Markt alles am besten regelt.
Herr Arnold, ich habe aus Ihrer Rede herausgehört, dass in der Union offensichtlich Lernprozesse einsetzen. Das können wir nur begrüßen.
Herr Lenders, ich glaube, dass man gerade bei der Breitbandversorgung zu dem Schluss kommen kann, dass der Markt nicht immer recht hat.
Wenn Sie sagen, wir müssten dort eingreifen, wo der Markt gestört ist, ist das für mich eine bemerkenswerte Aussage.Was heißt denn das? Das heißt,in den ländlichen Gebieten, wo der Markt gestört ist
und es sich für die Privaten nicht rechnet, weil sie dort keine Profite machen können, soll der Staat mit Geld unterstützend eingreifen, während die Privaten in den Ballungsgebieten absahnen. Das ist Ihre Politik, in gestörte Märkte einzugreifen.
Das System funktioniert überhaupt nicht. Herr Posch, ich werde gleich meine Vorschläge dazu erläutern.
Bei der Einrichtung großer Infrastrukturen, ob das nun Bahngleise, Straßen, Telegrafen- oder Telefonleitungen waren, hat der Staat immer eine wichtige Rolle gespielt; denn einzelne private Unternehmen können und wollen das überhaupt nicht leisten. Es gäbe heute doch überhaupt keine Telekommunikationsunternehmen, wenn das Telefonnetz nicht irgendwann einmal mithilfe von Steuergeldern aufgebaut worden wäre.
In der Realität sehen wir eine durch die Privatisierung bedingte Vernachlässigung der Infrastruktur. Das erleben wir bei der Bahn, das erleben wir bei der Abwasserentsorgung, und das erleben wir gerade bei der Nachfolgerin der Post, der Telekom. Sie sagen zu Recht – das muss man einräumen –, sie führten ein profitorientiertes Unterneh
men, und sie sehen nicht ein, warum sie für die anderen Anbieter die Kohlen aus dem Feuer holen sollen. Die Telekom hält sich mit Investitionen in die Breitbandversorgung zurück,weil sie jedes Mal fürchten muss,dass andere Anbieter,also ihre Konkurrenten,von ihren Investitionen profitieren.
Das ist ein zentrales Problem bei der Verlegung von Leitungen und Rohren, und es ist auch ein Problem bei der Erstellung von Übersichten über den Stand der Netzausbreitung, wie das jetzt durch den Infrastrukturatlas geleistet werden soll. Niemand möchte sich in die Karten gucken lassen.
Ich habe etwas sehr Interessantes gelesen. Kürzlich haben zwei Professoren in der „FAZ“ einen langen Artikel über die Breitbandversorgung in Deutschland veröffentlicht: Bernd Holznagel von der Universität Münster und Arnold Picot von der Universität München, die, wie ich denke, über jeden Verdacht erhaben sind, dass sie in der Überführung in Staatseigentum oder in staatlicher Regulierung ein Allheilmittel sehen.Aber sie stellen sehr nachvollziehbar dar, dass der Kern des Problems bei der Breitbandversorgung auch in dem strikten Glauben der Politiker liegt, dass marktförmige Lösungen und Wettbewerb zu den besten Ergebnissen führen würden, was in diesem Bereich aber zweifelsohne nicht der Fall ist.
Der Markt versagt bei der Breitbandversorgung.Wir werden um eine deutliche staatliche Intervention nicht herumkommen. Natürlich wäre diese Sache sehr viel einfacher zu regeln, wenn es die Privatisierung und Liberalisierung des Telekom-Marktes nicht gegeben hätte.
Dann könnten demokratisch gewählte Volksvertreter entscheiden, dass die Post nicht nur dafür sorgen muss, dass in jedem Winkel des Landes Briefe ausgetragen und Telefonleitungen verlegt werden, sondern auch dafür, dass Breitbandanschlüsse flächendeckend zur Verfügung stehen.
Ja, Herr Arnold, ich halte das für die beste Lösung; denn die Einrichtung von Breitbandanschlüssen ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Ich bitte ihn, eine Kurzintervention zu machen; denn ich bin etwas knapp in der Zeit und möchte unsere Forderungen darstellen.
Bei der Post hat die heute so verschriene Quersubventionierung jahrzehntelang sehr gut funktioniert. Es funktioniert so, dass die Überschüsse, die in den Ballungszentren erwirtschaftet werden, dem ländlichen Raum und den strukturschwachen Gebieten zugutekommen. Heute sahnen die Privaten in den Metropolen ab. Sie streiten sich darüber, wer für die Breitbandversorgung zuständig ist, und scheren sich überhaupt nicht um die Situation in der Fläche. Die geht leer aus.
Jetzt will man die sogenannte Wirtschaftlichkeitslücke mit Steuergeldern schließen. Dazu treten die Kommunen in Vorleistung. Das heißt, sie übernehmen die Leitungsverlegung auf eigene Kosten, oder sie bekommen Bürgschaften oder Umsatzgarantien.
Angesichts dieser Tatsache erklärt der Herr Wirtschaftsminister immer noch, er halte daran fest, die weitere Entwicklung wettbewerblicher Strukturen nicht infrage zu stellen. Herr Posch, ich denke, das Problem lässt sich nicht wegmoderieren, wie es die Landesregierung jetzt gern machen möchte, sondern es muss gehandelt werden. Natürlich müssen dabei auch Strukturen verändert werden. Wettbewerbliche Strukturen in der Daseinsvorsorge müssen infrage gestellt werden. Wir brauchen eine stärkere staatliche Regulierung, um allen Menschen die Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen zu garantieren.
Deshalb sagen wir: Nehmen Sie das Geld aus der Versteigerung,und finden Sie sinnvolle Einsatzmöglichkeiten dafür, die nicht allein darin bestehen, einigen wenigen Konzernen die Quartalszahlen zu versüßen. Um der Forderung der ländlichen Regionen in Hessen zu entsprechen, ist eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen ebenso erforderlich wie deren Recht, sich wirtschaftlich zu betätigen.
In der Anhörung wurden Beispiele für kommunale Breitbandprojekte genannt, z. B. im Odenwaldkreis. Die Zahl von 20 Millionen c, um die es hier geht, verdeutlicht, dass wir von einer ganz anderen Dimension als von den beschlossenen 5,2 Millionen c ausgehen müssen.
Die notwendigen Ausgaben sind so gewaltig, dass eigentlich nicht einzusehen ist, dass allein der Steuerzahler dafür aufkommen soll,nur damit sich die Privaten wiederum das Endprodukt aneignen. Deshalb sage ich: Die privaten Telekommunikationsanbieter profitieren von der öffentlich errichteten Infrastruktur. Sie sollen auch für die Modernisierung zahlen. Ich finde, dass man sie sogar dazu verpflichten kann.
Die Aufnahme der Breitbandversorgung in die Universaldienstleistungsverordnung muss geprüft werden. Bei den klassischen Telefonanschlüssen gibt es die Verpflichtung, einen Mindeststandard zu garantieren. Wenn diese Verpflichtungen nicht eingehalten werden, zahlt man die sogenannte Universaldienstleistungsabgabe. Das ließe sich auch auf die Breitbandversorgung übertragen. Dem stehen im Moment zweifelsohne rechtliche Hindernisse im Wege. Aber wir sind der Meinung, die Breitbandversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gehört in die Universaldienstleistungsverordnung.
Herr Präsident, ich komme zu meinem letzten Satz. – Wer es mit der flächendeckenden Breitbandversorgung ernst meint, wird um die Initiative des Staates und das Kapital der Privaten nicht herumkommen. Die Landesregierung zäumt mit ihren Vorschlägen das Pferd von hinten auf: Der Staat soll Geld ausgeben, damit die Privaten Profite