Das berühmt-berüchtigte Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit Geschenken an das Hotelgewerbe entzieht dem Landeshaushalt 250 Millionen c, den Kommunen 150 Millionen c, und weitere 50 Millionen c werden in der Folge im Kommunalen Finanzausgleich fehlen. Herr Kollege Blum, das ist so. Da hilft es auch nichts, wenn Sie nachher darauf hinweisen, das Sonderinvestitionsprogramm habe die Kommunen doch gerettet. Sie müssen es ja auch mit den entsprechenden Leistungen im KFA bezahlen.
(Beifall dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Leif Blum (FDP): Bleiben wir bei der Wahrheit!)
Aber die Last ist ungerecht verteilt. Sie haben sehr spät noch die Kurve bekommen, es noch ein bisschen auszutarieren.
Herr Kollege Blum, dieser Hinweis rettet Sie nicht. Denn die Regierungskoalitionen in Hessen haben an der zu kurzen Finanzdecke auch noch herumgeschnippelt. Wir haben eine kurze Finanzdecke in Hessen; das ist unbestritten.Wir haben es noch nie geschafft, den hessischen Landeshaushalt auszugleichen. Sie haben wider besseres Wissen an dieser kurzen Finanzdecke noch herumgeschnippelt. Sie haben dafür gesorgt, dass die Steuereinnahmen nicht steigen, sondern dass ganz im Gegenteil die Steuereinnahmen sinken. Ich finde, dieses Verhalten muss ein Ende haben.
Ich frage mich: In welchem Land leben wir eigentlich, wenn jetzt angekündigt wird,auf Bundesebene ist die Verschuldung nur 60 Milliarden c statt 80 Milliarden c – nur 60 statt 80 Milliarden c? Das ist doch verrückt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Nur! – Günter Rudolph (SPD): Das soll schon ein Erfolg sein!)
Sofort fangen die Gesänge an: „Wir müssen die Steuern senken.“ Sofort wird wieder das Steuersenkungsmantra aufgesagt. Ich finde, da müssen Sie an sich arbeiten. Da müssen Sie endlich einmal einen Schlussstrich ziehen.
Wir GRÜNE haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir den Griff in die Kassen der Kommunen für unsystematisch und nicht zielführend halten. Ich will in diesem Punkt gar nicht das allgemeine Wehklagen aufmachen. Das kennen Sie alle. Fast alle tragen Sie auch in den Kommunen Verantwortung. Ich kenne sehr wohl die Resolutionen quer durch alle Parteien, die in allen Kommunen beschlossen worden sind, mit allen Mehrheiten, die man sich denken kann. Das Problem sollte Ihnen bewusst sein. Ich finde, Sie sollten auch an Lösungen arbeiten. Ich für meinen Teil bin zumindest an Lösungen interessiert. Wir sollten die Schieflagen, die identifiziert sind, aufgreifen und aufarbeiten.
Was die Kommunen brauchen, ist die schon ganz, ganz lange angekündigte Reform des Kommunalen Finanzausgleichs.
Der Finanzminister hat 2006 auf dem Hessentag in Hessisch Lichtenau den Kommunalen Spitzenverbänden fünf Problembereiche im Kommunalen Finanzausgleich vorgestellt und Änderungsmöglichkeiten ins Gespräch gebracht, über die man sehr wohl reden kann. Seitdem, vier Jahre sind vergangen, ist nichts passiert. Es gibt nur Gespräche, und man kann den Eindruck gewinnen: Es soll auch eigentlich gar nichts passieren.
Also ich vernehme nicht, dass sich da etwas in die richtige Richtung bewegt. Wenn ich mir dann noch überlege, dass diese fünf Problembereiche, die der Finanzminister da aufgetan hat, eigentlich gar nichts mit dem zu tun haben, über was wir uns heute streiten – jetzt geht es nämlich darum, dass die relative Stärke der Kommunen bei der Gewerbesteuer dazu führt, dass das Land ziemlich hohe Ausgaben im Länderfinanzausgleich erbringen muss; dieses Problem ist noch gar nicht angesprochen worden –, frage ich mich: Wenn Sie für identifizierte Probleme innerhalb von vier Jahren keine Lösung zustande bringen, wie lange wollen Sie dann brauchen, um diese Lösung zustande zu kriegen?
Es ist dringend nötig, dass wir nach Lösungen für diesen Problemkreis – ich will ihn einmal adäquate Berücksichtigung der Finanzkraft der Kommunen nennen – suchen. Da hilft es uns nicht weiter, wenn der Finanzminister erklärt, bei der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs wolle man aber am Verteilungsmechanismus überhaupt nichts ändern; und die Steuerverbundmasse verbleibe bei 23 %, so wie es immer war, er dann aber in die Verbundmasse eingreift und sie trotzdem kürzt. Das ist doch eine Kürzung durch die Hintertür und durch die kalte Küche.
Das hat nichts mit Verlässlichkeit und Ehrlichkeit zu tun. Ich finde, an dem Punkt müssen wir noch ein bisschen nachsteuern, und dann wird auch das Land möglicherweise irgendwann wieder ein verlässlicher Partner der Kommunen werden. Im Moment sehe ich das nicht.
(Leif Blum (FDP): Sag mal, wie es richtig ist! – Günter Rudolph (SPD): Alles ist gut, die anderen sind schuld! Wie sieht es denn in Groß-Gerau aus? – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gestatte mir die Vorbemerkung, damit Sie wissen, wie es im Kreis Groß-Gerau aussieht: Solange ein Kreis in der jetzigen finanziellen Situation nichts Wichtigeres zu tun hat, als unter der Federführung von SPD und GRÜNEN einen weiteren hauptamtlichen Kreisbeigeordneten zu installieren, habe ich für das Gejammer um kommunale Finanzen nur ein begrenztes Verständnis.
Fakt ist, dass wir uns heute zum wiederholten Male über das Thema Kommunaler Finanzausgleich unterhalten, ohne dass uns der Antrag der SPD und der Wortbeitrag des Kollegen Rudolph in der Sache weitergebracht hätten.
(Gerhard Merz (SPD): Wir unterscheiden uns fundamental von Ihnen! – Günter Rudolph (SPD): In nur fünf Minuten; ich konnte noch nicht einmal alle Mängel aufzeigen!)
Es ist richtig, dass sich die Haushalte der öffentlichen Hand, unter anderem bedingt durch die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, in einer schwierigen Situation befinden.
Bei der Diskussion um die finanzielle Ausstattung der hessischen Kommunen müssen folgende Tatsachen beachtet werden, die deutlich aufzeigen, von welchem Ausgangspunkt aus die Diskussion zu führen ist. Die hessischen Kommunen liegen im Ländervergleich bei den Steuereinnahmen an der Spitze.
Die Steuereinnahmen der Kommunen wuchsen in den letzten Jahren deutlich überproportional gegenüber denen des Landes. Die Leistungen des Landes in den Kommunalen Finanzausgleich sind in den letzten Jahren auf ein Rekordniveau gestiegen.
In der Summe haben alle drei Entwicklungen dazu geführt, dass der dem Land im Jahr 2008 verbleibende Anteil an den Steuereinnahmen mit 50,5 %, 10,9 Milliarden c, einen historischen Tiefstand erreicht hat, während der Anteil der Kommunen in Höhe von 49,5 % umgekehrt einen noch nie da gewesenen Einnahmenhöhepunkt markiert hat.
Im Vergleich – das sind die Fakten, diese widersprechen dem deutlich, was Herr Kollege Rudolph gesagt hat –: Im Jahr 1999 betrug der Anteil des Landes 52,1 %,
Herr Kollege Schmitt, noch einmal: Im Jahr 2008 lag der Anteil des Landes bei 50,5 % und der Anteil der Kommunen bei 49,5 %.
Dass Sie sich dann hierhin stellen und behaupten können, dass wir in den letzten Jahren den KFA und die Leistungen für die Kommunen reduziert hätten, ist schlicht und einfach falsch und entspricht nicht den Fakten und Tatsachen.
Wenn ich die Finanzplanung abzüglich der 400 Millionen c nehme, über die wir sprechen, betragen die Leistungen im KFA für das Jahr 2011 2.652.000.000 c; im Jahr 2006 betrugen sie 2.548.000.000 c. Das zeigt, dass auch das Niveau des Kommunalen Finanzausgleichs im Jahr 2011 höher ist als im Jahr 2006.
Ich habe am Anfang von diesen Veränderungen im Kommunalen Finanzausgleich zugunsten der Kommunen gesprochen und sage: Die geplante Kürzung im KFA muss diese Verzerrung, die im fiskalischen Verhältnis zwischen beiden Gebietskörperschaften seit Jahren besteht, verringern.Die 400 Millionen c sind der Betrag,der aus den Berechnungen hervorgeht, und es ist unsere feste Absicht, diesen Betrag aus dem Kommunalen Finanzausgleich zu nehmen.
Jetzt stellt sich die Frage – dazu leisten Sie überhaupt keinen Beitrag; Sie erwähnen auch nicht, dass mit den Kommunalen Spitzenverbänden in Bezug auf diese Frage sehr ernsthaft gerungen wird und Gespräche geführt werden –:
Wie wird das bewerkstelligt? Es muss das Ziel der Verhandlungen sein, die allgemeinen Finanzzuweisungen weitgehend unangetastet zu lassen, weil dies für die Kommunen entscheidend ist.