Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Ah!)

Natürlich ist Bildung noch mehr. Sie ist Selbstverwirklichung. Sie ist selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Deswegen fördern wir auch ganz unterschiedliche Teile der Bildung.

Wenn es darum geht, mit dem Gold in unseren Köpfen Wert zu schaffen, der dann zum Wohlstand unseres Landes führt, dann sollten wir das begrüßen und, bitte schön, nicht verteufeln. Frau Wissler, genau das tun Sie aber, wenn Sie von der European Business School sprechen. Private Hochschulen werden hier in Gut und Böse eingeteilt. Gut ist etwa die Evangelische Fachhochschule, die für soziale Berufe ausbildet. Ja, ich sage ausdrücklich: Ich halte sie für eine sehr gute Fachhochschule.

Böse Hochschulen aber sind die, die Wirtschaftswissenschaften und Jura lehren und sich dazu bekennen, Führungspersönlichkeiten auszubilden. Das ist SchwarzWeiß-Denken aus dem 19. Jahrhundert. Es erinnert mich mehr an Klassenkampf als an Bildungspolitik.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Leider haben Sie sich bis heute nicht näher inhaltlich mit der Arbeit der European Business School auseinandergesetzt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich war sogar schon da!)

Ich habe im Übrigen auch niemanden aus den Reihen der Opposition bei der Gründungsfeier der EBS Law School gesehen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich war nicht eingeladen!)

Ansonsten müsste ich Ihnen auch nicht erzählen, dass wir uns alle glücklich schätzen können, die EBS in den Grenzen Hessens zu haben.

Dass das Angebot der EBS die Angebote der staatlichen Hochschulen ergänzt, ist deshalb eine Bereicherung. Ein Großteil der eingesetzten Gelder kommt aus privaten Taschen – im Übrigen von Firmen, die eine gesellschaftliche Verantwortung für unseren Standort spüren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Sie hätten bemerken können, dass die EBS trotz Studiengebühren viel mehr Bewerber hat, als sie aufnehmen kann, und dass 99 % aller Absolventen unmittelbar eine Arbeitsstelle finden. Ich selbst habe in meiner Zeit vor dem Einzug in diesen Landtag Absolventen der EBS eingestellt und sehr gute Erfahrungen gemacht.

(Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deren Eltern waren im Übrigen nicht besonders wohlhabend. Einer hatte, wie rund 20 % aller Studenten an der EBS, ein Stipendium. Ein anderer hat mir gesagt, er habe gern in seine Ausstattung investiert, weil er wisse, dass er später mehr verdienen könne. In vielen Ländern der Erde gibt es Hochschulen, die so aufgebaut sind. Es ist eine gezielte Diffamierung,wenn behauptet wird,die EBS sei nur eine Schule für Millionärskinder. Frau Wissler, ja, es stimmt, dass die Sozialisten bei den EBS-Studenten besonders wenige Anhänger haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dies ist aber weniger ein Zeichen von Geld, sondern von Realitätssinn und von Intelligenz.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Zurufe von der SPD)

Wir sollten die EBS wie andere private Angebote als Bereicherung empfinden und willkommen heißen. Eine private Initiative zu unterstützen, die uns als Land voranbringt, ist nicht verwerflich, sondern es ist das Beste für unser Land. Gerade weil das meiste Geld von privater Seite kommt, können wir mit einem Steuereuro mehr erreichen als an vielen anderen Stellen.

So erhalten private Hochschulen zu ihren laufenden Ausgaben maximal 20 % der Clusterpreises eines öffentlichen Hochschulstudienplatzes. Mit den einmaligen 24,7 Millionen c Anschubfinanzierung erreichen wir eine Wirkung, die diesen Betrag um ein Vielfaches übersteigt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wie sinnvoll die Investition in die EBS ist, hat im Übrigen neben CDU und FDP auch ein Großteil der GRÜNEN in Wiesbaden erkannt

(Florian Rentsch (FDP): Gott sei Dank!)

und diesen Kurs mitgetragen. Ich denke, an der Stelle kann ich sagen: Je näher man der Basis ist, umso näher ist man dem Leben, und umso ferner ist man der Ideologie.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir als FDP stehen in der Bildung für Vielfalt. Deshalb sehen wir in der EBS klar eine Bereicherung. Sie müssen eines zugeben: Das Gegenteil von Vielfalt ist Einfalt. Und die wollen wir in jedem Fall nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke, Herr Dr. Büger. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Grumbach zu Wort gemeldet.

Der von mir geschätzte Politiker de Talleyrand hat einmal gesagt: „Hochverrat ist eine Frage des Datums.“ – Ich glaube, die Debatte um die EBS hat viel damit zu tun, über welchen Zeitraum wir jetzt reden. Verstehen Sie? – Wenn das Land Hessen im Geld schwimmen würde, wenn die Hochschulen gut ausgestattet wären, dann könnte man darüber reden, ob man sich den Schnaps obendrauf genehmigt.

In einer Zeit, in der das Geld – ich kann zwischen Einmalund laufenden Zahlungen unterscheiden, das Argument brauchen Sie nachher nicht zu bringen – den öffentlichen Hochschulen, die in dem Bereich arbeiten, weggenommen wird und einer anderen etwas gegeben wird, haben Sie zur falschen Zeit die falsche Entscheidung getroffen. Das ist Kern dieser Sache.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Horst Klee (CDU): Das stimmt alles gar nicht!)

Das Spannende ist: Es gab ein Angebot der öffentlichen Hochschulen,ein ähnliches Angebot zu machen,und zwar billiger.Warum eigentlich billiger? – Herr Büger, das ist ja das Spannende daran. Sie sagen: Gold holen wir nicht aus dem Boden. – Das ist ja richtig.Aber das Geld des Landes Hessen wird im Boden vergraben.

14 Millionen c kosten 267 Stellplätze in der Tiefgarage. Das ist der größte Brocken in der Gesamtfinanzierung, die das Land Hessen leistet. Das ist Bildungsfinanzierung en bloc: Finanzierung von Parkplätzen in der Tiefgarage.

Das ist der Punkt,wo Sie einmal überlegen müssen,ob Sie in der Priorität nicht einfach eine ganz andere Spielregel haben. Die Spielregel lautet: Wir finanzieren bei den öffentlichen Hochschulen die Armut und bei den Privaten den Luxus. – Das ist genau der Unterschied, und genau dagegen wenden wir uns.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Damit es kein Missverständnis gibt:Auch wir haben nichts gegen private Hochschulen. Private Hochschulen haben die Funktion, in einem Raum, in dem Experimente möglich sind, mit zusätzlichem Geld neue Innovationen zu machen. Die Law School der EBS ist eine Kopie der Bucerius Law School. Die gibt es schon in Deutschland. Das Experiment ist gemacht, und das Experiment ist ohne Staatsschulden gemacht, und das Experiment ist ausgewertet.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Das heißt, was Sie hier machen, ist nur noch eine ideologische Entscheidung. Sie tun nichts für Innovationen im Bildungsbereich, sondern Sie finanzieren ein Institut, weil Sie glauben, dass eine Wirtschaftsuniversität, die privat organisiert ist, für Ihre Klientel etwas bringt. Das ist der Punkt,um den es geht.Das ist der Punkt,um den wir streiten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn Sie Stiftungsmanager irgendeiner Stiftung wären. Ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn Sie Vorstandsvorsitzender eines Konzerns wären. Aber in einer Zeit, in der wir darum streiten, dass Studierende zu Hunderten in Einführungsvorlesungen, zu 60, zu 70 in Seminaren sitzen – in einer solchen Zeit treffen Sie eine Entscheidung gegen bestimmte Studierende und für bestimmte Studierende.

Wir schlagen uns auf die Seite der Studierenden, die den Anspruch haben, dass in Deutschland öffentliche Einrichtungen so ausgestattet sind, dass man dort vernünftig studieren kann. Dafür trägt diese Landesregierung die Verantwortung. Dieser Verantwortung ist sie immer noch nicht gerecht geworden.Deswegen streiten wir über einen solchen Zuschuss.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grumbach. – Für die Landesregierung wird jetzt Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann sprechen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag zur Aktuellen Stunde beschert uns heute eine Neiddebatte auf niederem Niveau.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist auf niederem Niveau! – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Sie zeigt wieder einmal deutlich, dass private Hochschulen ganz oben auf der Streichliste der LINKEN stehen und natürlich damit auch jede Initiative, eine neue zu gründen. Herr Büger hat eben darauf hingewiesen, wenn man so eine Neiddebatte führt, dann beweisen die LINKEN damit einmal mehr, dass sie in Treue fest zu ihrer staatsdirigistischen Tradition stehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir,die Koalition von CDU und FDP,sagen Ja zu unseren privaten Hochschulen und freuen uns auch über neue Initiativen. Wir haben eine vielfältige Hochschullandschaft in anderer als in staatlicher Trägerschaft. Das sind 21 Einrichtungen im Land Hessen. Wenn man sich die Zahlen von 2009 anschaut, stellt man fest, an staatlichen Hochschulen studierten 167.584 und an denen in anderer Trägerschaft 18.412.

Die Liste der privaten Hochschulen und privaten Unis in Hessen geht von der Frankfurt School of Finance zur European Business School, accadis Bildung, Provadis School of International Management and Technology, Hochschule Fresenius, FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, DIPLOMA FH Nordhessen und Wilhelm Büchner Hochschule – WBH. Das ist ein breites Angebot. Deswegen kann man stolz darauf sein,

(Dr. Thomas Spies (SPD): Wollen Sie auch alle finanzieren?)

dass es sie gibt. Ich würde mich freuen, wenn die Law School als Angebot erfolgreich hinzukommt.