Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

Zweiter Punkt. Frau Abg. Gnadl, was Sie sich hier geleistet haben, war schon ein starkes Stück.Wenn man hier an das Pult geht, muss man wenigstens wissen, wovon man redet.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lisa Gnadl (SPD): Das mache ich!)

Ich sage Ihnen einmal, was wir in diesem Bereich der Betreuung, wozu Sie hier tränenreich etwas gesagt haben, schon längstens machen. Sie haben das Problem in Teilen richtig beschrieben. Das Problem ist, dass es nicht nur Kinder gibt, die objektiv kein Geld haben, um das Mittagessen zu bezahlen,sondern dass es auch eine ganze Menge Elternhäuser gibt, die den Kindern nicht das Geld dafür geben, um das Mittagessen bezahlen zu können, wo das Geld für alles andere ausgegeben wird, nur nicht für das Mittagessen der Kinder.

(Lisa Gnadl (SPD): Bedauerlich!)

Unter uns gesagt: Eigentlich müssten jede Mutter ihre Kinder anhalten oder die Kinder selbst in der Lage sein, sich wenigstens einmal ein Brot, einen Apfel usw. mit in die Schule zu nehmen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Da muss man gelegentlich auch einmal darüber diskutieren, wie weit hier die Verantwortung der Eltern geht oder nicht.Aber das ist nicht der Punkt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Schauen Sie sich die Wirklichkeit an den Schulen an!)

Hören Sie jetzt doch zu. Ich erzähle Ihnen doch gerade, was wir machen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Schulobst!)

Wir haben das Problem, dass wir identifizieren müssten, wer an dieser Stelle bedürftig ist. Das ist das Problem. Man muss zuhören und etwas lernen, dann geht es.

(Zuruf von der SPD:Ach ne!)

Ich ärgere mich maßlos darüber.

(Zuruf von der SPD: Nach elf Jahren!)

Das Problem ist, dass Sie schematisch identifizieren, wer einen Zuschuss für das Mittagessen bekäme. Ich wundere mich übrigens einfach: Wohlhabende Leute können doch

das Schulessen ihrer Kinder bezahlen. Das ist doch nun wirklich eine Selbstverständlichkeit. Wir müssen in diesem Land doch nicht jeden von Leistungen entlasten, die eigentlich zu seinen ganz normalen persönlichen Dingen gehören, und dazu gehört auch das Essen der Kinder.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich weigere mich, dass Kinder Gutverdienender in der Schule auch noch das Mittagessen bezahlt bekommen. Also da weiß ich nicht mehr, in welchem Land wir hier mittlerweile sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)

Wenn Sie jetzt aber hingehen und fragen, wer berechtigt ist,dann fangen Sie beispielsweise an,ALG-II-Empfänger oder sonstige Sozialhilfekriterien anzuführen.

(Wortmeldung der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Jetzt nicht, ich erkläre es Ihnen gerade.

(Lisa Gnadl (SPD): Sie haben in Ihr eigenes Programm gegriffen! Wie funktioniert das denn? Genau so, dass die Schulleitungen betroffen sind!)

Ich bin richtig böse darüber, was Sie hier erzählen. – Jetzt hören Sie zu: Sie könnten dann erstens hingehen und sagen, formale Voraussetzungen haben wir geprüft. Sie müssten also beim Sozialamt fragen, welche Kinder es sind. Diese kämen dann mit der Bescheinigung, die bestätigt, dass sie nichts bezahlen müssen. Dann sind wir genau bei dem Punkt, den Sie angesprochen haben, nämlich die soziale Herabsetzung innerhalb des Kreises.

Zweitens erwischen Sie nicht diejenigen, wo die Eltern eigentlich das Geld hätten,aber den Kindern kein Geld mitgeben und es nicht bezahlen. Diese erwischen Sie gar nicht.

(Wortmeldung der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein, ich wollte das erst einmal zu Ende erklären. – Deswegen haben wir es vor zwei Jahren eingeführt, dass wir dafür 5 Millionen c in den Landeshaushalt eingestellt haben, die Sie mit keinem Wort erwähnt haben und von denen Sie wahrscheinlich auch nichts wissen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben im Landeshaushalt 5 Millionen c, und die Schulen wissen alle, dass die Lehrer Kinder identifizieren können,die mittags vor dem Essen weggehen,weil sie verschämt sind oder sonst etwas. Für diese kann ein formloser Antrag gestellt werden, ohne Namensnennung, ohne alles. Die Schule stellt den Antrag und sagt: „Wir haben vier oder elf Kinder, die derzeit das Mittagessen nicht bezahlen können“, und dann bekommen diese von der Karl Kübel Stiftung das Geld für die Schüler ausbezahlt, und diese können dann das Mittagessen machen. Diese 5 Millionen c sind weitgehend ausgeschöpft. Was wollen Sie denn eigentlich noch? So ein gutes System gibt es in ganz Deutschland nicht, wie wir das dort eingeführt haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Kinder werden nicht diskreditiert. Die Lehrer sind diejenigen, die nahe dran sind und sagen, wer an dieser Stelle eine Hilfe bekommen muss. Deswegen ist Ihr Beispiel schlecht. Diejenigen, die es selbst erlebt haben, hätten einen Antrag stellen oder wenigstens einen Hinweis darauf geben können, damit da ein Antrag gestellt wird.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): So ist es!)

Die Schulen wissen das, und sie machen das in der Breite übrigens auch. Deswegen können genau die Kinder, die bedürftig sind, und zwar nicht nur, weil die Eltern in sozialen Schwierigkeiten sind, sondern weil die Kinder auch von den Eltern nicht genügend unterstützt werden, diese andere Gruppe,herausgesucht werden.Es kann beantragt werden, und die Kinder bekommen dann das Geld für das Mittagessen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Völlig unbürokratisch!)

Dafür stehen im Landeshaushalt 5 Millionen c bereit. Tun Sie deswegen nicht so, als machte es diese Landesregierung nicht.Wir machen das deswegen sehr gut, weil Sie davon gar nichts hören. Meine Damen und Herren, es funktioniert wunderbar. Deswegen brauchen wir uns nicht anzuhören, was Sie hier von armen Kindern usw. erzählen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Diese Landesregierung macht an dieser Stelle etwas. Deswegen ist es richtig, dass man darüber diskutiert, aber auch zur Kenntnis nimmt, dass wir für die Kinder, die es angeht, an der Stelle höchst erfolgreich etwas tun. Deswegen akzeptiere ich es einfach nicht, dass man sich hier hinstellt und sagt: Die Landesregierung müsste einmal usw.

Die Landesregierung hat, und zwar in einem System, das alle loben, diesen Kindern eine Chance gegeben, das Mittagessen entsprechend bezahlt zu bekommen. Deswegen müssen wir auf der einen Seite wirklich einmal langsam den Umsatzsteuerunsinn beseitigen. Das wird eine schwierige Aufgabe werden. Auf der anderen Seite sage ich mir immer, dass wir uns an dieser Stelle nichts vorwerfen lassen müssen. Eltern, die es bezahlen können, sollen es bezahlen,und diejenigen,die es nicht bezahlen können, aus welchen Gründen auch immer, werden in der Schule, ohne diskreditiert zu werden, in einem ganz einfachen Verfahren identifiziert. Es tauchen nicht einmal Namen oder sonst irgendetwas auf, sondern die Schule sagt nur, um wie viele Kinder es sich handelt, die unterstützt werden müssen. Da wird vierteljährlich abgerechnet, und dann kriegen die Kinder ihr Geld. Darauf sind wir stolz. Man braucht das nicht jeden Tag an die große Glocke zu hängen, aber man braucht sich von den Sozialdemokraten hier auch nicht vorwerfen zu lassen, wir würden in diesem Punkt nichts machen.Das ist daneben,mit Verlaub gesagt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Frau Abg. Fuhrmann, SPD-Fraktion.

(Zuruf von der CDU: Wir lassen uns nicht vorfüh- ren! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Frau Fuhrmann, haben Sie in Ihren Haushalt geschaut?)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Weimar,wenn Sie die Zwischenfrage zugelassen hätten, hätten Sie Ihre Rede abkürzen können bzw. sich vielleicht etwas weniger erregen müssen.

(Minister Karlheinz Weimar: Das muss man doch!)

„ Das muss man...!“, das ist aber sehr ungesund, Herr Weimar. – Es geht in diesem Antrag um etwas völlig anderes. Zu Ihrer Rede möchte ich nur Folgendes sagen: Sie haben dargestellt, wie es mit diesem 5-Millionen-c-Programm in der Realität geht. Daraus kann man zwei Schlüsse ziehen. Sie haben gesagt, das Geld sei fast ausgeschöpft. Es wird nicht reichen. Damals bei der Einstellung dieser 5 Millionen c haben wir bereits gesagt, dass dieses Geld vermutlich nicht ausreichen wird und dass die Kriterien nicht nachvollziehbar sind. Bei dieser Kritik muss man leider bleiben, auch wenn es anscheinend ganz gut funktioniert. Dagegen will ich überhaupt nicht sprechen. Es funktioniert ganz gut.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Wie sollen wir denn das Schulessen sonst bezahlen?)

Aber zum zweiten Punkt, den wir damals in der Debatte auch vorgetragen haben. Herr Weimar, ich bitte Sie, einmal in bestimmte Stadtteile und bestimmte Städte in Hessen zu gehen und sich einfach einmal die Realität anzuschauen. Wenn Sie zu Recht sagen, die Eltern müssten doch in der Lage sein, ihren Kindern ein Schulbrot oder ein Brot für das Mittagessen mitzugeben, stimme ich Ihnen ja zu.

(Zuruf von der CDU: Oder einen Apfel!)

Das müsste so sein. Nur die Realität – und damit haben wir es in der Politik zu tun: uns der Realität zu stellen und uns anzuschauen, wie sie aussieht – sieht so aus, dass wir Stadtteile haben, wo die Kinder in unangemessener Kleidung in die Schule kommen, wie man das so schön nennt. Das heißt übersetzt und nicht so fein ausgedrückt, dass sie im Winter im T-Shirt und in Sandalen in die Schule kommen, weil sie nichts anderes anzuziehen haben. Über solche Problemfälle reden wir auch, wenn wir über kostenfreies Mittagessen von Kindern sprechen.

Dritter Punkt, darauf möchte ich noch einmal ganz deutlich hinweisen. Es geht darum, dass ein Kreis Vorreiter für Hessen sein wollte und das Schulessen generell kostenfrei machen wollte und durch die Kommunalaufsicht angewiesen wurde, das wieder einzustellen. Ich sage Ihnen: Das ist eine falsche Politik, das kritisieren wir.

(Beifall bei der SPD)