Ich habe die Vermutung, bevor Sie dieses Amt angetreten haben, hat man Ihnen in der FDP mehr zugetraut. Das ist das Ergebnis nach zwei Jahren Ihrer Politik. Mit Ihrem Haushaltsplanentwurf für 2011 leiten Sie leider immer noch keinen Kurswechsel ein. Das ist gut für die Zukunftsperspektiven der FDP, die werden nämlich düster. Es ist aber leider schlecht für unsere Schulen. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Wagner. – Ich habe jetzt eine Frage an die Geschäftsführer. Galt das mit der Kurzintervention für die gesamte Debatte, dass sie nicht auf die Redezeit angerechnet wird?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wagner, warum sagen Sie nicht einfach das, was Sie wirklich umtreibt? Warum sagen Sie es denn nicht einfach: „Mein Gott, wir sind immer noch in der Opposition, wir müssen immer noch auf der Oppositionsbank sitzen, die Umfragen sind so toll, und ich sitze immer noch in der Opposition“?
Stattdessen schwadronieren Sie hier herum und erzählen, der Unterschied der Konzepte sei, Sie würden erst genau schauen, was man machen müsse, dann würden Sie sich überlegen, wie man es finanzieren könne, und Ähnliches. Lieber Kollege Wagner, die Konzepte sind seit Jahren bekannt und liegen seit Jahren auf dem Tisch der Bildungspolitiker. Sie sind auch richtig. Aber das ist eben der Unterschied zwischen der Opposition und der Regierung. Die Opposition kann sagen: „Wir wollen dies, und wir wollen das“, und sich dann überlegen: Vielleicht bezahlen wir das irgendwie, vielleicht auch nicht.
Die Regierung muss konstruktive Vorschläge machen, wie sie diese Ziele erreichen kann und wie sie gleichzeitig einige übergeordnete Ziele, wie z. B. die Haushaltskonsolidierung, erreichen kann. Konsolidieren und investieren, das macht eine verantwortungsvolle Regierungspolitik aus. Das machen CDU und FDP in Hessen, und nicht Sie von den GRÜNEN.
Ich werde es Ihnen immer und immer wieder sagen – Frau Kollegin Schulz-Asche, da mögen Sie auch lachen –: Was umverteilt und investiert werden soll, und sei es auch in noch so sinnvolle Ziele, wie in die Bildung oder auf sozialem Gebiet, muss erst erwirtschaftet werden. Man muss erst etwas erwirtschaften, bevor man es umverteilen und
investieren kann. Das macht eine solide Haushaltspolitik aus und nicht, indem man auf Pump, auf Steuererhöhungen, die den Wirtschaftsaufschwung in diesem Land wieder zerstören, baut.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) hält das grüne Papier „Hessen tritt auf die Schuldenbremse“ hoch.)
Sie halten gerade Ihr Konzept hoch. – Das ist Gift für die Wirtschaft, Gift für die Konjunktur und auch Gift für die Bildung in unserem Land. Denn dann ist bald kein Geld mehr da, das wir in die Bildung investieren können.
Herr Wagner, Sie haben Gelegenheit zur Antwort. Sie haben zwei Minuten. – Jetzt wird wieder etwas am Rednerpult gezeigt. Dazu habe ich meine eigenen Vorstellungen.
Herr Kollege Döweling, richtig an Ihren Ausführungen war, dass in weiten Teilen bekannt ist, was man im Bildungsbereich machen müsste. Herr Kollege Döweling, ich frage Sie: Warum machen Sie es nicht? Das ist doch die ganz einfache Frage.
Wir waren uns fraktionsübergreifend einig, 105 % Lehrerversorgung ist eine gute Idee. Warum machen Sie es nicht?
Sie haben Unterstützung im Landtag für eine entsprechende Änderung des Haushalts. Dann machen Sie es doch einfach. Die Landesregierung hat eine Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit versprochen, ein Projekt, das im Landtag alle Fraktionen gut finden. Herr Kollege Döweling, warum machen Sie es dann nicht einfach? – Das sind doch die Fragen, die Sie beantworten müssen. Ich weiß, dass es bis weit in Ihre Reihen so gesehen wird, dass auch Sie sich fragen: Was macht Frau Henzler eigentlich den ganzen Tag? Das ist doch die Frage, die immer dringender wird.
Es reicht nicht, sich das Lebensziel Kultusministerium zu erfüllen. Meine Damen und Herren, man muss in diesem Ministerium auch etwas für unsere Schulen machen.
Herr Kollege Döweling, wenn Sie fragen, wie wir es finanzieren wollen: Ich habe heute Vormittag schon Herrn Rentsch unser Konzept überreicht. Ich werde es sehr gerne auch Ihnen überreichen.
Herr Kollege Rentsch hat es sich genommen. Herr Kollege Döweling bekommt es übergeben. Gewisse Abstufungen zwischen Fraktionsvorsitzendem und bildungspolitischem Sprecher müssen sein. Herr Kollege Döweling, darin steht es sehr genau.
Sie können jeden einzelnen unserer Vorschläge falsch finden. Aber dann nennen Sie Ihre Alternative. Wenn Sie sagen, das, was wir an Einnahmeverbesserungen vorschlagen, wollen Sie nicht, und stattdessen wollen Sie im Bildungsbereich kürzen, dann sagen Sie das den Menschen. Ich bin mir aber auch sehr sicher, wer die Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite hat. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Der Redner überreicht Abg. Mario Döweling (FDP) das grüne Papier.)
Danke, Herr Wagner. – Wir setzen die Debatte fort. Ich darf jetzt Frau Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE nach vorne bitten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jährlich 40 Milliarden € mehr für die Bildung haben die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, der Bund demokratischer Wissenschaftler und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in einer gemeinsamen Erklärung kürzlich gefordert. Die Bildungsrepublik Deutschland, die Kanzlerin Merkel versprochen hat, aber auch das Bildungsland Hessen können nur dann Realität werden, wenn die Landesregierung zukünftig bei der Bildungsfinanzierung den Fuß von der Bremse nimmt. Von dem Versprechen auf dem Bildungsgipfel, das auch die Kultusminister abgegeben haben, bis 2015 10 % des Bruttoinlandprodukts für Bildung und Forschung auszugeben, sind wir heute weiter denn je entfernt.
Angesichts der Ergebnisse der im letzten Monat vorgestellten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“, die wieder einmal bestätigt, dass Deutschland im internationalen Vergleich hinterherhinkt, sagte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne: „Deutschland spart sich dumm – und rechnet sich schön.“
Von allen Flächenländern der Bundesrepublik gibt Hessen den geringsten Anteil seines BIP für Bildung aus. Zumindest ergibt dies der Bildungsfinanzbericht 2008, dem als Letztem hierzu qualifizierte Daten zu entnehmen sind. Frau Henzler, ich bin gespannt, ob Sie meinen, dass sich das in Ihrer Amtszeit tatsächlich ändern wird. Angesichts der einzusparenden 45 Millionen € bezweifle ich das jedenfalls. Denn das ist es doch, was uns die Landesregierung im Grunde mit dem vorgelegten Bildungshaushalt vorexerziert: dummsparen und schönrechnen.
Die Folgen der Unterfinanzierung des Bildungssystems sind inzwischen vielerorts dramatisch. Dadurch, dass wir es versäumt haben, die Hochschulen für finanziell Schwächere und für Migranten ausreichend zu öffnen bzw. ihnen den Weg dahin zu ebnen, steuern wir unter anderem direkt in einen Akademiker- und Facharbeitermangel hinein. Das war schon längere Zeit absehbar. Die Idee, dagegen etwas vor allem über Punktesysteme für eine gezielte Zuwanderung tun zu wollen, ist unseres Erachtens ein politisches Armutszeugnis.
Dass aus den Erfahrungen der letzten Jahre und den Prognosen für die kommenden Jahre etwas gelernt worden wäre, darauf hofften wir alle, und wiederum vergebens.
Frau Ministerin, Sie wollen erklärtermaßen die Personalkosten nicht ausweiten, sondern senken. So steht es in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Sie wollen auch nicht über Steuern neue Einnahmen erschließen, um die nötigen Bildungsausgaben zu finanzieren. So ist es nur logisch, dass Frau Ministerin Henzler sich per Haushaltsaufstellungserlass vom 9. Februar hat verpflichten lassen, massive Kürzungen ausgerechnet bei der Bildung vorzunehmen. Gut 45 Millionen € sollen hierfür 2011 weniger ausgegeben werden als noch 2010.
Aufgeschlüsselt wird uns dieser Betrag im Vermerk vom 7. September. Danach gibt es Kürzungen beim Ministerium, beim IQ, bei den Fördermitteln der Erwachsenenbildung, der Staatlichen Schulaufsicht, bei den Schulen – erwartungsgemäß der größte Batzen – und der Lehrerbildung.
Hinter den abstrakten Zahlen stehen sehr konkrete Verschlechterungen im Bildungswesen, auch für die Beschäftigten, die sich am Ende der Kette für Kinder und Jugendliche in diesem Land verheerend auswirken werden. So wollen Sie unter anderem knapp 3 Millionen € für den Verzicht auf zustehende Höhergruppierungen, gut 9 Millionen € beim Programm verlässliche Schule und knapp 18 Millionen € im Personalbudget einsparen.
Darüber hinaus kratzen Sie aber auch bereits dort kleinere Beträge zusammen, wo es Ihrer Meinung nach wohl keinen großen Aufschrei geben wird: 200.000 € beim Schulsport, 100.000 € beim internationalen Austausch, 150.000 € bei der Qualitätssicherung in der Schule, 500.000 € bei den Medien im Unterricht, usw. Das zeigt uns aber vor allem eines, nämlich wie eng Sie bereits 2011 planen. Wo wollen Sie, der Logik Ihrer sogenannten Schuldenbremse folgend, in den nächsten Jahren noch sparen? Wo wollen Sie kürzen, wenn Sie bereits heute ans Eingemachte gehen müssen?
Zudem lassen Sie verlauten, dass weitere 500 Lehrerstellen geschaffen sowie knapp 18 Millionen € fehlende Mittel für Lehrerplanstellen veranschlagt worden seien, und stellen das Ganze als Mehrausgabe dar. „Taschenspielertrick“ sagt man dazu, links rein, rechts raus. Während im Ressort in Summe 45 Millionen € gekürzt werden, werden innerhalb des sinkenden Budget auch noch massive Umverteilungen vorgenommen. Wo Sie die 500 Stellen und die 18 Millionen € noch fehlende Mittel hernehmen, wo Sie zuvor gekürzt haben, das ist für uns bis dato nicht ersichtlich.
Kurzum, Ihr Haushaltsentwurf ist an sich kaum nachvollziehbar. Massive Kürzungen werden rhetorisch als: „Es wird mehr Geld für die Bildung ausgegeben“, dargestellt. Wo welche Verschiebungen stattfinden, ist nicht wirklich offengelegt. Wirklich wissen wir nur: die Kürzung um 45 Millionen € im Kultusetat, und ein Großteil hiervon offensichtlich beim Personal. Zugleich behaupten Sie aber – ich zitiere aus einer Pressemitteilung von Herrn Alexander Noll vom 7. Juli mit Erlaubnis –: „Unter dem Strich geben wir mehr Geld für Bildung aus, weil wir in mehr Lehrer investieren.“
Tatsache ist doch, dass Sie weder unter noch über dem Strich mehr, sondern deutlich weniger Geld für Bildung ausgeben. Sie lassen höchstens – wie es unser Fraktionsvorsitzender sagte – „einen kleinen Tropfen auf einen heißen Stein fallen“.