(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Von Arbeitsbedingungen verstehen Sie ja etwas! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Unsinn! Sie reden die Bedingungen gerade schlecht!)
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doch, das tun Sie! Sie haben keine Ahnung! – Gegenruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU): Davon aber eine ganze Menge!)
Denn wenn man nicht dafür sorgt, dass die Menschen in den Krankenhäusern zu vernünftigen Bedingungen arbeiten können, wenn das nicht mehr möglich ist – –
Ich kenne derzeit kein Krankenhaus, das nicht mit Überlastungsanzeigen lebt, und zwar mit heftigen. Ich kenne Krankenhäuser, in denen mir das Pflegepersonal sagt: Eigentlich ist es nicht mehr zu verantworten, was wir hier tun. – Dem müssen wir einen Riegel vorschieben.
Wir müssen dann an anderen Stellen schauen, wie wir kommunale Krankenhäuser sichern können. Das tun wir nicht, indem wir die Personalstandards infrage stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das neue Hessische Krankenhausgesetz ist eine wirkliche Innovation. Es berücksichtigt die Rahmenbedingungen, kommt den Patienten zugute und ist bundesweit Vorbild. Es ist
Die entscheidenden Punkte sind: Die Krankenhausplanung orientiert sich inhaltlich am Bedarf, nicht mehr an der Bettenzahl. Die Bezahlung folgt der Leistung. Die Krankenhäuser können vermehrt selbst über Investitionen entscheiden. Die Zusammenarbeit der Krankenhäuser untereinander, mit niedergelassenen Ärzten und Rettungsdiensten wird gefördert. Das dient der optimalen Patientenversorgung, der qualifizierten Weiterbildung und dem effizienten Einsatz von Geräten.
Die Herausforderungen der Hygiene und der Transplantationsmedizin werden berücksichtigt. Eine Hygieneverordnung wird erlassen.
In der öffentlichen Anhörung haben die Kommunalen Spitzenverbände, die Krankenhausträger und die Leistungserbringer ihre Stellungnahmen mit natürlich unterschiedlichen Schwerpunkten vorgetragen. Die grundsätzlichen Neuerungen – bedarfsorientierter Versorgungsauftrag, ohne Planbett, und eigenverantwortliche Investitionsentscheidungen – wurden aber von allen Beteiligten positiv aufgegriffen. So äußerte der Sprecher der Krankenhausgesellschaft:
Wir sind sehr froh darüber, dass mit diesem Gesetzentwurf der Einstieg in die pauschale Förderung erfolgt.... Den Verzicht auf den Bettenausweis tragen wir
In diesem Zusammenhang bedanke ich mich auch für die differenzierte Stellungnahme der GRÜNEN. Die zahlenmäßig stärkste Oppositionspartei allerdings ist in ihrer Kritik noch nicht einmal auf diese zentralen Änderungen eingegangen. Stattdessen hat die SPD die Forderung nach einer staatlich festgelegten einheitlichen Personalausstattung der Krankenhäuser wiederholt.
Derzeit beschäftigt sich das Sozialministerium intensiv, unter Beiziehung von externem Sachverstand, mit Qualität und Quantität der Pflege in den Krankenhäusern. Eine nach Fachrichtungen und Regionen ausgerichtete Zielvereinbarung mit den Krankenhausträgern wäre durchaus eine Möglichkeit. Eine einheitliche staatliche Festlegung eines Personalschlüssels – im Gesetz vorgeschrieben – wäre aber unseres Erachtens völlig realitätsfern.
Meine Damen und Herren, Sie gehen von einem Zerrbild aus – dass Krankenhäuser aus Profitgier keine Stellen für Pflegekräfte einrichten und die Patientenversorgung vernachlässigen.
Wie ist denn die Wirklichkeit? Vorhandene Stellen können nicht besetzt werden, weil es zu wenige Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Das sind doch die Realität und unser Problem.
Die Krankenhäuser suchen händeringend qualifizierte Mitarbeiter, weil die Krankenhäuser untereinander im
Wettbewerb stehen und Qualität der Pflege ein wichtiges Wettbewerbskriterium ist, zumindest bei Wahleingriffen.
Der Mangel an Pflegekräften wird sich dramatisch verschärfen, wie kürzlich auf dem Hessischen Krankenhaustag dargelegt wurde.
Hier dem Vorschlag der SPD zu folgen, würde heißen, Krankenhäuser müssten schließen, weil sie einen staatlich festgelegten Personalschlüssel gar nicht erfüllen können. Da frage ich mich: Wollen Sie das? Können Sie das wirklich verantworten?
Nein, die Alternative heißt: junge Menschen für Pflegeberufe motivieren, Imagekampagnen, Umschulungsprogramme für Zielgruppen des Arbeitsmarktes. Das sind die richtigen Wege, die vom Bundesgesundheitsministerium und von der Hessischen Landesregierung beschritten werden.
Wir haben Vertrauen in die Krankenhäuser, über Investitionen zu entscheiden. Wir haben auch Vertrauen, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zielgerichtet einstellen.
Dieser gesundheitspolitische Blindflug der SPD und Ihre Zerrbilder reihen sich in den Vorschlag Ihres Fraktionsvorsitzenden ein, bei der gesetzlichen Krankenversicherung ganz auf Beitragsbemessungsgrenzen zu verzichten – also eine Mittelstandssonderabgabe einzuführen.
Meine Damen und Herren, in der Plenardebatte am 30.09. habe ich mich geirrt. Damals wollte ich Ihnen ein bisschen Realismus zugestehen, weil selbst Prof. Lauterbach eine Anhebung – und keine Aufhebung – der Beitragsbemessungsgrenze vorschlug. Aber die hessische SPD stellt jetzt klar, dass Realismus für sie nicht gilt.
Die Änderungsanträge der GRÜNEN betreffen Details, sodass wir davon ausgehen, dass die grundsätzlichen Neuerungen vom Antragsteller zumindest nicht pauschal abgelehnt werden. Viele Detailvorschläge halten wir jedoch nicht für notwendig oder zuweilen auch unklar formuliert, so die angeregte Kompetenzerweiterung der regionalen Gesundheitskonferenz.
Die Gesundheitskonferenz soll beraten und zunächst einmal den Entscheidungsträgern Impulse geben. Qualitätssicherung ist sicher unser aller Anliegen. Das ist keine Frage. Der Verordnungsweg erscheint uns aber nicht so effektiv. Doppelstrukturen neben dem gemeinsamen Bundesausschuss halten wir zumindest für wenig sinnvoll. Der Effekt erschließt sich uns nicht so ganz.
Auch ganz aktuelle Fragen werden mit dem Gesetz angepackt. Die Ankündigung einer Hygieneverordnung ist ein wichtiges Signal. Allerdings muss ich sagen: Zur Umsetzung brauchen wir mehr Hygienefachkräfte. Noch wichti
Die Weiterbildungsverbünde sind ein Beitrag dazu, Ärztinnen und Ärzte im ländlichen Raum zu halten. Bislang hat oft ein junger Mediziner die Region verlassen, weil er seine Weiterbildung zum Allgemeinarzt in der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses begonnen hat, aber nicht in der Inneren Abteilung fortsetzen konnte. Jetzt wird dies durch Weiterbildungsverbünde koordiniert. Das ist der richtige Weg.
Das Gesetz stärkt die Qualität der Versorgung der Patienten, und es stärkt die hessischen Krankenhäuser im bundesweiten Vergleich. Das ist ein sehr guter Gesetzentwurf. Wir werden sicherlich bei der Auswertung die Wirkung dieses Gesetzes im Einzelnen noch analysieren können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Zuruf von der CDU: Schon wieder? – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist jetzt eine Zwischenfrage auf Krankenschein!)
Herr Dr. Bartelt, das Prinzip Ursache und Wirkung dürfte Ihnen sicher bekannt sein. Sie haben hier vorhin beschrieben, dass das, was wir vorhaben, völlig utopisch sei, weil das Personal, das man dafür brauchen würde, gar nicht auf dem Markt sei. Ich gebe Ihnen recht: Es gibt unbesetzte Stellen.
Aber Sie gehen in Ihrer Frage nicht weiter. Warum gibt es diese unbesetzten Stellen? Es gibt unglaublich viele Menschen – ich frage Sie, ob Sie eine Idee haben, wie viele das sind –, die ihren Beruf aufgeben –, nicht einmal wegen der Einkünfte, sondern weil sie sagen: Ich bin der Belastung nicht mehr gewachsen, ich kann nicht mehr verantwortungsvoll pflegen, ich kann den Druck nicht mehr aushalten, ich kann diese dauernden Schichtwechsel körperlich nicht mehr verkraften, mein Rücken ist kaputt, ich kann nicht mehr ertragen, wie in diesem Krankenhaus gearbeitet wird. – Ich kenne einen Intensivpfleger, der hoch qualifiziert ist. Er war gut bezahlt. Er war sehr beliebt bei seinen Kolleginnen und Kollegen und bei seinen Patienten. Er füllt jetzt Druckerpatronen in einem kleinen Laden um die Ecke auf, weil er da morgens um 9 Uhr anfangen und abends um 20 Uhr nach Hause gehen kann. Da weiß er, was er getan hat.
Da hat er nicht das Gefühl, unverantwortlich Dinge tun zu müssen, von denen er sagt, dass er sie im Interesse der zu pflegenden Menschen nicht mehr verantworten kann. Er sagt: Ich halte das nicht mehr aus – Qualifikation hin oder her. Das mache ich nicht mehr. – Diese Geschichten lassen sich fortsetzen.
Wenn ein Beruf dermaßen unattraktiv wird, weil die Arbeitsbedingungen so sind, wie sie sind, und weil die Vergütungsregelungen so sind, wie sie sind, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir einen Pflegenotstand haben.