So kann man schon jetzt Zweifel anmelden, ob das Thema Futtermittelskandal bzw. Verbesserung der Futtermittelund Lebensmittelkontrollen Ihnen wirklich so wichtig ist, wenn man sieht, dass das Thema überhaupt nur dank der
Unserer Auffassung nach ist das, was Bund und Länder nach dem Dioxinskandal verhandelt haben zwar nicht falsch, aber auch nicht weitgehend genug. Wir wollen, dass Hessen weiter geht und Treiber für eine sichere Lebensmittelüberwachung wird. Lassen Sie mich erörtern, was zum Beispiel zu tun wäre.
Erstens. Die von Ihnen angekündigte Trennung der Stoffströme im Bereich der Fette ist sicherlich ein richtiger Schritt, was das aktuelle Problem angeht, aber es löst nicht das Grundproblem. Wir wollen stattdessen, dass alle Chargen für alle Futtermittel eingeständig kontrolliert werden. Wir wollen nicht, dass nicht belastete Chargen einfach untergemischt werden mit dem Ziel, dass Grenzwerte unterschritten werden. Wir wollen, dass die belasteten Chargen direkt aus dem Verkehr genommen werden.
Zweitens. Wir wollen, dass die größere Dichte an Eigenkontrollen, die jetzt angekündigt wird, so sie denn kommt – dazu später –, auch mit einer Verdichtung der Kontrollen staatlicherseits zusammen erfolgt. Wir glauben, dass die in Hessen zur Verfügung stehenden fünf Futtermittelkontrolleure gegenüber 13.000 landwirtschaftlichen Betrieben, gegenüber 1.300 Betrieben, die mit Futtermitteln handeln, zu wenig sind.
Drittens. Kontrollen sind sicherlich richtig, aber sie sind nicht alles. Kontrollen setzen da an, wo es schon zu spät ist. Sie setzen nicht an der Ursache an. Unserer Meinung nach muss man auch das Prinzip der industrialisierten Landwirtschaft von Grund auf angehen. Man muss fragen, wie die jetzt angekündigten Kontrollen umgesetzt werden. Wie werden die Versprechen, die seitens der Landes- bzw. Bundesregierung gemacht werden, umgesetzt? – Da haben wir in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen insbesondere mit unionsgeführten Bundesministerien gemacht.
Man muss doch auch misstrauisch werden, wenn man sich die letzte Stellenbesetzung im Bundeslandwirtschaftsministerium anschaut. Gerade jetzt, wo es darum geht, die Futtermittelindustrie schärfer zu kontrollieren, wird jemand Staatssekretär, der vorher im Aufsichtsrat eines der größten Futtermittelhersteller saß und immer für die Industrialisierung und Exportorientierung unserer Landwirtschaft eingetreten ist.
Anstatt einen Kritiker der Futtermittelindustrie oder der Industrialisierung der Landwirtschaft damit zu betreuen, haben sie nun einen Lobbyisten mit am Tisch sitzen. Das ist ein Skandal. Wir sind daher sehr skeptisch, ob die angekündigten Maßnahmenpakete tatsächlich umgesetzt werden oder ob sie nicht im Laufe der Beratungen in sich
Neben der Frage der Kontrolle – ich hatte es vorhin schon angekündigt – stellt sich die Frage, welche Landwirtschaft wir eigentlich wollen, und wofür wir staatliche Mittel für die Landwirtschaft noch ausgeben wollen.
Zu Beginn der Internationalen Grünen Woche, die vor Kurzem zu Ende gegangen ist, haben 22.000 Menschen in Berlin unter dem Motto: „Wir haben es satt“ demonstriert.
(Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Willi ist immer dabei! – Allgemeine Heiterkeit)
Wir müssen uns irgendwie verpasst haben, ich war auch da. – Es sind die zunehmende Ausrichtung auf Massenproduktion und die undurchsichtigen Handelswege bei der Futtermittelherstellung, die es möglich gemacht haben, dass ein Hersteller Tausende Höfe mit vergiftetem Futter beliefern konnte. Wir GRÜNEN wollen daher, dass nur noch eine bodengebundene umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft gefördert wird.
Nein. Ich gestatte keine Zwischenfragen. Wer mich etwas fragen möchte, macht bitte eine Kurzintervention. – Es ist den Menschen doch nicht zu erklären, warum wir immer noch Fördergelder in eine Landwirtschaft stecken, die nicht umweltgerecht und nicht tiergerecht ist und die immer neue Skandale erzeugt.
Wir sind der Überzeugung, dass Hessen dank seiner Struktur, die wir in der Landwirtschaft haben, Vorreiter sein kann. Letztendlich könnte Hessen Nutznießer einer Agrarwende werden. In unserer Landwirtschaft haben wir noch viele Betriebe, die selbst Futtermittel herstellen. Diese Struktur, die einmal als nachteilig beurteilt wurde, müssen wir stärken und zu unserem Vorteil ummünzen.
Wir wissen: Immer mehr Menschen legen Wert auf nachhaltig produzierte Lebensmittel. Daher wollen wir als Politik auch der konventionellen Landwirtschaft ein Angebot machen, damit sie umweltverträglicher und artgerechter produzieren und diesen Menschen ein Angebot machen kann.
Dazu müssen wir auch die staatliche Förderung ändern: artgerechte Haltung, Fütterung mit überwiegend eigenen Futtermitteln – das sollten in Zukunft Kriterien für die Förderung von Investitionen sein.
Wir müssen auch den Ökolandbau in Hessen weiter voranbringen. Wie bei den Lebensmittelskandalen vorher
sind auch bei diesem Skandal die Verbraucher scharenweise auf „Bio“ umgestiegen. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ändern dauerhaft ihre Einkaufsgewohnheiten in Richtung „Bio“.
Demzufolge steigt die Nachfrage nach „Bio“ ständig. Für unsere Landwirte gibt es hier große Wachstumschancen.
Auch wenn Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern beim Ökolandbau relativ gut dasteht, ist das kein Grund, sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen. Frau Puttrich, Ihre Amtsvorgängerin wollte den Ökolandbau weiter nach vorn bringen. An der Universität Witzenhausen hat sie da einmal vom Organic Valley gesprochen. In einer bemerkenswerten Ökomarktstudie wurde klar: In Hessen gibt es in der Biobranche noch weiteres Wachstumspotenzial.
Leider bleibt dies bisher folgenlos. Mit dem Abschied von Frau Lautenschläger sind auch die zaghaften Bewegungen der Regierung im Feld der Ökolandwirtschaft eingeschlafen.
Damit verpasst Hessen die Chance, von der steigenden Nachfrage der Verbraucher nach „Bio“ zu profitieren. Wir wollen, dass unsere hessische Landwirtschaft von der steigenden Nachfrage nach „Bio“ profitiert.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zum Thema Verbraucherverhalten sagen. Alle Kontrollen und alle Marktanreize, alle Informationskampagnen nutzen nichts, wenn wir nicht Einsicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern erzeugen können. Damit meinen wir: Jedem muss klar sein, wenn 1 kg Putenfleisch weniger kostet als 1 kg Vogelfutter, dann ist etwas faul im System und bei diesem Produkt.
Es muss jedem klar sein: Für diesen Preis kann man nicht erwarten, dass das Fleisch gesund, umweltverträglich und artgerecht produziert wurde bzw. dass der Landwirt dafür einen fairen Preis erhält.
Daher ist es uns wichtig, dass die Politik in der Landwirtschaft glaubhaft umsteuert. Denn nur so können wir gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern glaubhaft vertreten: Gesundes Essen aus einer gesunden Landwirtschaft muss uns etwas wert sein.
Zusammenfassend möchte ich feststellen: Die Ausweitung von Kontrollen ist richtig und muss konsequent weitergeführt werden. Aber Kontrollen sind nicht alles. Wir brauchen eine neue Wertschätzung von Lebensmitteln. Wir brauchen eine konsequente Umorientierung der Landwirtschaft, hin zum Verbraucher und zu mehr Ökologie. Nur so können wir den Kampf für sichere Lebensmittel gewinnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Herr Kollege May. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Wiegel gemeldet. Bitte schön Herr Wiegel.
Wenn Sie hier behaupten – ich habe nichts gegen die Biobetriebe; ich achte sie, ich respektiere sie; und sie haben auch ihren Markt –, dass 90 % der Betriebe in Hessen nicht sauber arbeiten, dann halte ich das für ein starkes Stück.
Sie sollten durchaus einmal zur Kenntnis nehmen, dass 10 % der Betriebe ökologisch wirtschaften, und die anderen Betriebe – –
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es macht nichts, wenn er das nicht gesagt hat! Ganz einfach nicht zuhören! – Weitere Zurufe)
Ja, hören Sie nur zu. Ich habe bewusst „Freilandhaltung“ hineingerufen. Sie wissen genau, dass die Tiere, auch die Hühner, die im Freiland gehalten werden, auch mit Di oxin belastet sind. Dioxin ist einfach in der Luft und im Boden.