Protokoll der Sitzung vom 03.03.2011

(Zurufe von der CDU)

Das sind nicht meine Worte. – Uns geht es darum, die Handlungsfähigkeit des Staates zu erhalten. Das heißt nicht, immer neue Schulden aufzunehmen, sondern das heißt Einnahmeerhöhungen. Der Staat muss aber auch in der Lage sein, Kredite aufzunehmen, um langfristige Investitionen durchzuführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank Frau Kollegin Wissler. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Büger das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zurück zum Thema dieses Setzpunktes. Ich habe nachgezählt, wir haben heute zum siebten Mal innerhalb eines Jahres diese Diskussion im Plenum, die das gleiche Thema betrifft. Kollege Reißer hat es vorhin schon gesagt: die Finanzierung der Hochschulen im Allgemeinen und die vertraglich bedingten Veränderungen im Hochschulpakt zum 1. Januar dieses Jahres im Besonderen. Das letzte Mal war übrigens der Aufhänger die Äußerung eines einzelnen Universitätspräsidenten, davor war es die Bundeswehrreform, dieses Mal sind es die sogenannten QSL-Mittel. Jedes Mal werden hier im Kern dieselben Argumente vorgebracht. Das ist nicht nur langweilig; falsche Argumente werden auch durch Wiederholung nicht richtig.

(Beifall bei FPD und der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Frau Sorge, deswegen komme ich mir ein bisschen vor wie bei „Dinner for one“: The same procedure as every Plenum,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war jetzt sehr uncharmant!)

nur dass Sie eigentlich nicht so richtig lachen möchten.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind Sie denn dann der Butler?)

Herr Wagner, ich komme dazu. – Zwei positive Aspekte kann ich dem Setzpunkt aber abgewinnen. Ich habe hier noch einmal die Gelegenheit, die Finanzierung der hessischen Hochschulen im Zusammenhang darzustellen. Im Übrigen zeigen Ihre wiederholten Anträge nur eines ganz deutlich, Herr Wagner,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unglaublich!)

dass Sie nämlich an dieser Stelle keine anderen Punkte finden, an denen Sie diese Landesregierung kritisieren können. Denn ansonsten würden Sie den letzten Setzpunkt vor der Wahl nicht mit einem solchen Thema ohne nennenswerte neue Information verschwenden. Ich

denke, das ist eine gute Botschaft nicht nur für die Hessische Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, sondern auch für unser Land.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nun zur Hochschulfinanzierung und zu den QSL-Mitteln. Kurz zur Historie. In der Legislaturperiode 2003 bis 2008 wurden in Hessen Studienbeiträge eingeführt, um sie zweckgebunden für Lehraufgaben einzusetzen. Als der Landtag in der kurzen Periode 2008 mit rot-rot-grüner Mehrheit diese Gebühren aufgehoben hat, klaffte ein Loch von rund 92 Millionen € im Lehrbudget der hessischen Hochschulen. Deshalb hat die damals existierende Mehrheit ein Programm eingeführt, nämlich die heute diskutierten QSL-Mittel.

Man kann das auch wie folgt sagen. Heute zahlt das Land Hessen zusätzlich zum normalen Budget aus dem Hochschulpakt anstelle der Studenten die Studienbeiträge. Auch das will ich an der Stelle einmal erwähnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Nun direkt zum Hochschulpakt. Bekanntlich sind die Zahlungen des Landes Hessen in diesem Jahr 2011 um 30 Millionen € gesunken. Das ist nicht neu. Aber ich sage es an dieser Stelle gerne noch einmal: Das ist keine Kürzung, sondern die Folge eines Vertrages, den die Hochschulen bereits im Jahr 2005 mit dem Land abgeschlossen haben, ein Vertrag, in dem die Höhe des Hochschulbudgets an die Steuereinnahmen dieses Landes gekoppelt worden sind.

Dreimal hintereinander – das erwähnen Sie in Ihren Äußerungen nie – erfolgte aus diesem Vertrag ein Zuwachs. Aufgrund der wahrlich nicht vorhersehbaren Wirtschaftskrise und rückläufiger Steuereinnahmen dieses Landes ist es jetzt zu einem einmaligen Rückgang gekommen. Wer hier von einer Kürzung, also dem aktiven Griff des Landes in die Kassen der Hochschulen, spricht, der sagt – das will ich so erwähnen – wissentlich die Unwahrheit. Das ärgert mich an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Der Kollege Reißer hat es schon erwähnt. Der neue Hochschulpakt, den alle Präsidenten unterzeichnet haben, kommt den Hochschulen entgegen

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ha, ha, ha!)

und sieht für die nächsten fünf Jahre ausschließlich konstante Einnahmen oder Steigerungen vor. Auch die möglichen 40 Millionen € wurden bereits erwähnt. Das ist in Zeiten der Schuldenbremse, die hier so groß in der Kurzintervention Thema war, und von konsequentem Sparen, wie es Schwarz-Gelb macht, wahrlich ein großes Zugeständnis des Landes.

(Lachen des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Dieses große Zugeständnis haben wir deshalb gemacht, weil für uns Bildung Priorität hat. Das ist gut so, und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nun führt dieser einmalige und im Vergleich zum Gesamtbudget zu sehende 2,2-%-Rückgang des Gesamtbudgets an einzelnen Stellen dazu, dass Leistungen auch in

der Lehre zurückgenommen werden. Erwähnen will ich jedoch – das haben Sie im Antrag auch erwähnt –, dass die zusätzlichen Studenten aus den doppelten oder dreifachen Abiturjahrgängen über den Hochschulpakt 2020 gemeinsam mit dem Bund finanziert werden, also weitere im Hochschulpakt nicht genannte Gelder zusätzlich an die Hochschulen fließen. Auch das verbessert erneut die Situation der hessischen Hochschulen.

Wenn aber nun – ich betone – an einzelnen Stellen ein Lehrangebot nicht mehr in der bestehenden Form aufrechterhalten werden kann, dementsprechend wegfällt und ein solches, das bereits weggefallen ist, als Angebot mit QSL-Mitteln neu aufgebaut wird: Was ist an diesem Vorgang schlecht, wenn die Hochschule und die maßgeblich beteiligten Studenten dies so wünschen?

Was ist daran schlimm? – Das ist weder ein Rechtsbruch, noch ist es ein Skandal. Das ist schlicht vernünftig. Wer hier, wie Sie das mit Ihrem Antrag getan haben, mit Rechtsaufsicht droht, Verbote fordert, der will in der Konsequenz, dass lieber für weniger wichtige Projekte Geld so ausgegeben wird und sich die Lehre nicht entsprechend verbessert. Ich habe das Gefühl, das tut man nur um der taktischen Gründe willen, nämlich um Unmut zu erzeugen und den nachher bei der Landesregierung abzuladen.

Das ist aber Politik auf dem Rücken der Studenten. Und das tragen wir nicht mit.

(Beifall des Abg. Rafael Reißer (CDU))

Die QSL-Mittel sind für die Steigerung der Qualität der Lehre gedacht. Dafür gibt es ein Gesetz, an das sich im Übrigen die Hochschulen zu halten haben. Ich habe – das unterscheidet uns – auch keinen Zweifel, dass das unsere Hochschulen tun. Ich habe auch persönlich mit Präsidenten gesprochen, auch mit der Präsidentin Krause. Ich habe meine Informationen nämlich nicht nur aus der Presse. Sie haben mir klar bestätigt, dass sie sich an Recht und Gesetz halten. Deswegen meine Bitte: Kritisieren Sie nicht die hessischen Hochschulen und ihre Präsidenten.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein Gott!)

Das mangelnde Vertrauen in die Hochschulautonomie zeigen im Übrigen auch Ihre Regelungen, als Sie das QSL-Gesetz gemacht haben. Darin sind bürokratische Hürden, die dafür gesorgt haben, dass z. B. Mitte letzten Jahres 60 Millionen € dieser Mittel noch gar nicht verausgabt waren – zwei Drittel eines Jahresbeitrags. Ich würde mit mir reden lassen, wenn Sie sagen: Das wollen wir vereinfachen, vielleicht sogar diese 92 Millionen € dem Hochschulpakt zuschlagen. Aber all solche pragmatischen Lösungen sucht man bei Ihnen vergebens.

Meine Damen und Herren, die letzten Minuten will ich nutzen, um noch etwas Grundsätzliches zur Hochschulfinanzierung in Hessen zu sagen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lieber nicht!)

Herr Kaufmann, ich werde es Ihnen nicht ersparen. Hören Sie an dieser Stelle zu.

(Leif Blum (FDP): Er kann noch etwas lernen!)

Vor wenigen Tagen haben wir den Bericht der Haushaltsstrukturkommission erhalten. Aus dem geht eindeutig hervor, dass Hessen im Vergleich der westdeutschen Flächenländer in den Ausgaben pro Einwohner – das ist die Messzahl – im Hochschulbereich den ersten Platz belegt,

und zwar sind die Zahlen von 2008 die neuesten, die wir haben, und wir um 50 Millionen € über dem Durchschnittswert liegen.

Auch an die Kollegen der Sozialdemokratie: Das noch SPD-regierte Rheinland-Pfalz gibt im Vergleich pro Einwohner ein Viertel weniger für Hochschulbildung aus als Hessen. Auch das wollen wir hier einmal festhalten.

(Leif Blum (FDP): Aha! – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie jetzt zu 50 % die Regierung übernehmen?)

Außerdem besitzt Hessen pro 1.000 Einwohner mit 4,7 die höchste Quote an Studienanfängern – deutlich über dem Durchschnitt aller westdeutschen Bundesländer mit 4,1. Das zeigt, wie effektiv die hessischen Hochschulen sind und dass die hessische Politik geradezu zum Studium anregt. Wenn SPD und GRÜNE regelmäßig behaupten, das Land finanziere die Hochschulen nicht ausreichend, dann ist das objektiv unrichtig, weil Hessen nämlich mehr als jedes andere westdeutsche Flächenland in seine Hochschulen investiert. Und zweitens ist es unredlich. Wenn man den Blick dahin richtet, wo Rot-Grün beginnt, dann sieht man, wie dort Hochschulen finanziert werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen uns an dieser Stelle, auch wenn Wahlkampfzeiten sind, gar nicht auf das Niveau der SPD bewegen. Aber wenn, dann müsste man – ich hätte es lieber Ihrem Fraktionsvorsitzenden Schäfer-Gümbel direkt gesagt – auf der Rheinbrücke zwischen Wiesbaden und Mainz ein neues Plakat in Richtung Mainz aufstellen: Sie verlassen jetzt Hessen, das Land mit der höchsten Studentenquote und der besten Hochschulfinanzierung.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Gernot Grum- bach (SPD): Ein reines Märchen!)

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund dieser Fakten, die trotz gebetsmühlenartig vorgetragener Beteuerung angeblicher Unterfinanzierung auch nicht weggeredet werden können, bitte ich Sie: Hören Sie schlicht auf, den Wissenschaftsstandort Hessen und die hessischen Hochschulen von dieser Stelle aus permanent schlechtzureden.

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Jeder, der im Februar dieses Jahres beim parlamentarischen Abend der Justus-Liebig-Universität war – ich war dort, ich weiß, einige Kollegen auch –, der konnte beispielhaft erleben, wie gut unsere Hochschulen arbeiten. Die Zahlen sprechen für sich. In Hessen wird Bildung großgeschrieben. Solange wir Verantwortung tragen, das sage ich Ihnen gleich, wird das auch so bleiben.