Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach unserem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2009 liegt uns nun endlich ein Entwurf von CDU und FDP vor,
Ich will vorab sagen, dass die Grundzüge des Jagdrechts in Hessen in beiden Entwürfen unangetastet bleiben. Wir begrüßen dies durchaus und wollen auch weiterhin daran festhalten.
Hintergrund unseres Entwurfs ist im Wesentlichen der Forderungskatalog des Landesjagdverbandes Hessen. Wir haben vorgesehen, aus dem, was in vielen Gesprächen vorgetragen wurde, fünf Punkte aufzunehmen und letztendlich zu verändern. Es geht um die Vereinfachung von Vorschriften, den Abbau unnötiger Bürokratie, die Übertragung von Verantwortung auf die Jägerschaft, den GenAustausch zwischen Wildpopulationen und den Tierschutz, indem wir die Nachsuche auf verletztes Wild verbessern.
Um noch einmal zu verdeutlichen, um was es im Einzelnen ging, der Vergleich zu dem, was in Ihrem Entwurf steht, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der CDU- und der FDP-Fraktion.
Wir haben in § 26 den gemeinsamen Abschussplan für das Rehwild, das sogenannte Knüllprojekt. Das ist im Knüll erfolgreich praktiziert worden. Ich denke, was hier als gemeinsamer Abschussplan möglich ist, ist vernünftig und ist auch in Ihrem Entwurf aus unserem Entwurf übernommen. Sie haben eine Verbesserung vorgenommen – das will ich gern zugestehen –, indem Sie für den Fall, dass jemand widerspricht, gesagt haben, dann soll das für dessen Revier herausgerechnet werden. Das ist ein gutes Beispiel und ist auch so in Ordnung, wie Sie es aufgenommen haben.
§ 26b Abs. 4 heißt bei uns, außerhalb von festgesetzten Rot-, Dam- und Muffelwildgebieten dürfen nur weibliches Wild, Kälber und Lämmer nach Abschussplan erlegt werden. Bei Ihnen ist es so, dass zusätzlich auch Hirsche bis vier Jahre und Widder bis drei Jahre – mit der Einschränkung, keine Kronhirsche, bzw. einer Einschränkung der Anzahl – erlegt werden dürfen. Die Regelung halten wir – ich sage es einmal mit aller Vorsicht – für ein wenig problematisch, weil gerade der Gen-Austausch durch die Wanderung zwischen den Populationen über das männliche Wild stattfindet. Dennoch muss man auch im Kopf haben, dass wir eine weitere Ausbreitung des Rotwildes auch im Sinne des Waldes eindämmen müssen.
Herr Dr. Wagner, ich werde aber nicht dafür sorgen, dass das Rotwild gänzlich abgeschossen wird. Das will ich Ihnen gleich sagen. Das muss aus meiner Sicht gehegt und gepflegt werden. Es muss aber in dem Gebiet bleiben, wo es angestammt ist und wo wir es abgegrenzt haben; sonst haben wir ein Problem mit dem Wald. Da ist eine Lösung möglich, wenn wir das noch einmal im Einzelnen diskutieren.
Wir haben § 27: krankes Wild und Nachsuche. Bei uns steht: grenzüberschreitende Nachsuche auf krankes Wild mit anerkannten Nachsucheführern. Ich denke, das ist richtig und tierschutzgerecht, um dem Wild unnötige Leiden zu ersparen, wie Sie es erwähnt haben, Herr Dr. Arnold. Der Unterschied zwischen uns besteht nur darin, dass wir diese Befugnis dem Landesjagdverband übertragen hätten und Sie sagen, sie soll bei der obersten Jagdbehörde bleiben. Auch dieser Unterschied ist auflösbar.
Ich will noch § 43, Verlängerung der Jagdzeiten, ansprechen. Da haben Sie das, was wir geschrieben haben, quasi übernommen, nur anders formuliert. Bei Ihnen steht „Abweichung vom Bundesjagdgesetz“, bei uns heißt es „Verlängerung der Jagdzeiten“. Beides hat an dieser Stelle die gleiche Bedeutung.
Ich komme noch zu § 30: Wildfütterung. Bei uns ist angegeben, die Fütterung zur Bejagung, die sogenannte Kirrung, nur noch anzeigepflichtig zu machen, nicht mehr genehmigungspflichtig. Denn wir sagen, es ist eine unnötige Bürokratie, wenn die untere Jagdbehörde 600 oder 700 Bescheinigungen, Genehmigungen ausstellt, zu deren Überprüfung bei dem vorhandenen Personal doch kaum eine Möglichkeit besteht. Wir sagen, es reicht, das anzuzeigen und dass es dann stichprobenartig überprüft wird. Diese Regelung haben Sie in § 30 Abs. 7 übernommen. Sie und wir haben hier also etwas Ähnliches aufgelegt.
Herr Kollege Dr. Arnold, ich darf daran erinnern: Damals haben Sie hier vorn zum Besten gegeben: Das war ein Schnellschuss. – Aber ich glaube, dieser Schnellschuss, den wir eingebracht haben, war hinreichend präzise – sodass Sie vieles von dem, was wir vorgetragen haben, jetzt übernommen haben.
Ich gebe heute aber durchaus zu Protokoll, dass das, was Sie nach diesem längeren Zeitraum – Sie haben sich 15 Monate mehr Zeit gelassen – vorgelegt haben, umfangreicher ist.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Der Schuss war präziser! – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))
Herr Kollege Dr. Wagner, manchmal muss man schnell sein – das wissen Sie –, und manchmal muss man präzise sein. Manchmal muss man auch beides sein.
Ihr Entwurf ist umfangreicher. Alle Einzelpunkte, die Sie zusätzlich eingebracht haben, sind für uns diskutabel.
Als Beispiel nenne ich die Regelung, 0,5 % eines Reviers als Äsungsfläche zur Pflicht zu machen. Das ist etwas Vernünftiges und in dem Sinne richtig, dass man den Jägern eine Pflicht auferlegt, das Äsungsangebot in ihrem Revier zu verbessern. Das ist eine vernünftige Regelung, und die gab es auch schon einmal. Deswegen ist es für uns kein Problem, hier zuzustimmen.
In den § 42 – Bußgeldvorschriften – sind weitere Tatbestände aufgenommen worden, die wir durchaus als richtig ansehen. Aus unserer Sicht ist vielleicht noch das eine oder andere zusätzlich aufzunehmen. Dazu haben wir von den unteren Jagdbehörden Zuschriften erhalten. Ich denke, dazu sind die entsprechenden Anhörungen abzuwarten.
Ein wenig kritisch sehen wir Art. 2: weitere Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, und Änderung der Jagdzeiten. Auch da muss die Anhörung abgewartet werden. Sie wissen, es gibt keine Zustimmung zu dem, was Sie zum Rotwild schreiben.
Sie schreiben, wir machen die Jagdzeit kürzer und verlegen sie auf andere Zeiten. Im Sommer ist dann die Möglichkeit nicht mehr gegeben. Ich will nur noch einmal das Thema Wildschäden im Feld nennen – Sommergetreide – und im Winter beim Raps. Daher ist es gerade für diejenigen, die in Feldrevieren sind, hoch problematisch. Am Ende bedeutet das einen Wildschaden, den die Landwirte oder die Pächter zu tragen haben.
Deshalb ist die Diskussion an diesem Punkt auf jeden Fall nochmals notwendig, aber der Dissens ist auflösbar.
Ich denke, es ist möglich, sich zu verständigen. Ich bin beiden Kollegen für den Austausch und die Diskussionen, für die fachliche Auseinandersetzung an diesem Punkt, dankbar. Es ist aber nur dann sinnvoll, das alles nochmals zu behandeln, wenn sowohl das, was Sie als Entwurf vorgelegt haben, als auch das, was wir vorgelegt haben, insgesamt verhandelbar ist. Wir warten auf die Anhörung.
Ich beantrage heute die dritte Lesung für unser Jagdgesetz. Ich hoffe, wir werden den Versuch unternehmen, eine Lösung für das Jagdwesen in Hessen in unserem Sinne zu finden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei dem Kollegen Görig wie auch bei dem Kollegen Dr. Arnold. Natürlich haben wir beide, Dr. Arnold und ich, einen etwas intensiveren Austausch gehabt.
Aber am Ende haben wir es dann doch auch mit weitreichenden fachlichen Gesprächen geschafft, diesen Gesetzentwurf vorzulegen.
Ich fange einmal mit etwas an, womit keiner rechnet: Wir bauen in Hessen in großem Ausmaß Querungshilfen für Tiere, teilweise Millionenprojekte wie an der A 7, an der Autobahn Richtung Fulda. Dabei geht es nicht nur um Wildtiere, sondern genauso um Luchs und Wolf und ähnliche Tiere, die nicht bejagbar sind.
An dieser Ecke haben wir zwei Probleme. Das eine ist: Wir müssen sicherstellen, dass, wenn diese Tiere die Grünbrücke annehmen und überqueren wollen – oder auch eine Unterführung –, sie nicht Angst haben müssen, erschossen zu werden.
Deswegen wollen wir um die jeweiligen Brückenköpfe eine 300-m-Zone einrichten, eine Wildruhezone, in der ein Jagdverbot gilt – damit auch nicht bejagbare Tiere nicht gestört werden, sondern frei wandern können.
Das zweite Problem, das wir lösen wollen und das wir angegangen sind, ist: Was ist denn mit den Tierarten – jetzt rede ich vom Wild –, die in sogenannten Bewirtschaftungsgebieten leben? Wie auch in anderen Bundesländern grenzen wir in Hessen Wald- und Feldgebiete ab und sagen: In diesem Gebiet darf z. B. das Rotwild, das Muffelwild – das sind die Wildschafe –, das Damwild – das sind Hirsche mit den breiten Stangen oder Schaufeln, wie der Jäger sagt, und den weißen Flecken –, überhaupt leben?
Wenn diese Grenze gezogen ist und sie ihren Kopf beim Wandern über diese Grenze hinausstrecken, ist das ihr Todesurteil. Das ist nicht sehr sinnvoll: wenn jetzt ein solches Stück Wild über eine Grünbrücke in ein Nichtbewirtschaftungsgebiet zieht, über diese 300-m-Zone hinaus –, dass es dann erschossen wird. Wir haben gesagt, das ist nicht gut. Wir wollen dort eine Regelung finden, wie wir eine flexible Abgrenzung dieser Bewirtschaftungsgebiete hinbekommen.
Dazu haben wir einen Kriterienkatalog aufgestellt, in dem wir feststellen: Wann ist denn eine solche Wildart überhaupt in einem anderen Bereich als im abgegrenzten Standwild geworden? Wo kann es sich eigenständig vermehren? Wo ist das geeignete Biotop? Wo gibt es geeignete Äsungsverhältnisse? Dann kann das Gebiet neu abgegrenzt werden. Aber – auch das sage ich deutlich – umgekehrt können auch Regionen aus dem Bewirtschaftungsgebiet entlassen werden, in denen sowieso kein Rotwild, Muffelwild oder Damwild mehr vorkommen.
Das ist die eine Seite, die wir geregelt haben. Wir haben da Parameter festgelegt, die praktisch anwendbar sind. Bei denen haben wir einen ganz großen Teil des Tierschutzes mit beachtet und auch einen entsprechenden Respekt vor dem Tier und vor der Natur gezeigt.
Des Weiteren haben wir in den Jagdzeiten und auch in den Jagdruhezeiten geeignete Maßnahmen vorgesehen, um der Wildbiologie entgegenzukommen. Wir alle wissen: Natürlich ist das Rotwild das sensibelste. Als Jäger nennen wir das die Kulturflüchter; auch die Wildbiologen sagen das so. Das heißt, die kommen nicht so gut mit der menschlichen Kultur zurecht wie etwa das Reh.
Diese größte Schalenwildart – zumindest noch die größte Schalenwildart; wenn der Elch wieder zuwandert, wird das anders aussehen – ist sehr sensibel, hat aber von Natur her eine hervorragende Einrichtung, nämlich dass in den Wintermonaten, in erster Linie ab dem Januar, die Körpertemperatur dieses Wildes von 36 ˚C – so, wie wir das auch etwa kennen – um 10 ˚C auf 26 ˚C absinkt. Dadurch braucht es nur noch sehr wenig Energie, und es verbraucht die Fettreserven, die es sich im Herbst angefressen hat.