Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Ähnlich ist es bei den gewerblich genutzten Kraftfahrzeugen. Dort haben wir nicht nur durchgesetzt, dass pro Kfz lediglich ein Drittel des Beitrags fällig wird, sondern auch – das ist gerade für die kleinen und die mittleren Betriebe wichtig –, dass das erste Kraftfahrzeug je Betriebsstätte gebührenfrei bleibt. Das bedeutet z. B. für einen Kleinbetrieb mit nur einem Kraftfahrzeug, dass gegenüber dem, was bis jetzt aufgrund der Beitragspflicht anfällt, in Zukunft nur noch die Hälfte gezahlt wird. Es ist möglich, zahllose Rechenbeispiele zu geben. Herr Kollege Siebel hat darauf hingewiesen, an welchen Punkten man sehr genau wird beobachten müssen.

Ich glaube, wir haben jetzt ein Modell gefunden, mit dem die wesentlichen Probleme, auch die der Filialbetriebe, gelöst werden, das aber an der einen oder anderen Stelle durchaus noch Härten aufweist. Im Wesentlichen führt es aber nicht nur zu einer Erleichterung, sondern sogar zu einer massiven Entlastung.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe es schon gesagt: Was das Verfahren betrifft, wird die Beitragserhebung einfacher. Die Bürokratie wird abgebaut, die Kontrollen in den Wohnungen sind nicht mehr erforderlich, und damit werden die Regeln für die Rundfunk- und Mediennutzung klarer, besser verständlich und einheitlich.

Bei der zeitnahen Evaluierung der neuen Berechnungsmethode werden wir genau prüfen, inwieweit im Hinblick auf kleine und mittelständische Betriebe noch Nachbesserungen angezeigt sind. Ich kann sagen: Die Reform war überfällig, um die Erfüllung des Auftrags des öffentlichrechtlichen Rundfunks auch für die Zukunft zu sichern. Dieser Auftrag besteht unverändert, ob es um die Kultur, die möglichst objektive Information der Bevölkerung, den Bildungsauftrag oder – speziell beim Hessischen Rundfunk – die Regionalberichterstattung geht.

Hier hat das Ganze viel mit Gebühren zu tun. Die Bürger unseres Landes erwarten zu Recht gerade bei öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten Sparsamkeit. Da gibt es durchaus noch das eine oder andere zu tun. In Teilen die

ses Landes steht in diesem Zusammenhang insbesondere die Regionalberichterstattung des Hessischen Rundfunks zur Diskussion. Wie immer, wenn Veränderungen anstehen, herrscht erst einmal die Angst vor der Veränderung vor. Das spüren wir vor Ort: in Darmstadt, in Fulda, aber vor allem auch in meiner Heimatstadt Gießen.

Ich sage dazu: Wir haben das mit den Vertretern des Hessischen Rundfunks sehr genau erörtert, und wir haben die klare Aussage erhalten, es wird keine Einschränkung der Regionalberichterstattung geben. Deswegen bitte ich alle, die mit diesem Thema zu tun haben, darum, hier einen gewissen Vertrauensvorschuss zu geben. Das wird sich bestätigen.

Ich will zum Schluss nur noch eines sagen: Natürlich ist dann auch eine flexible Mitarbeit vor Ort gefordert. Wenn die Oberbürgermeisterin der Stadt Gießen fordert, dass das Studio des Hessischen Rundfunks an Ort und Stelle bleibt, heißt das, auch die Stadt Gießen wird sich an der Stelle ein wenig bewegen müssen. Ich gehe davon aus, dass dies zum Erfolg führt.

Zusammenfassend: Das neue Beitragsmodell war überfällig. Es baut Bürokratie ab und spart Kosten, und es schränkt die staatlich organisierte GEZ-Schnüffelei massiv ein. Deswegen kann ich sagen: Etwas Besseres wäre zwar möglich gewesen, aber wir machen einen großen Schritt in die richtige Richtung. Daher kann die FDPFraktion diesem Staatsvertrag aus echter Überzeugung zustimmen.

Mit Erlaubnis des Präsidenten füge ich ein Ceterum censeo an: Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ich das in einigen Monaten auch zu dem Thema Glücksspielstaatsvertrag sagen kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Greilich. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich es gerade richtig verstanden habe, dann ist alles gut, auch mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Allerdings, Herr Greilich, verstehe ich nicht richtig, wie Sie rechnen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Wenn Sie sagen, dass es unter dem Strich für viele günstiger wird, das Ganze aber ausgabenneutral ist, müssten Sie ehrlicherweise auch angeben, wo demnächst mehr gezahlt werden soll.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir wissen, wie viele sich nicht anmelden! Das ist relativ einfach!)

Wir sollten bei aller Überlegung, dass die Umstellung des Modells überfällig und sinnvoll ist, durchaus einen Blick darauf werfen, an welchen Punkten kritische Fragen an den Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu richten sind.

Wir schätzen das so ein, dass die neue Abgabe entgegen dem Versprechen der Ministerpräsidenten eben nicht einfacher und vor allen Dingen – darauf will ich eingehen –

datenschutzrechtlich durchaus problematisch ist. Insofern haben wir durchaus noch einige Fragen, die wir hoffentlich in einer Anhörung werden behandeln können.

Zugleich, und das möchte ich ganz eindeutig kritisieren, bleibt die bereits bestehende soziale Schieflage bei der Rundfunkgebühr oder künftig -abgabe erhalten und wird aus unserer Sicht sogar noch verstärkt. Entgegen den Einschätzungen meiner Vorredner sehen wir nicht, dass die GEZ überflüssig gemacht noch der Schnüffelei durch die Gebührenbeauftragten ein echtes Ende gesetzt worden ist. Es ist richtig, dass sie die Wohnung nicht mehr betreten wollen, die Auskunftspflicht – darauf gehe ich gleich kurz ein – hat aber zugenommen.

Wir haben zum einen Fragen zur allgemeinen Zwangsabgabe. Künftig müssen alle Rundfunkbeiträge zahlen, ganz gleich, ob sie ein Rundfunkgerät besitzen oder nicht.

(Michael Siebel (SPD): Wie in Großbritannien!)

Gegenüber heute bei der Gebühreneinzugszentrale gemeldeten 32,2 Millionen privaten Gebührenzahlern sind dann 40,1 Millionen Haushalte zur Entrichtung einer Gebühr in Höhe von 17,98 € monatlich verpflichtet.

(Michael Siebel (SPD): Da sehen Sie einmal, wie viele nicht angemeldet sind!)

Ich fand es schon interessant – das sage ich in Klammern –, dass auch in dem Schreiben, das Herr Reitze an uns alle gerichtet hat, klar ist, dass eigentlich niemand weiß, wie viele Haushalte es denn sein werden, und dass es durchaus in Millionengröße weniger sein können. Das ist ein Hinweis darauf, was an Datenabgleich zwischen Meldeämtern und der Gebühreneinzugszentrale in den ersten Monaten des folgenden Jahres passieren soll. Wir müssen aber datenschutzrechtlich ganz genau aufpassen, was denn da eigentlich passieren soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Ferner werden alle Betriebsstätten, also auch die Currywurstbude, gestaffelt nach Mitarbeiterzahl – das ist vollkommen richtig – beitragspflichtig. Zweit- und Ferienwohnungen sowie betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge werden ab dem zweiten Fahrzeug grundsätzlich mit einem Beitrag in Höhe eines Drittels der Gebühr belastet.

(Michael Siebel (SPD): Jetzt isst der Roland Koch keine Currywurst mehr, schon gibt es das! – Gegenruf des Abg. Clemens Reif (CDU): Hat er nicht!)

Wir haben auch noch Fragen zur sozialen Schieflage dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags. Eine Vertiefung der sozialen Schieflage in der Erhebung der Gebühr bedeutet aus unserer Sicht z. B. die Streichung – es ist schon angesprochen worden – des Nachteilsausgleichs für mehr als 580.000 bislang von Rundfunkbeiträgen befreiten Personen mit Behinderungen. Wir fragen, warum es notwendigerweise so sein muss, dass sich für 2,3 Millionen NurHörfunkteilnehmer bzw. Nur-Internet-PC-Nutzer die Gebühr von heute 5,76 € auf demnächst 17,98 € verdreifachen muss. Ebenso erfassen die Gebührenbefreiungen aus sozialen Gründen auch nach der jetzigen Neuregelung weiterhin nur Personen, die aufgrund eines förmlichen Bescheides Empfänger von abschließend geregelten sozialen Leistungen sind. Nicht berücksichtigt bleiben weiterhin Befreiungstatbestände für Geringverdiener, Studierende, Auszubildende, Bezieher von Niedrigrenten und Arbeitslose in Hartz IV mit Zuverdienst. All diejenigen bleiben weiterhin unberücksichtigt.

Letzter Punkt, Fragen zum Datenschutz. Nach der Neuregelung wird es – ich habe das schon angesprochen – großer Kontrollanstrengungen bedürfen, gerichtsfest festzustellen, wo ein Haushalt oder eine Betriebsstätte beginnt und wo ein Haushalt oder eine Betriebsstätte aufhört. Ist eine Wohngemeinschaft ein Haushalt oder mehrere Haushalte?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es kommt darauf an, ob sie eine Wohnungstür haben!)

Sind Untermieter oder volljährige Kinder mit eigenem Raum in der elterlichen Wohnung gebührenpflichtig? – Diese Fragen bleiben.

(Nancy Faeser (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)

Bereits der Umstand, dass zukünftig sämtlichen Personen Wohnungen zugeordnet werden müssen, weist aus unserer Sicht auf eine erhebliche Ausweitung in der Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten hin. Ich will nur einmal auf einen Satz aus § 9 des Rundfunkänderungsstaatsvertrags hinweisen – das ist ein wörtliches Zitat –:

Kann die zuständige Landesrundfunkanstalt den Inhaber einer Wohnung oder einer Betriebsstätte nicht feststellen, ist der Eigentümer oder der vergleichbar dinglich Berechtigte der Wohnung oder des Grundstücks, auf dem sich die Betriebsstätte befindet, verpflichtet, der Landesrundfunkanstalt Auskunft über den tatsächlichen Inhaber der Wohnung oder der Betriebsstätte zu erteilen.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): So what?)

Da werden wir nachschauen müssen, wie das datenschutzrechtlich geht.

(Wolfgang Greilich (FDP): Was Sie nachschauen wollen, interessiert uns nicht!)

Meine Damen und Herren, mit dieser Einschätzung stehe ich auch nicht alleine da. Die Einschätzung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig in dieser Sache ist ganz klar die Warnung vor der Gefahr einer „Supermeldebehörde“ GEZ.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich fasse zusammen: Die Datenverarbeitung wird beim Übergang zur Haushaltsgebühr keineswegs weniger. Das Gebührenerhebungsverfahren wird nicht vereinfacht. Weder wurde die Legitimationsschwäche des jetzigen Systems behoben noch mehr Akzeptanz für die Gebühr in der Bevölkerung geschaffen, vermuten wir. Mit all diesen Themen, Fragen und Problemen hält sich der uns heute auch vorliegende Entschließungsantrag als Jubelantrag der Regierungsfraktionen selbstverständlich gar nicht auf, und deswegen werden wir ihm nicht zustimmen können. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Schade!)

Vielen Dank, Herr Dr. Wilken. – Die nächste Rednerin ist nun Frau Kollegin Wolff für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin über diesen Untergang des Abendlandes, wie er beschrieben wird, schon erstaunt; denn es gibt ganz wahrnehmbar Herausforderungen der vergangenen Jahre, die die Bürgerinnen und Bürger belästigen, zu Ungerechtigkeiten und zu einem intransparenten Verfahren geführt haben, mit einer Organisation, die versucht, mit schwierigen Mitteln Transparenz herzustellen.

Eine Herausforderung ist dadurch gegeben, dass wir unterschiedliche Geräte haben und dass die Trennung der Menschen nach unterschiedlichen Geräten in keiner Weise mehr nachvollziehbar ist. Dafür gab es eigentlich auch unterschiedliche Beitragspflichten. Dass diese Beitragspflichten von einem nicht unerheblichen Prozentsatz der Bevölkerung tatsächlich in keiner Weise geleistet worden sind, ist einerseits auf Dauer nicht hinnehmbar, andererseits muss es dazu führen, dass ein transparenteres, klareres Verfahren, das auf moderner Erfassung der Geräte beruht, eingeführt wird.

Die eine Herausforderung ist, dass es diese trennbaren Geräte aus alten Zeiten nicht mehr gibt. Das ist in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag gelöst. Es gibt nicht mehr die Möglichkeit, sich durch unterschiedliche Meldungen davonzuschleichen, sondern die Menschen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen können, werden grundsätzlich beitragspflichtig, aber transparenter, als es jetzt der Fall ist.

Herr Dr. Wilken, damit beantwortet sich ein Teil der Frage. Wenn eine Beitragspflicht besteht, etwas transparenter wird, aber auch die Bemessungsgrundlage breiter wird, indem nämlich alle erfasst werden, die eigentlich auch bisher hätten erfasst werden sollen, dann ist zunächst einmal die Chance gegeben, dass mehr Geld da ist. Deswegen ist die Aussage nach wie vor richtig, dass der Einzelne und auch der Betrieb in aller Regel geringer belastet oder zumindest nicht höher belastet werden als bisher.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das alte System war nun wirklich nicht plausibel, und die Methoden der Erhebung waren alles andere als erfreulich. Wenn Sie schauen, wie die Privatsphäre bisher geschwächt und berührt worden ist, durch das Klingeln an der Wohnungstür, durch Fangfragen und durch das Instrument der Prämien, das, wie ich finde, nicht ganz unproblematisch ist, dann stelle ich fest: Dieses Instrument der GEZ ist so nicht fortführbar, und wir sind froh und dankbar, dass der neue Vertrag einen weitgehenden Rückbau dieser GEZ ermöglicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schlüssige Bezugsgrößen sind ausschließlich der Haushalt und der Betrieb. Ich darf Ihnen ein kleines Zitat des Gutachters, Herrn Prof. Kirchhof, vorlesen, der das in seinem Gutachten zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einem Bild so dargestellt hat – ich zitiere –: