(Zurufe von der FDP: Oh! – Mario Döweling (FDP): Demut! – Florian Rentsch (FDP): Wir sind auf dem Teppich geblieben!)
Wenn Sie sagen: „Das Saarland ist klein“, dann schauen wir auf andere Bundesländer. Herr Kollege Rentsch, in Bremen wird jetzt genau diese Idee eines zweisäuligen Schulmodells in einem Zeitraum von zehn Jahren verfolgt – Herr Rentsch, jetzt passen Sie auf –, und zwar fraktionsübergreifend. In Berlin wird dieses Modell derzeit in einer rot-roten Konstellation auf den Weg gebracht.
In Thüringen wird es in einer Großen Koalition auf den Weg gebracht. In Nordrhein-Westfalen wird es unter RotGrün auf den Weg gebracht, und die erste Gebietskörperschaft, die die neue Gemeinschaftsschule in NordrheinWestfalen beantragt, wird von einem CDU-Oberhaupt geführt. Sie sehen, es bewegt sich etwas außerhalb Hessens.
Nur in Hessen leisten wir uns weiter diese völlig ideologische Debatte. Ich frage: Warum? Wieso lernen wir nicht von den anderen Bundesländern?
Auch in Hamburg und auch nach dem dortigen Volksentscheid geht die Entwicklung in Richtung eines Zwei-Säulen-Schulmodells.
Ich gebe zu, dass das nicht eine Erfindung der GRÜNEN und nicht der grünen Schulsenatorin war, sondern diesen Weg zu einem Zwei-Säulen-Schulmodell in Hamburg ist die CDU unter der Führung von Ole von Beust gegangen, als sie in Hamburg noch die absolute Mehrheit hatte. Ich sage ausdrücklich: Das war eine gute, das war eine mutige Entscheidung der CDU in Hamburg.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) und Wolfgang Greilich (FDP))
Herr Kollege Irmer, ganz aktuell: Sprechen Sie doch einmal mit Ihren Kollegen in Sachsen-Anhalt. Ich habe Ihnen den relativ druckfrischen Koalitionsvertrag von CDU und SPD aus Sachsen-Anhalt mitgebracht.
sind sich darin einig, die Gemeinschaftsschule auf freiwilliger Basis durch gesetzliche Festschreibung
als gleichberechtigte Schulform und vollwertiges Angebot in der Schullandschaft Sachsen-Anhalts zu ermöglichen.
Dort kann grundsätzlich jeder allgemeinbildende Abschluss erworben werden. Auf eine äußere Fachleistungsdifferenzierung wird bei Einhaltung der Voraussetzungen für eine bundesweite Anerkennung der Abschlüsse weitgehend verzichtet.
Das ist nahezu wortidentisch mit unserem Konzept für eine neue Schule. Warum geht in Sachsen-Anhalt, was in Hessen nicht geht? Das müssen Sie noch einmal erklären.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP) – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Länderfinanzausgleich!)
Jetzt kommt Herr Milde wieder mit dem Länderfinanzausgleich. Wenn er kein Sachargument mehr hat, ruft er immer mal „Länderfinanzausgleich“ dazwischen.
Herr Kollege Milde, das hat jetzt aber wirklich mit der Bildungsdebatte nichts zu tun, bei aller Wertschätzung, die ich sonst für Sie habe.
Wir glauben, es ist das richtige Konzept, das schon so viele Bundesländer auf den Weg gebracht haben. Wir wissen, dass viele Eltern diese ideologische Debatte leid sind. Wir wissen, dass in etwa die Hälfte der Eltern findet, dass das gegliederte Schulwesen das richtige pädagogische Konzept in der Mittelstufe ist. Aber ebenso viele Eltern wollen längeres gemeinsames Lernen als pädagogisches Konzept in der Mittelstufe haben. Deshalb sollten wir genau diese zwei Säulen auch in unserem Bildungssystem anbieten und endlich ermöglichen.
Was wir nicht tun sollten, ist das, was CDU und FDP mit der Schulgesetznovelle vorschlagen, nämlich einen Sonderweg im Konzert der Bundesländer mit der Mittelstufenschule, die pädagogisch überhaupt keinen Sinn macht, die organisatorisch überhaupt keinen Sinn macht und die Hessen bundesweit isoliert. Die Entwicklung geht bundesweit hin zu einem Zwei-Säulen-Modell. Wir hoffen, dass es auch im Hessischen Landtag endlich möglich ist, ein Zwei-Säulen-Modell auf den Weg zu bringen.
Wir glauben, es würde dem Wunsch vieler Eltern entsprechen, sich nach Klasse 4, nach der Grundschule, nicht den Kopf zermartern zu müssen: Was ist die richtige Schule für mein Kind? – Wir müssen vielmehr die Antwort geben: Es gibt eine Schule für Ihr Kind, an der alle Bildungsabschlüsse möglichst lange offengehalten werden, an der möglichst lange versucht wird, das Kind zum bestmöglichen Bildungsabschluss zu führen. – Damit würde man den Eltern ein Stück weit die Sicherheit zurückgeben, dass sie mit der Wahl der weiterführenden Schule für ihr Kind nichts falsch machen können. Meine Damen und Herren, es wäre doch ein Riesenfortschritt, wenn wir das auch in Hessen endlich hinbekommen würden.
Wir würden es auch den Eltern leichter machen, die zwischen Bundesländern wechseln. Was wäre erreicht, wenn sich Hessen jetzt in die Reihe der Bundesländer einreihen würde, die sich schon in Richtung eines zweisäuligen Schulmodells entwickeln, und wenn wir mit absehbarer zeitlichen Perspektive sagen könnten: Wenigstens in dieser Frage gibt es bundesweit einmal eine einheitliche Struktur, und Eltern müssen sich nicht völlig umorientieren, wenn sie das Bundesland wechseln wollen. – Das wäre doch wirklich die Anstrengungen wert, auch im Hessischen Landtag über ideologische Gräben hinweg diesen Weg zu gehen.
Wir sehen uns mit unserem Vorschlag eines zweisäuligen Schulmodells nicht nur in guter Gesellschaft mit anderen Bundesländern, wie ich erwähnt habe, völlig unabhängig davon, wie diese Bundesländer regiert sind. Wir sehen uns auch in sehr guter Gesellschaft mit Experten, die empfehlen, diesen Weg zu einem zweisäuligen Schulmodell zu gehen. Der Aktionsrat Bildung hat sich vor Kurzem für ein solches Schulmodell ausgesprochen. Auch – das wird Herrn Irmer besonders interessieren – die Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien, also die Direktoren der Gymnasien bundesweit, hatten sich auf ihrer Tagung vom 30. März bis 2. April dieses Jahres für ein zweisäuliges Schulmodell ausgesprochen. Jetzt frage ich insbesondere die Kollegen von CDU und FDP: Warum um Himmels willen können wir das nicht endlich auch in Hessen machen? Wann wollen Sie endlich aus Ihrem Graben herauskommen?
Ich sage ausdrücklich für meine Fraktion: Wir glauben, dass die neue Schule die beste Schule für alle Schülerinnen und Schüler wäre, dass längeres gemeinsames Lernen das beste Modell für alle Schülerinnen und Schüler wäre. Wir haben aber nicht den Hochmut, den Eltern das vorzuschreiben, was wir für richtig halten. Auch das ist ein Argument für die Wahlfreiheit, auch das ist ein Argument für ein Zwei-Säulen-Modell,
dass Eltern zwischen dem Gymnasium und der neuen Schule entscheiden können. Lassen Sie uns das doch endlich machen. Sprechen Sie mit Ihren Parteikollegen in den anderen Bundesländern. Kommen Sie dann nächstes Mal wieder. Dann können wir das vielleicht endlich auch in Hessen voranbringen.
Frau Ministerin, das wäre eine richtige Innovation. Dann würden Sie bildungspolitisch nicht mehr nur dadurch auffallen, dass Sie an der Bildung kürzen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wagner, Sie haben eben von weniger Ideologie gesprochen. Wenn ich aber das übersetze, was Sie gesagt haben, dann war das in der Tat Ideologie. Denn Sie diskutieren heute über den pädagogischen Ladenhü
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das, was Ihr Ministerpräsident im Saarland macht!)
Nichts anderes ist das, was Sie heute wieder auf den Tisch legen. Im April dieses Jahres haben Sie gesagt: Wir haben ein neues Schulmodell vorgeschlagen. – So neu ist das aber gar nicht, denn im Februar letzten Jahres haben Sie bereits das Konzept für eine „Neue Schule“ öffentlich vorgelegt.
Wenn wir darüber sachlich diskutieren wollen, dann möchte ich Sie um eines bitten: dass Sie es bei der Begründung Ihres Antrags – seinerzeit: Ihres Konzeptes – im Interesse der Seriosität ein klein wenig zurücknehmen, uns falsche Behauptungen zu unterstellen.
Beispielsweise sagen Sie bei Ihrem Konzept: Die Union will das bildungspolitische Konzept von oben überstülpen. – Herr Kollege Wagner, das ist doch falsch. Sie wissen es. Die Zahl der integrierten Gesamtschulen, die beispielsweise in den letzten zehn Jahren genehmigt worden sind, ist so groß, dass wir heute deutlich mehr Gesamtschulen haben, als das vor zehn Jahren der Fall war. Haupt- und Realschulen sind abgeschafft worden, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Da können Sie doch nicht allen Ernstes sagen, wir hätten etwas von oben übergestülpt. Das ist grundfalsch, und das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen und Ihre Behauptung zurücknehmen, im Interesse der Seriosität.
Auch das ist doch falsch. 40 % unserer Abiturienten, die heute studieren, haben das Abitur nicht auf dem klassischen, dem herkömmlichen Weg gemacht. Das ist der bes te Beweis für die Durchlässigkeit in diesem Schulsystem. Nehmen Sie das doch einfach einmal zur Kenntnis.