Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Auf dem gleichen Marktplatz finde ich die Forderung, die Mieter dürften auf keinen Fall belastet werden. Darf ich einmal fragen, wie Sie dieses Problem lösen wollen?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, das dürfen Sie!)

Dazu hätte ich gerne eine Antwort. Ich lade Sie dazu ein: Lassen Sie uns darüber diskutieren. – Es gibt auch noch eine Menge anderer Punkte.

(Torsten Warnecke (SPD): Die Opposition gibt die Antworten, und die Regierung stellt die Fragen!)

Sehr geehrter Herr Schäfer-Gümbel, ich muss das einmal so sagen. Ich habe mich gefragt: Was wollten Sie eigentlich heute Morgen hier erreichen?

(Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir erreicht!)

Falls Sie meine Regierungserklärung gelesen haben, werden Sie sehen, dass die meisten Fragen beantwortet sind.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Falls Sie kritisieren sollten, dass Ihnen das nicht ausreicht, dann ist das okay. Da war kein Satz neu.

(Norbert Schmitt (SPD): Wir haben alles erreicht, was wir wollten!)

Falls Sie versuchen wollten, die Ernsthaftigkeit unserer Bemühungen in Zweifel zu ziehen, dann läge das in der Linie Ihrer persönlichen Politik. Sie können immer wieder sagen: Wir glauben euch nicht. – Dann lassen Sie sich von dem überzeugen, was wir tun.

Eines ist auch ganz klar. Ich sage ausdrücklich, dass eines nicht geht. Einer ist hierhergekommen und hat, während alle anderen den Konsens suchen, sozusagen auf dem Ross trabend – davon haben Sie hier gesprochen –, gelegentlich etwas oberlehrerhaft gegenüber den anderen Kollegen erklärt, hier sei der Platz der Diskussion. Natürlich ist das so.

Nur gibt es da einen Unterschied. Alle anderen bemühen sich jenseits der einzelnen Positionen, über die man immer diskutieren kann und auch muss, einen Weg zu suchen, der zu einem gemeinsamen Ergebnis führen kann. Das wollen wir. Das ist extrem schwer mit jemandem, der sich hierher stellt und erklärt: Es gibt keinen Konsens. – Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Für wen sprechen Sie eigentlich? Sie sprechen nicht einmal für die SPD.

Sie reden vom Kraftwerk Staudinger und wollen von mir eine Antwort zum Kraftwerk Staudinger. Die haben Sie doch schon längst bekommen. Ich halte es nicht für vertretbar, alles auszuschalten und nirgends einzusteigen. Das sage ich, damit das klar ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für wen sprechen Sie eigentlich? Sprechen Sie für die SPD Deutschlands? Dann möchte ich gerne wissen, wie ich damit umgehen soll, dass mir in Berlin alle Ihre Kollegen erklären, selbstverständlich müssten alle fossilen Kraftwerke, die in Planung oder in Bau sind, auch gebaut werden. Wie ist denn das? Teilen Sie diese Auffassung? Oder hat Herr Gabriel unrecht? Er ist immerhin Bundesvorsitzender der SPD.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Regierung fragt, und die Opposition antwortet!)

Was sagt eigentlich Frau Kraft dazu, die aufgrund der Interessenlage ihres Landes genau das fordert? Was sagt Kollege Olaf Scholz aus Hamburg dazu, der genau dies fordert?

Sie könnten jetzt sagen, dass die alle falsch liegen. Das wäre dann ein innerparteiliches Problem der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

Eines will ich hier aber einmal ganz deutlich vortragen: Niemand von der Seite der Union und der FDP – und schon gar nicht diese Landesregierung – ist der Auffassung, dass wir die Weisheit alleine gepachtet hätten. Wir mühen uns, bei einer der wichtigsten Fragen für die Zukunft unseres Landes möglichst gemeinsam einen klugen Weg zu gehen. Wir widerstehen der Klein-Klein-Polemik. Wir wollen besonnen und klug handeln. Teilweise ist das Ergebnis offen. In der Hauptsache sehen wir unser Ziel darin, die Gesellschaft bei dieser Frage zusammenzuführen.

Ich habe Sie eingeladen, an diesem Prozess teilzunehmen. Sie haben teilgenommen. Dafür bin ich Ihnen wie allen anderen dankbar, die sehr engagiert in den Arbeitsgruppen mitwirken.

Falls Sie das alles für Mumpitz halten, dann sollten Sie aussteigen und in die Ecke gehen, in die Sie dann hingehören, nämlich in die Ecke desjenigen, der zwar alles besser weiß, aber keine konkreten Antworten hat. – Meine Damen und Herren, vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU – Anhal- tender Beifall bei der FPD)

Herr Bouffier, danke sehr. – Als Nächster hat sich Herr Schäfer-Gümbel gemeldet. Es stehen erneut fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dritter Versuch! – Zuruf von der CDU: Er erklärt uns jetzt die Aussagen des Herrn Gabriel! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Der Tragödie dritter Akt!)

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, lassen Sie mich zunächst eine einzige persönliche Bemerkung machen. In den Wettbewerb mit Ihnen, wer von uns beiden in diesem Parlament der

größere Oberlehrer ist, trete ich nicht ein. Den Wettbewerb haben Sie gewonnen. Ich sage ausdrücklich, dass ich das akzeptiere.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wenn Sie sich an mir in dieser Form jedes Mal wieder abarbeiten wollen, ist das in Ordnung. Ich kann das alles ertragen. Es hilft uns aber in der Sache nicht.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gefragt: Welche Funktion hat diese heute geführte Debatte? Was wollen Sie eigentlich erreichen? – Ich bin Ihnen für Ihre Ausführungen dankbar. Denn bei einem sind wir heute sehr viel schlauer geworden, nämlich was Sie hinsichtlich der zentralen Fragen beim Thema Energiewende denken. Dafür bin ich sehr dankbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will noch einmal mit dem Papier des Herrn Beuth beginnen. Denn das Papier des Herrn Beuth hatte eine politische Funktion. Das geschah nahezu zeitgleich, als aus dem Kanzleramt über das „Handelsblatt“ die Nachricht kam – das war die Titelgeschichte –, dass die Kanzlerin der Auffassung ist, dass wir bis zum Jahr 2021 aus der Nutzung der Atomenergie aussteigen wollen und müssen.

Der Hintergrund ist ganz einfach. Man wollte damit ein Zeitfenster setzen, das vor dem Auslaufen des damaligen rot-grünen Atomkonsenses liegt. Zweitens ging es um eine ausschließliche Orientierung auf GuD-Kraftwerke. Darauf werde ich gleich noch einmal zu sprechen kommen. Denn Sie haben uns die Gelegenheit gegeben, noch ein bisschen in der Sache zu diskutieren.

In dieser Phase hat die Union Hessens zusammen mit der Sachsens und der Thüringens einen Bremsklotz hineingehauen. Denn Sie haben gesagt: Wir wollen keinen übereilten Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie. – Sie haben versucht, das, was im Kanzleramt gedacht wurde, zu bremsen, weil es in Ihren eigenen Reihen erhebliche Auseinandersetzungen darüber gibt. Das war die politische Funktion dieses Papiers.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Dazu haben Sie heute im Prinzip keine Klarstellung vorgenommen. Ich habe Sie ausdrücklich gebeten, zu dem Atomkraftwerk Biblis, Block A und B, Ihre politische Position zu sagen.

(Günter Rudolph (SPD): Dazu hat er kein Wort gesagt!)

Dazu haben Sie wieder nichts gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie sind „herrlich“ unverbindlich geblieben, wie Sie es übrigens in Ihrer gesamten Regierungserklärung waren. Das war doch das Problem der Regierungserklärung. Sie haben in der Substanz doch nichts gesagt. Sie haben immer gesagt, was Sie nicht wollen und wo Sie Probleme sehen. Natürlich haben Sie dabei 50 % der Probleme richtig beschrieben.

Sie geben keine Antworten. Deswegen sage ich es Ihnen noch einmal: Die Einzigen, die liefern, sind Sozialdemokratie und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Union und FDP sind die Antworten bisher schuldig geblieben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt dann auch für die zweite Erkenntnis. Sie stellen sich hierhin und reden von dem „naiven Glauben“ an die erneuerbaren Energien. Herr Ministerpräsident, mit dieser Formulierung haben Sie sich heute entlarvt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Es geht hier um die ökonomischen, die ökologischen und die sozialen Zukunftschancen unseres Landes, die Sie verweigern. Deswegen will ich Sie noch einmal mit den Herausforderungen konfrontieren. Wir haben auf der einen Seite die Frage des Atomausstiegs. Auf der anderen Seite haben wir die Frage der CO2-Reduzierung. Ich will noch einmal wiederholen, was ich im Energiegipfel schon gesagt habe: Wir sind verpflichtet – Ihre Kanzlerin hat das in Brüssel mit unterschrieben, formal ist sie auch meine Kanzlerin –, und das heißt, wir werden den CO2-Ausstoß bis 2050, nach dem, was wir unter Ihrer Führung verabredet haben, um 95 % reduzieren müssen.

Nun will ich Ihnen ausdrücklich sagen, denn das Thema der energieintensiven Industrien ist ein schönes, darum geht es ja auch: Wir werden in bestimmten industriellen und landwirtschaftlichen Sektoren nicht auf eine Nullemission kommen. Das hat massive Auswirkungen auf Stromproduktion, Wärmeproduktion, Gebäudesanierung und den Verkehrssektor, wo wir annähernd null erreichen müssen. Dazu haben Sie sich völlig zu Recht verpflichtet. Darauf bleiben Sie wieder einmal jede Antwort schuldig. Sie sagen dazu nichts.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Einzige, was dann kommt – ich will die Polemik nicht erneuern –, war nach dem Motto, ich sei nicht der energiepolitische Sprecher. Der Ministerpräsident ist das im Übrigen auch nicht. Er hat sich trotzdem dazu geäußert. Dann ruft Herr Rentsch rein: Wo sind Ihre Zugeständnisse? – Ich will es Ihnen noch einmal im Klartext sagen: Es geht hier nicht um Gesichtswahrung. Es geht darum, wie wir den schnellstmöglichen Atomausstieg ermöglichen. Wir haben hier nicht formuliert, dass das morgen alles passiert sein muss. Ich habe von 2020 geredet.

Wir haben zweitens die Herausforderung, den CO2-Ausstoß bis 2050 um 95 % zu reduzieren. Wie wollen Sie das eigentlich mit großtechnischen Anlagen, die kohlebefeuert sind, bei Wirkungsgraden von um die 50 % realisieren? Das funktioniert nicht. Sie brauchen intelligentere Antworten. Herr Ministerpräsident, deswegen hilft es nichts, als Regierung immer nur das Parlament zu befragen und darauf zu hoffen, dass das Parlament die Fragen beantwortet. Wir haben Ihnen gesagt, wie es gehen kann. Wir sind nicht absolut sicher, weil wir nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen haben, dass das sozusagen der Weisheit letzter Schluss ist. Herr Ministerpräsident, wir erwarten aber von Ihnen, dass Sie endlich liefern.

(Beifall bei der SPD)

Damit will ich zur letzten Bemerkung kommen. Wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun, aus dem Hessischen Energiegipfel auszusteigen. Das Thema ist uns viel zu wichtig. Wir erwarten aber von Ihnen, dass Sie endlich liefern. Ein Konsens wird nur möglich sein, wenn wir endlich wissen, was Sie eigentlich wollen. Da hilft es nicht, wenn Sie immer nur Nein, Nein, Nein sagen. Sie müssen irgendwann einmal sagen, wie Sie es wollen. Dafür sind Sie gewählt worden, zumindest bis 2013. Wir werden energisch