Protokoll der Sitzung vom 08.06.2011

Jetzt kommen wir zu Tagesordnungspunkt 11:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Hessisches Vergabegesetz – HVgG) vom 17. Dezember 2007 (GVBl. I S. 922) – Drucks. 18/4103 zu Drucks. 18/1075 –

Hierzu ist Berichterstatterin Frau Kollegin Waschke.

Dieser Punkt wird aufgerufen zusammen mit Tagesordnungspunkt 12:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Förderung und Stärkung kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen sowie der Freien Berufe und zur Vergabe öffentlicher Aufträge (Hessisches Mittel- standsförderungs- und Vergabegesetz) – Drucks. 18/4104 zu Drucks. 18/3211 –

Auch hierzu ist Berichterstatterin Frau Kollegin Waschke. Ich darf Ihnen zur Berichterstattung das Wort erteilen.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge, Drucks. 18/1075.

Beschlussempfehlung: Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimme der LINKEN bei Stimm enthaltung von SPD und GRÜNEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

Zweitens. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Förderung und Stärkung kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen sowie der Freien Berufe und zur Vergabe öffentlicher Aufträge, Drucks. 18/3211.

Beschlussempfehlung: Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung von GRÜNEN und LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

(Beifall der Abg. Brigitte Hofmeyer und Timon Gremmels (SPD))

Vielen Dank, Frau Kollegin Waschke. Ja, das reicht. – Die erste Wortmeldung kommt nun von Herrn Kollegen Lenders.

(Widerspruch der Abg. Sabine Waschke (SPD) – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das geht nicht! – Gegenruf des Abg. Leif Blum (FDP): Das ist doch egal!)

Dann müssten Sie das irgendwie vorher signalisieren. Herr Lenders hat sich jetzt zuerst gemeldet. Frau Waschke hat sich noch gar nicht gemeldet. Da muss man sich auch ein bisschen an die Regeln halten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr gut! – Janine Wissler (DIE LINKE): Wir sind die Antragsteller! – Wortmeldung des Abg. Leif Blum (FDP))

Herr Kollege Blum, zur Geschäftsordnung.

(Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin, es ist doch eine zweite Lesung. Der Gesetzentwurf wird in erster Lesung von der antragstellenden Fraktion eingebracht – aber in der zweiten Lesung sind die Wortmeldungen doch frei.

(Günter Rudolph (SPD): Der Kollege Heidel klärt es doch gerade auf! Der Zettel wurde doch schon abgegeben, da war Herr Lenders noch im Mittagsschlaf! – Gegenrufe von der CDU)

Also zur Befriedung: Es ist üblicherweise so, dass diejenigen Fraktionen, die Gesetzentwürfe einbringen, selbstverständlich als Erste das Rederecht haben: zur Einbringung der Gesetzentwürfe. Des Weiteren ist es selbstverständlich so, dass nach der Geschäftsordnung die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident entscheidet, wer reden darf.

Ich möchte Frau Kollegin Waschke mitteilen, dass ihre Wortmeldung hier aufgetaucht ist. Allerdings wurde die schon direkt nach der Mittagspause abgegeben. – Vielleicht einmal an alle Kolleginnen und Kollegen: Wir haben hier Amtswechsel. Es ist durchaus sinnvoll, bevor ein Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, sich zu vergewissern, ob die Wortmeldung hier noch liegt – wenn sie schon so lange abgegeben worden ist.

Zur Befriedung der Situation hat sich der Kollege Lenders schon gesetzt. – Herr Kollege Rudolph möchten Sie jetzt noch zur Geschäftsordnung sprechen oder nicht? – Dann Herr Kollege Rudolph zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir legen seitens der SPD-Fraktion Wert auf die Feststellung, dass die Frau Kollegin Waschke frühzeitig, aber korrekt und offensichtlich als Erste ihre Wortmeldung abgegeben hat. Wir bitten dann, auch entsprechend der Geschäftsordnung zu verfahren.

Ja, wie gesagt: Nach der Geschäftsordnung darf hier die amtierende Präsidentin, der amtierende Präsident entscheiden. Ich entscheide jetzt, dass Frau Kollegin Waschke das Wort hat.

(Beifall bei der CDU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedauere es, dass zu so fortgeschrittener Stunde ein solches Durcheinander passiert ist. Aber ich habe meine Wortmeldung so abgegeben, wie ich es für richtig gehalten habe. Tut mir leid.

(Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) und Florian Rentsch (FDP))

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, dass wir uns jetzt in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der SPDLandtagsfraktion über ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz sowie des Gesetzentwurfs der LINKEN für ein Vergabegesetz befinden. Zu dem Gesetzentwurf der LINKEN möchte ich sagen, dass wir als SPD uns dabei enthalten werden. Zwar gibt es viele Übereinstimmungspunkte zwischen Ihrem Gesetzentwurf und unserem, aber wir halten unseren für den weiter gehenden.

(Beifall bei der SPD)

In der Anhörung wurde es allgemein begrüßt, dass die SPD den Vorstoß unternommen hat, das hessische Mittelstandsförderungsgesetz aus dem Jahr 1974 endlich zu novellieren. Weiterhin wurde begrüßt, dass wir die Beteiligungsrechte der kleinsten, kleinen und mittleren Betriebe institutionalisieren wollen. Wir schlagen einen Mittelstandsbeirat vor, der die Landesregierung und die Kommunen beraten soll. Mit einer Mittelstandsklausel sollen in Zukunft die Auswirkungen von Rechtsvorschriften und Verordnungen auf den Mittelstand untersucht und gegebenenfalls angepasst werden. Auch das wurde in der Anhörung begrüßt.

Mit unserem Änderungsantrag wollen wir die Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben intensivieren. Daher schlagen wir vor, die Kontrollen bei Landesbehörden anzusiedeln, beispielsweise bei den Regierungspräsidien. In Hamburg hat das gut funktioniert – so jedenfalls gibt es der Evaluierungsbericht der Soko Hamburg wieder.

Auch der Vergabeteil unseres Gesetzentwurfs fand Anerkennung, insbesondere vor dem Hintergrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die seit dem 1. Mai gilt. Nun dürfen Bürgerinnen und Bürger aus den osteuropäischen EULändern uneingeschränkt bei uns arbeiten.

Meine Damen und Herren, das finden wir als SPD per se nicht falsch. Aber es braucht verlässliche Rahmenbedingungen,

(Beifall bei der SPD)

um Dumpingkonkurrenz über die Löhne zu vermeiden. Auch das war übrigens ein eindeutiges Ergebnis der Anhörung: Wir dürfen hier in Hessen nicht, wie befürchtet wurde, zur „Hochburg des Lohndumpings“ werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit unserem Gesetzentwurf haben wir diese Rahmenbedingungen geschaffen, indem wir bestimmte Kriterien für die Vergabe öffentlicher Aufträge festgeschrieben haben. Damit schützen wir faire Betriebe und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Tariftreue binden; andere Bundesländer haben das bereits vorgemacht. Weitere Kriterien können die Beteiligung an der Erstausbildung und die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sein.

Meine Damen und Herren, um den Anwendungsbereich unseres Gesetzes über die in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommenen Bereiche auszudehnen, schlagen wir als SPD mit unserem Änderungsantrag die Festschreibung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € vor.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der Kollege Decker hat heute Morgen schon einiges dazu gesagt. Der Mindestlohn findet sich bereits in anderen Ländergesetzen wieder, wie z. B. in Rheinland-Pfalz oder wie in Thüringen; da wurde es übrigens gemeinsam von SPD und CDU verabschiedet.

(Zuruf von der SPD: Ui!)

Unser Gesetzentwurf schützt kleine und mittlere Betriebe und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Konkurrenz einzig über die Löhne. Denn bisher ist das einzige Kriterium der Vergabe der öffentlichen Hand der Preis. Mit unserem Gesetzentwurf geben wir den Kommunen aber jetzt die Möglichkeit, auch andere Kriterien zu berücksichtigen. Das macht nach unserer Auffassung auch Sinn; schließlich geht es hier um die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wir hätten uns sehr gewünscht, dass wir mit unserem Gesetzentwurf eine Basis gefunden hätten, um darüber konstruktiv zu diskutieren, im Sinne der kleinen und mittleren Betriebe in Hessen und ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie wenigstens den guten Willen gezeigt hätten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie bis heute überhaupt nichts selbst vorgelegt haben.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wir machen eines!)

Ich habe jetzt gehört, dass am Freitag etwas passiert, Herr Kollege Arnold. Aber Ihre Fraktionskollegin Lannert hat bereits am 25. Februar 2010 in der „FAZ“ gesagt: So ein Mittelstandsförderungsgesetz brauchen wir in Hessen überhaupt nicht. – Das hat sich offensichtlich bei der CDU jetzt doch geändert.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das hat sie nicht gesagt!)

Ich habe zitiert, das können wir gern nachlesen. – Der Kollege Lenders von der FDP befürchtet viel zu viel Bürokratie. Aber das hören wir bei jeder Gelegenheit von der FDP. Das scheint so eine Art Totschlagargument zu sein.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Nein, er hat recht!)