Protokoll der Sitzung vom 07.06.2011

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Junge, Junge!)

Aus diesen Erfahrungen heraus kämpfen die Kolleginnen und Kollegen der Druckindustrie in diesen Wochen erneut um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze durch die 35-Stun

den-Woche wie auch für eine angemessene Lohnerhöhung.

Würde die Arbeitszeit auf 40 Stunden heraufgesetzt werden, wären von den 10.000 Arbeitsplätzen in der hessischen Druckindustrie mehr als 1.000 direkt bedroht. Gleiches gilt für die 1.400 Redakteurinnen und Redakteure in den hessischen Zeitungsverlagen, wo die Arbeitszeit von derzeit 36,5 Wochenstunden auf 40 Stunden erhöht werden soll.

Seit vielen Jahren schon sind die Beschäftigten in der Druckindustrie von Arbeitsplatzvernichtung, Reallohnverlusten und der Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bedroht. Auch in den Zeitungsredaktionen soll künftig nach Arbeitgebervorstellungen bis zu 25 % weniger gezahlt werden.

Auch hier gilt, nach jahrelanger faktischer Vernichtung der Arbeit, dass ein guter Journalismus immer schwieriger wird. Deshalb werden heute Morgen Zehntausende Bürgerinformationen der Gewerkschaft ver.di zu den Streiks in den Druckereien und Zeitungsverlagen verteilt, damit die Bevölkerung informiert wird. Denn in ihren Tageszeitungen können sie darüber natürlich nur sehr wenig lesen.

Deshalb treffen sich am heutigen Vormittag auch mehrere Tausend Streikende auf dem Frankfurter Römerberg zu einer zentralen Streikversammlung. Deshalb tragen wir dieses Thema hier und heute in den Hessischen Landtag, um unsere Solidarität zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Forderungen von ver.di und den Journalistenorganisationen DJV und dju nach Wiedereinsetzung der gekündigten Manteltarifverträge, gleichem Lohn für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer und 5 % Lohnerhöhung sind berechtigt.

Deshalb haben wir einen Dringlichen Entschließungsantrag vorgelegt, der auch Ihnen die Möglichkeit bietet, sich ebenfalls zu solidarisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Schaus, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Rudolph für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schaus, wir werden uns inhaltlich mit dem Antrag Ihrer Fraktion nicht auseinandersetzen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr gut!)

Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen: Das ist zum wiederholten Male der Versuch, die Tarifautonomie im Hessischen Landtag zu diskutieren und zu thematisieren.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich verweise auf Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz. Da steht etwas zur Koalitionsfreiheit und zur Tarifautonomie. Das sind Rechte, die von den Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei hart erkämpft wurden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Schaus, Sie sollten deswegen diese Rechte auch ernst nehmen. Denn das funktioniert in diesem Staat.

Das sagt nichts darüber aus, dass wir Sympathie für Arbeitszeitverkürzung haben, wenn es darum geht, Arbeitsplätze zu schaffen, zu sichern und zu stabilisieren, und wenn es darum geht, dass die Mitarbeiter eine angemessene Vergütung erhalten sollen. Aber genau das ist die Aufgabe der Tarifpartner. Dazu brauchen wir starke Gewerkschaften. Wir wollen das. Wir stellen das auch nicht infrage.

Herr Kollege Schaus, deswegen ist der Hessische Landtag der falsche Ort, sich mit dem Inhalt dieses Dringlichen Entschließungsantrages und der derzeitigen Tarifauseinandersetzung zu befassen. Das sollten Sie respektieren. Sie kommen aus dem Gewerkschaftslager. Ich glaube, Sie würden sich Einmischung von anderen wirklich verbitten. Das sollte dann fairerweise auch für die Fraktion DIE LINKE gelten.

(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben Vertrauen in die Kampffähigkeit der Gewerkschaften, diese Tarifauseinandersetzung zu führen. Da gehört das hin. Denn das ist ein Grundrecht. Das sollten wir gemeinsam ernst nehmen und respektieren.

Herr Kollege Schaus, lassen Sie es deswegen, das mit diesen Initiativen zum wiederholten Mal im Landtag zu thematisieren. Wir werden uns deswegen an der Abstimmung nicht beteiligen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist aber inkonsequent!)

Herr Kollege Rudolph, vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Abg. Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, ver.di würde sich dagegen verwahren. Es ist doch mehr als peinlich, dass sich ein ver.di-Funktionär im Hessischen Landtag hierhin gestellt und darum gebeten hat, dass unter anderem Christean Wagner per Handaufheben den Forderungen der Gewerkschaft zustimmt. In welcher Welt leben Sie denn?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Man kann doch nicht so daneben sein. Das ist jetzt sozusagen die zweite Auflage. Erst hat Herr Bothner angefangen, hier auf der Tribüne zu singen. Danach versucht die LINKE, die Tarifauseinandersetzung in den Landtag zu bringen. Das nützt doch der Gewerkschaft und ihren Positionen nichts. Das schadet ihr nur.

Sie wollen nur billig heute Mittag auf dem Römerberg sagen können, Sie hätten Solidarität erklärt, und die anderen hätten nicht mitgemacht. Dafür ist das Parlament wirklich nicht da.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Genau so ist es!)

Die Gewerkschaft ver.di ist stark genug, ihre Tarifauseinandersetzung, die auch wir mit Sympathie begleiten, mit ihrer Gegenseite, also mit den Arbeitgebern, zu führen, und zwar in Autonomie. Was bisher an Mitteilungen kam, deutet nicht darauf hin, dass sie schwach sind und darum bitten, dass der Hessische Landtag sie unterstützen möge.

Das Mitglied der SPD hat zuvor geredet. Daher kann die SPD sich das Privileg herausnehmen, sich an der Abstimmung nicht zu beteiligen. Alle zusammen können das nicht, denn dann würde es eine Mehrheit für den Dringlichen Entschließungsantrag mit sechs Stimmen geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der FDP und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir lehnen deswegen den Dringlichen Entschließungsantrag ab. Die Gründe sind hinreichend erläutert. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Kollege Frank Kaufmann, vielen Dank. – Die nächste Wortmeldung stammt von Abg. René Rock von der FDPFraktion.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die FDP stimmt zu!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Aus Respekt vor den laufenden Tarifverhandlungen und wegen einigem, was die Kollegen hier bereits gesagt haben, werden auch wir uns an dieser Debatte nicht beteiligen. Im Gegensatz zu den Mitgliedern der SPD werden wir den Dringlichen Entschließungsantrag aber ablehnen, damit Sie vielleicht lernen, dass das nicht der richtige Platz für solche Diskussionen ist. – Danke.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Burghardt von der CDU-Fraktion.

(Zuruf: Herr Burghardt, jetzt aber kürzer!)

Kürzer? – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf die Rede des René Rock. Auch die Mitglieder der CDU-Fraktion werden den Dringlichen Entschließungsantrag ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Staatsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen der Redner mit Ausnahme derer des Herrn Schaus anschließen. Das Aushandeln der Tarifverträge ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionsfreiheit. Das ist in der Verfassung in Art. 9 Abs. 3 kodifiziert.

Lassen Sie mich nur eine Bemerkung machen. Das Recht, das auf diese Art und Weise im Grundgesetz kodifiziert wird, stellt eine besondere Errungenschaft dar, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil die Verfassung den Tarifvertragsparteien für ihren Bereich eine rechtsetzende Funktion gegeben hat. Denn die Tarifverträge sind für die Tarifvertragsparteien und die Arbeitnehmer bindendes Recht.

Da wird etwas von der Gesetzgebung an die Tarifvertragsparteien delegiert. Es ist deshalb wirklich nicht nachvollziehbar, dass dieses Plenum dazu missbraucht werden soll, dazu noch einmal Stellung zu nehmen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)