Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

(Wolfgang Greilich (FDP): Da hat er wenigstens mal recht gehabt!)

Dort wurde auch glasklar vorgerechnet – Herr Greilich, Sie waren ebenfalls anwesend –, wie sich die Personalsituation in den letzten Jahren verschlechtert hat. Da Herr Reißer von einem „vorübergehenden Zustand“ gesprochen hat, will ich hierzu einige erhellende Zahlen nennen.

Im Jahr 1999 gab es in Hessen noch 19.100 Polizeibedienstete. Seither wurden 3.648 Beamtinnen und Beamte in den Ruhestand versetzt, aber nur 3.232 ausgebildet. Das ergibt ein Minus von 416 Personen.

In dieser Zeit hat die Zahl der Beschäftigten – übrigens allein in den Präsidien, also im Einzeldienst, um den es hier geht – um 823 abgenommen. Dazu kommen noch 360 Stellenstreichungen bei Beamtinnen und Beamten und 608 Stellenstreichungen bei Tarifbeschäftigten, insbesondere seit 2004. Zusammen ergibt das laut Gewerkschaft der Polizei in Hessen ein Minus von 1.384 Stellen. Das ist ein Personalabbau von 7,3 %.

Die Gewerkschaft macht eine weitere Rechnung auf: In derselben Zeit gab es auch neue Stellen, nämlich in Ihrem Haus, Herr Innenminister Bouffier. Ausweislich der Stellenpläne im Haushalt gab es eine Steigerung von 227 auf 417 Stellen. Das ist ein Plus von 190 Stellen bzw. eine Steigerung um 83,7 %.

Ihr unmittelbarer Arbeitsbereich wächst und wächst, während insbesondere in den ländlichen Gebieten die Personalreserven ausgedünnt werden. Immer mehr Stellen müssen zu reinen Tagesdienststellen umgewandelt werden. Die Verbrecher – Diebe, Gewalttäter – halten sich aber leider nicht an Tageszeiten; sie halten sich schon gar nicht daran, ihre Taten zwischen 8 und 17 Uhr zu begehen. Herr Minister, das lassen sie sich noch nicht einmal per Gesetz vorschreiben.

Gegen diesen Personalabbau hilft auch nicht die Einführung einer Laienpolizei, des sogenannten freiwilligen Polizeidienstes,

(Zuruf des Abg. Rafael Reißer (CDU))

und es hilft auch wenig, wenn durch die verstärkte Einstellung von Wachpolizisten faktisch die Wiedereinführung eines dreigeteilten Dienstes – quasi durch die Hintertür – vorgenommen wird.

Gern werden von Ihnen die technischen Verbesserungen in den Vordergrund geschoben. Diese technischen Verbesserungen wurden also mit weniger Personal und der Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden bezahlt; denn rein rechnerisch wurden 1.100 Stellen mithilfe der Arbeitszeitverlängerung eingespart.

Meine Damen und Herren, was nutzt aber die modernste Technik, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist, um diese zu bedienen? Gern argumentieren die Vertreter der CDU auch mit der jüngsten polizeilichen Kriminalstatistik 2008, die Sie, Herr Minister, noch vor den Landtagswahlen, am 8. Januar 2009, eiligst veröffentlicht haben.

Genutzt hat es Ihrer Partei zwar nicht,

(Rafael Reißer (CDU): Doch!)

dennoch freuen wir uns mit Ihnen über die Steigerung der Aufklärungsquote auf 57,1 %. Das ist aber nur ein Beleg für die hohe Qualität der polizeilichen Arbeit

(Rafael Reißer (CDU):Wo kam die denn her?)

und vor allem für das Engagement aller Beschäftigten der hessischen Polizei. Dieses Ergebnis ist umso höher zu bewerten, wenn man sich die täglichen Rahmenbedingungen betrachtet, die hier schon beschrieben wurden.

Die zunehmende Arbeitsbelastung spiegelt sich unter anderem in der Zahl von 2 Millionen Überstunden wider. Das lässt die anhaltend prekäre Personalsituation der Polizei nur noch deutlicher werden. Immer weniger Beschäftigte – –

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, ich komme gerade zu dem Thema. Ich habe es geahnt. – Immer weniger Beschäftigte müssen immer mehr Aufgaben erfüllen. Hierzu kommen auch zusätzliche Belastungen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Hören Sie doch einmal zu. – Hierzu kommen die zusätzlichen Belastungen durch eine Vielzahl Sondereinsätze bei Großveranstaltungen und Events. Mehr Personal und zeitgemäße Arbeitsbedingungen für alle in der hessischen Polizei Beschäftigten sind aber keine Wohltaten. Vielmehr ist dies auf dem Land wie in der Stadt zwingend erforderlich.

Zum Abschluss meiner Rede möchte ich nochmals etwas frei nach Frank Lehmann sagen. Politiker sollten es endlich einsehen: Die Polizei – –

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Frömmrich.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dass Sie einen Börsenjournalisten zitieren!)

Sie haben lange gebraucht, fünf Minuten, das festzustellen.

Herr Kollege Schaus, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Ich will also nochmals etwas frei nach Frank Lehmann wiedergeben, den ich durchaus für einen sympathischen Journalisten halte. Politiker sollten es endlich einsehen: Die Polizei muss viele Herausforderungen bestehen. – Vielen Dank.

(Axel Wintermeyer (CDU): Er bekommt noch nicht einmal Applaus!)

Herzlichen Dank. – Das Wort erhält Herr Kollege Greilich von der FDP-Fraktion.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Herr Bellino, ich weiß, dass Ihnen das wehtut! – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Überhaupt nicht!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Stopp des Rückzugs der Polizei aus der Fläche“ hat die Fraktion der SPD über ihren Entschließungsantrag geschrieben. An anderen Stellen wird dann etwas mit vorsichtigen Formulierungen immer wieder kolportiert. Mit dem Gebrauch der passenden Worte wird versucht, eine Gefährdungslage in Hessen herbeizureden. Meine Damen und Herren, ich muss sagen: Das ist eine ziemlich billige Art und Weise, wie Sie hier mit dem Thema innere Sicherheit und dem Thema Polizei in Hessen umgehen.

In der Tat können wir feststellen und beobachten, dass es Veränderungen in der Organisation der hessischen Polizei gibt. Da und dort wird vor Ort umgruppiert. Zum Beispiel ist eine Dienststelle auch einmal nachts nicht besetzt. Dafür sind aber – das ist die andere Seite – mehr Streifen

unterwegs, die dann tatsächlich dort tätig werden, wo es darauf ankommt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das ist eine Frage vernünftiger Organisation.

Wir wissen sehr genau um die Belastung der hessischen Polizistinnen und Polizisten. Wir wissen, dass da ein schwieriger Dienst geleistet wird. Wir haben alle Hochachtung vor der Leistung, die die Beamtinnen und Beamten jeden Tag im Interesse unserer Sicherheit erbringen. Es ist wahrscheinlich die richtige Stelle, den Bediensteten der hessischen Polizei schlichtweg Danke zu sagen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren der SPD, Sie haben in diesen Tagen eine Presseerklärung herausgegeben, in der zu lesen war, die Bevölkerung spüre zunehmend Unsicherheit. So oder so ähnlich war die Formulierung. Oder es stand da, die Bevölkerung würde merken, dass die Sicherheitslage schlechter werde. Ich habe eine etwas andere Wahrnehmung.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist aber Ihr Problem!)

Herr Kollege Rudolph, das ist vielleicht ein Problem, aber sicherlich nicht meines. Ich denke an die Wahrnehmungsstörungen, die es in Ihrer Partei in den letzten Monaten und Jahren gegeben hat.Das Problem ist also an anderer Stelle angesiedelt.

Wenn ich mit den Menschen spreche, nehme ich nicht etwa wahr, dass sie Verunsicherung spüren. Vielmehr nehme ich wahr, dass sie zur Kenntnis nehmen, dass Hessen eines der sichersten Bundesländer überhaupt ist. Die Menschen in Hessen spüren die Sicherheit. Das ist das Verdienst unserer Polizei.

Wir haben eine Personalverstärkung vereinbart.Schon im Jahre 2008 wurde damit begonnen.Wir haben 550 Polizeianwärter im Jahr 2008 eingestellt.Auch im Jahr 2009 werden 550 Anwärter in den Polizeidienst gehen. Das kommt erst mit einer gewissen Verzögerung im Tagesdienst an. Aber es wird ankommen.

Die genaue Zahl habe ich nicht. Sie ändert sich täglich. Aber derzeit haben wir ca. 13.800 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Hessen. Wenn die jetzt eingestellten Jahrgänge die Ausbildung abgeschlossen haben werden, werden wir der Größenordnung nach wahrscheinlich bei über 14.000 Beamtinnen und Beamten liegen.

Meine Damen und Herren, das ist eine ganz wichtige Botschaft: Das sind echte Polizistinnen und Polizisten. Wenn man das will, kann man die angreifen. Die sind nicht nur virtuell – –

(Günter Rudolph (SPD): Nein, das wollen wir nicht! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gehen Sie einmal nach Witzenhausen! Dort sind sie blechern!)

Herr Rudolph, Sie sollten das sehr genau zur Kenntnis nehmen. Das sind nämlich nicht nur irgendwelche virtuellen Polizisten. Herr Schaus, es handelt sich nicht um virtuelle Polizisten, die irgendwo auf dem Papier stehen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE):Herr Greilich,ich weiß das!)

Ich sage: Jetzt sind es 13.800. Demnächst werden es wahrscheinlich über 14.000 sein. Als Sie im Jahre 1999 die Regierung übergeben haben,

(Günter Rudolph (SPD): Ich weiß gar nicht mehr, wann das war! Das ist so lange her!)

Herr Kollege Rudolph, da waren es 12.800 echte Beamte. Es zählt nicht das, was auf dem Papier steht, sondern wie die Lage tatsächlich ist.