Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

der hat erstens eine besondere moralische Verantwortung, sich dafür einzusetzen, dass gerade so etwas nicht mehr vorkommt, dass gerade so etwas bekämpft wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): Erbärmlicher Vortrag, Herr Kollege!)

Zweitens. In einem Bundesland, in dem sich Steuerfahnder öffentlich hinstellen und darüber beschweren, dass sie von den Behörden daran gehindert werden, Steuerzahlern besonders auf die Finger zu schauen,

(Zurufe von der CDU)

hat die Landesregierung auch eine besondere moralische Verantwortung, sich dafür einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Weiß, die fünf Minuten sind überschritten. Letzter Satz, bitte.

Es gibt auch eine Einnahmeverantwortung in der Hessischen Verfassung zur Schuldenbremse, die die CDU mitgetragen hat. Wenn dieses Abkommen Wirklichkeit wird, verzichten wir auf einen gravierenden, zweistelligen Milliardenbetrag. Das widerspricht der Einnahmeverantwortung. Tun Sie alles dafür, um dieses Abkommen zu verhindern.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Peter Beuth (CDU): Erbärmlicher Vortrag!)

Danke, Herr Weiß. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt ihr Vorsitzender van Ooyen.

(Peter Beuth (CDU): Auch wahrscheinlich wieder frei von Sachkenntnis!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann an das anknüpfen, was der Kollege Weiß sagte, weil wir uns gemeinsam erst am Montag im Untersuchungsausschuss damit beschäftigt haben, wie in Hessen mit Steuerfahndern umgegangen wird, wenn diese ihrer Pflicht nachgehen und Steuersünder verfolgen. Bisher konnte man den Eindruck haben, dass es nur in Hessen so sei, dass regierende Politiker engagierte Steuerfahnder für verrückt halten.

(Peter Beuth (CDU): Das ist doch Unsinn! Dafür haben Sie keinen einzigen Beleg!)

Aber offensichtlich scheint dies auch im Bundesfinanzministerium so zu sein.

(Peter Beuth (CDU): Das ist doch lächerlich, was Sie hier machen!)

Anders kann ich mir nicht erklären, dass jetzt ein Steuerabkommen mit der Schweiz unterschrieben wurde, nach dem die Bundesrepublik keine Möglichkeit mehr hat, nachzuprüfen, ob alle Steuerpflichtigen ihre Steuern auch ordentlich gezahlt haben.

Das, was unterschrieben wurde, ist offensichtlich die internationale Variante der hessischen Amtsverfügung 18 aus 2001, mit der Steuerfahnder angehalten wurden, es mit der Verfolgung von Steuerhinterziehern nicht ernst zu nehmen. Auch bei diesem Steuerabkommen werden letztendlich die Ehrlichen wieder zu den Dummen gemacht.

Es ist geradezu ein fatales Zeichen, dass das Bundesfinanzministerium in Kauf nimmt, diejenigen, deren Steuervergehen noch nicht bekannt sind, besserzustellen als die, die sich selbst angezeigt haben. Das kann doch wirklich nicht ernst gemeint sein – oder ist es das?

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu kommt, dass nachträglich unversteuertes Geld pauschal versteuert wird und so legalisiert werden soll. Entschuldigung, so etwas ist im deutschen Steuerrecht nicht vorgesehen. Das ist glatter Rechtsbruch.

(Beifall bei der LINKEN)

Man muss sich ernsthaft überlegen, ob nicht endlich eine Staatsanwaltschaft tätig werden muss, um gegen diejenigen zu ermitteln, die sich hier der Strafvereitelung im Amt schuldig machen. Dafür führen Sie für Superreiche eine Pauschalbesteuerung ein, die sie deutlich besserstellen dürfte, als dies nach deutschem Steuerrecht bisher der Fall ist.

Im Klartext: Dieses Abkommen ist die Steuersenkung der FDP für Reiche und Superreiche. Davon profitieren wieder nur die Banken in der Schweiz und deutsche Steuerverbrecher. Bezahlen werden wieder die ehrlichen Steuerzahlen und diejenigen, die von der Kürzung öffentlicher Leistungen betroffen werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, das können wir nicht hinnehmen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, diesen Unsinn im Bundesrat zu stoppen. Es kostet Hessen Geld. Allein deshalb sollte uns allen daran gelegen sein. Mein Optimismus in Bezug auf diese Regierung, besonders auf die SPD, ist allerdings eher gering.

(Leif Blum (FDP): Die SPD regiert doch gar nicht!)

Entschuldigung, die FDP. Zur SPD komme ich noch.

(Lachen bei der CDU und der FDP)

Zur SPD komme ich noch. Was die SPD-regierten Länder angeht, müssen wir erst einmal abwarten. Schließlich haben verantwortliche Sozialdemokraten immer nur davon geredet, die Kavallerie in die Schweiz zu schicken. Passiert ist in diese Richtung bisher wenig.

(Norbert Schmitt (SPD): Friedensbewegung!)

Frei nach Bertolt Brecht könnte man sagen: Die Geschichte wiederholt sich, einmal als hessisches Drama und einmal als bundesdeutsche Farce. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Danke, Herr Schaus. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Caspar zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD hat eine Aktuelle Stunde beantragt. Hessen soll das Steuerabkommen mit der Schweiz ablehnen. Dazu muss man als Erstes feststellen: Wer war es, der dieses Steuerabkommen initiiert hat? Das war schließlich ein Finanzminister mit dem Namen Steinbrück.

(Peter Beuth (CDU): Aha, der Kanzlerkandidat!)

Das ist jemand, der aus der SPD kommt – für diejenigen, die das vielleicht vergessen haben –

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

jemand, der jetzt Kanzlerkandidat werden soll, aber offensichtlich nicht mit Unterstützung der hessischen SPD.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wer sagt das denn?)

Sonst würden Sie diesen Punkt nicht aufrufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Man soll nicht alles glauben, was im „Spiegel“ steht!)

Was ist Faktum bei diesem Abkommen? Bei diesem Abkommen ist das Entscheidende, dass Kapitaleinkünfte von Deutschen in der Schweiz mit der gleichen Abgeltungsteuer belegt werden sollen wie in Deutschland. Das bedeutet doch, dass es für Deutsche in Zukunft nicht mehr interessant ist, ihr Geld in die Schweiz zu bringen, weil sie dort genauso besteuert werden wie in Deutschland.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie reden über die Vergangenheit?)

Wenn das der Fall ist, bedeutet das doch auch, dass jeder, der bisher daran gedacht hat, sein Geld in die Schweiz zu bringen, es in Zukunft nicht mehr tun wird, weil er dort keine Steuervorteile hat. Das bedeutet wiederum, dass es eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland ist. Das wiederum bedeutet – deswegen bin ich so entsetzt, dass ein solcher Antrag ausgerechnet von der SPD kommt – eine Stärkung des Arbeitsmarktes am Finanzstandort Frankfurt am Main.

(Lachen des Abg. Marius Weiß (SPD))

Was Sie hier mit Ihrem Antrag betreiben, schadet eindeutig Hessen. Es schadet den Arbeitsplätzen am Finanzplatz. Es ist von daher nicht nachvollziehbar, weshalb Sie in dieser Form agieren.

Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Altfälle kennen wir noch nicht die Details.

(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber stimmen schon mal zu!)

Entscheidend ist aber doch, dass es zu einer Lösung kommen muss, damit diejenigen, die wissen, dass sie in Zu

kunft mit ihren Konten in der Schweiz genauso steuerlich herangezogen werden wie in Deutschland, motiviert werden, ihr Geld nach Deutschland zu bringen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Geldwaschanlage!)