Auch der Hessische Rechnungshof hat im Jahr 2009 in einem ausführlichen Prüfbericht dazu Stellung genommen und letztlich die gleichen Punkte angemahnt. Ich will das nicht im Einzelnen ausführen. Aber auch das lässt sich mit einer Kommunalisierung nicht erreichen.
Deshalb üben wir uns nicht in einfachen, populistischen Schnellschüssen wie die GRÜNEN, wie Herr Kollege Wagner das so liebt. Wir sind vielmehr in intensiven und sorgfältigen Überlegungen und haben Ziele entwickelt, an deren konkreter Ausgestaltung wir in der Tat noch arbeiten müssen. Wir sind kurz vor dem Ziel, aber wir arbeiten, während Sie krakeelen. Das ist der wesentliche Unterschied.
Was wir erreichen wollen, ist, dass wir die Schulämter zu regionalen Beratungszentren für die Bürger entwickeln. Wir wollen näher an die Probleme von Eltern und Schülern heran. Wir zentralisieren nur die Dinge, die keinen Bezug zur Region haben.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deshalb „zentralisieren“ Sie?)
Die Zielrichtung dabei ist völlig klar: Die gesamte hessische Bildungsverwaltung wird von uns auf guten Unterricht ausgerichtet, in einer selbstständiger werdenden Schule. Deshalb wollen wir alle Institutionen der Bildungsverwaltung in einer Einheit zusammenfassen. Die Zusammenführung von Schulaufsicht, Amt für Lehrerbildung, Institut für Qualitätssicherung und Führungsakademie bedeutet in der Praxis: eine Institution und damit eine Fortbildungsstrategie, ein Fortbildungskonzept, eine Institution und damit ein Konzept zur Inspektion, Aufsicht und Beratung, eine Institution und damit ein optimaler Einsatz für die Sicherung und Weiterentwicklung von Unterrichtsqualität durch die Bündelung, eine Institution und damit die optimale Ausnutzung der personellen und finanziellen Ressourcen.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Bildungspolitik dieser Koalition, nämlich guter Unterricht, Ausbildung, Fortbildung, Beratung und Qualitätssicherung, werden in die neue Institution eingebracht, und sie kann mit der integrierten Arbeit beginnen.
Die besondere Herausforderung besteht in der Zusammenführung der Verwaltungsstrukturen als Serviceinstitutionen mit dem Ziel der Verbesserung des Service für alle schulischen Bildungsbereiche, insbesondere natürlich für die bereits erwähnten selbstständiger werdenden Schulen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle in aller Klarheit sagen: Wir verbinden mit der selbstständigen Schule nicht nur größere Autonomie der Schule im Sinne einer Selbstbewirtschaftung. Vielmehr rücken wir die Schule als Lebensraum in den Mittelpunkt. Deshalb müssen wir auch die Schule als eigentliche Stätte der Lehrerbildung mit viel größerem Gewicht in der Ausrichtung der Bildungsverwaltung berücksichtigen. Dazu werden wir die Verzahnung zwischen Lehrerausbildung und Schule verstärken und das auch in der Struktur der Verwaltung abbilden.
„Wir“ sind eine Koalition; wir haben in diesem Hause die Mehrheit. Herr Al-Wazir, auch wenn Sie es immer wieder bedauern, kann ich das nur wiederholen: Es ist schade für Sie, aber gut für das Land.
(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich finde es nur spannend, dass die Kultusministerin nichts sagt und Sie die Pläne der Kultusministerin erläutern!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was ich hier vorgetragen habe, ist ein Paradigmenwechsel, und dabei sei klargestellt – um der ständigen Verunsicherung der Mitarbeiter in der Verwaltung durch interessierte Personen wie den schulpolitischen Sprecher der GRÜNEN, Herrn Kollegen Wagner, entgegenzuwirken –: Die tatsächliche Wahrnehmung von sinnvollerweise zentralisierbaren Aufgaben kann in Zeiten moderner Kommunikation und Verwaltungsführung heutzutage auch dezentral erfolgen. Auch eine zentrale Bündelung von Verwaltungsaufgaben hindert uns deshalb nicht daran, die Arbeitsplätze insbesondere auf der Ebene der Sachbearbeitung dort vor Ort zu belassen, wo die Mitarbeiter auch heute schon arbeiten. Unnötige Wechsel des Dienstortes und entsprechende Wegstrecken werden durch eine intelligente Organisation der zentralen Verwaltung vermieden. Wir werden sie vermeiden.
Herr Präsident, wenn Sie mir meinen letzten Satz erlauben, fasse ich zusammen: Wir werden die Schulämter vor Ort, und zwar an allen bisherigen 15 Standorten, zu Beratungszentren mit bestmöglicher Unterstützung vor Ort umgestalten, und zwar für die Kommunen, die Lehrer und Schulleitungen, die Eltern und Schüler, die Referendare und ihre Ausbilder. Das ist ein Weg in die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eben hat der Aushilfskultusminister gesprochen! – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP): Ach, Herr Wagner!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt hat diese Aktuelle Stunde doch noch einigen Neuigkeitswert, denn das eigentlich Spannende an dieser Debatte ist, dass hier nicht der bildungspolitische Sprecher der FPD-Fraktion gesprochen und nicht die Kultusministerin ein Konzept vorgelegt hat, auf das wir seit Monaten warten, sondern Sie, Herr Greilich.
(Florian Rentsch (FDP): Wir wollen eben auch anderen die Chance geben, sich zu profilieren! – Lachen bei der SPD)
Das, denke ich, erklärt auch Ihren Bezug zu den Standorten der Staatlichen Schulämter, und warum im Hintergrund nicht die Kultusministerin aktiv geworden ist, sondern warum Sie in mehreren Gesprächen aktiv geworden sind, um diese Standorte zu erhalten. Legen wir also einmal offen, wie hier wirklich Politik gemacht wird.
Herr Greilich, trotz alledem, bevor ich mich mit Ihren Neuigkeiten befasse, die so ganz neu nun auch nicht sind, weil sie in der Bildungsverwaltung seit Monaten immer wieder als Gerücht diskutiert werden, möchte ich mich doch noch einmal mit der „unendlichen Geschichte“ der Kultusministerin befassen, denn die ist in der Tat sehr spannend. Wenn man einige Zitate von ihr hört – ab und zu lohnt sich das –, sieht man auch, in welche Widersprüche sie sich verwickelt hat, und da war nichts von dem in Rede, was Sie uns heute mitgeteilt haben, Herr Greilich.
Im März 2010 wurden die Schulämter das erste Mal darüber informiert, dass bis zum 31. Oktober dieses Jahres ein Projekt zur Neuausrichtung der staatlichen Schulaufsicht durchgeführt werden soll, und zwar unter der Prämisse des Erhalts der Standorte. Am 13. April 2011 kündigte die Kultusministerin an: „Wir werden noch im Sommer einen Plan zur Neuorganisation vorlegen, der dann langfristig umgesetzt wird.“ Noch bevor der Sommer kam, waren die Pläne zur Reduzierung der Standorte, mal von 15 auf 6 oder von 15 auf 9, in jeder Zeitung zu lesen, und die Verunsicherung der Beschäftigten führte zu einer Welle von Protestschreiben.
Nicht nur die Opposition lief Sturm gegen die Zerschlagung der Schulaufsicht, und dabei haben einige in den Koalitionsfraktionen eine tragende Rolle gespielt.
Am 19. Mai erklärte die Kultusministerin dann: „Ich sage klipp und klar: Die Frage, ob und wie viele Standorte es geben wird, steht ganz am Ende...der Aufgabenkritik und... ganz am Ende des Prozesses der Neuorganisation. Deswegen sind alle Wasserstandsmeldungen aus den Zeitungen Unsinn.“
In der Sommerpause kam dann fast verschämt und versteckt die Standortgarantie. Ich frage Sie daher: Ist denn der Prozess der Neuausrichtung inzwischen abgeschlossen oder nicht? – Wir sollten am Ende des Jahres einen Bericht vorliegen haben – das ist auch eine Aussage der Kultusministerin –, aber im Sommer hat sie entgegen ihren eigenen Aussagen festgestellt, unter anderem auf Druck der eigenen Koalition, dass das so nicht geht und dass die Standorte erhalten bleiben.
Sie hinterlassen einen Wald von Fragezeichen, und die einzige Feststellung, die man treffen kann, lautet: Das Verlässliche an Ihrer Politik ist ihre Unzuverlässigkeit, denn man kann sich heute nicht darauf verlassen, dass das kommt, was Sie gestern gesagt haben, Frau Kultusministerin.
Meine Damen und Herren, was auch klar ist, ist die Sparauflage aus dem Finanzministerium. Uns konnte bisher nicht klargemacht werden, wie in diesem Haushalt die Einsparsumme in Höhe von 68,3 Millionen € über die Einsparung bei den Referendar- und den Ausbilderstellen hinaus, und auch die steht noch in Fragezeichen, insgesamt erbracht wird, wenn ich nicht an die Schulämter die Axt anlege.
Herr Greilich, das, was jetzt geplant ist und seit letztem Jahr durch die Bildungsverwaltung geistert, heißt letztlich, dass Sie nur noch die Hüllen der Staatlichen Schulämter stehen lassen, dass Sie Fassaden stehen lassen und Potemkinsche Dörfer ausbauen, und dahinter ist kein Inhalt und keine Nähe mehr zu den Schulen, und es gibt keine Möglichkeit, die entsprechende Beratung und Unterstützung für die selbstständige Schule vor Ort aufzubauen.
Wir wollen nicht die Kommunalisierung der Schulaufsicht, aber wir wollen, dass es eine verbindliche Kooperationsstruktur auf Augenhöhe gibt, zwischen den Schulträgern auf der einen Seite und der Schulaufsicht auf der anderen Seite. Da nützt es uns nichts, wenn ein Landesschulamt die Richtung vorgibt, und vor Ort die Kontakte abgebrochen und die Verantwortungsstrukturen verändert werden.
„Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.“ – Wäre Goethe nicht schon im 19. Jahrhundert gestorben,
könnte man denken, er hätte die Bildungspolitik dieser Kultusministerin gemeint, und das ist traurig, Frau Henzler.