Protokoll der Sitzung vom 01.11.2011

Meine Damen und Herren, wenn wir darüber sprechen, wie sich die Dinge entwickelt haben, gehört dies dazu.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In der gleichen Sitzung hat mein Vorvorgänger im Amt, Ministerpräsident Eichel, wie folgt formuliert:

Denn es könnte sein..., dass eine Nichtweiterentwicklung des Flughafens Frankfurt ab einer bestimmten Stelle den Ausstieg Deutschlands aus der Konkurrenz der Weltflughäfen bedeutet,...

Das war seinerzeit die Überzeugung meines Vorvorgängers im Amt und die vieler anderer. Es war nicht die Überzeugung der gesamten Regierung und der sie tragenden Parteien. Folgerichtig und von dieser Überzeugung geleitet hat Kollege Eichel einen Mediationsprozess initiiert, der seit 1999 von meinem Vorgänger im Amt, Ministerpräsident Koch, fort- und durchgeführt wurde.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das sollten wir bei aller Unterschiedlichkeit in bestimmten Beurteilungen bestimmter Sachfragen nicht untergehen lassen: In diesem Verfahren wurde das Ob des Aus

baus geklärt. In dem anschließenden regionalen Dialogverfahren wurde das Wie dieses Ausbaus geklärt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das stimmt nicht!)

Mit diesen Einrichtungen wurden Informations- und Diskussionsplattformen geschaffen, die es allen Beteiligten ermöglichten, sich intensiv einzubringen. Frau Fuhrmann, damit das auch klar ist: Meinungsverschiedenheiten konnten und sollten nicht wegdiskutiert werden. Das war weder das Ziel, noch hätte man es erreichen können.

Es wurde eine Situation geschaffen, die es ermöglichte, dieses Riesenprojekt ohne Gewaltexzesse und Dauerstörungen zu verwirklichen. Deshalb gehört das heute auch hierher: herzlichen Dank all denen, die teilweise über viele Jahre diesen Dialogsprozess gestaltet haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, einmal zu sehen, dass kein vergleichbares Projekt in der Bundesrepublik Deutschland in einem solchen Zeitraum verwirklicht werden konnte: vom Beginn bis zur Inbetriebnahme etwas über 13 Jahre. Allein das förmliche Verfahren des Ausbaus der Startbahn West hat seinerzeit 19 Jahre gebraucht.

Meine Damen und Herren, deshalb möchte ich festhalten: Dieses Dialogverfahren hat sich rentiert und bewährt. Das sollten wir heute nicht unterschlagen.

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen es nur umsetzen!)

Ich füge noch eines hinzu. Gerade im Blick auf andere Großvorhaben, die in dieser Republik anstehen oder versucht werden zu verwirklichen, kann es Hessen mit Stolz erfüllen, dass es uns gelungen ist, in einer der dichtbesiedeltsten Regionen dieser Republik diese Mammutaufgabe ohne Gewaltexzesse und ohne Dauerstörungen zu bewältigen. Das ist etwas, was keineswegs selbstverständlich ist. Das ist etwas, worauf alle Beteiligten stolz sein können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dies zeigt unsere Fähigkeit, auch in schwierigen Sachverhalten zu entscheiden. Und dies zeigt unsere Fähigkeit, unsere Zukunftsfähigkeit entsprechend zu sichern. Wenn ich von diesem Dialogforum und von diesem Dialogprozess gesprochen habe, ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Dialog nicht beendet ist, sondern weitergehen muss. Die Landesregierung war, ist und bleibt für die Anliegen der Bevölkerung sensibel.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da müssen Sie selbst lachen!)

Herr Kollege Wagner, sehen Sie, das ist der Unterschied zwischen uns. Sie können anderer Meinung sein. Aber Sie sollten nicht jedem von vornherein ohne irgendeine Begründung die gute Absicht absprechen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Forum Flughafen und Region und dem Umwelthaus stehen Einrichtungen zur Verfügung, die diesen Dialog auch in Zukunft ermöglichen.

Der Flughafenausbau sichert Zukunft, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Er hat umgekehrt auch Schattenseiten: mehr Lärm und mehr Lärmbetroffenheit. Es muss

deshalb darum gehen, keine Illusionen zu befördern, aber gleichzeitig das Maß der Belastungen auf das Allernotwendigste zu beschränken und die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger erträglich zu gestalten.

(Nancy Faeser (SPD): Das ist aber nicht erträglich!)

Das heißt konkret: Für uns ist nicht das Optimum entscheidend, das betriebswirtschaftlich möglich ist. Darum kann es im Ergebnis nicht gehen. Für uns ist vielmehr entscheidend, auf der einen Seite die Entwicklung dieses Flughafens zu sichern und auf der anderen Seite ein erträgliches Maß an Lärm für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Das ist die Zielsetzung, an der wir konsequent arbeiten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Rudolph (SPD): Deswegen brauchen wir ein Nachtflugverbot! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Man kann nicht auf der einen Seite einen Weltflughafen vor der Tür haben mit der größten Anzahl von Arbeitsplätzen, ohne auf der anderen Seite auch zu sagen, dass dies mit Einschränkungen und Belastungen verbunden ist.

(Petra Fuhrmann (SPD): Aber wenigstens schlafen sollte man können!)

Es wäre unredlich, wenn man dies den Bürgerinnen und Bürgern nicht sagte. Das haben wir auch immer gesagt.

(Nancy Faeser (SPD): Nein!)

Die Bürgerinnen und Bürger wissen dies auch. Ich glaube, die Politik wäre gut beraten, den Bürgerinnen und Bürgern keine Versprechungen zu machen, die nachher niemand erfüllen kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Ru- dolph (SPD): Das ist dreist! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So hat der Mappus vor einem Jahr auch geredet! – Gegenruf des Abg. Peter Beuth (CDU): Ihr seid nur am Klamauk interessiert!)

Hören Sie zu. – Deshalb bleiben aktiver und passiver Schallschutz – – Herr Kollege Al-Wazir, wenn Sie Ihre vorbereitete Rede nicht stur vorlesen, wäre es klug, Sie würden zuhören.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr witzig! – Zurufe der Abg. Günter Rudolph und Petra Fuhrmann (SPD))

Wer die Rostra des Parlaments nicht nur zur Verkündung seiner eigenen Meinungen nutzen will, sondern zur Debatte über den besten Weg, für die besten Lösungen, von dem kann man füglich verlangen, dass er einmal zuhört.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir hören zu!)

Deshalb sage ich es noch einmal: Aktiver und passiver Lärmschutz bleiben wichtige Daueraufgaben – übrigens nicht nur in der Nacht, sondern den ganzen Tag.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat z. B. mit der neuen Lärmschutzverordnung, die weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht, gezeigt, dass sie dies ernst nimmt und umsetzt. Dann mag es sein, dass je

mand kommt und sagt, das sei noch nicht hinreichend. Aber worauf ich Wert lege: Wenn wir etwas tun, was weit über die gesetzlichen Voraussetzungen hinausgeht, um mehr Menschen besser zu schützen, dann verdient das nicht Gelächter, sondern Anerkennung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich darf daran erinnern: Dieses Haus hat für 7,3 Millionen € ein Lärmschutzgutachten beschlossen,

(Gernot Grumbach (SPD): Wer hat es erfunden? – Nancy Faeser (SPD): Das wollten Sie doch gar nicht!)

von dem wir uns gemeinsam Grundlagen erhoffen, wie wir diese Aufgabe am besten erfüllen können. Das ist richtig.

Wir fangen mit dem Lärmschutz im Übrigen auch nicht an, sondern wir haben insbesondere unter Federführung des Wirtschaftsministers, Kollegen Posch, ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Heute ist eine gute Gelegenheit, das darzustellen. Deshalb finde ich es doch ganz gut, dass wir das heute miteinander besprechen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir haben insgesamt 33 Maßnahmen zur Lärmminderung, die wir bereits initiiert haben, die umgesetzt oder in der Umsetzung sind: Das sind 16 Maßnahmen zum aktiven Schallschutz nach dem Planfeststellungsbeschluss. Das sind vier Maßnahmen des passiven Schallschutzes nach der Lärmschutzbereichsverordnung. Das sind fünf übergreifende Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes nach dem Planfeststellungsbeschluss, wie z. B. bestimmte Vorbehaltsregelungen, was an diesem Flughafen geht und was nicht geht. Eine indirekte Maßnahme finde ich besonders interessant. Vielleicht ist sie gar nicht jedem bekannt. Das machen wir schon länger: lärmabhängige Flugentgelte. Das heißt, wenn eine Maschine lauter ist, bezahlt sie für die Landung oder den Start mehr als andere. Das ist aus meiner Sicht wichtig.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich will die sieben zusätzlichen Maßnahmen des aktiven Schallschutzes als Maßnahmenpaket des Forums Flughafen und Region unter der entsprechenden Mitwirkung der Landesregierung erwähnen. Meine Damen und Herren, wir tun eine ganze Menge. Ich füge hinzu: Wir wollen und wir müssen noch mehr tun. Wir brauchen leisere Flugzeuge. Die Umrüstung der Flotte der Lufthansa ist im Gang. Wir werden alles tun, was wir können, damit dieser Prozess beschleunigt wird, auch wenn wir an dieser Stelle nicht zuständig sind. Denn es ist am Klügsten, wenn man Flugzeuge hat, die möglichst wenig Lärm machen. Deshalb ist das ein wichtiger Punkt auch und gerade für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und der FDP)