Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Es ist ein geradezu lächerlicher Betrag angesichts dessen, was Sie da in Kauf nehmen. Einige Beratungsstellen werden bald nicht mehr arbeiten können. Hier gilt die Schuldenbremse: bei schwangeren Frauen in Notsituationen.

Wir haben bereits bei der Abstimmung zur Schuldenbremse gesagt, dass es dabei nicht um einen ausgeglichenen Haushalt geht, sondern um ein neoliberales Kürzungsprogramm. Dieser Landeshaushalt ist der erste bittere Beleg dafür. Gespart wird bei den ökonomisch Schwachen, ausgegeben wird bei den Reichen, während es tabu ist, die Einnahmen des Staates zu erhöhen.

Mit unseren Vorschlägen zum Landeshaushalt 2012 haben wir gezeigt, dass durch eine gerechtere Umverteilung von gesellschaftlichem Reichtum von oben nach unten ein sozial gerechteres Hessen möglich ist. Wir haben Ihnen einen Gegenentwurf zur schwarz-gelben Schuldenbremsenpolitik vorgelegt, bei dem Streichen und Kürzen bei Benachteiligten nicht das Mittel ist, um den Haushalt zukünftig zu konsolidieren.

(Helmut Peuser (CDU): Immer dieselbe Leier!)

Wir wollen stattdessen stärker in Bildung, Soziales und in die Umwelt investieren, also in die Bereiche, bei denen die Landesregierung regelmäßig den Rotstift ansetzt. Diese Ausgaben finanzieren wir durch eine sozial gerechte Besteuerung, die endlich auch große Vermögen in die Pflicht nimmt. Die Einnahmen muss und kann man nachhaltig verbessern.

Neben der Grunderwerbsteuer und der Einführung einer Gewässerabgabe fordern wir vor allen Dingen eine Änderung des Steuerrechts auf Bundesebene. Deshalb ist es auch völlig unsinnig, dass auf Länderebene eine Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben wurde; die Höhe der Einnahmen des Landes hängen nun einmal wesentlich vom Bundesrecht ab.

Liebe Sozialdemokraten, daran ändert auch Ihre Einnahmeverantwortung des Landes nichts. In Rheinland-Pfalz gibt es übrigens genau aus diesem Grund eine interessante Lösung zur Schuldenbremse; die ist immerhin weniger schlecht, aber lange noch nicht gut.

Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung ist aber vor allem eines deutlich geworden: SPD und GRÜNE finden unsere Forderungen in vielen Fällen richtig, unterstützen sie aber letztendlich nicht. Wenn man sich vorstellt, dass wir hier in Hessen eine Schule für alle schaffen wollen, mit kleineren Klassen, mit inklusivem Unterricht, mit warmen Mittagessen, mit kostenloser Schülerbeförderung, dann kneift Rot-Grün eben doch. Dann gilt auch für SPD und GRÜNE die Schuldenbremse für die Bildung.

Wenn SPD und GRÜNE dann noch bestätigen, dass man eigentlich eine Vermögensteuer bräuchte, wir sie aber in Hessen nicht beschließen können, dann stellt sich die Frage, was sie mit ihren grandiosen Umfrageergebnissen machen. Was ist denn, wenn Rot-Grün regiert? Gibt es dann vielleicht wirklich mehr Geld für Bildung oder für die Energiewende?

(Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir in unseren Änderungsanträgen gezeigt!)

Oder haben wir dann doch immer noch die Schuldenbremse und leider keine Vermögensteuer.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das steht in der Verfassung, am Rande bemerkt.)

Durch die – übrigens zum großen Teil von Rot-Grün unter Kanzler Schröder beschlossenen – Steuergeschenke für Reiche und Konzerne fehlt uns heute das Geld. Weil SPD und GRÜNE die Schuldenbremse mit beschlossen haben, können wir bald keine Kredite mehr für Investitionen aufnehmen. Wenn SPD und GRÜNE heute den Finanzminister für seine Haushaltspolitik angreifen, dann stellt sich doch die Frage, wo die Alternativen sind.

(Norbert Schmitt (SPD): Die haben wir doch gezeigt!)

Das ist nicht sichtbar geworden. Außer einem Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst oder Sachkosteneinsparungen, wie sie von GRÜNEN und SPD vorgesehen sind, bleibt vieles im Vagen. Ich frage mich schon, wo der Unterschied zwischen einer jetzigen und einer zukünftigen Regierungsformation liegt. Die Alternative wären nämlich Mehreinnahmen, wie z. B. die Wiedereinführung der Vermögensteuer, gewesen. Dies ist ein entscheidender Ausgangspunkt für eine gerechte Haushaltspolitik.

(Beifall bei der LINKEN – Norbert Schmitt (SPD): Da sind wir noch nicht einmal auseinander! Wir werden sie nur im Land nicht einführen können!)

Man kann das auf Parteitagen beschließen und muss es irgendwann einmal umsetzen.

In Hessen wollen wir über 2,5 Milliarden € Mehreinnahmen reden. Es sind vor allem die Einnahmen des Landes, die nicht ausreichen, um die notwendigen Ausgaben zu finanzieren. Unsere Vorschläge würden die Nettoneuverschuldung um insgesamt 350 Millionen € senken, ohne dass der öffentliche Dienst ausgedünnt wird und ohne dass Luftbuchungen vorgenommen werden müssten. Investitionen in die Energiewende und in eine Schule für alle sind vereinbar mit sozialer Gerechtigkeit und verantwortungsvoller Haushaltspolitik. Eine Schule für alle ist ebenso machbar und bezahlbar wie die Energiewende. Wir müssen die Finanzierung aber eben auch durchsetzen und nicht nur darüber reden.

So monieren wir nach wie vor, dass die Landesregierung nicht bereit ist, bei den Kommunen für eine angemessene Finanzausstattung zu sorgen, die ihren Aufgaben gerecht wird. Stattdessen soll erst im Jahr 2012 ein sogenannter Rettungsfonds geschaffen werden, über den wir heute Morgen schon diskutiert haben. De facto sind die Kommunen bankrott. Almosen und Auflagen gleichzeitig zu verteilen ist eher bedrohlich als förderlich.

Herr Finanzminister, es kann nicht angehen, dass Sie den Kommunen im letzten Jahr 344 Millionen € aus dem KFA gestrichen haben und sich dieses Jahr hinstellen und behaupten, die Kommunen hätten so viel Geld wie nie zuvor. Herr Noll hat auch noch einmal den Reichtum der Kommunen beschworen.

(Peter Seyffardt (CDU): Es gibt welche, die viel haben, und es gibt welche, die wenig haben!)

Ihnen fehlen im Grunde genommen aus dem Jahre 2011 344 Millionen €, da können Sie sich nicht drum herumdrücken.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zurufe von der CDU)

Sie hätten aber 344 Millionen € zusätzlich und könnten vielleicht die Kassenkredite bedienen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Weimar, Sie haben gesagt, die Kommunen seien zu reich.

(Karlheinz Weimar (CDU): Nein!)

Natürlich, Sie haben sie aus dem KFA einfach herausgenommen.

(Peter Seyffardt (CDU): Das haben wir nicht gesagt!)

Wenn Sie einmal den Kommunalen Spitzenverbänden zuhören würden, könnten Sie lernen, was da an politischen Positionen ausfindig zu machen ist.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir hören es von den Kommunalen Spitzenverbänden sehr deutlich, dass dort die Hütte brennt. Das ist mit Sicherheit ein wichtiges Zeichen im kommenden BüchnerJahr.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wenn der KFA noch so aussehen würde wie im Jahr 2010, das verschweigen Sie immer, dann hätten die Kommunen eben diese 344 Millionen € mehr. Stattdessen gibt es erst im Jahr 2013 den sogenannten Rettungsschirm, der den Kommunen dann unter Auflagen die Schuldenlasten abnehmen soll.

Wir fordern stattdessen, den Kommunen dauerhaft mehr Geld zur Verfügung zu stellen, um Ihren Herausforderungen bei der Energiewende, der Bildungspolitik und im Kampf gegen die Gettoisierung gerecht zu werden.

Wir als LINKE fordern deshalb, dass sich der Staat endlich wieder ordentlich finanziert, indem er tatsächlich die Reichen zur Kasse bittet. Angesichts dessen, dass die reichsten 10 % mehr als 60 % des Vermögens besitzen, kann es wohl kaum eine Politik für die Mehrheit der Menschen sein, wenn Steuern weiter gesenkt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen stattdessen eine Vermögensteuer und insgesamt ein Steuersystem, das endlich wieder angemessen die Menschen, die mehr haben, an der Finanzierung des Staates beteiligt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wo fängt der Reiche bei Ihnen an?)

Ja, wir brauchen Umverteilung von oben nach unten, davon höre ich allerdings in Hessen nichts. Wir werden dies – das ist meine Überzeugung – allerdings nicht nur hier im Parlament umsetzen können, sondern wir brauchen viel außerparlamentarischen Druck, um soziale Gerechtigkeit in diesem Lande herzustellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank, Herr van Ooyen. – Für die Landesregierung spricht Herr Dr. Schäfer.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt ist es ungefähr ein Jahr her, dass wir in diesem

Haus die Volksabstimmung zur Schuldenbremse, die zusammen mit der Kommunalwahl durchgeführt wurde, gemeinsam mit einer sehr großen Mehrheit dieses Hauses auf den Weg gebracht haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Es hat leider keine Konsequenzen gehabt!)

Herr Schmitt, darauf komme ich zu sprechen. – Wir waren uns eigentlich alle einig, dass die Rituale von Haushaltsberatungen, wie wir sie über viele Jahre und Jahrzehnte gepflegt haben, möglicherweise etwas nuanciert werden sollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Kaufmann hat aber die gleichen vergilbten Zettel wie im letzten Jahr hier vorgetragen, und die Platte, die Herr Schmitt uns hier vorgespielt hat, ist eine ziemlich verkratzte Schellackvariante längst vergangener Jahre.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Jetzt sind wir auf die CD gespannt!)

Es ist immer wieder die gleiche Zusammensetzung. In zwei Dritteln der Rede wird beklagt, wofür man nicht noch mehr Geld ausgeben könnte, um dann darauf hinzuweisen, man habe interessante Deckungsvorschläge vorgelegt. Die bestehen zum Teil aus einem Steuererhöhungsvorschlag – das ist legitim. Der wird aber trotz unserer Hinweise aus dem Haus, dass der dafür angesetzte Gegenwert signifikant überschätzt worden ist, nicht korrigiert. Zunächst werden weiter steigende Steuereinnahmen zur Gegenfinanzierung herangezogen, die dann kleinlaut wieder kassiert werden, um sie gegen eine Rücklagenentnahme auszutauschen.

Dann wird eine Stellenbesetzungssperre mit 31 Millionen € platziert, obwohl jeder weiß, dass selbst eine vollständige Stellenbesetzungssperre – übrigens, wir haben in der Landesverwaltung bereits eine 50-prozentige Stellenbesetzungssperre – am Ende nicht erwirtschaftet werden muss.

Lassen Sie es mich als dritten Punkt als Beleg ansprechen: Dann werden auf der anderen Seite die konsumtiven Ausgaben als das Problem des Landes nach oben geredet. – Ja, die konsumtiven Ausgaben müssen wir im Griff behalten. Aber warum steigen die konsumtiven Ausgaben in diesem Landeshaushalt im Jahre 2012? 60 % der Steigerung resultieren daraus, dass der Hochschulpakt 2020 Bundesmittel in zweistelliger Millionenhöhe zur Durchleitung an die Hochschulen vorsieht. Es müssen auch mehr Bundesmittel für den öffentlichen Personennahverkehr durchgeleitet werden.