Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Ja, manchmal hat Fraport auch etwas für den Lärmschutz übrig. Für die Proteste am Flughafen wurden Lärmschutzauflagen erlassen. Damit es nicht so laut wird, wurden Trillerpfeifen und Vuvuzelas verboten.

(Holger Bellino (CDU): Das war zum Schutz der Passagiere!)

Die Menschen sind tagtäglich dem Fluglärm ausgesetzt, und der Flughafenbetreiber sorgt sich, wenn es einmal in der Woche für eine Stunde etwas lauter im Terminal wird. Da frage ich Sie doch: Was ist der Lärm einer Trillerpfeife gegen einen startenden Airbus, keine 300 m über dem Hausdach?

(Beifall bei der LINKEN)

Die Menschen sind aber nicht nur wütend auf Fraport, sondern auch auf die Parteien, die den Flughafenausbau beschlossen haben. Sie fühlen sich im Stich gelassen und fühlen sich getäuscht, insbesondere von der Landesregierung. Die Sprecherin der BI Flörsheim-Hochheim drückte es bei der Demo folgendermaßen aus:

Viele haben sich... in den letzten Wochen verzweifelt an Politiker gewandt und haben nun erfahren müssen, dass sie jahrelang belogen worden sind.

Es gab ganz klare Versprechen an die Region. Das erste Versprechen war, nach der Startbahn West solle kein Baum mehr fallen. Dann gab die Regierung Koch der Region das klare Versprechen, einen weiteren Flughafenausbau würde es nur mit einem Nachtflugverbot geben.

Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Nachtflugverbot heißt null Flüge in der Nacht und nicht 17 Flüge in der Nacht. – Roland Koch verdient heute sein Geld genau dort, wo man vom Bau der Landebahn am meisten profitiert, nämlich beim Baukonzern Bilfinger Berger. Die bekamen den Auftrag, die Landebahn zu bauen, die Koch als Ministerpräsident durchgesetzt hat.

(Manfred Pentz (CDU): Hören Sie doch auf mit der Neiddebatte!)

Das stößt den Menschen zu Recht auf, weil sich hier der Eindruck der Käuflichkeit aufdrängt.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Wenn Innenminister Rhein sich jetzt im Oberbürgermeisterwahlkampf für ein „Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber“ ausspricht, dann ist das scheinheilig und völlig unglaubwürdig.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie gehören einer Landesregierung an, die ihr klares Versprechen für ein Nachtflugverbot gebrochen hat. Sie gehen in Revision gegen Ihr eigenes Versprechen.

(Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Herr Rhein, was Sie betreiben, ist eine politische Schizophrenie der besonderen Sorte. Es gibt offenbar zwei Rheins: den Wiesbadener Rhein, der der Landesregierung angehört und den ganzen Murks mitmacht, und den Frankfurter Rhein, der sich zum Lärmschützer aufschwingen will. Das ist in höchstem Maße unglaubwürdig.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Am Montag forderten Sie ein „Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber“, und einen Tag später stimmen Ihre Parteifreunde wieder gegen ein Nachtflugverbot und die Rücknahme der Revision.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten – Peter Seyffardt (CDU): Er hat sich klar geäußert!)

Noch nie ist ein Wahlkampfversprechen schneller zerplatzt, keine 24 Stunden hat es gehalten, was Sie den Frankfurtern zugesagt haben.

(Peter Seyffardt (CDU): Sie haben Herrn Rhein nicht zugehört!)

Herr Rhein, jetzt wissen die Frankfurterinnen und Frankfurter wenigstens, was Ihre Aussagen wert sind, nämlich gar nichts. Das, was Sie machen, ist verlogen, und das wird Ihnen auch keiner abnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die LINKE hält an der Forderung nach einem konsequenten Nachtflugverbot fest, und zwar von 22 bis 6 Uhr. Fluglärm ist aber auch am Tag ein Problem. Es gibt verschiedene Techniken und Verfahren, um Fluglärm zu reduzieren. Letztlich ist aber das wirkungsvollste Mittel gegen Fluglärm die Reduzierung der Flugbewegungen; nur so wird es auch weniger Lärm geben. Es muss an der Lärmquelle angesetzt werden und nicht an der Verteilung des Lärm.

Eine Verlagerung des Fluglärms durch eine Verlegung der Flugrouten würde einige Gemeinden entlasten, dafür aber wiederum andere stärker belasten. Deshalb ist es richtig, dass sich die Menschen in den Gemeinden rund um den Flughafen nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern sich gemeinsam und solidarisch gegen die Lärmquelle selbst wehren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss.

Die Nordwestlandebahn hätte nie gebaut werden dürfen. Wir unterstützen die Forderung der BIs nach der Stilllegung der Nordwestlandebahn. Dazu braucht es mehr gesellschaftlichen Druck, damit man klarmacht: Menschen vor Profite, das gilt auch am Frankfurter Flughafen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Fraport und Lufthansa auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung und der ganzen Region hohe Profite einfahren.

(Peter Seyffardt (CDU): Reine Ideologie! – Weitere Zurufe von der CDU)

Deshalb wünschen wir den BIs viel Erfolg. Wir werden sie auch weiterhin unterstützen, jeden Montag am Frankfurter Flughafen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat Herr Abg. Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen: Ich stehe hier nicht als Oberbürgermeisterkandidat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich möchte mich aber trotzdem bei der parlamentarischen Regie der Mehrheitsfraktionen herzlich dafür bedanken. Wir hatten schon eine aufschlussreiche Debatte zum Thema Nachtflüge, zum Thema Fluglärm, aber vor allem auch zum Thema flinke Wandlungsfähigkeit eines Staatsministers, der gerne Oberbürgermeister werden möchte. Dass Sie uns das zweite Mal Gelegenheit geben, darüber zu sprechen, nicht nur wegen des Wahlkampfs – der findet in Frankfurt statt –, aber vor allem wegen des Problems der Menschen in der Region, damit wir ihnen tatsächlich helfen und sie nicht nur vertrösten, freut uns.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Bei der Debatte am Dienstag konnten wir allerdings eine neue Kategorie standortspezifischen Wahrheitsgehalts in politischen Versprechen feststellen. Herr Rhein, das muss ich Ihnen schon sagen: In Frankfurt lautete Ihre Aussage: „Nachtflug ohne Wenn und Aber“, und in Wiesbaden sind Sie als Staatsminister mit daran beteiligt, das Nachtflugverbot juristisch zu bekämpfen und sich für Nachtflüge auszusprechen. – Man kann es fast nicht glauben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Frage, wie die hessische Politik den Menschen in der Rhein-Main-Region, die hier leben und schlafen wollen, tatsächlich wirksam bei der Reduzierung der Fluglärmbelastung helfen will, sollte klar beantwortet werden. Deswegen haben wir Ihnen heute noch einmal einen Dringlichen Entschließungsantrag, Druck. 18/5100, vorgelegt, der die Ankündigungen des Innenministers wiedergibt und insbesondere auch bei seiner eigenen Fraktion um Zustimmung wirbt.

Eigentlich kann es für Sie nicht so schwer sein, den vernünftigen Vorschlägen Ihres Ministers zu folgen. Schon vorgestern sprach Innenminister Rhein für die Landesregierung zu dem Thema. Ich kann nur sagen: Wir GRÜNE begrüßen es außerordentlich, wenn die Landesregierung die aktuelle Fluglärmsituation in der Rhein-Main-Region faktisch und rechtlich als eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sieht,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

deren Beseitigung in die Zuständigkeit des Innenressorts fällt.

Heute können wir der „Bild“-Zeitung entnehmen, dass selbst der Verkehrsminister zugibt, dass es so nicht bleiben kann. Er räumt also auch diese Störung ein. Herr Verkehrsminister, da kann ich nur sagen: reichlich spät, dass Sie endlich Ihre Versäumnisse erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, mit der Umsetzung seiner Ankündigungen könnte Minister Rhein besser und rascher für Lärmentlastung sorgen, als es Verkehrsminister Posch tut, der auch gern für die Initiative „Die Fracht braucht die Nacht“ öffentlich posiert.

Meine Damen und Herren von der CDU, lassen Sie nachher Ihren Innenminister nicht allein im Lärmregen stehen, sondern stimmen Sie ihm, und das heißt unserem Antrag zu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Klee (CDU): Wir machen das so, wie wir wollen!)

Am Dienstag ist es offenbar geworden, dass es einen Widerspruch im Verhalten des Innenministers und in seinen Äußerungen in Frankfurt und in Wiesbaden, also den beiden größten Städten Hessens, gibt. Dies ist aber nicht der einzige Widerspruch in der Debatte um die Fluglärmbelastung.

Als besonders scheinheilig muss man Aussagen aus Presseerklärungen der CDU empfinden. Es gibt mehrere, ich nehme einmal die vom 22. November. Dort steht:

Die CDU-Landtagsfraktion nimmt die Sorgen und Nöte der Menschen rund um den Frankfurter Flughafen sehr ernst.