Verbinden will ich es noch damit, dass die Lage 1970 so dramatisch war, dass in demselben Schreiben – ich kann es Ihnen in Kopie geben – sogar das gesamte Präsidium der Universität seinen Rücktritt angeboten hat.
Werfen wir einen Blick auf die Hochschulfinanzen – Herr Grumbach, Sie haben das auch getan –: Wo kommen wir her? Seit Anfang der Siebzigerjahre – unter SPD-Ägide – herrschte chronischer Mangel; das ist durch das Schreiben sehr schön belegt. Dann hatten wir von 1987 bis 1991 unter Gerhardt und Wallmann erstmals einen deutlichen Aufbau im Wissenschaftsbereich, zugegebenermaßen trotzdem begleitet durch den einen oder anderen Protest an der Hochschule.
1991 bis 1998 – ich möchte keine Zwischenfragen zulassen – hatten wir eine Zeit der Resignation – die habe ich selbst erlebt, in dieser Zeit war ich an einer hessischen Hochschule –, weil sich eine Mehrheit der Studenten die damalige Regierung durchaus gewünscht hatte, aber dann gemerkt hat, dass sich die finanzielle Lage beständig verschlechtert.
Ich will an einem konkreten Beispiel festmachen, was ich selbst erlebt habe – ich habe damals dem Akademischen Senat angehört –: Es wurde die Klage geäußert, dass sich die Anzahl der Studierenden im juristischen Fachbereich der Justus-Liebig-Universität Gießen von einem Jahr auf das andere verdoppelt hat. – Herr Grumbach, wenn Sie die Mittel verdoppelt hätten, dann hätten Sie an der Stelle nichts getan. So haben Sie es gerade gesagt. Interessant war, dass damals Frau Evelies Mayer,
Mitglied der Landesregierung und SPD, sagte: Der liebe Hans Eichel gibt mir leider nicht mehr. Sie müssen mit genau demselben Betrag auskommen. Jede Art von Zulassungsbeschränkung wollen wir aus politischen Gründen nicht, aber irgendwie werden Sie das schon schaffen. Dann können ja auch zwei Leute in dasselbe Buch hineingucken. – Das war die Realität unter SPD und GRÜNEN in diesem Land.
Deswegen ist es eine ganz enorme Leistung, wenn der Betrag je Student nicht nur so geblieben, sondern mitgewachsen ist. Das, was Sie vorhin kritisiert haben, geht völlig am Thema vorbei.
Auch die 66 Millionen € für den Hochschulbau, die wir 1998 nur hatten, die bereits erwähnt worden sind, sind ein deutliches Zeichen. Der Gesamtetat für die Hochschulen betrug 964 Millionen €. Im Jahr 1999 begann dann der große Aufbau der Hochschulen unter der ersten neuen Regierung Koch/Wagner. Heute haben wir über 2.200 Millionen € im Wissenschaftsbereich – das kann man den 964 Millionen € so schön gegenüberstellen –, davon gehen über 2.000 Millionen € an die Hochschulen.
Das sind im Übrigen viel mehr als nur die Grundmittel im Hochschulpakt, die Sie erwähnen. Ja, der Hochschulpakt hat rund 1,42 Milliarden €. Das ist der zweithöchste Betrag, den wir je im Land Hessen hatten. Dazu haben wir zusätzlich noch die QSL-Mittel von 92 Millionen €. Die hatten wir 1998 auch nicht. Wir haben den Hochschulpakt 2020 mit rund 150 Millionen € – das hatten wir damals auch nicht –, im Übrigen zur Hälfte kofinanziert vom Land Hessen. Die Hochschulbaumittel betrugen 436 Millionen € im letzten Jahr, 315 Millionen € in diesem Jahr. Das sind zusammen rund 750 Millionen €.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Ich kann mich gar nicht mehr erinnern! Das ist schon so lange her!)
Sie sehen, der Wissenschaftsstandort Hessen ist heute besser finanziert denn je. Sie sehen auch, dass unter SchwarzGelb Wissenschaft stets eine höhere Priorität in diesem Lande Hessen hatte als unter Rot oder Grün.
Herr Grumbach, deshalb muss ich schlicht sagen: Es ist ein bisschen sonderbar, wenn gerade diejenigen, die in ihrer Regierungszeit regelmäßig die Axt an die Hochschulbildung gelegt haben, sich heute beim Förster beschweren, dass die Aufforstung nicht schnell genug geht.
Aber da ich weiß, dass Sie die historischen Ausflüge nicht gerne haben, schauen wir doch einmal aktuell auf andere Länder in Deutschland, wo die SPD regiert. Ich bin in meiner letzten Rede schon auf Brandenburg eingegangen – ich glaube, die LINKEN regieren dort mit –, wo man ganz am Schluss ist bei den Mitteln pro Einwohner. Bei den Mitteln pro Student ist man auch relativ weit hinten. Jetzt behauptet man dort noch einmal, dass man den Hochschulen Priorität einräumt, hat aber den Wissenschaftsetat um 5 % gesenkt, während wir ihn um ungefähr 5 % angehoben haben. Das ist Realität.
In Nordrhein-Westfalen wird von Forschungspolitik überhaupt nicht mehr geredet. Wenn überhaupt, ist es nur noch das Thema Lehre. Dort ist man auf diesem Auge blind geworden.
Meine Damen und Herren von der SPD, in Hamburg regieren Sie jetzt mit absoluter Mehrheit. Da heißt es, dass der Gesamthochschuletat im Durchschnitt um maximal 0,88 % steigen darf. Wir haben hier 5 %. Das ist ungefähr das Sechsfache an Steigerung.
Ich habe aus dem Pressespiegel der Hamburgischen Bürgerschaft interessante Berichte vorliegen. Da steht z. B. in der Überschrift: „Hochschul-Chefs schlagen Alarm – Präsidenten befürchten einen massiven Abbau von Studienplätzen“. Dann heißt es, dass die Hochschulen gezwungen seien, ähnliche Verträge zu unterschreiben – ich denke an das, was hier angebliche Erpressung genannt wurde – wie beim Hochschulpakt. Darunter steht schön, dass ab 2014 mehr als 8 Millionen € jährlich allein für eine Hochschule fehlen.
... Dorothee Stapelfeldt forderte als Oppositionspolitikerin lautstark eine Besserstellung der Hochschulen
Damit kommen wir zu den weiteren Fakten in Hessen. Bei den Hochschulausgaben pro Einwohner, die Sie mehrfach zitiert haben, liegen wir im Übrigen gemeinsam mit Baden-Württemberg an der Spitze aller Flächenländer; wir haben gerade den Bericht der Hochschulstrukturkommission bekommen. Die Betrachtung pro Einwohner – auch das will ich hier klarmachen – ist ganz wesentlich, weil sie die politische Priorität zeigt, die wir im Landtag und die die Landesregierung tragenden Fraktionen in unserem Haushalt entsprechend setzen. Hier liegen wir deutlich über dem Schnitt. Wir liegen im Übrigen bei den Ausgaben für die Lehre, wo immer behauptet wird, die Lehre würde hier in irgendeiner Form zurückpriorisiert, sogar an der Spitze aller Flächenländer.
Natürlich ist es zutreffend – Herr Grumbach, Sie haben es gesagt –, dass in den letzten zehn Jahren die Studentenzahl in Hessen gestiegen ist. Das ist aufgrund der Tatsache, dass viele Menschen in Hessen Abitur machen. Das wollen wir alle nicht negativ bewerten. Das liegt auch an ganz massiven Wanderungsgewinnen. Was heißen aber Wanderungsgewinne? Das heißt, dass wir attraktive Hochschulen haben und dass wir offensichtlich eine gute Politik machen; denn sonst hätten sich die Studierenden von uns abgewandt. Sie würden dann woandershin gehen.
Mir ist durchaus bewusst – deswegen sehe ich beide Seiten –, dass für die Hochschulen die Betrachtung pro Studierenden ganz wesentlich ist und der Mittelbedarf natürlich mit der Anzahl der Studierenden steigt, wobei wiederum klar ist, dass er damit nicht absolut linear steigt; denn der Clusterpreis enthält insbesondere für die Universitäten neben den Mitteln für die Lehre auch ganz klar Mittel für die Forschung. Jedem ist klar, dass ein Hochschuldozent, wenn er die doppelte Anzahl von Studierenden hat, zwar mehr, aber nicht automatisch doppelt so viel Forschung machen kann. Insbesondere in Zeiten des Studentenberges gilt es vielmehr, die Grenzkosten zu betrachten. Insoweit ist eine sehr gute und deutliche Finanzierung des Studentenbergs vorgesehen.
Das erklärt auch die sich zum Teil verändernden Clusterpreise während des Studentenberges. Man muss aber auch festhalten, dass, selbst wenn man pro Student rechnet, die Mittel seit 1999 weiterhin gestiegen sind. Selbst wenn Sie es inflationsbereinigt sehen, sind wir bis ins Jahr 2010 immer noch deutlich im Plus. Erst zur Spitze des Studentenberges wird sich diese Kurve aufgrund des Grenzkosteneffekts etwas abflachen. Das zeigt: Die Finanzsituation
Hinzu kommt etwas, um das viele Hochschulen beneidet werden, nämlich eine Planungssicherheit für fünf Jahre und ein Hochschulpakt in Hessen, um den uns viele Hochschulen in anderen Ländern beneiden. Um es als ein Schlaglicht zu machen: Bei meinem letzten bildungspolitischen Treffen in Berlin bin ich begrüßt worden: Herr Büger, Sie kommen aus Hessen. Das ist eines der Länder, in denen es den Hochschulen noch wirklich gut geht.
Es zeigt aber auch, auch wenn es stimmt, dass wir in einem Wettbewerb stehen. Wir müssen natürlich auch als Land dafür sorgen, dass dieser Wettbewerb fair bleibt. Damit komme ich zu einem Punkt, der auch ein Punkt in unserem Antrag ist. Grundsätzlich ist es positiv, dass so viele Studierende nach Hessen wollen. Das zeigt, dass wir im Wettbewerb erfolgreich sind.
Aber wenn in Hessen nicht noch mehr Geld pro Studierenden übrig bleibt, dann ist es doch deshalb, weil wir in Hessen so attraktiv sind und offensichtlich von etlichen Studierenden aus anderen Ländern überlaufen werden. Sprich: Was positiv ist, im Wettbewerb eine attraktive Hochschule zu sein, das führt auch zu einer gewissen Problemstellung. Es führt zu einer Benachteiligung erfolgreicher Länder; denn sie tragen ganz alleine die Kosten der Studierenden, die zu ihnen kommen.
Das Ganze hat im Föderalismus ein Risiko; denn die Länder können Geldmittel an dieser Stelle nicht beliebig erhöhen, und sie könnten dann dazu gezwungen sein, was wir auf keinen Fall wollen, Studienbedingungen zu verschlechtern oder gar Plätze zu reduzieren.
Eine Lösung kann es hier nur geben, indem man die Finanzierung insoweit grundsätzlich umbaut, dass mehr das Subjekt, der Studierende, in den Mittelpunkt gestellt wird, dass die Leistung, die an dem Studierenden erbracht wird, in den Mittelpunkt gestellt wird und es deswegen letztlich egal ist, wo der Studierende diese Leistung abruft, also schlicht das Geld dem Studierenden folgt.
Dieses Prinzip haben wir in Hessen 1999 mit der Regierung Koch/Wagner als Grundprinzip eingeführt. Es ist heute ein Grundprinzip des hessischen Hochschulpaktes, der Grundmittel darin. Wir sollten uns alle dafür einsetzen – wenn das alle Parteien hier im Hause tun würden, hätten wir sicherlich bessere Chancen, dass wir es schnell umsetzen können –, dass wir so etwas auch bundesweit einführen, einen solchen Erfolgsausgleich im Hochschulbereich, damit die erfolgreichen Länder nicht auf den Kosten sitzen bleiben und die Dummen sind.
Damit es klar ist: Es geht uns dabei nicht um einen, wie es Herr Zöllner einmal gesagt hat, reinen Länderfinanzausgleich, wo das Geld in anderen Kanälen versickern mag, sondern es geht darum, dass dieses Geld, das den erfolg reichen Ländern zusätzlich zufließt, ganz zielgerichtet an die Hochschulen geht. Dazu würden wir uns auch ver