Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

Ich kann natürlich verstehen, dass Sie Ihre ehemalige Kultusministerin, Frau Beer, unterstützen. Frau Beer, auch in Ihrer Heimatstadt Frankfurt hat aber durchaus eine Änderung der Meinung eingesetzt. Es war sicherlich richtig, dass sich viele Frankfurter Schulen noch ein Jahr Zeit gelassen und in Ruhe überlegt haben, ob sie zu G 9 zurückkehren oder bei G 8 bleiben.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Aber Sie sollten daran denken, was zahlreiche Eltern fordern. Wir stellen uns dieser Aufgabe, die ganz sicherlich nicht einfach ist. Wir vergessen in diesem verantwortungsvollen Prozess nicht, dass es in der Vergangenheit bei den Entscheidungen in den kooperativen Gesamtschulen unschöne Fälle von Mobbing gegeben hat. Auch wir hatten Bedenken. Das will ich hier klar erwähnen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rentsch, das Kultusministerium mit Herrn Kultusminister Lorz an der Spitze hat ein sehr sorgfältig überlegtes Verfahren entwickelt. Es wird alles tun, um das Risiko von Mobbing an den Schulen zu minimieren, aber auch um den Vertrauensschutz der G-8-Eltern zu gewährleisten. Das ist uns sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Herr Greilich, Sie haben nach dem Verfahren gefragt. Ein Blick in den Gesetzentwurf würde Ihnen zeigen, dass es ein sehr sorgfältig vorbereitetes Verfahren gibt und wie das Verfahren läuft.

Deshalb bitte ich Sie, in Bezug auf den von Ihnen erwähnten heutigen Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in dem die Bedenkenträger aufgeführt werden, die – so haben Sie es dargestellt –, eine G-9-Rückkehr verhindern könnten, Folgendes zu bedenken: Selbstverständlich müssen die Schulgremien wie bei jeder anderen für die Schule wichtigen Entscheidung gefragt werden. Oder stellen Sie das infrage? Selbstverständlich müssen die Gesamtkonferenz und die Schulgemeinde bei einer so wichtigen Entscheidung gefragt und mitgenommen werden.

Ich habe auch Verständnis dafür, dass es am Ende des Jahrgangs 7 in vielen Schulen organisatorische Schwierigkeiten gibt, wenn die letzten zwei Jahre der Mittelstufe dann in drei Jahren durchlaufen werden sollen.

Aber Sie werden sehen, dass ganz viele Schulen und Jahrgänge von der Möglichkeit des Vorratsbeschlusses Gebrauch machen werden. Warten Sie es einfach ab. Begleiten Sie die Beratung im Ausschuss konstruktiv, und überlegen Sie, welche Chancen Sie dadurch den wechselwilligen Eltern ermöglichen.

Erkennen Sie an, dass das Kultusministerium alles tut, um Eltern zu informieren, dass es ein gutes Verfahren gefunden hat, um die Eltern nicht an den Pranger zu stellen, die eine andere Meinung haben als die Mehrheit. Erkennen Sie auch die Möglichkeit an, bei ausreichender Schülerzahl parallele G-8-Klassen zu bilden.

Ich bitte Sie von der FDP-Fraktion, zu bedenken, dass Freiheit und Liberalität, die großen Tugenden der FDP,

nicht mit Verbot und Beharren in Übereinstimmung zu bringen sind. Geben Sie den Schulen Entscheidungsfreiheit und den Eltern eine Chance.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Das Wort hat Frau Abg. Geis, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Frau Ravensburg, man darf in dieser Debatte wirklich darüber staunen, wie wenig die Eltern in Hessen ernst genommen werden.

(Beifall bei der SPD – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das sagen die Richtigen!)

Da stelle ich mir die Frage, ob ein Schulfrieden an den hessischen Schulen erforderlich ist, weil es dort Unfrieden gab. – Bisher nicht, jetzt aber schon.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Während vorher in den Schulgemeinden konstruktiver Diskurs stattgefunden hat, gibt es jetzt nur noch Streit. Es ist festzustellen, dass die Landesregierung derzeit keine Mühen scheut, den Unfrieden an den hessischen Gymnasien auf die Spitze zu treiben und das Chaos, den Unwillen und die Frustration zu maximieren. Sorgfältige Vorbereitung – dazu kann ich nur sagen: Schon die Einführung von G 8 war mit der heißen Nadel gestrickt. Diese Nachbesserung kann man bestenfalls noch als „drangetackert“ bezeichnen.

(Beifall bei der SPD)

Wie sieht es denn in Hessen aus? Die Einlassungen des Stadtelternbeirats in Frankfurt sind uns allen bekannt. Er bewertet die Änderung des Schulgesetzes als eine Katastrophe. Der Stadtelternbeirat Marburg berichtet über ein großes Maß an Unmut unter den Eltern. Dort zeichnen sich Probleme bei der Rückkehr zu G 9 ab.

Einen Moment, Frau Kollegin. – Ich sehe, dass auf der Besuchertribüne Fotos mit Blitz gemacht werden. Das gibt es hier eigentlich nicht – zumal ich, wenn Blitzlicht kommt, gar nichts mehr sehe. Ich sehe auch sonst nicht viel, aber dann sehe ich überhaupt nichts mehr. Deshalb bitte ich ganz herzlich, darauf zu verzichten.

In Wiesbaden haben sich nach wirklich langem Drängen drei von sieben Gymnasien zur Rückkehr zu G 9 entschieden, allerdings ohne den Jahrgang 7. Die Stadt hat eine Elternbefragung durchgeführt und festgestellt, dass sich 85 % der Eltern in Wiesbaden am Gymnasium G 9 wünschen.

Um diesen Bedarf zu decken, hätten mindestens fünf Gymnasien zurückkehren müssen. Wenn in Wiesbaden oder in anderen Schulträgerbezirken die Nachfrage nach G 9 größer ist als das Angebot, nach welchen Kriterien wird dann

entschieden, welches Kind G 8 und welches Kind G 9 besuchen wird?

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Der Schwarze Peter liegt hier bei den Verteilkonferenzen, die das dann entscheiden müssen. Damit ist man meilenweit von dem entfernt, was man den Eltern versprochen hat. Wahlfreiheit ist das nicht.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

In Darmstadt bleiben alle Gymnasien bei G 8. Dort gibt es überhaupt kein Angebot von G 9.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Die meisten Schulträgerbezirke haben gemeinsam, dass in den Schulgemeinden heftige Diskussionen zu der Frage geführt werden, ob denn nun die Jahrgänge 5, die Jahrgänge 6 oder 7, ob sie in Teilen oder am besten alle zusammen zu G 9 zurückkehren.

An denjenigen Schulen, die bereits im vergangenen Jahr zu G 9 zurückgekehrt sind, sind die Eltern frustriert, weil ihre Jahrgänge 7 keine Chance zur Rückkehr zu G 9 bekommen. Es gibt große Unruhe an den hessischen Schulen. Es gibt sie sogar bereits an den abgebenden Grundschulen.

Eltern diskutieren in den schulischen Gremien und fragen beim Kultusministerium nach, wann der Gesetzentwurf endlich umgesetzt wird. Schulträger teilen den Eltern auf Nachfrage mit, dass der Wechsel gar nicht funktionieren kann. Die Schulleitungen zeigen sich teilweise ratlos.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört! Alles in Ordnung!)

Die Schulgemeinden vermissen die Unterstützung. Diese Unruhe herrscht wegen der mangelnden Kommunikation und der Diskrepanz zwischen dem, was den Eltern versprochen wurde, und dem, was sie in der Realität erleben.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Den Eltern wurde Wahlfreiheit versprochen, und sie merken gerade, dass es sie nicht gibt. Es wurden Klarheit und Sicherheit versprochen; stattdessen gibt es Unsicherheit und konzeptionelle Wirrnis. Das ist wie der Beschluss der Tiere des Waldes: Das geht uns Fische gar nichts an.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wagner, wenn das der versprochene Schulfrieden ist, frage ich mich, wie in Ihren Augen Unfrieden an Schulen aussieht.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Anders läuft es in der Stadt Offenbach, im Kreis Offenbach und im Schwalm-Eder-Kreis. Dort sind alle Gymnasien zu G 9 zurückgekehrt; es gibt überhaupt kein G-8-Angebot mehr. Auch die Lösung in Niedersachsen zeigt ganz deutlich, wie eine geordnete Rückkehr zu G 9 aussehen kann: Dort kehren alle Gymnasien zu G 9 zurück, und es gibt eine individuelle Möglichkeit der Verkürzung der Schulzeit durch das Überspringen von Klassen. Dies wird durch zusätzliche Förderstunden unterstützt.

Die Debatte zeigt: Nehmen Sie den Elternwillen endlich ernst, und sorgen Sie dafür, dass an den hessischen Schulen eine Lösung gefunden wird, die von allen Beteiligten mitgetragen werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Geis. – Meine Damen und Herren, das war die erste Rede der Kollegin Geis im Landtag. Herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat Frau Kollegin Cárdenas, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Damen und meine Herren von der FDP, ich mache es ganz kurz: Diese von der FDP beantragte Aktuelle Stunde ist für mich unverständlich und eine Farce. Sie hatten es doch in der Hand. Sie hatten fünf Jahre Zeit, um G 8 mit Ihren Kultusministerinnen so umzusetzen, dass an allen Schulen Eltern, Lehrer und Schüler glücklich und zufrieden sind,

(Florian Rentsch (FDP): Waren sie doch alle! – Lachen bei der SPD und der LINKEN)

oder um Ihren Koalitionspartner davon zu überzeugen, diesen Murks souverän und in der Rolle des Vorreiters unter den Ländern zu beenden, G 8 also komplett zurückzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Sie waren doch alle zufrieden!)