Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

(Zurufe von der CDU: Entschuldigt!)

Ja, er ist entschuldigt. Ich habe nur festgestellt, dass er nicht da ist. Mehr habe ich gar nicht gesagt, als dass er nicht da sei, Herr Bellino.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU) – Janine Wissler (DIE LINKE): Ist doch gut, Herr Bellino!)

Ja, ist okay.

Herr Bouffier, der im Moment nicht da ist: Ich habe hier einen Brief, vom Innenminister und vom Finanzminister unterzeichnet, der sehr interessant ist. Dieser Brief ging offenbar in der letzten Woche an alle Landesdienststellen in Hessen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Darin heißt es unter anderem:

Jetzt hat die Hessische Landesregierung unter Ministerpräsident Volker Bouffier mit der sie tragenden Koalition von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entschieden, das Ergebnis dieser Tarifverhandlungen auf die Beamtinnen und Beamten des Landes zu übertragen. Wir bedanken uns für Ihren engagierten Einsatz für das Land Hessen und die Bürgerinnen und Bürger in Hessen.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Okay, gut. Wenn Sie jetzt mit dem Klatschen fertigt sind, dann frage ich Sie einmal Folgendes.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lesen Sie den Rest doch auch noch vor! – Hartmut Honka (CDU): Sie sind ein guter Vorleser! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Das können Sie nachher machen, Herr Frömmrich. Sie haben das bestimmt parat, da bin ich mir ziemlich sicher. Hören Sie doch einmal zu; denn daraus ergeben sich auch Fragen:

Erstens. Warum werden Dienstadressen genutzt, um den Beamtinnen und Beamten die Segnungen durch CDU und GRÜNE schmackhaft zu machen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage ist: Warum schreiben Sie nicht dazu, wie es sachlich richtig wäre: „So, wie die Opposition es seit Jahren gefordert hat“? Warum schreiben Sie das nicht dazu und erwähnen nur die CDU und die GRÜNEN?

Drittens. Warum haben Sie in den vergangenen Jahren keine Briefe über die Dienstadressen an die Beamtinnen und Beamten geschrieben, in denen beispielsweise hätte stehen können: „Deshalb hat Schwarz-Grün eine Nullrunde für Sie beschlossen und Ihnen auch noch die Beihilfe gekürzt“? – Da gab es keine Rundschreiben, die gibt es nur jetzt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das müssen Innen- und Finanzminister durchaus einmal erklären.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

Ich sage Ihnen auch das Offenkundige: weil Sie auf ganz billige Weise Wahlkampf machen, indem Sie Steuergelder und die Dienstadressen der Beschäftigten für Parteipolitik verwenden. Das ist die Antwort, und das ist die einzige Wahrheit, die hier zutrifft.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Die einzige Wahrheit“!)

Dennoch verschweigen Sie in Ihrem Brief geflissentlich, dass es eine echte Übertragung des Tarifergebnisses wieder nicht gegeben hat. Sie verzögern die Übertragung des Tarifergebnisses wiederum um mehrere Monate. Das aber wird in Ihrem Schreiben geflissentlich verschwiegen. Kein Wort davon steht da drin.

Damit komme ich zu einem Punkt, der mich ausgesprochen ärgerlich macht

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

und bei dem ich insbesondere die GRÜNEN frage, wo sie eigentlich in der Zwischenzeit gelandet sind.

Es geht darum, dass der Innenminister bei den Verhandlungen zum Tarifabschluss die Aufnahme eines Burkaverbots zur Bedingung für einen Abschluss gemacht hat. Er hat es zur Bedingung für einen Tarif- und Lohnabschluss gemacht: entweder Burkaverbot oder kein Tarifabschluss. Das ist wirklich ein Unding sondergleichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Ich will an dieser Stelle gar nicht näher auf das Für und Wider eines Burkaverbots im öffentlichen Dienst eingehen, weil das eine völlig eigene Debatte wäre.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas mehr Ruhe für den Redner.

Ganz klar ist aber doch, dass es überhaupt keinen einzigen Fall gibt, bei dem im öffentlichen Dienst in Hessen eine

Burka oder ein Niqab getragen worden wäre. Das ist eine reine Phantomdebatte von Rechtsaußenpolitikern, die Sie damit auch anzetteln wollten, nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN)

Politische Streitfälle haben nicht das Geringste in einem Tarifvertrag zu suchen. Das ist nicht nur völlig sachfremd, sondern hier werden auch Grundsätze über den Haufen geworfen.

Im Übrigen: Von Verwaltungsrechtlern bis hin zur „FAZ“ wurde heftig kritisiert, dies in einen Tarifvertrag hineinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es kann nicht sein, dass ein Innenminister einer Tarifkommission sagt: Entweder ihr erfüllt meine rechtspopulistischen Forderungen, oder ihr kriegt keine Tariferhöhung. – Dieser Vorgang ist einmalig in der Tarifgeschichte in Deutschland – einmalig.

(Beifall bei der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

Und es ist ein weiterer Beleg für die parteipolitische Ausrichtung dieser Tarifverhandlungsrunde.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau!)

Herr Minister Beuth, mit so etwas schaden Sie dem öffentlichen Dienst. Hören Sie damit auf, Parteipolitik bei Tarifverhandlungen zu betreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fasse zusammen: Es ist Wahlkampf, die Union musste angesichts massiver Kritik im öffentlichen Dienst unbedingt etwas machen.

(Holger Bellino (CDU): Nein!)

Also hat man zumindest einen Teil der Forderungen der Opposition und der Gewerkschaften übernommen. Heraus kam ein zumindest ordentlicher Tarifabschluss und – mit Abstrichen – eine Übertragung auch auf die Beamtinnen und Beamten.

Dass es nun endlich ein Jobticket gibt und wir zumindest in der Verkehrspolitik einen Schritt weiterkommen, ist gut.

(Michael Boddenberg (CDU): Mensch, was hätten Sie Redezeit sparen können!)

Warten Sie nur ab, Herr Boddenberg, kommt noch, kommt noch. Nur die Ruhe.

Ein guter öffentlicher Dienst bleibt Aufgabe und Pflicht für die Politik in Hessen. Die jetzige Reduzierung der Arbeitszeit muss bei vollem Personalausgleich stattfinden, sonst arbeiten die Kolleginnen und Kollegen zwar auf dem Papier weniger, faktisch aber bleibt alles beim Alten.

Herr Kollege Schaus, Sie müssen zum Schluss kommen.