Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

Was war die Antwort von Schwarz-Grün? Dafür ist kein Geld da. Dafür besteht keine Notwendigkeit. Wie wollt ihr das als Opposition finanzieren? – Daraufhin kam von uns der Vorschlag, die Rücklage reiche dafür aus. Das wurde abgelehnt; denn es sei kein sachlicher Vorschlag. Das war im letzten Jahr, vor ein paar Wochen.

Nun gab es Tarifverhandlungen. Das ist ein guter Brauch. Wir als Landtag mischen uns nicht in Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ein. Daran halten wir uns. Wir akzeptieren die Tarifergebnisse. Wir haben aber immer die Übertragung des Tarifergebnisses für die Beamten gefordert, und unser Antrag war sofort da. Das, was Sie schreiben, ist falsch. Bitte bleiben Sie bei der Wahrheit, auch wenn es dem einen oder anderen von CDU und GRÜNEN ganz schwerfällt. Bleiben Sie bei der Wahrheit. Sie übertragen die Tarifergebnisse eben nicht vollständig.

(Beifall bei der SPD)

Die hessischen Beamtinnen und Beamten sollen ab 1. Juli 2 % mehr bekommen, die Tarifbeschäftigten ab 1. März. Das sind vier Monate Differenz – also lügen Sie bitte nicht, und erzählen Sie an der Stelle die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Dann stellen sich hierhin und sagen: Das ist alles ganz toll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir freuen uns. Herr Frömmrich, wir freuen uns auch als SPD – wann,

wenn nicht jetzt? Das ist überhaupt keine Frage. Da bin ich völlig entspannt.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich freue mich vor allem auch, dass Herr Al-Wazir sich an das erinnert, was er auf dem Beamtentag in Fulda versprochen hat. Ein bisschen ist der Lack ab, wie bei Ihnen auch – politisch meine ich. Meine Damen und Herren, insofern freue ich mich, dass Sie sich erinnern: Ich habe da einmal etwas versprochen, was wir bisher nicht gehalten haben.

(Holger Bellino (CDU): Das ist ja ein Kabinettstück! – Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei!)

Meine Damen und Herren, ich darf einmal die „FAZ“ zitieren. Das machen Sie auch gerne. Ich behaupte einmal: Das ist eine Zeitung, die dem einen oder anderen in diesem Hause etwas wohlgesonnener ist.

(Michael Boddenberg (CDU): Also!)

Überschrift „Besoldungspolitik als Trauerspiel“: „Ab 1.7.2016 steigen die Beamtengehälter um 1 % jährlich“ – Koalitionsvereinbarung von Schwarz-Grün. Sie machen etwas anderes: Sie brechen diese Koalitionsvereinbarung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, darüber freuen wir uns ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

So einen Schwachsinn zu verabreden und über Jahre hinweg festzulegen, dass es nur 1 % Besoldungserhöhung gibt, und sich jedes Jahr den Ärger an den Hals zu holen – dazu gehört schon eine politische Selbstüberschätzung, wie sie nur Schwarz-Grün beherrscht. Im Übrigen habe ich heute Morgen die Prozessionszüge für Ihre tolle Erhöhung vermisst.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Ich bin in den Landtag hineingegangen, und da stand kein Beamter und sagte: Danke, Herr Al-Wazir, danke Volker Bouffier. Es stand kein Einziger da.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da wird Ihnen auch dieser Lobhuldigungsbrief an die Mitarbeiter, den Sie über den Dienstverteiler schicken, um Parteipropaganda zu machen, nichts nutzen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Viele Mitarbeiter aus der Verwaltung sagen uns im Übrigen: Ja und, was ist das Besonderes? Wir haben jahrelang den Gleichklang von Tarif- und Besoldungsrecht gefordert. Wir haben jahrelang finanzielle Einbußen erlitten. Es ist eine pure Selbstverständlichkeit, wenn das Ergebnis übertragen wird. – Dafür gibt es keine Dankesbriefe, sondern die Mitarbeiter sagen uns: Wir haben noch nicht alles vergessen. – Das ist die Antwort aus den hessischen Verwaltungen. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben recht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wie war es denn in den letzten Wochen und Monaten?

(Manfred Pentz (CDU): Freuen Sie sich jetzt, oder sind Sie beleidigt?)

Herr Pentz, wenn ich Sie sehe, freue ich mich, dass die CDU in Hessen so einen Generalsekretär hat. Nein, Herr Pentz, ich freue mich – da bin ich ganz ehrlich, das darf ich Ihnen sagen –: Machen Sie ruhig weiter so, dann wird für

die Sozialdemokraten alles gut, auch in Hessen. Da bin ich durchaus guten Mutes.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, eben wurde auch die Frage deutlich: Wie finanzieren Sie die Besoldungserhöhungen? Der Vorschlag der Opposition, dass wir das aus der Rücklage finanzieren, war nicht in Ordnung. Jetzt machen Sie das. Sie finanzieren die anstehenden Besoldungserhöhungen aus der Rücklage.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Sie jetzt machen, war der Vorschlag der SPD und der anderen Oppositionsfraktionen, den Sie abgelehnt haben. Es ist pure Heuchelei, wenn Sie sich jetzt hierhin stellen und behaupten, das sei alles solide finanziert.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen – weil ja immer nur ansatzweise zitiert wird – verweise ich auf die Mitteilung des Beamtenbundes. Der Beamtenbund sagt, das sei eine notwendige Kurskorrektur, also der Bruch des Koalitionsvertrages. Das finden wir richtig. – Machen Sie ruhig weiter so; denn das eine oder andere an der Stelle ist durchaus reif für einen Koalitionswechsel. Deswegen freuen wir uns darüber. – Also der Beamtenbund sagt, von Anfang 2015 bis heute, Mitte März, hätten die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen alle Spardiktate für die Beamten umgesetzt, ohne die Entwicklung der Gesamtsituation, beispielsweise die Rekordsteuereinnahmen, zu berücksichtigen.

Übrigens hat der Ministerpräsident beim Pressetermin sinngemäß gesagt, man müsse das nicht machen mit der Beamtenbesoldung. Was ist denn das für ein kurfürstlicher Ansatz? Man müsse das nicht machen.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Auch Beamtinnen und Beamte in Hessen haben Anspruch darauf, an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilzuhaben. Das gilt für alle Landesbeamten. Das ist kein Gnadenakt von Schwarz-Grün. Wo sind wir denn hier?

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Jetzt kommen wir zur Motivforschung: Warum macht Schwarz-Grün das? Meine Damen und Herren, das ist sicherlich nicht auf die Einsicht zurückzuführen, dass das notwendig ist oder dass in der Vergangenheit ein Fehler gemacht worden ist. In diesem Raum ist sicherlich niemand so naiv, zu glauben, dass Schwarz-Grün jemals zugeben würde, einen Fehler gemacht zu haben. Da sind wir uns sicher alle einig, Herr Boddenberg. Das können wir also ausschließen. Das hat vielmehr etwas mit anstehenden Wahlen zu tun.

(Michael Boddenberg (CDU): Nein!)

Ich könnte sagen, dass Ihnen etwas auf Grundeis geht – um einmal anzudeuten, was ich zum Ausdruck bringen möchte. Sie merken schlicht und ergreifend, dass die Beamtenschaft aufgrund Ihres Verhaltens stinksauer ist. Aus schnöden parteitaktischen Gründen nehmen Sie jetzt einen Kurswechsel vor.

Herr Frömmrich, es findet unsere Zustimmung, dass hessische Beamtinnen und Beamte mehr Geld bekommen. Deswegen beantragen wir die vollständige Übertragung des

Tarifergebnisses ab dem 1. März 2017. Über diesen Antrag wird heute auch abgestimmt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Außerdem heben Sie das Jobticket für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes hervor. Im Gegensatz zu den meisten anderen hier im Raum nutze ich den öffentlichen Personennahverkehr.

(Michael Boddenberg (CDU): Woher wissen Sie das?)

Herr Boddenberg, so oft habe ich Sie in der S-Bahn noch nicht gesehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Herr Al-Wazir, wir wollen einmal hoffen, dass die rund 135.000 Landesbediensteten auch alle in die vollen S-Bahnen hineinpassen. Da haben wir nämlich ein Kapazitätsproblem. Es gibt aber auch Polizeibeamte im Schichtdienst, die das Jobticket nicht nutzen können werden, weil sie Dienst zu unregelmäßigen Zeiten haben. Deshalb könnte man doch vernünftigerweise die Polizeizulage ruhegehaltsfähig machen; denn diese Beamtinnen und Beamten und auch die Beamtinnen und Beamten im Justizbereich machen einen tollen Job. Deren Arbeit muss mehr anerkannt werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir freuen uns, dass eine jahrelang erhobene Forderung der Berufsverbände, der Gewerkschaften, aber auch der Landtagsopposition nun umgesetzt und die Beamtenbesoldung an das Tarifergebnis angeglichen wird. Bei Ihnen sind das zwar niedrige Beweggründe, nämlich wahlkampftaktische Gründe, aber Sie haben völlig recht, Herr Bellino, dass die Begründung nicht mit beschlossen wird.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Sie haben ja gesagt, dass Sie mit mir wetten wollen. Herr Kollege Bellino hat gesagt, bei der Bürgermeisterwahl werde sein CDU-Kandidat mit 60 : 40 gewinnen. Ich halte dagegen, Herr Bellino: Die Wahl wird knapp ausgehen. Ihr Bürgermeister wird mit 51 : 49 abgewählt. Auch das wird ein guter Tag. Darauf wette ich eine gute Flasche Rotwein, meine sehr verehrten Damen und Herren, von diesem Pult aus.