Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie sich diese Zahlen und die Situation am Anfang jedes Semesters ansehen, die wir in den Studierendenstädten vorfinden, dann ist es nicht von der Hand zu weisen, dass wir ein weiteres Programm für den Studierendenwohnungsbau brauchen, und zwar in der Größenordnung von 30 Millionen €.

(Beifall bei der SPD)

Um der FDP ein kleines Gutsi zuzuwerfen: Es spricht überhaupt nichts dagegen, wenn Wohnungen frei finanziert gebaut werden. Ich will aber zwei Objekte nennen, die sicherlich als Renditeobjekte für Investoren zu bezeichnen sind. Erstens das „Headquarter“ in Frankfurt-Bockenheim: Mieten zwischen 8 € und 17,50 €, durchschnittliche Marktmiete 12,50 €. Das heißt, dort wird ein Mehrpreis von über 54 % verlangt. Zweites Beispiel: „The Fizz“ in Darmstadt ist ein Projekt, das ebenfalls privat gebaut worden ist. Dort haben wir einen durchschnittlichen Mietpreis für Studie

rende von 19,10 €. Das ist für Studierende, die von BAföG abhängig sind, nicht finanzierbar. Auch diese Studierenden müssen aber eine Chance haben, an ihren Hochschulstandorten zu wohnen.

Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Ich finde, dass wir mit unseren Anträgen nicht sehr weit voneinander entfernt sind. Wenn ich Ihren Antrag genau lese, glaube ich, es besteht eine Bereitschaft – –

(Unruhe)

Frau Feldmayer, ist das nicht der Fall? Ich habe Ihre Geste so interpretiert.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das galt nicht dir, wenn ich diese Anmerkung machen darf!)

Das ist schade. – Damit das nicht schon wieder so ausufert wie bei meiner letzten Rede zum Thema Wohnen:

(Heiterkeit)

Wir halten es für richtig, ein zusätzliches Programm mit einem Volumen von 30 Millionen € aufzulegen und die Förderungen nicht als Darlehen, sondern als direkte Zuschüsse zu gewähren Das hilft den Studierenden, die von BAföG abhängig sind, und dafür setzen wir uns ein.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Feldmayer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Siebel, ich glaube, wir haben insofern eine Übereinstimmung, als wir in die gleiche Richtung gehen wollen. Wir wollen mehr Wohnheimplätze für Studierende in Hessen schaffen. Ich glaube, da sind wir auf einem ganz guten Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Bis vor drei Jahren gab es in Hessen gar kein eigenes Förderprogramm für Wohnheimplätze. Damals kamen die Studentenwerke bei den Fördergeldern für den sozialen Wohnungsbau überhaupt nicht zum Zuge, weil sie einfach zu viel Konkurrenz hatten. Wir, die Fraktionen der CDU und der GRÜNEN, haben das Hessische Wohnraumfördergesetz geändert, damit es endlich ein eigenes Förderprogramm für den Bau von studentischen Wohnheimplätzen gibt. Genau das macht sich bemerkbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Situation hat sich also schon enorm verbessert. Allerdings haben wir auch wesentlich mehr Studierende – Sie haben es schon angeführt –, und daher kommt man mit der Bereitstellung der Wohnheimplätze kaum mit. Da muss sich noch einiges tun.

Aber in Hessen wurden, seitdem dieses Programm läuft, schon 1.300 Wohnheimplätze geschaffen. Ich glaube, für den Zeitraum von zwei Jahren kann sich diese Zahl sehen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will es noch einmal ausführen: Wir hatten eine Kleine Anfrage zu diesem Thema gestellt. Am Standort Gießen wurden 75 Wohnheimplätze geschaffen, am Standort Friedberg 45, am Standort Kassel 47, am Standort Darmstadt 294 und am Standort Frankfurt 236. Ich will nicht die ganze Liste vorlesen, sonst wäre meine Redezeit damit erschöpft. Man sieht jedenfalls, in diesem Bereich hat sich schon viel getan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte noch einen Vergleich zu den Jahren 2013 und 2014 ziehen – der Zeitraum, bevor das eigene Programm für studentisches Wohnen geschaffen worden ist. In diesen beiden Jahren zusammen gab es gerade einmal 290 Anmeldungen. Jetzt sind es, wie gesagt, 1.300. Ich glaube, da merkt man schon einen Unterschied.

Insgesamt wurden aus dem Programm bisher 40 Millionen € für das studentische Wohnen ausgegeben, und es stehen immer noch 50 Millionen € zur Verfügung. Herr Siebel, das sind Darlehen, aber auch Zuschüsse. In der Finanzierungsförderung hat sich also auch einiges geändert. Es sind nicht nur Darlehen, sondern auch Zuschüsse, und ich glaube, das ist gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn man sich einmal die Förderprogramme der anderen Bundesländern anschaut, stellt man fest – es ist klar, man kann immer mehr machen; direkte Zuschüsse haben sicherlich auch ihren Reiz –, es gibt Bundesländer, die überhaupt keine Zuschüsse vorsehen. In Hessen sind wir wirklich ganz gut dabei.

Wir haben also in Hessen die notwendigen Voraussetzungen für die Errichtung von mehr Wohneinheiten für studentisches Wohnen geschaffen. Es gibt mehr Geld, es gibt gute Förderkonditionen, und es gibt – was sehr wichtig ist – ein passgenaues Programm für die Zielgruppe Studierende.

Besonders wichtig ist uns, dass studentische Wohnheime gebaut werden; denn vor allem die internationalen Studierenden haben Schwierigkeiten, sich auf dem Wohnungsmarkt mit Wohnraum zu versorgen. Sie werden von privaten Vermietern leider oft nicht als Mieter genommen. Auch deswegen sind Wohnheime für uns so wichtig. Sie sind auch ein sozialer Ort. Sie sind also eine ganz wichtige Infrastruktur für die Studierenden in Hessen, vor allem auch für die internationalen Studierenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Siebel, Sie haben es schon angedeutet: Wir gehen in eine ähnliche Richtung. Wir wollen an dem Thema dranbleiben, was man auch an dem Antrag sieht. Wir bitten die Landesregierung in diesem Antrag, das Programm weiterzuführen und es weiterhin mit Zuschüssen und mit Darlehen zu unterstützen, damit da noch viel mehr passieren kann.

In Hessen haben wir also beim Bau von Wohnheimplätzen für Studierende schon viel geschafft; aber wir haben noch viel vor und noch viel zu tun. Wir bleiben dran. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In nicht einmal zwei Wochen beginnt an den Hochschulen das Sommersemester 2017 und damit für Studienanfängerinnen und -anfänger wieder einmal die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Aber vermutlich suchen sie jetzt schon.

Vor allem Studierende, die nicht aus reichen Elternhäusern kommen und es sich nicht leisten können, eine teure Miete zu zahlen, sind von der äußerst angespannten Situation am Wohnungsmarkt betroffen. Das gilt für alle hessischen Hochschulstandorte. Dieses Problem ist lange bekannt. Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest, das Land Hessen kann gerade einmal für 6 % der rund 250.000 Studierenden Plätze in Wohnheimen zur Verfügung stellen und bleibt damit deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnittswert von 9,6 % zurück.

Daher begrüßen wir die Forderung der SPD nach dem Bau von 2.000 neuen Studierendenwohnungen. Wir fordern schon seit Jahren in den Haushaltsdebatten, dass 2.000 Studierendenwohnungen pro Jahr gebaut werden; denn der einmalige Bau einer solchen Zahl von Wohnungen würde an der Situation wenig ändern.

Studierende brauchen bezahlbaren Wohnraum. Diesen werden sie aber nicht dadurch erhalten, dass private Träger Wohnanlagen für Studierende errichten. Was dabei herauskommt – Kollege Siebel hat das „Headquarter“ in Frankfurt-Bockenheim angesprochen; auch im Frankfurter Gallusviertel gibt es so etwas –, sind nämlich Projekte, bei denen Wohnungen, die zwischen 18 und 23 m2 groß sind, für deutlich mehr als 500 € pro Monat angeboten werden. Die Mietpreise reichen bis zu 800 € monatlich. Die Wohnkosten liegen deutlich über der BAföG-Wohnkostenpauschale von 250 €. Ich frage Sie: Welcher Studierende mit BAföG oder mit einem Minijob kann sich denn solche Luxuswohnungen leisten?

(Beifall bei der LINKEN)

Besonders ärgerlich finde ich, dass die Landesregierung die Möglichkeiten, die sie zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums, gerade für Studierende, hatte, ungenutzt ließ.

In dem Zusammenhang will ich noch etwas zu dem ehemaligen Gelände der Frankfurter Uni sagen: Auf diesem Gelände befindet sich beispielsweise das Philosophicum. Es hätte eine Möglichkeit gegeben, dort preiswerten Studierendenwohnraum zu schaffen. Das Philosophicum heißt jetzt „The Flag Bockenheim“. Dort sind Studierendenwohnungen geschaffen worden: sage und schreibe 590 bis 680 € monatlich für Wohnungen, die zwischen 26 und 41 m2 groß sind.

Was den anderen Teil der Bebauung dieses ehemals landeseigenen Geländes betrifft: Dort hätte man keinen luxuriösen Wohnturm zu bauen brauchen, sondern man hätte bezahlbaren Wohnraum schaffen können. Das Ärgerliche ist, dass diese Chancen vertan werden.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Ministers Bo- ris Rhein)

Wer der Oberbürgermeister ist? Wir beide nicht.

(Minister Boris Rhein: Das stimmt!)

Wir haben schon dagegen gestimmt, dass das Land das Gelände an die Stadt verkauft. Dass die Stadt damit das macht, was sie eben macht: Die ganze Zeit gab es eine schwarz-grüne Stadtregierung. Jetzt ist die SPD dazugekommen – wobei die eben genannte Entscheidung noch unter Schwarz-Grün und dem Planungsdezernenten Cunitz getroffen wurde.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Die Aufgabe, bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum für Studierende bereitzustellen, ist eine öffentliche;

(Beifall bei der LINKEN)

denn die öffentliche Hand ist dafür verantwortlich, dass Studierende mit geringem Einkommen nicht schon an der Suche nach einer Wohnung scheitern.

Das ist gerade für ausländische Studierende wichtig. Wir diskutieren im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst auch immer wieder über die Frage, wie man die Quote der ausländischen Studierenden erhöhen und diese besser unterstützen kann. Für diese Studierenden ist es natürlich essenziell, dass sie bezahlbaren Wohnraum vorfinden. Sie brauchen eine gute Infrastruktur, ausreichend finanzierte Studierendenwerke, eine ausreichende Zahl von Wohnraumplätzen und bezahlbares Mensaessen.

Deswegen muss endlich gehandelt werden. Hilflose Appelle, in denen Minister dieser Landesregierung die eigene Politik beklagen und Private auffordern, zu bauen, nutzen doch nichts. Wir brauchen ernst gemeinte Programme zur Errichtung von Studierendenwohnungen, damit die „klugen Köpfe“, von denen immer gern die Rede ist, auch ein Dach über ihren klugen Köpfen haben.