Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir die Sitzung eröffnen, will ich Ihnen zunächst einmal berichten, was unsere Landtagself gestern Abend zur Saisoneröffnung gemacht hat:
Am gestrigen Abend fand eine weitere freundschaftliche Begegnung zwischen der Landtagself und dem Team der Frankfurter Stadtverordneten in der Wiesbadener BritaArena statt. Es entwickelte sich bei dauerhaftem Nieselregen ein tolles Spiel der beiden Mannschaften auf Augenhöhe. Trotz leichter Vorteile auf Frankfurter Seite in den ersten Minuten hielt Keeper Weinmeister mit seinen Paraden seinen Kasten sauber und verhinderte einen frühen Rückstand.
Dann fing sich das Team von Coach Decker und wurde deutlich torgefährlicher, doch auch der Frankfurter Keeper hatte einen starken Tag erwischt. Es gab auf beiden Seiten hochkarätige Chancen, und Sebastian Hort konnte mit einem Konter in der 20. Minute die 1:0-Führung für die Parlamentself erzielen.
Auch Hälfte zwei wurde von starken Aktionen beider Teams geprägt, und Frankfurt konnte in der 45. Minute den 1:1-Ausgleich erzielen und zwei Minuten später sogar mit 1 : 2 in Führung gehen. Nun drängte Deckers Team auf den Ausgleich, den Reinhard Derix in der 52. Minute unhaltbar verwandelte. Wenige Minuten später konnte Frankfurt jedoch nach einer Ecke erneut in Führung gehen und traf zum 2:3-Endstand, obwohl ein Unentschieden an diesem Tag gerecht gewesen wäre.
Nachdem wir das zur Kenntnis genommen haben, sind wir jetzt auch beschlussfähig, wie ich feststelle. Ich eröffne die 104. Plenarsitzung und bitte um etwas mehr Ruhe.
Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend klare Flughafenstrategie der Landesregierung – Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Verbesserung des Lärmschutzes Maßstab der Politik, Drucks. 19/4857. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 56 und kann gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 27 zu diesem Thema aufgerufen werden. – Dagegen gibt es keinen Widerspruch.
Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden. Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 32. Dann folgt Tagesordnungspunkt 27. Hiermit wird der soeben erwähnte
Entschuldigt fehlen Herr Staatsminister Axel Wintermeyer ab 16 Uhr, Herr Staatsminister Peter Beuth von 9:30 Uhr bis 11:30 Uhr und von 15:45 Uhr bis 17:15 Uhr, Frau Staatsministerin Lucia Puttrich ab 11:45 Uhr und Frau Abg. Arnoldt ganztags wegen Erkrankung.
Kolleginnen und Kollegen, heute Abend kommt im Anschluss an die Plenarsitzung der Innenausschuss in Sitzungsraum 510 W zusammen.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Jahr des Respekts – „Hessen lebt Respekt“ – Drucks. 19/4826 –
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Klage in unserer Gesellschaft – ja, manchmal die Fassungslosigkeit – ist mit Händen zu greifen.
Ein Autofahrer wird mit Zigarette im Mund, Handy in der Hand und am Ohr mit 150 km/h mitten in der Innenstadt in Darmstadt erwischt.
Die neueste PISA-Studie legt ihr Augenmerk auf das Mobbing in der Schule und weist aus, wie viele Kinder diese Erfahrung der Verrohung machen müssen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern, Lehrkräfte, Journalisten, Ärzte, Ordnungskräfte und selbst Rettungsdienste werden mittlerweile körperlich angegriffen oder, im letzteren Falle, nicht zu Unfallorten durchgelassen. Gewaltfantasien und – z. B. im Rahmen der 1.-Mai-Exzesse – links- und rechtsextremistische Gewaltaufrufe im Netz und in den sozialen Medien sind schlicht erschreckend.
Meine Damen und Herren, wegsehen hat überhaupt keinen Sinn; es darf nicht weggenuschelt werden. Es muss festgestellt werden, dass rechtsstaatliche Verfolgung gegen Vergehen und Verbrechen ihren Platz hat und zwingend notwendig ist.
Aber wir dürfen auch nicht übersehen, dass wir in einem öffentlichen und veröffentlichten Bewusstsein „Only bad news are good news“ leben. So darf es aber nicht zugehen in einer Gesellschaft, und so ist es auch noch nicht.
Es gibt eine kleine Gruppe in unserer Gesellschaft, die sich nicht an einen respektvollen Umgang gewöhnen wird. Es gibt eine Gruppe, die immer, in allen Lebenslagen und unbedingt für andere Menschen da ist. Die große Mehrheit in der Bevölkerung schaut auf Orientierungsfiguren, und wir wollen, dass die Orientierungsfiguren, die Vorbilder engagierte Menschen sind, Menschen, die andere respektieren, die anderen helfen, selbst wenn es ihnen selbst gar nicht so gut geht, Menschen, die Rücksicht nehmen, Menschen, die ihren kulturellen Standpunkt haben und andere tolerieren.
Dabei sind wir nicht blöd und auch nicht ignorant, sondern sehen das Schlechte. Aber wir wollen die Kraft des Respekts stärken und stark machen.
Meine Damen und Herren, daher die Initiative „Hessen lebt Respekt“, die nicht eine Kampagne der Landesregierung ist, sondern eine gezielte Initiative über ein ganzes Jahr – keine PR über eine Woche, sondern ein Jahr Aktivitäten.
Dabei gehen wir davon aus, dass wir uns nicht in den Strudel des Negativen ziehen lassen wollen, sondern wir kämpfen für diejenigen, die eigentlich wissen, was gut ist, aber oft nicht den Mund aufmachen. Wir kämpfen für diejenigen, die engagiert sein möchten, aber Gleichgesinnte brauchen. Wir kämpfen für die, die zur ehrenamtlichen Tätigkeit bereit sind, damit sie es tatsächlich tun. Wir kämpfen für die, die jeden Tag wenigstens eine gute Nachricht verbreiten, drucken, schreiben.
Wir kämpfen für diejenigen, die Probleme nicht nur beschreiben, sondern sie auch analysieren und Lösungen suchen.
Meine Damen und Herren, dafür braucht es Partner. Das kann Politik nicht allein; das kann nicht die Regierung und nicht der Landtag allein. Viele haben sich schnell bereit erklärt, Partner zu sein bei der Initiative „Hessen lebt Respekt“: Verlage, Medien, der Sport, Verkehrsverbünde, ein Autoverband und Persönlichkeiten wie z. B. Nele Neuhaus. Viele andere werden hinzukommen. Meinen, unseren herzlichen Dank dafür, sich in diese Initiative einbinden zu lassen.
Meine Damen und Herren, Respekt setzt Wahrnehmung voraus, setzt Hinschauen, Achtsamkeit und Empfindsamkeit voraus. Ich meine, man sollte auch in der Lage sein, zu empfinden, was bewegend ist.
Für mich ist bewegend, wenn sich drei Freundinnen zehn Tage lang Urlaub nehmen, um der vierten Freundin in ihren letzten Tagen im Hospiz Beistand zu leisten. Ich finde es bewegend, wenn ein krebskranker ehemaliger Tennisjugendmeister seine ganze Kraft nutzt, um die „Lilien“ für den Ligaaufstieg zu pushen, und gleichzeitig Spenden für die Kinderkrebshilfe sammelt – Johnny Heimes, der auch bereits ausgezeichnet worden ist.
Ich finde es bewegend, wenn über Facebook blitzartig, in Windeseile eine Hilfsaktion für eine Familie zustande kommt, die ihr Dach verloren hat und plötzlich in Not geraten ist. Diese Hilfsaktion wird aus dem Boden gestampft und ist über Nacht erfolgreich.
Meine Damen und Herren, ich finde es bewundernswert, wenn ein ehemaliger Boxer mit schwieriger eigener Biografie Jugendliche auf die Spur setzt.
Ich finde es bewundernswert, wenn sich Menschen ausdauernd, über 40 Jahre hinweg in Vereinen engagieren, wenn sie alles tun, um sich für diesen Verein einzusetzen, und sich für nichts zu schade sind.
Ich finde es bewundernswert, wenn Menschen ohne Aufhebens ihrer Nachbarschaft helfen, wenn sie Lebensmittel für Menschen besorgen, die das nicht mehr alleine können.
Ich finde es bewundernswert, wenn Schülerinnen und Schüler älteren Menschen das Handwerkszeug für die „Blackbox“ Computer vermitteln.
Das sind nur wenige Beispiele dafür, was wir wahrnehmen können, wenn wir hinschauen und wenn wir bereit sind, Empfindungen wahrzunehmen und auch Wertschätzung zu zeigen.
Ich finde, Respekt bedeutet auch, Dinge stark zu machen. Stark machen sollten wir beispielsweise auch Lehrkräfte in ihrer Autorität, anstatt sie durch permanente Angriffe zu schwächen.
Auch geht es darum, Helfer stark zu machen, die den Einsatz von Polizei und Hilfsdiensten unterstützen, und sei es manchmal nur mit einer Tasse Kaffee, aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten.
Es gilt, Eltern stark zu machen, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen und Interesse daran zeigen, wie es ihren Kindern in der Schule, in ihrem Vereinsleben und anderswo geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Initiative zum Thema „Respekt zeigen“ hat eine Menge damit zu tun, Dinge stark zu machen. Deswegen stellt sich Hessen ein Jahr lang der Frage: Wie wollen wir eigentlich leben? Wie wollen wir gemeinsamen leben? Was wollen wir gestalten, das kein Gesetz gestalten kann?