Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Initiative zum Thema „Respekt zeigen“ hat eine Menge damit zu tun, Dinge stark zu machen. Deswegen stellt sich Hessen ein Jahr lang der Frage: Wie wollen wir eigentlich leben? Wie wollen wir gemeinsamen leben? Was wollen wir gestalten, das kein Gesetz gestalten kann?
Eine Werteordnung hat ihre Pfeiler im Grundgesetz, in Gesetzen, aber sie lebt aus Haltungen heraus. Darum geht es in dieser Initiative. Respekt, Zusammenhalt, Vorbild: Das sind Haltungen. Wir wünschen uns deswegen ein Jahr der Haltung: über diesen Tag hinaus und – durch diese vielen Aktivitäten – in seiner Wirkung auch über dieses Jahr des Respekts hinaus. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Bevor ich in der Debatte fortfahre, möchte ich auf der Besuchertribüne Herrn Pater Gaby Geagea begrüßen, der heute die Andacht gehalten hat. Er betreut Christen aus dem Libanon und Syrien, die jetzt in der Rhein-Main-Region leben. Herzlich willkommen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Das haben die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes 1949 auf den Weg gebracht. Ich glaube, das ist richtig. Diese Verpflichtung haben wir alle gemeinsam. Deswegen kann ich, Frau Kollegin Wolff, die meisten Passagen Ihrer Ausführungen teilen. Wir sehen ebenfalls mit großer Sorge, dass Respekt in der Gesellschaft immer mehr verloren geht. Egoismus macht sich immer mehr breit.
Ich finde aber, dieses Thema ist zu wichtig. Was wäre das übrigens für eine Gelegenheit gewesen, zu sagen: Wir gemeinsam im Hessischen Landtag, zusammen mit der Landesregierung, starten eine Kampagne für mehr Respekt. – Das wäre einmal ein Ansatz gewesen.
Stattdessen gibt es eine Kampagne der Landesregierung. Sie haben das eben so schön gesagt: Das ist keine PR-Aktion für eine Woche. Nein, es ist eine PR-Aktion das ganze Jahr über. – Dafür stellen Sie 800.000 € zur Verfügung, 150.000 € fließen in Projekte: 150.000 von 800.000, weniger als 25 %. Weniger als ein Viertel geht an ehrenamtliche Organisationen, Helferinnen und Helfer.
Da liegt der Verdacht natürlich nahe – wenn Sie die Internetseite der Staatskanzlei mit den vielen schönen Bildern anschauen –, dass es sich um eine mediale Inszenierung dieser Landesregierung handelt.
Wenn diese Landesregierung eines kann, dann ist es, sich selbst zu inszenieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nein, da bin ich ganz realistisch. Ich muss Ihnen ein Lob aussprechen. Da haben wir noch Nachholbedarf, da kann man von Ihnen noch lernen: Wie stellt man sich selbst großartig dar?
(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU – Manfred Pentz (CDU): Bei einem solchen Thema!)
Nein, da lasse ich nicht mit mir verhandeln. Wahrheit ist Wahrheit, und das muss an dieser Stelle gesagt werden. Meine Damen und Herren, wir sprechen über Respekt. Ja, wir sind bereit dazu. – Ach, Herr Pentz, Sie sind auch hier. Schön, Sie zu sehen. Man hört dieser Tage so wenig von Ihnen.
Meine Damen und Herren, respektloser Umgang zeigt sich natürlich auch im praktischen Handeln der Politik.
Thema Respekt: Wie geht diese Landesregierung mit den Bürgerinnen und Bürgern um? – Lassen Sie mich sehr deutlich darauf hinweisen: Wir haben das nicht vergessen – wie viele andere – und finden, der respektloseste Umgang mit den Verbänden, mit den Beschäftigten des Landes Hessen in den letzten Jahren war die Durchführung der „Aktion düstere Zukunft“.
Es war der respektloseste Umgang, der Höhepunkt einer kaltschnäuzigen Politik von Herrn Koch, als man über das Internet mitgeteilt hat, das Frauenhaus werde geschlossen: Seht zu, wie ihr das organisiert.
Man hat Initiativen gesagt: Seht zu, wie ihr euch zukünftig organisieren könnt. Ihr bekommt kein Geld mehr. Macht das mal selbst.
Es ist auch eine Frage des Respekts, wie man mit denjenigen umgeht, die sich um andere kümmern und dabei unsere Hilfe brauchen. Das ist genau das, was Sie eben eingefordert haben, Frau Wolff. Deswegen lassen wir Ihnen das nicht durchgehen, wenn Sie dies in der Vergangenheit eben nicht getan haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist eine Unverschämtheit! – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Respekt hat auch etwas damit zu tun, wie Sie mit den Teilnehmern des Bildungsgipfels umgegangen sind.
Unser Kollege Chris Degen hat gestern in der Bildungsdebatte darauf hingewiesen: Es geht um einen Prozess, der über mehrere Jahre organisiert wird. Viele Beteiligte werden eingeladen, und es wird gesagt: Teilt uns einmal mit, welche Vorschläge ihr habt. – Am Schluss wird dann genau das Gegenteil davon getan. Auch das ist eine Frage des Respekts, wie man miteinander umgeht. Respekt – genau den haben Sie an dieser Stelle nicht gezeigt.
Wie war das eigentlich mit dem Respekt vor den Lehrern, den Eltern und den Schülern bei der Einführung von G 8?
Im Landtag haben viele Experten gewarnt. Mittlerweile ist dieses Projekt „grandios“ gescheitert. Es gibt nur noch ganz wenige Schulen, die G 8 anbieten.
Sie haben die politische Verantwortung gehabt. Die Schülerinnen und Schüler einer Generation waren die Versuchskaninchen für eine verkorkste Bildungspolitik mit G 8. Auch das ist eine Frage des Respekts. Experten und viele haben darauf hingewiesen. Sie haben das ignoriert. Auch Respekt vor Hinweisen, Meinungen und Warnungen gehört zum Thema.
Wir haben auch Respekt vor harter Arbeit. Ich nenne die Altenpflegerinnen. Ich nenne die Erzieherinnen. Ich nenne die, die sich um diejenigen kümmern, die im Hospiz sind. Auch da erwarten wir Respekt, nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch bei der Bezahlung. Es war die CDU, die bis zuletzt gegen die Einführung des Mindestlohns gekämpft hat. Eine ordentliche Bezahlung ist auch eine Frage des Respekts gegenüber der Arbeit und der Würde der Menschen.
Respekt heißt auch, dass man grundlose Befristungen vermeidet. Die Leiharbeit muss ordentlich geregelt werden. Auch das ist eine Frage des Respekts vor harter Arbeit. Gerade dann, wenn es um Menschen geht, wird, so finden wir, die Arbeit von dieser Gesellschaft nicht so anerkannt, wie es dringend notwendig wäre. Respekt darf es nicht nur in Sonntagsreden geben. Vielmehr muss sich das im praktischen Alltag und im Leben widerspiegeln. Dazu erwarten wir gemeinsame Initiativen. Dazu sind wir gerne bereit.
Respekt vor Familien heißt aber auch, die Kinderbetreuung auszubauen und deren Qualität zu steigern. Es bedeutet nicht, dass man Schulgeld für den Nachmittag einführt und dass man Aufgaben anderen überträgt und sie dann damit alleine lässt. Vielmehr heißt für uns Respekt auch, dass Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit konsequent durchgesetzt werden, und zwar unabhängig vom Einkommen der Eltern und von der Herkunft.
Herr Pentz, Sie haben dazwischengerufen. – Lassen Sie uns diese Aufgaben gemeinsam angehen. Respekt ist für eine mediale Inszenierung dieser Landesregierung zu wichtig. Der Respekt im Sinne des Art. 1 des Grundgesetzes muss täglich gelebt werden. Das muss täglich gelebt werden.