Protokoll der Sitzung vom 03.05.2017

Das mag Ihnen alles nicht passen. Trotzdem sagen wir es. Denn es ist wahr.

Respekt heißt auch, dass im parlamentarischen Alltag eines Landtags Meinungen der Minderheit akzeptiert und respektiert werden. Das Credo der CDU-Fraktion heißt seit 1999: Mehrheit ist Wahrheit. – Wir könnten Ihnen viele Fälle dazu nennen.

Wie sind wir mit dem Respekt umgegangen, als wir den NSU-Untersuchungsausschuss eingerichtet haben? Hessen war das einzige Land, in dem es keinen einstimmigen Beschluss des Bundestages gab. Es gibt Länder, in denen gibt es einen einstimmigen Abschlussbericht.

(Norbert Schmitt (SPD): Landtag!)

„Landtag“. – Es gibt dort einen einstimmig angenommenen Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses. Das wird es mit Ihnen in Hessen nicht geben. Ich finde, diesen Respekt wären wir den Opfern schuldig.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Frau Wolff, Sie haben auf eines hingewiesen. Das steht auch so in Ihrem Entschließungsantrag. Die Landesregierung macht diese Kampagne mit einer Verlagsgruppe.

Warum machen Sie das nur mit einer Verlagsgruppe, d. h. mit einer Mediengruppe? Da ist die Frage: Wie unabhängig kann das noch funktionieren? – Auch das sind durchaus Fragen.

Wenn es wirklich um den Kern geht, wie wir wieder mehr Respekt in dieser Gesellschaft erzielen können, dann teile ich das. Was in den sozialen Netzwerken teilweise geschieht, ist für diese Gesellschaft ein Skandal. Es ist ein Skandal, wie Menschen ihre Rechte missbrauchen.

Wenn Polizisten geprügelt und Rettungskräfte angegriffen werden, dann ist das etwas, was uns gemeinsam Sorge machen muss. Da sind wir sehr bei Ihnen. Aber da geht es nicht darum, dass eine Regierung ein ganzes Jahr lang 150.000 € für Projekte und 650.000 € für die Projektsteuerung ausgibt und viele bunte Bilder präsentiert. Respekt muss tagtäglich gelebt werden. Das wäre eine klassische Aufgabe für uns alle. Aber Sie haben uns dazu weder gefragt, noch brauchen Sie uns augenscheinlich.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler und Gabriele Faulhaber (DIE LINKE))

Wir werden das wahrscheinlich nachher von dem zuständigen Staatsminister, Herrn Wintermeyer, hören.

(Dr. Thomas Schäfer (CDU): Das glaube ich nicht! Ich glaube, dass der Ministerpräsident reden wird! – Weitere Zurufe)

Ich habe nur einmal gefragt. Herr Kollege Bellino, auch das passt Ihnen schon nicht. Vielleicht subsumieren wir das einfach unter dem Aspekt Respekt. Ich darf eine Frage stellen, auch wenn sie Ihnen unangenehm ist. Sie entscheiden dann, was Sie damit machen. Auch das ist eine Frage des Respekts. Aber damit habe ich kein Problem. Wer immer von der Regierung antwortet, es bleibt doch im Kern die Frage: Warum machen Sie diese Kampagne? – Geht es Ihnen wirklich – –

(Zuruf von der CDU: Das ist der pure Neid!)

„Purer Neid“, da haben Sie völlig recht. Sie nehmen 800.000 € in die Hand, während Sie anderen die Unterstützung verweigern. Die Absicht mag gut sein, allein uns fehlt der Glaube. Denn Ihr praktisches Handeln steht im Gegensatz zu dem, was mit Ihrer Kampagne zum Teil postuliert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Janine Wissler und Dr. Ulrich Wilken (DIE LIN- KE))

Ja, das ist so. – Das Thema Respekt ist eines, das wir gemeinsam in dieser Gesellschaft brauchen können. Wir müssen das ausbauen.

(Holger Bellino (CDU): Dann fangen Sie einmal an!)

Frau Wolff, Sie haben eben gesagt, zum rechtsstaatlichen Handeln gehöre auch, dass der Rechtsstaat deutlich machen müsse, wann Grenzen überschritten werden. Das ist der Fall, wenn Täter nicht mehr verfolgt werden und wenn von 675 Strafverfahren am Schluss nur noch 30 übrig bleiben. Da stellt sich schon die Frage, was diejenigen empfinden, die davon betroffen sind. Auch das ist eine Frage, die wir gemeinsam angehen müssen.

Das Thema Respekt ist eines, bei dem das Reden und das Handeln der Regierung und der Mitglieder der sie tragenden Fraktionen weit auseinanderfallen. Wir lassen es Ihnen

jedenfalls nicht durchgehen, dass viele richtige Worte durch falsches Handeln konterkariert werden. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall der SPD – Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Hahn für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es reicht für mich schon der heutige Morgen, um festzustellen, dass die Respektlosigkeit auf alle Fälle groß ist. Auf der Fahrt von meinem Heimatort Bad Vilbel hierher habe ich heute Morgen nicht nur einmal erlebt, wie respektlos sich Verkehrsteilnehmer benehmen. Ich habe mir schon lange abgewöhnt, mich darüber aufzuregen. Aber ich stelle es jedenfalls noch fest.

Ich habe heute Morgen die Zeitung aufgeschlagen und das eine oder andere gelesen. Da war natürlich zu erkennen, dass das Thema „Respekt“, das Thema „den anderen ernst nehmen“ und das Thema „die Interessen des anderen schützen wollen“ in unserer Gesellschaft nicht sehr groß ausgeprägt sind. Ich bin kein Freund der Feststellung, das sei früher alles viel besser gewesen. Ich weiß es nicht. Ich kann mir sogar vorstellen, dass es bei vielen Angelegenheiten noch viel respektloser zugegangen ist.

Herr Kollege Dietz und ich hatten gestern eine Besuchergruppe aus der Stadt Karben zu Gast. Wir haben uns darüber unterhalten, ob es früher besser war oder nicht. Herr Kollege Dietz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es noch keine 200 Jahre her ist – ich lasse jetzt einmal die Zeit des unsäglichen Hitlerreichs weg –, dass es in diesem Land sehr respektlos zugegangen ist. Denn da haben die Feudalherren beschlossen, was zu tun, und insbesondere, was zu lassen ist.

Ob es früher besser war, der Jurist vor Gericht würde sagen: Ich stelle es streitig. – Das ist auch egal. Denn jedenfalls ist die Respektlosigkeit in unserer Gesellschaft sehr groß.

Ich habe das Gefühl, dass es eine Reihe an Geschäftsmodellen gibt – sei es in der Wirtschaft, sei es aber auch in der Politik –, die darauf aufbauen, mit Respektlosigkeit etwas zu verdienen, sei es Geld oder seien es Wählerstimmen. Deshalb ist es vernünftig, dass man sich in einem Land wie Hessen mit diesem Thema auseinandersetzt. Liebe Kollegin Karin Wolff, ich würde sagen: nicht nur eine Woche lang, aber auch nicht nur ein Jahr lang.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Vielmehr sollte dies immer geschehen, von morgens bis abends und 365 Tage im Jahr. Das sollte zumindest so lange der Fall sein, wie die Mitglieder dieser Landesregierung und die Mitglieder dieses Landtags ihr Amt bzw. ihr Mandat haben.

Sie merken, dass wir die Idee „Respekt“ in keiner Weise karikieren. Ich halte jetzt auch keine Oppositionsrede von diesem Pult aus, um all das aufzuzählen, was wir als Freie

Demokraten, als Liberale, an der Arbeit der derzeit Regierenden nicht gut finden.

Ich sage noch einmal: Ja, es ist richtig, dass in dem Entschließungsantrag festgestellt wird, dass gegenseitiger Respekt die Grundlage für ein friedliches und erfolgreiches Zusammenleben ist. Ja, das ist so. Die Freien Demokraten dieses Hauses stehen voll und ganz hinter diesem Satz.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Was uns nur irritiert, das ist der Weg, den Sie gewählt haben. Was uns irritiert, ist, dass man als Opposition in Agenturmeldungen hört oder liest, die Landesregierung habe das Jahr 2017 zum Jahr des Respekts ausgerufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das respektvoll?

(Zurufe: Nein!)

Ist das respektvoll gegenüber der ersten Gewalt und gegenüber den Oppositionsabgeordneten in diesem Hause?

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Wo werden wir angesprochen?

(Zurufe: Ja!)

Wo werden wir mitgenommen? Wo wird uns gezeigt, dass man auf Ihrer Seite – GRÜNE und Union – Respekt vor uns hat? Wieso kommt man nicht auf die Idee? Ich sage sehr bewusst – respektlos, wie ich manchmal bin –: Sie kamen garantiert auf die Idee. Wieso haben Sie diese nicht umgesetzt und uns vorher gefragt? Warum gab es nicht die Eingabe des Ministerpräsidenten an die Fraktionsvorsitzenden in diesem Hause: Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, wir möchten gerne, dass der Respekt in unserem Lande ganz oben steht? Meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen wir das nicht gemeinsam machen?

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Der Schwab‘ würde sagen: Das hat vielleicht ein Geschmäckle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ärgert mich. Wenn Sie schon meinen, es alleine machen zu müssen – wir alle wissen ja, warum Sie das meinen; jetzt bin ich wieder respektlos –: Herr Wintermeyer, warum haben Sie denn nicht z. B. die Stiftung „Miteinander in Hessen“ dazu genutzt?

(Zuruf des Ministers Axel Wintermeyer)

Wir haben Initiativen. Wir haben Institutionen in unserem System, die sich genau mit diesem Thema Respekt auseinandersetzen. Das ist die Stiftung „Miteinander in Hessen“. Das sind die Ehrenamtsagentur und, und, und. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wurde auch nicht gemacht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Das hat ein bisschen Geschmäckle. Man könnte dann doch darauf kommen, dass das eben vielleicht eine freudsche Fehlleistung der Kollegin Wolff gewesen ist,

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)