Es muss endlich etwas passieren – auch das ist gesagt worden –, damit nicht Tausende Menschen im großen Grab Mittelmeer ertrinken.
Ich unterstütze nicht die Vokabeln, die in diesem Zusammenhang genannt worden sind, aber ich möchte noch einen Punkt nennen. Welchen Aufschrei, welche Betroffenheit und welche Entrüstung gibt es in unserem Land – ich weiß, dass man das nicht gegeneinander ausspielen kann –, wenn im Mittelmeer ein Kreuzfahrtschiff sinkt. Dann ist die Klage groß. Ich vermisse diese Klage bei der deutlich größeren Zahl von Menschen, die über dieses Meer kommen, das andere Ufer aber nicht erreichen.
Dieses grundsätzliche Problem bekommen wir nicht in den Griff durch das Engagement – so lobenswert es auch ist – einiger Kommunen. Es muss eine andere, eine weitreichendere Entscheidung getroffen werden. Ich habe in diesem Zusammenhang Europa genannt. Dass in diesem Zusammenhang Deutschland vorbildlich ist und Hessen ganz viel gemacht hat, habe ich hier schon mehrfach gesagt und will ich heute noch einmal deutlich sagen. Das ist unbestritten. Ich will die eigene Arbeit und das eigene Bemühen in dieser Frage nicht selbst infrage stellen.
Abschließend möchte ich noch etwas zum Thema Kirchenasyl sagen, zu dem auch der Kollege Blechschmidt bereits ausführlich etwas gesagt hat. Ich habe einmal selbst Kirchenasyl durchgeführt, und zwar als Solitär. Es gab nicht 50 oder 60 andere, die das auch gemacht haben. Das auszuhalten, stellt eine verdammt harte Situation dar. Wenn man das tut, ist man isoliert. All diejenigen, die einem dabei zujubeln und meinen, das müsse doch jetzt so sein, sind
Kollege Blechschmidt hat es angesprochen. Beim Kirchentag in der letzten Woche habe ich mit dem Menschen bei der EKD, der das mit dem BAMF und dem Bundesinnenministerium verhandelt, ein ausführliches Gespräch geführt, wie das mit dem Kirchenasyl aussieht. Dazu gibt es kein verbrieftes Recht. Der Begriff ist genannt worden. Aufgrund der guten Tradition, die es in dieser Frage gibt, wird das mitgetragen bzw. wird das geduldet. Rechtlich kann man in diesem Zusammenhang aber nicht argumentieren.
die Punkte zu diskutieren, bei denen es noch offene Fragen gibt. Hiervon gibt es noch ganz viele. Außerdem sollten wir gemeinsam anerkennen, was wir in diesem Bereich geschafft haben. Das ist für die Betroffenen gut, und das ist für uns selbst sehr gut. – Danke.
Vielen Dank, Herr Kollege Roth. – Als Nächster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Bocklet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sie sind noch da. – Ich finde, Sie haben sehr zutreffend beschrieben, dass wir keine hysterische Diskussion über die Frage der Flüchtlingssituation führen sollten, sondern eine Diskussion mit Augenmaß. Wir sollten uns um genau die Fragen kümmern, die die Menschen in diesem Land tatsächlich bewegen und die auch die Flüchtlinge, die es in diesem Land gibt, tatsächlich täglich bewegen.
Sie haben ein Bild gezeichnet, das ich einmal so zusammenfassen möchte: Auf der einen Seite gibt es diejenigen – AfD und andere –, die das Recht auf politisches Asyl aushöhlen, wenn nicht gar abschaffen wollen. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen – die Linkspartei und andere –, die sich sehr diffus dazu äußern, sich aber immer wieder dem Motto „No Borders“ anschließen. Sie wollen auch keine Abschiebungen, egal wer woher auf welcher Rechtsgrundlage hierhergekommen ist.
Innerhalb dieses Spektrums muss es Menschen geben, die sich darum kümmern, wie wir es in einem verfassten Wesen tatsächlich halten wollen. Hierzu gibt es eine klare Rechtslage und einen klaren politischen Konsens, der auf dem Grundgesetz basiert. Dieser lautet: Wir haben in der Bundesrepublik ein Recht auf politisches Asyl.
Die Linksfraktion muss sich fragen, ob sie zu diesem Passus steht. Wenn Sie zum Recht auf politisches Asyl stehen, dann müssen Sie auch anerkennen, dass es Menschen gibt, die dieses Recht zwar beantragen, aber nicht genießen.
Wenn Sie zu der Erkenntnis kommen, dass es Menschen gibt, die das Recht auf politisches Asyl zwar beantragt haben, aber nicht genießen, dann müssen Sie in der Folge auch dazu stehen, dass es zu Rückführungen kommen wird. Um diese Frage drücken Sie sich immer wieder elegant herum.
Ihr Antrag atmet genau die Eleganz, mit der Sie im linken Spektrum herumtänzeln und sagen: Wir sind gegen jegliche Abschiebungen. Wir sind eigentlich auch gegen Grenzen. – Wenn es wirklich Ihre Position ist, dass Sie keine Abschiebungen wollen, dann benennen Sie das bitte auch so. Sie werden eine große Anzahl Ihrer Wählerinnen und Wähler verlieren, wenn Sie grundsätzlich gegen jegliche Rückführung sind. Ich bezweifle das. Wenn dem so ist, dann tun Sie das bitte auch so. Dazu haben wir eine klare Haltung.
Wir sagen: Selbstverständlich genießen die Flüchtlinge, die zu uns kommen, das Recht auf politisches Asyl. Wenn sie aus einem Bürgerkriegsland kommen, wird ihnen selbstverständlich ein Schutzstatus gewährt. Jede und jeder hat das Recht auf eine Einzelfallprüfung sowie auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren.
Wenn aber ein qualifizierter und kluger Bescheid – darüber können wir gleich reden – erteilt und erkannt worden ist, dass es diese Gründe nicht gibt, dann muss das Verfahren schnell und fair durchgeführt werden. Am Ende führt ein negativer Bescheid aber dazu, dass es zu einer Rückführung kommt. Vor der Beantwortung dieser Frage drücken Sie sich. Sie behaupten sogar, dass es dann keine Abschiebung gibt. Damit widersprechen Sie aber dem Recht auf politisches Asyl und dem Grundgesetz. Das ist die Folge.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn man nicht abschiebt, verstößt man nicht gegen das Recht! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Wenn Sie „No Borders“ sagen, dann müssen Sie sich auch in der politischen Diskussion der Frage stellen: Was heißt „keine Grenzen“? Meine These war und ist: Wir haben im Jahr 2016 1,1 Millionen Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen. Ich bin mir sicher, dass wir eine weitere Million verkraftet hätten, unter Umständen auch noch eine dritte Million.
Aber irgendwann, Frau Wissler, müssen alle, die diese These aufstellen, die Frage beantworten – und zwar im Hier und Jetzt,
auch Sie, Herr Schaus –, was wir nach ihrer Meinung tun können, damit nicht unbegrenzt viele Menschen zu uns kommen.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Beantworten Sie doch mal die Frage! – Gabriele Faulhaber (DIE LIN- KE): Lesen Sie den Antrag!)
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie drücken sich um eine Aussage zu unserem Antrag! Sie drücken sich, weil auch Mitglieder Ihrer Partei ihn unterstützen!)
Mit diesem Antrag suggerieren Sie, Sie wollten keine Grenzen. Das ist an diesem Punkt natürlich absurd.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Lebhafte Zurufe von der LINKEN)
Herr Kollege Bocklet, einen Augenblick. – Ich bitte darum, dass wir alle uns daran halten, zwar Zwischenrufe zu machen, aber keine Zwischendebattenbeiträge zu liefern. Dafür gibt es die Möglichkeit der Kurzintervention. Wer eine solche machen möchte, der mag sich melden. Ansonsten bitte nur Zurufe, aber keine Äußerungen, die den Redner daran hindern, seine Rede zu halten.
Der erste Teil meiner Rede gilt der Unklarheit der Position der LINKEN, ob Sie überhaupt zu Rückführungen stehen oder ob Sie überhaupt Grenzen in Europa anerkennen.
Wir haben dazu eine klare Position. Wir sagen, wenn Millionen Menschen zu uns flüchten, dann brauchen wir zielführende Lösungen. Wir verfolgen ein ganz klares Konzept:
Erstens. Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen. Dort, wo sich Menschen auf die Flucht machen, müssen wir als internationale Gemeinschaft alles dafür tun, die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Zweitens. Wir wollen, dass die flüchtenden Menschen, die in Europa ankommen, gerecht auf Europa verteilt werden. Es kann nicht sein, dass wenige Staaten die ganze Last tragen. Wir Deutsche haben unseren Beitrag mit den 1,1 Millionen Flüchtlingen, die wir aufgenommen haben, wahrlich geleistet.
Das, was in Polen passiert, ist peinlich. Polen nimmt nicht einmal 50.000 Menschen auf. Viele andere europäische Länder drücken sich ebenfalls vor ihrer Verantwortung. Das ist übel. Die Bundesrepublik muss sich darum bemühen, dass noch mehr europäische Länder in die Verantwortung für die Flüchtlinge einbezogen werden. Wir brauchen eine europäische Verteilquote, damit die Geflüchteten gerecht verteilt werden.