Protokoll der Sitzung vom 29.06.2017

Antrag der Abg. Lotz, Gremmels, Löber, Müller (Schwalmstadt) , Schmitt, Siebel, Warnecke (SPD) und Fraktion betreffend Reduzierung der Waschbärenpopulation in Hessen – Drucks. 19/4754 –

Tagesordnungspunkt 30:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schonzeit des Waschbären – Drucks. 19/4958 –

Tagesordnungspunkt 21:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kormoranverordnung ist für den Schutz von Äsche, Barbe und anderer Fischarten unerlässlich – Drucks. 19/4823 –

sowie Tagesordnungspunkt 29:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Regelung zur Kormoranbekämpfung – Maßnahmen zur Gewässergüte – Drucks. 19/4956 –

Erster Redner ist Kollege Lotz, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über einen Bären und über einen Vogel. Eigentlich wäre es schöner gewesen, die Waschbären- und die Kormoranthematik getrennt voneinander aufzurufen und zu behandeln. So unterschiedlich diese beiden Tiere und die Probleme, die sie hervorrufen, auch sind, haben sie doch eines gemeinsam: Sie eignen sich sehr gut, um die misslungene Jagdverordnung bzw. die misslungene Fischereiverordnung der Landesregierung aufzugreifen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zu Recht fordert die FDP ein Kormoranmonitoring und ein verbessertes Management. Ich darf aber einmal an etwas erinnern: Wir haben das schon einmal beim Wolf, beim Biber und auch beim Waschbären gefordert.

(Gerhard Merz (SPD): Beim Luchs!)

Die Regierung macht aber bei den Stichwörtern „Monitoring“ und „Management“ dicht. Lieber werden pressewirksame PR-Aktionen veranstaltet, die vielleicht dem eigenen Management helfen, aber nicht den Tieren.

Seit Langem fordern wir gemeinsam, ein modernes Jagdrecht in Hessen zu schaffen. Immer wieder schottet die Landesregierung ab. Die Aufhebung der Schonzeiten für Waschbären in der Rhön ist aus meiner Sicht der beste Beweis, dass der Waschbär vielerorts ein ernst zu nehmendes Problem ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ministerpräsident Bouffier hat auf dem Landesjägertag angekündigt – ich habe es selbst gehört, und viele andere waren auch anwesend –, dass er in der Tat auch noch mehr ändern will. Am Dienstag hatten wir das Thema schon einmal, da wurde das nicht beantwortet.

Ich rede hier aber nicht nur von ein paar umgeschmissenen Mülltonnen oder abgeernteten Obstbäumen. Aber anstatt gemeinsam mit Experten an einem lösungsorientierten Plan zu arbeiten, wurde mithilfe von pseudowissenschaftlichen Grundlagen mit der ideologischen Brechstange die Jagdverordnung durchgesetzt. Das dient aus meiner Sicht niemandem. Das dient auch nicht dem Waschbären, nicht der geschädigten Flora, Fauna oder der Tierwelt. Es dient erst recht nicht uns Menschen, die teils Schäden von mehreren Tausend Euro zu beklagen haben.

Die hessischen Fischer haben errechnet, dass der Kormoran jährlich ca. 2,3 Millionen € Schaden verursacht. Weder beim Waschbären noch beim Kormoran ist die Landesregierung bereit, sich etwas einfallen zu lassen. Sie lässt einfach alles laufen, und es werden nur schöne bunte Werbeheftchen verpackt.

Die Europäische Union hat erst 2016 die Waschbären auf die Liste der unerwünschten Spezies gesetzt. Das war aus unserer Sicht keine Juxaktion der EU. Wir glauben, das unterstreicht vielmehr die Ernsthaftigkeit der Waschbärenproblematik.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

In elf von 15 Bundesländern dürfen Jungwaschbären ganzjährig bejagt werden. Ausgerechnet in Hessen, dem Bundesland mit der weitaus höchsten Waschbärendichte – da sind wir in Deutschland auf Platz 1 –, ist die Jagdzeit am kürzesten. Natürlich ist es uns bewusst, dass man oftmals

Waschbären durch eine starke Bejagung nicht so einfach – –

Herr Kollege Lotz, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss und versuche, das abzukürzen. – Meine Damen und Herren, wir müssen versuchen, dringend mit Partnern aus Wissenschaft und Wildbiologie innovative Maßnahmen zur Verringerung der Waschbärenpopulation zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt unser Antrag. Wir bitten Sie deshalb, ihm zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Landau für die CDU-Fraktion.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal mehr freue ich mich, nicht zu Salz sprechen zu müssen, sondern zu, na ja, possierlichen Tieren – so kann man vielleicht in dem einen Fall sagen, in dem anderen weiß ich es nicht. Auf jeden Fall sprechen wir über zwei Tierarten, die so manchen menschlichen Freund haben, die aber eben auch Spuren in der Natur hinterlassen, so will ich es einmal nennen.

Der Kormoran, auf den ich zunächst zu sprechen kommen will, ist ein gutes Beispiel für erfolgreichen Naturschutz. Noch Anfang der Siebzigerjahre – wir mögen uns bitte erinnern – war er in Deutschland aufgrund intensiver Verfolgung nahezu ausgestorben, und nur noch in Norddeutschland hielten sich einige wenige Populationen. Dies führte dann zum Schutz des Kormorans. Seit 1979 unterliegt er dem allgemeinen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie, und seine Bejagung ist in Deutschland nach dieser Richtlinie nicht zulässig.

Inzwischen zählen wir auch in Hessen wieder zahlreiche Kolonien. Doch aktuell stagniert die Zahl der in Hessen brütenden Kormorane. Die Fischereiwirtschaft als quasi Nahrungskonkurrent trägt nicht zuletzt in einem Schreiben vom Mai 2017 – das ist also relativ aktuell – Belastungen der Gewässer durch Kormoraneinflug vor. Naturschützer weisen wiederum darauf hin, dass der Kormoran überwiegend ökonomisch nicht genutzten Weißfischen nachstellt. Gleichwohl trage ich hier vor, dass die Bejagung des Kormorans in Hessen möglich ist, und sie findet auch statt.

So wird nahezu jährlich an der Lahn als ein Beispiel mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung – und das ist der Punkt – eine bestimmte Anzahl von Kormoranen zum Abschuss freigegeben. Ziel ist es, den Vogel durch Abschüsse zu vergrämen und ihn am Anlegen einer Brutkolonie an der Lahn zu hindern.

Diese Bejagung in Ausnahmefällen soll unserer Meinung nach auch weiterhin möglich sein, da es durchaus Notwen

digkeiten dafür gibt, dies aber wiederum nicht überall und flächendeckend, sondern zeitlich und räumlich begrenzt.

Auch die vielfältigen Möglichkeiten der Vergrämung sollten genutzt werden. Zu nennen wären hier das Überspannen von Zuchtteichen mit weitmaschigen Netzen, akustische und optische Abwehrmaßnahmen.

Entscheidend aus unser Sicht für eine gesunde und artenreiche Fischfauna ist aber eine Verbesserung ihrer Lebensgrundlage, beispielsweise die Renaturierung von Gewässern und der Erhalt von Altarmen, die Förderung von Stillwasserbereichen, Maßnahmen zur Förderung der Durchgängigkeit von Gewässern. Das mögen hier einige Beispiele sein.

Die bestehenden Regelungen in Hessen bilden aus Sicht der CDU einen fairen Interessenausgleich zwischen den Interessen der Fischerei und dem Tier- und Artenschutz.

Damit komme ich zu den Waschbären. Hier empfehle ich der SPD, in der Debatte deutlich abzurüsten und die politische Jagdflinte im Schrank zu lassen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Schonzeit für den Waschbären ebenso wie für den Fuchs und andere Prädatoren von Februar bis August entspricht der Vorgabe des Schutzes der Elterntiere in der Brut- und Setzzeit gemäß § 22 des Bundesjagdgesetzes. Darauf fußt die richtige Verstärkung des Gedankens Tierschutz in der Hessischen Jagdverordnung. Das sage ich hier auch ganz deutlich. Dies ist eine Verabredung in unserer Koalitionsvereinbarung, und dazu stehen wir.

Andererseits – ich weiß nicht, ob es schon angesprochen worden ist – hat Europa verfügt, dass gegen invasive Arten vorzugehen ist. Danach sollen Maßnahmen ergriffen werden, die die Ausbreitung dieser Tierarten eindämmen.

Hessen hat hierzu eine Arbeitsgruppe im Umweltministerium eingesetzt, die einen Maßnahmenkatalog erarbeiten soll, der wahrscheinlich im Herbst 2017 vorgelegt wird. Zu diesem Maßnahmenkatalog wird auch die Jagd gehören. Der Gedanke des Tierschutzes hat dennoch seine Bedeutung.

Erstens. Die Hessische Jagdverordnung ist jetzt seit ungefähr einem Jahr in Kraft. Wir sollten erst einmal abwarten, wie die Jagdstrecke 2016 und 2017 beim Waschbären aussieht.

Zweitens. Wir sollten den angesprochenen Maßnahmenkatalog abwarten und ihn bei Vorlage diskutieren. Dann überlegen wir gemeinsam, wie wir den Waschbären begegnen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Richtig! – Norbert Schmitt (SPD): Überhaupt nicht!)

Mein Schlusssatz: Die CDU-Fraktion hält in beiden Fällen – Kormoran wie auch Waschbär – nichts von Aktionismus, sondern setzt auf Abwägung und ein geeignetes Maßnahmenmanagement bei beiden Tieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Faulhaber für die Fraktion DIE LINKE.

(Jürgen Lenders (FDP): Erst einmal der Antragsteller, oder?)

Herr Lenders, ich kann Sie gern vorziehen. Ich habe Frau Faulhaber zwischen die beiden Antragsblöcke Waschbär und Kormoran gesetzt, weil sie als Einzige vermittelnd eingreifen kann

(Heiterkeit bei der LINKEN)

und außerdem weil Kollege Blechschmidt auf seine Ablösung wartet.