Ein Fundament habe ich bereits vor drei Jahren in meiner ersten Regierungserklärung angesprochen, nämlich die Energiepolitik. Ohne einen Ausbau der erneuerbaren Energien kann es keine umwelt- und klimaschonende Mobilität geben.
Ein mit Braunkohlestrom betriebenes Elektroauto verlagert nur die Emissionen vom Auspuff zum Schornstein. Deshalb ist die Energiepolitik ein Schwerpunkt der Arbeit dieser Landesregierung.
Das zweite Fundament der neuen Mobilität ist die Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt, eine technologische Revolution, ohne die autonome Fahrzeuge und vernetzte Systeme nicht denkbar sind. Wie Hessen diese Entwicklung mitgestalten will, das ist Thema der Strategie „Digitales Hessen“, die ich im letzten Jahr in einer Regierungserklärung vorgestellt habe. Die heutige Regierungserklärung zur Mobilität vollendet damit den Dreiklang.
Selbstverständlich war die Landesregierung in der Verkehrspolitik seit 2014 alles andere als untätig. Ich will das an dieser Stelle noch einmal feststellen.
Den hessischen Verkehrsverbünden stellt die neue Finanzierungsvereinbarung bis 2021 fast 4 Milliarden € zur Verfügung, knapp 800 Millionen € im Jahr und damit 24 % mehr, als in der letzten Finanzierungsvereinbarung zugesagt worden war.
Damit ist es z. B. möglich, Schienenangebote auch bei sinkenden Bevölkerungszahlen im ländlichen Raum zu erhalten und an manchen Stellen sogar auszuweiten. Es ist z. B. erstmals möglich – das ist ein lang gehegter Traum, ich gebe es zu; ich fordere das, solange ich mich erinnern kann; ich gehöre zwar nicht mehr der Grünen Jugend an, aber ich kann mich noch daran erinnern, dass ich das damals schon forderte –, dass ab dem nächsten Fahrplanwechsel die SBahnen im RMV-Gebiet am Wochenende auch nachts durch fahren. Im Dezember geht es los, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Seit diesem Schuljahr gibt es das Schülerticket Hessen. Über eine Viertelmillion junger Hessinnen und Hessen haben es schon. Das Schülerticket ermöglicht bequeme Mobilität.
Das erschließt den Bussen und Bahnen neue Nutzerinnen und Nutzer und erspart Müttern und Vätern ElterntaxiDienste. Das gibt es nur in Hessen. Dies gilt ebenso vom Jahreswechsel an für das landesweite Jobticket für 145.000 Bedienstete des Landes Hessen.
Auch mit der Infrastruktur geht es nach langem Stillstand voran. Wichtige Schienenprojekte werden realisiert, um den völlig überlasteten Eisenbahnknoten Frankfurt an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Jahrelang wurde über das Maßnahmenpaket Frankfurt/RheinMain plus nur geredet, jetzt wird gehandelt. Im November war Baubeginn für die S-Bahn-Station Gateway Gardens, Anfang Juni der Spatenstich zum Ausbau des Homburger Damms in Frankfurt. Dies war der Auftakt einer Reihe weiterer Maßnahmen wie der Nordmainischen S-Bahn und der Regionaltangente West. Das sind alles lange diskutierte Projekte in der Region, die jetzt endlich konkrete Formen annehmen.
Das gilt auch für ein anderes Projekt. Die Bahn plant noch in diesem Jahr den Spatenstich für ein Projekt, über das geredet wird, solange ich mich erinnern kann, nämlich für den viergleisigen Ausbau der S 6 von Frankfurt-West nach Bad Vilbel.
Auch die dringend benötigten Neu- und Ausbaustrecken Frankfurt – Fulda und Frankfurt – Mannheim sind endlich im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans verankert. Alles in allem will die Bahn in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in Hessen rund 12 Milliarden € in zwölf Projekte investieren. Das ist ein wesentliches Ergebnis des Drucks, den die jetzige Landesregierung aufgebaut hat und aufrechterhalten wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Natürlich kümmern wir uns auch um den Straßenbau. Dabei gilt der Grundsatz: Sanierung vor Neubau. Wir werden die bestehenden Straßen sanieren, und zwar systematisch. Mit unserer auf sieben Jahre angelegten Sanierungsoffensive wenden wir 385 Millionen € für 540 Einzelmaßnahmen auf.
2017 beträgt der Landesstraßenbauetat unter dem Strich 99 Millionen €. Gestern hat das Kabinett den Haushaltsentwurf für den kommenden Doppelhaushalt beschlossen. 2018 werden es 110 Millionen € sein, im Jahr darauf 120 Millionen €, bei einem Sanierungsanteil von weit über 80 %.
Damit wir dieses Geld auch verbauen können, haben wir auch die Planungsmittel für den Bundes- und Landesstraßenbau beträchtlich erhöht.
Im letzten Jahr wurden insgesamt 750 Millionen € Bundesmittel für den Erhalt, den Neu- und den Ausbau sowie für den Betrieb von Autobahnen und Bundesstraßen in Hessen ausgegeben. Damit kommt Hessen auf Platz 4, direkt nach den deutlich größeren Ländern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, aber beispielsweise deutlich vor Niedersachsen. Über die Hälfte dieser Mittel wurde in Erhaltungsmaßnahmen investiert. Das ist dringend notwendig, weil wir wegen der Versäumnisse vergangener Jahrzehnte schon die ersten Verkehrseinschränkungen erleben, z. B. auf der Bergshäuser Brücke der A 44 zwischen Baunatal und Kassel und der Salzbachtalbrücke der A 66 in Wiesbaden. Wir gehen die Probleme jetzt Brücke für Brücke an.
Meine Damen und Herren, die Summe des Landesgeldes aus Landesstraßenbau- und Planungsmitteln wird 2018 177 Millionen € und 2019 188 Millionen € erreichen. Das ist der höchste Stand, den es jemals in Hessen gab.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Eine kluge Mobilitätspolitik denkt aber weiter als bis zur nächsten Leitplanke; denn zur Mobilität gehört nicht nur das Auto. Mobilität beginnt beim Zu-Fuß-Gehen. Wir betrachten Passanten und Radfahrer als gleichberechtigte Teilnehmer des Verkehrs. Sie brauchen ebenfalls gute und
Viele hessische Kommunen haben schon vorbildliche Ansätze hierzu entwickelt. Damit diese Schule machen und sich noch weiter verbessern, haben wir die Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen gegründet, der schon knapp die Hälfte der Kommunen angehört.
Natürlich gibt es auch finanzielle Förderung. Für kommunale Fuß- und Radwege stellen wir 8 Millionen € im Jahr zur Verfügung. Für kommunale Nahmobilitätsprojekte stellen wir 4 Millionen € in diesem Jahr zur Verfügung. 2018 werden es voraussichtlich sogar 5,5 Millionen € sein, die ab sofort beantragt werden können.
Wir engagieren uns verstärkt für die Elektromobilität. Der Entwurf des Doppelhaushalts sieht Fördermittel von fast 7 Millionen € pro Jahr vor. Im Jahr 2015 waren es noch 1 Million €. Hessen ist das erste Bundesland mit einem eigenen Förderprogramm für Elektrobusse. Den ersten Förderbescheid für einen Elektrobus habe ich vor wenigen Wochen in Fulda übergeben, der Bescheid für Frankfurt folgt nächste Woche.
Wir unterstützen die Landeshauptstadt Wiesbaden bei ihrem Vorhaben, ihre komplette Dieselflotte binnen vier Jahren zu elektrifizieren. Dies ist nach unserer Kenntnis bisher ein europaweit einzigartiges Vorhaben. Außerdem unterstützen wir mit voller Kraft die Citybahn in Wiesbaden, die mein Amtsvorgänger noch verhindert hat.
Heute haben wir auf mobileshessen2020.de eine Onlinekarte der E-Ladestationen in Hessen freigeschaltet. Hessen ist nach einer Erhebung des Bundesverbandes der Energieund Wasserwirtschaft mit 104 öffentlichen Ladestationen pro einer Million Einwohner nach Baden-Württemberg auf Rang 2 der Flächenländer. Aber das reicht bei Weitem nicht. Wir unterstützen daher Energieversorger beim Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Schade, dass es erst den Dieselskandal gebraucht hat, damit auch der Bund flächendeckend in E-Busse und Ladeinfrastruktur investiert. Trotzdem ist es gut, dass das jetzt ein bundesweites Vorhaben ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich sind auch unsere Bemühungen um den Fluglärmschutz ein Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität. Die vielen kleinen Detailmaßnahmen des aktiven Lärmschutzes, aber auch die großen wie die Lärmpausen und die Lärmobergrenze haben das Ziel, die Entwicklung des Frankfurter Flughafens in Einklang zu bringen mit den berechtigten Anliegen der Anwohner.
Wir haben schon viel für ein zukunftsfähiges Verkehrssystem getan, und wir haben noch viel vor. An dieser Stelle will ich Sie einladen, am 15. September auf dem Hessi
schen Mobilitätskongress in den Dialog zu kommen, weil ich ausdrücklich sagen möchte: Unsere Strategie ist auf der Basis des Zukunftsbildes, das wir aus der Befragung von Experten gewonnen haben, entwickelt. Darüber wollen wir in Dialog kommen, mit Politik, mit Wirtschaft, mit Gewerkschaften, mit der Gesellschaft insgesamt. Die Leitgedanken sind:
Mobilität ist Daseinsvorsorge; denn sie ist Voraussetzung sozialer Teilhabe. Daher ergänzen wir das privatwirtschaftliche Angebot da, aber nur da, wo der Markt versagt.
Wir bauen unsere Infrastruktur weiter aus zur Grundlage effizienter, vernetzter und umweltschonender Mobilität.
Fuß- und Radverkehr stehen am Anfang und am Ende jeder Mobilitätskette. Wir begreifen die Nahmobilität als integralen Bestandteil des Verkehrssystems und entwickeln sie gemeinsam mit den Kommunen.
Wir verstehen Mobilitätspolitik als Wirtschaftspolitik. Moderne Mobilität verschafft Wettbewerbsvorteile.
Konkret heißt das: Mit dem Klimaschutzplan 2025 stellt alleine das Verkehrsministerium in den nächsten Jahren über 21 Millionen € bereit für klimafreundliche Mobilität, z. B. für das Konzept eines Radschnellwegenetzes in den Ballungsräumen Rhein-Main, Gießen/Marburg und Kassel; für Ruftaxis und andere Modellprojekte für den ÖPNV in dünn besiedelten Regionen – Teil dieser Strategie ist auch das Fachzentrum Mobilität im ländlichen Raum, das seit Juni im HoLM als gemeinsames Projekt von RMV und NVV arbeitet –; oder für emissionsfreie City-Logistik, etwa mit Elektrotaxis, Lasten-Pedelecs und Elektrolieferwagen.
Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Gerade in der Nahmobilität und bei Bussen und Bahnen kommt es sehr auf die Kommunen an. Sie brauchen dafür finanzielle Planungssicherheit. Das Land wird daher die nach 2019 wegfallenden Bundesgelder aus dem alten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aus eigenen Mitteln ersetzen und noch etwas aufstocken. Mit einem hessischen Mobilitätsfördergesetz werden wir für kommunale Verkehrsinfrastruktur mindestens 100 Millionen € im Jahr zur Verfügung stellen.
Wir halten dabei an der hälftigen Aufteilung zwischen Maßnahmen zum Ausbau von Bussen und Bahnen und dem kommunalen Straßenbau fest. Nur so werden die Landesanteile an den großen S-, U- und Stadtbahn-Vorhaben der nächsten Jahre zu stemmen sein. Damit können aber auch Radwege an innerstädtischen Straßen gefördert und bessere Schnittstellen zwischen den Verkehrsmitteln geschaffen werden.