Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn nun 120 Polizistinnen und Polizisten ins Bahnhofsviertel kommen, dann sollten sie in ausreichender Zahl Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter mitbringen. Hier kommt es schließlich auch auf Prävention und soziale Intervention an, also auf Vorbeugung vor Kriminalität. Auch das ist für das Bahnhofsviertel ein Thema.

Ein wesentlicher Schritt wäre zudem, dass endlich die völlig verfehlte Drogenpolitik der Bundesregierung geändert würde – weg von der Kriminalisierung, hin zur Prävention –; denn die Zahl der Drogentoten nimmt leider wieder zu. Ich habe mit besonderem Interesse zur Kenntnis genommen, Herr Bauer, dass Sie den sogenannten Frankfurter Weg – Sie haben ja die Drückerräume angesprochen – begrüßen und unterstützen. Auch ich sehe das so. Dazu gehört aber auch, dass man bei der Drogenkriminalität im Bahnhofsviertel zur Kenntnis nimmt, dass mehr als 50 % der Delikte mit Haschisch und Marihuana zu tun haben. Viele Experten fordern schon seit Jahren eine Legalisierung und Entkriminalisierung dieser beiden Drogen. Es würde in der Tat zu einer Entlastung der Polizei, auch im Bahnhofsviertel, führen, wenn man diese Entscheidung treffen würde.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Prävention und Hilfe für Nutzer sowie Regulierung statt Schwarzmarkt – nur so kommen wir in der Drogenpolitik tatsächlich weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich in der Debatte ernsthaft gefragt: Was wollen Sie eigentlich mit dieser Aktuellen Stunde und den Aussagen, die hier sowohl vom Kollegen Yüksel als auch gerade vom Kollegen Schaus zum Thema geäußert wurden? Ist es nun gut, dass wir im Frankfurter Bahnhofsviertel eine BAO eingerichtet haben, die dort eine Vielzahl von Maßnahmen durchgeführt hat, und dass diese – da eine BAO immer zeitlich begrenzt eingerichtet wird – jetzt in eine Regelstruktur überführt wird? Finden Sie das gut, oder finden Sie das nicht gut?

Kollege Frömmrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nicht in einer Aktuellen Stunde mit fünf Minuten Redezeit.

Statt hier rumzueiern, sollten Sie endlich einmal sagen, was Sie eigentlich wollen. Finden Sie es gut, oder finden Sie es nicht gut?

Ich will hier einige Fakten nennen, weil vorhin die Sicherheitspolitik in einen Zusammenhang mit Wahlkämpfen gestellt wurde. In der Polizeilichen Kriminalstatistik aus dem Jahre 2016 ist Hessen mit einer Aufklärungsquote von 62,7 % aufgeführt. Das ist ein ziemlich guter Wert. Der Parameter, den man sich, wie ich finde, anschauen sollte, ist die Kriminalitätsbelastung pro 100.000 Einwohner. Auch da stehen wir gut da: auf Platz 2. Nur Baden-Württemberg ist vor uns. Das sollten Sie vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen. Bayern, das sonst vergleichbar gut dasteht, hatte in dem Jahr ein Problem mit der Statistik.

Schauen Sie sich einmal die statistischen Daten für Frankfurt an – der Bundesinnenminister veröffentlicht sie ja regelmäßig. Diese Daten sind vielleicht ganz interessant und bringen die Debatte weiter. Wir hatten über Jahre hinweg die Debatte, dass Frankfurt sozusagen Deutschlands zentrale Kriminalitätsstadt ist. Das ist immer behauptet worden.

Frankfurt befindet sich mittlerweile auf Platz 4. Wir haben früher immer gesagt, dass Frankfurt auf Platz 1 liegt, stimmt sowieso nicht ganz, weil auch der große Flughafen dazugehört und die in dem Umfeld begangenen Straftaten ebenfalls in die Kriminalstatistik eingehen. Trotz des Flughafens befindet sich Frankfurt in der Kriminalstatistik jetzt auf Platz 4. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei all den Problemen, die wir dort trotzdem noch haben und die wir auch lösen müssen, sollte man nicht ein solches Bild von der Stadt Frankfurt und der Sicherheitspolitik in diesem Land zeichnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich meine, der Einsatz der neuen Einheiten der hessischen Polizei ist eine richtige Entscheidung für mehr Sicherheit rund um den Frankfurter Bahnhof. Polizeipräsident Bereswill hat sehr viel Engagement an den Tag gelegt, und die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, sowohl vom Polizeipräsidium Frankfurt als auch von der Bereitschaftspolizei, haben ebenfalls sehr engagiert mitgearbeitet. Ihnen danken wir ausdrücklich für die Arbeit, die sie dort geleistet haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Bildung einer Schwerpunkteinheit Bahnhofsgebiet ist ein wichtiger Schritt für die Anwohnerinnen und Anwohner in diesem Kiez sowie für die Geschäftsleute, aber auch für die Reisenden. Ich glaube, damit werden wir in Frankfurt mehr Schutz und mehr Sicherheit gewährleisten. Ein konsequentes Vorgehen gegen Kriminelle – gegen Zuhälter und gegen Dealer – ist der richtige Weg. Straftaten, die dort begangen werden, sollen konsequent strafrechtlich verfolgt werden. Diese Maßnahmen zeigen auch schon Erfolg; das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Die Präsenz der Polizei wirkt sich auf Reisende, auf Anwohnerinnen und Anwohner, aber auch auf die Geschäftsleute positiv aus.

Mehr als 120 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte werden demnächst dort ihren Dienst verrichten. Das ist die größte operative Dienststelle des Landes Hessen. Wir setzen Schutzmänner vor Ort ein, die in engem Kontakt mit der Bevölkerung stehen und Ansprechpersonen im Kiez sein werden. Wir überführen all die BAO-Maßnahmen in Regelstrukturen. Dann gibt es auch noch die Zusicherung einer mehrmals pro Woche erfolgenden Unterstützung durch die Bereitschaftspolizei des Landes Hessen. Ich finde, es sind gute Maßnahmen, die da in Angriff genommen werden. Das ist gut für die Sicherheit in Frankfurt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal: Es geht darum, dass wir den gewerbsmäßigen Dealer verfolgen und dessen Straftaten anzeigen. Herr Kollege Schaus, es geht eben nicht um den Süchtigen, der sich dort aufhält. Das ist nicht derjenige, der von den polizeilichen Maßnahmen betroffen sein soll. Wir haben es dort mit einer Fülle von Leuten zu tun, die pro Tag Dutzende von Straftaten begehen, die also gewerbsmäßig dealen. Das sind diejenigen, auf die die polizeilichen Maßnahmen abzielen sollen. Gemeint sind nicht diejenigen, die suchtkrank sind; da müssen Prävention und Sozialarbeit angeboten werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Kollege Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme sofort zum Schluss. – Es hat den Frankfurter Weg ausgezeichnet, dass man nicht die in den Blick nimmt, die suchtkrank sind, sondern diejenigen, die gewerbsmäßig dealen. Ich halte das für den richtigen Weg. Die Maßnahmen, die dort greifen, sind völlig richtig. Alle müssen mit ins Boot – die Stadt, die Bahn, die Bundespolizei –, um rund um den Bahnhof und im Bahnhofsviertel auch weiterhin vernünftige Bedingungen zu gewährleisten. Ich glaube, dass das, was das Land Hessen dort zurzeit macht, der richtige Weg ist. Wir alle sollten das unterstützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Beuth.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken, die sich bei den tüchtigen Polizeivollzugsbeamten dafür bedankt haben, dass sie in den letzten Monaten dafür gesorgt haben, im Frankfurter Bahnhofsviertel sozusagen Recht und Ordnung durchzusetzen. Ich will mich diesem Dank gerne anschließen.

Übrigens will ich mich nicht nur bei den 30.000 Einsatzkräften bedanken, die seit November dort im Einsatz waren, sondern bei allen Einsatzkräften, die am Ende dafür

gesorgt haben, dass wir diese Kolleginnen und Kollegen im Frankfurter Bahnhofsviertel einsetzen konnten. Eine Priorisierung bedeutet nämlich, dass man in einem Bereich gezielt Einsatzkräfte zur Verfügung stellt, sodass andere die Aufgaben mit erledigen müssen, die von den anderswo speziell eingesetzten Kolleginnen und Kollegen nicht mehr wahrgenommen werden können. Es ist sozusagen ein Gesamtkunstwerk Sicherheit, für das das Polizeipräsidium Frankfurt da sorgt. Deswegen sage ich allen Kolleginnen und Kollegen ein herzliches Dankeschön für ihre Arbeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Meine Damen und Herren, das ist keine Aufgabe, die die hessische Polizei erst im November des vergangenen Jahres übernommen hat, sondern sie kümmert sich schon immer um den Bahnhof. Wir haben übrigens weit vor dem November des vergangenen Jahres eine herausfordernde Situation erkannt: Schon im August 2015 gab es verstärkte polizeiliche Maßnahmen im Frankfurter Bahnhofsviertel.

Im November letzten Jahres haben wir die BAO eingerichtet. Über die Erfolge ist hier schon hinreichend berichtet worden. Ich will nur noch eines ergänzen: Es waren in der Tat 30.000 Polizeikräfte im Einsatz. Fast 220.000 Stunden sind bei den Kolleginnen und Kollegen im Einsatz in der B-Ebene und rund um den Frankfurter Bahnhof zusammengekommen.

Aber ich will Ihnen auch sagen, dass die hessische Polizei, die sich um die Situation rund um den Bahnhof gekümmert hat, 96 % der Einsatzstunden geleistet hat. Es war nahezu ausschließlich die hessische Polizei, die für Ordnung gesorgt hat. Ich will darauf hinweisen, es gibt noch andere Verantwortliche, die wir jetzt mit in die Pflicht nehmen müssen. Meine Damen und Herren, so kann es jedenfalls nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu denen, die dort mit in der Pflicht sind, gehört die Bundespolizei, die in bestimmten Bereichen ihre Aufgabe hat und sich ebenfalls kümmern muss – was sie im Übrigen auch tun wird. Die DB Sicherheit kann zum einen über die Bereitstellung von Kräften ganz unmittelbar einen Beitrag leisten; zum anderen kann sie vor allem über die Gestaltung des Bahnhofs, über funktionierende Funkverbindungen – im Bahnhof funktionieren sie nicht hundertprozentig – und über Zugänge einen großen Beitrag zur Sicherheit auf dem Bahnhofsgelände leisten. Ich fordere die Bahn auf, dass sie das auch macht. Um Sicherheit zu schaffen, gehört das genauso dazu wie die regionale Einsatzeinheit, die wir dort jetzt gebildet haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die Abschiebungen betrifft: Über unser Konzept haben wir hier schon berichtet; darauf will ich nicht näher eingehen. Natürlich kümmern wir uns darum, dass diejeni

gen, die wir abschieben können, auch in ihre Heimatländer zurückgeführt werden.

Aber, lieber Kollege Yüksel, es geht nicht – das war ein netter Versuch –, die Verantwortung hierfür auf jemand anders zu schieben. Wer hat denn in den letzten Wochen und Monaten die Backen aufgeblasen bis dorthinaus? Wer war denn derjenige, der laut gerufen hat? Das war der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt. Die Stadt Frankfurt muss eben auch ihre Beiträge zur Lösung dieses Sicherheitsproblems leisten – was sie nicht tut, lieber Kollege.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Locker zu erklären: „Dafür ist der zuständig, und dafür ist der zuständig“, geht nicht. Nein: Wenn der Oberbürgermeister erklärt, er sei der Oberbürgermeister, der die Gesamtverantwortung in den Händen hält, muss er auch seine Beiträge leisten. Wo sind die? – Nichts. Bisher ist von ihm nichts an Beiträgen gekommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Er leistet sie! – Nancy Faeser (SPD): Ich werde langsam sauer! Den Beitrag der Stadt nicht erwähnen!)

Meine Damen und Herren, deswegen ist es völlig unzulässig, hier zu erklären, das Land habe sich irgendwie aus der Verantwortung gestohlen. Der, der an dieser Stelle versagt hat, ist klar benannt. Das ist der, der in Frankfurt die Verantwortung trägt, auch für den Bahnhof. Auch er muss jetzt seine Beiträge dazu leisten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Der kleinste Beitrag, den er leisten könnte, wäre, auf meine Einladung zu reagieren, sich zusammen mit denen, die an dieser Stelle Verantwortung tragen, an einen runden Tisch zu setzen: mit Vertretern der Bundespolizei, der Bahn, des Landes und auch der Stadt. Das Mindeste, was man erwarten kann, ist, dass er auf die Einladung reagiert, sich um die Sicherheit rund um den Frankfurter Bahnhof zu kümmern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Damit ist die Aktuelle Stunde unter Tagesordnungspunkt 70 abgeschlossen.

Es soll über beide Anträge getrennt nach Absätzen abgestimmt werden.

Wir kommen zunächst zu Tagesordnungspunkt 37: Antrag der Fraktion der FDP, Drucks. 19/4967. Ich lasse über den ersten Absatz abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FDP und der SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der LINKEN. Damit ist Abs. 1 abgelehnt.

Ich rufe auf zur Abstimmung über Abs. 2. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wiederum SPD und FDP. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU, GRÜNEN und LINKEN. Damit ist auch Abs. 2 abgelehnt.