Protokoll der Sitzung vom 21.11.2017

Lieber Thomas Schäfer, für diesen positiven Satz haben Sie 20 Minuten gebraucht, und wir alle mussten eine Regierungserklärung genießen, deren Inhalt wir alle schon kannten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Schwarzen und den GRÜNEN, so geht man mit dem Parlament nicht um.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP) und bei der SPD)

So geht man mit dem Parlament nicht um.

Wir haben im Mai, wir haben im Juni, wir haben im August das Thema Kommunalfinanzen hier auf der Tagesordnung gehabt. Deshalb gibt es nichts Neues – wie gesagt –, bis auf das Thema Altfehlbeträge, dass die mit dem Eigenkapital verrechnet werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SchwarzGrün, haben Sie denn bisher wirklich nichts anderes gegenüber den Kommunen zu sagen? Müssen Sie uns immer wieder dasselbe erzählen, damit wir Ihnen dann immer wieder mit denselben Argumenten sagen, dass Sie einerseits recht haben, andererseits aber falschliegen? Das ist jedenfalls die Auffassung der FDP, zu der ich noch einmal kommen werde.

Meine herzliche Bitte ist, in diesem Jahr nicht noch einmal eine Debatte über Kommunalfinanzen zu führen – es sei denn, Sie kommen endlich Ihrer Pflicht nach, die Gesetzentwürfe zur Hessenkasse und zum Thema Kindergartenfreibeträge vorzulegen.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP) und bei der SPD)

Dann sind wir Liberalen gern bereit, in die Debatte einzusteigen.

Aber eine Regierungserklärung zu halten – Mann, das nennt man fast schon peinlich –, in der bis auf diesen einen Satz nichts Neues steht, sich aber davor zu drücken, die eigenen Hausaufgaben zu machen, nämlich die Gesetzentwürfe vorzulegen, dazu kann ich nur noch einmal sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte verschonen Sie uns alle mit diesen Ritualen. Die Kommunen verstehen es sowieso nicht, die Bürgerinnen und Bürger interessiert es nicht, und uns langweilt es langsam.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich finde, Landtagsabgeordnete dürfen die Kommunen nicht langweilen. Deswegen wollen wir konkret Butter bei die Fische haben: Wie sieht es denn aus mit der Hessenkasse, wie sieht es denn aus mit den Kindergartengebühren? Das hätten wir heute erwartet. Aber wieder einmal Fehlanzeige.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP) und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir, die FDP-Landtagsfraktion, haben vor ca. vier Wochen einen Kommunalkongress in diesem Hause, im Medienraum, durchgeführt. Dort haben zwei Vertreter der kommunalen Familie – ein Geschäftsführer, ein Hauptgeschäftsführer –, ein Roter und ein Schwarzer, darauf hingewiesen, dass die Situation der Kommunen in Hessen nicht gut ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten vor 14 Tagen den Jahrestag der Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker, wo wir neben der Wahl und Wiederwahl einiger direkt gewählter Bürgermeister uns wiederum die Geschäftsführer, Hauptgeschäftsführer angehört haben – wieder ein Roter, wieder ein Schwarzer, wieder die gleiche Botschaft: Die Kommunalfinanzen sind immer noch nicht in einem guten Zustand. Und der Hauptvorwurf ist: Wenn das Land Hessen uns etwas Gutes tun will, dann soll es das auch zu 100 % selbst bezahlen, und dann soll es das nicht mit Bundesgeld machen, dann soll es das nicht mit Geld aus dem KFA machen, sondern dann soll es das mit eigenem Geld machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ob das der schwarze, ob das der rote Geschäftsführer gewesen ist, beide haben uns gesagt, ungefähr 80 % der Mittel, die Sie, lieber Herr Thomas Schäfer, zusätzlich zum KFA an die Kommunen leisten, sind nicht Gelder von Ihnen, ist nicht Landesgeld, sondern ist Geld von jemand anders. Und das

nennt man „ein bisschen schofelig“, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Ich will extra kein Wort benutzen, für das mich der Präsident rügen müsste.

Ich könnte Ihnen jetzt darlegen, was denn die kommunale Selbstverwaltung, die drei Spitzenverbände in den letzten Wochen alles zu Papier gebracht haben. Wir haben doch alle im Haushaltsausschuss die Vorlagen bekommen, in denen steht, wie die kommunale Familie die Haushaltsplanung 2018/2019 sieht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Kollege hat eben schon etwas zitiert – ich glaube, es war Norbert Schmitt – zum Thema Gewerbesteuerumlage.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Wir könnten noch einiges zum Thema Gebührenfreistellung sagen. Es ist immer dieselbe Melodie, und, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Sie sich nicht zu 100 % damit beschäftigen, die Melodie ist auch noch richtig: Da tut das Land Hessen so, als würde es den Kommunen etwas Gutes tun. Es tut den Kommunen manchmal auch etwas Gutes. Nur, Thomas Schäfer vergisst immer wieder, zu sagen: Es ist aber nicht Landesgeld, sondern es ist Bundesgeld oder ist euer eigenes Geld, und wir schreiben euch vor, wie es jetzt eigentlich gemacht werden soll.

Das ist nicht okay, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da hilft auch keine Regierungserklärung weiter, da hilft auch nicht der x-te Setzpunkt in der Dezember-Tagung, sondern da helfen jetzt ausschließlich noch die Gesetzesvorlagen zum Thema Hessenkasse und zum Thema Gebührenfreistellung.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die wollen wir jetzt endlich auf dem Tisch sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Machen Sie doch bitte Ihre Arbeit.

(Beifall des Abg. Jürgen Lenders (FDP) und bei der SPD)

Kollege Schelzke hat nicht zu Unrecht darauf hingewiesen – ich bin jetzt beim Thema Kindergartengebühren – –

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ach, ich fühle mich in vielen Dingen mit ihm inhaltlich sehr verbunden.

(Günter Rudolph (SPD): Jetzt werde ich aber nachdenklich!)

Doch, auch wenn er Sozialdemokrat ist. Aber Sie wissen, Herr Rudolph, es gibt gute Sozialdemokraten und weniger gute Sozialdemokraten.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich lasse das jetzt einfach einmal so stehen.

Der Oberhauptgeschäftsführer der hessischen kommunalen Familie, Herr Schelzke, hat darauf hingewiesen, dass es die Norm des § 28 im HKJGB gibt. – Für alle diejenigen von Ihnen, die sich mit dem Thema nicht täglich beschäftigen – das mache ich auch nicht –: Das ist die Norm, die beschreibt, wie hoch z. B. der Ausgleichsbetrag ist, den die Kommune X an die Kommune Y zu zahlen hat, wenn Kin

der der Kommune X in den Kindergarten der Kommune Y gehen. Dort ist eine Drittelbeteiligung festgeschrieben.

Herr Finanzminister und Herr Sozialminister – der ist auch nicht da, den langweilt die Debatte genauso wie den Kommunalminister, was ich sogar verstehen kann, auch wenn es gegenüber der Opposition unhöflich ist –, warum werden diese Normen nicht angewandt, wenn Sie meinen, Sie müssten sich einmischen? Nach den Berechnungen des Städte- und Gemeindebundes müssten die 136 €, die Sie, ohne dass eine gesetzliche Verpflichtung gegeben ist, gnadenvoll den Kommunen anbieten, mindestens auf 250 € erhöht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das betretene Nach-unten-Sehen kann ich gut nachvollziehen. Man hat Sie erwischt. Sie haben am Montagabend etwas in der Staatskanzlei bzw. in der Rosselstraße beschlossen, haben es am Dienstag, ohne weiter darüber nachzudenken, verkündet und haben ganz vergessen, dass Sie ein Gesetz zu beachten haben, in dem von einer Drittelfinanzierung die Rede ist, und zwar in § 28 Abs. 1 HKJGB.

(Beifall bei der FDP)

Es macht eigentlich wenig Sinn, all das zu wiederholen, was wir in den Debatten bereits geäußert haben. Herr Finanzminister, mich überrascht, wie lau und wie unpräzise Ihr Vortrag war. Dass Sie frech und spitz formulieren können, haben wir heute der „FAZ“ entnommen. Bei Themen, wo Sie nur genauso viele Informationen wie ich und viele andere haben, geben Sie den Mahnenden und Tadelnden; und wenn die FDP zu treffen ist, tun Sie das ganz besonders heftig und treten sogar noch einmal nach. Aber wenn Sie Ihre eigenen Hausaufgaben machen sollen, dann sind Sie windelweich.

Lieber Herr Schäfer, ich muss gestehen, ich halte es für sehr beachtlich, wenn Sie wirklich das zum Thema „Verlauf der Koalitionsverhandlungen in Berlin“ gesagt haben, was heute in der „FAZ“ steht. Was ist denn das für eine Logik, der FDP vorzuwerfen, sie habe ein Plakat aufgestellt, auf dem es „Nichtstun ist Machtmissbrauch“ heißt, und habe jetzt viereinhalb Wochen mit Ihrer Bundesvorsitzenden und Bundeskanzlerin dieser Republik verhandelt? Was hat das mit Nichtstun zu tun? Da ist schon eine hohe Arbeitsleistung erbracht worden. Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass das nichts damit zu tun hat, dass nichts getan worden ist, sondern es hat damit zu tun, dass man auch in Berlin eine schwarz-grüne Regierungskoalition nach dem Modell Hessens bilden wollte. Dazu braucht man die 80 Stimmen der FDP. Die sind aber nicht für umsonst zu bekommen; denn auch wir haben gegenüber unseren Wählerinnen und Wählern Aussagen getroffen. Die lauteten nicht „Mit Merkel weiter so“. Diesen Fehler haben wir ein einziges Mal gemacht; den machen wir nie wieder. Darauf können Sie Gift nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes feststellen. Wir fragen die Landesregierung: Was ist mit den Plänen zur Fortführung der Gewerbesteuerumlage, die die hessischen Kommunen ab 2020 über 400 Millionen € kosten wird? Was ist mit der Kritik an der Finanzierung der Hessenkasse aus Mitteln, die der Bund den Kommunen versprochen hat? Wie geht man mit der Kritik an der Befrachtung des KFA mit der Gebührenfreistellung der Kindergärten um? Wie gerecht ist ein System, das abundante Kommunen mit

Kassenkrediten denjenigen gleichstellt, die strukturschwach sind? Wie behält man eine faire Balance zwischen den Kommunen, die nun Investitionsmittel bekommen, und denen, die durch den Eigenbetrag zur Hessenkasse nicht investieren können? Wie geht man mit dem Eigenbeitrag um, wenn die Konjunktur einbrechen sollte?

Herr Staatsminister, diese sieben konkreten Fragen hätten Sie wenigstens heute beantworten sollen. So haben wir zwar vieles gehört, auch einen einzigen Satz, der etwas Neues enthielt, aber das war eine Regierungserklärung nicht wert, meine sehr verehrten Damen und Herren von Schwarz und Grün.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Hahn. – Als Nächster spricht der Kollege Reul für die Fraktion der CDU. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ausgeglichene Haushalte in den Kommunen statt Kommunalhaushalten in Schieflage, Abbau von Schulden statt ständig weiter wachsender Schuldenberge und die Umsetzung wichtiger Zukunftsinvestitionen statt Investitionsstau – daran arbeiten die Kommunen und das Land partnerschaftlich Hand in Hand.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Über den Schutzschirm und die Hessenkasse des Landes stellen wir insgesamt rund 9 Milliarden € an Zins- und Entschuldungshilfen für die Kommunen bereit. Hinzu kommen Hilfen für Investitionen in den Landkreisen, Städten und Gemeinden von über 2 Milliarden € im Rahmen der beiden Kommunalinvestitionsprogramme sowie der Hessenkasse. Diese Mittel fließen unseren Kommunen neben den Rekordmitteln aus dem Kommunalen Finanzausgleich – in diesem Jahr 4,6 Milliarden € – ergänzend zu. Das sind insgesamt 15 Milliarden € an Unterstützung für unsere Kommunen – eine gigantische Summe.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das letzte Mal hat der Kollege Rudolph an dieser Stelle noch dazwischengerufen, aber vielleicht hebt er sich das für später auf.